Untersuchungen zur Effizienzsteigerung der Phosphorrückgewinnung aus Klärschlamm
Projektdurchführung
Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe
(TH OWL)
FB Umweltingenieurwesen und Angewandte Informatik
FG Biol. Abwasserreinigung und Abwasserverwertung
An der Wilhelmshöhe 44
37671 Höxter
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Mit der Novellierung der Klärschlammverordnung wird für Kläranlagen der GK 5 (> 100.000 EW ab 2029) bzw. 4b (> 50.000 EW ab 2032) die Rückgewinnung von Phosphor Klärschlamm mit einem P Gehalt > 20 g/kg TR vorgeschrieben.
Mit den geplanten Untersuchungen sollen die Möglichkeiten der Steigerung des P-Gehalts in der Klärschlammasche nach der thermo-chemischen Behandlung untersucht werden. Beabsichtigt ist dies durch eine höhere Einbindung (Fixierung) von P im Klärschlamm durch den Zusatz von Zuschlagstoff in der Schlammbehandlung (Nebenstrom), mit einer einhergehenden Reduzierung der Rückbelastung der Kläranlage über das Schlammwasser.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden Erstellung vereinfachter P-Bilanzen ausgewählter Kläranlagen zur Identifikation eines geeigneten Herkunftsbereiches für die weiteren Untersuchungen
Fällversuche zur Ermittlung des Fällpotenzials mit Identifikation eines Fällmittels, bestehend aus einem vorbehandelten Reststoff aus der industriellen Herstellung von Instantkaffee
Faulversuche in einer anaeroben Laborkläranlage
Faulversuche im halbtechnischen Maßstab
Bilanzerstellung und Einbindung in ein Simulationsmodell
Aufbereitung als Düngemittel
Übertragbarkeit der Ergebnisse in den großtechnischen Maßstab mit Kostenbetrachtung
Ergebnisse und Diskussion
Als innovativer Ansatz wurde anstelle der konservativen Phosphorfällung mittels Metallsalzen auf Basis von Eisen-, Calcium- oder Magnesiumverbindungen bzw. der Phosphorbindung an Calciumsilikathydrat (CSH) der Einsatz eines vorbehandelten Reststoffes aus der industriellen Herstellung von Instantkaffee, so genanntes SCG (Spent Coffee Grounds), untersucht. Als Einsatzbereich wurden zunächst Kläranlagen mit etabliertem Bio-P-Verfahren definiert, da es hierbei im Bereich der Schlammfaulung zu einer erhöhten Freisetzung zuvor biologisch gebundenem Phosphors kommt.
Nach einer Beladung des SCG in Kalkmilch erfolgte die Dosierung des so gewonnenen calciumbeladenen Fällmittels direkt in den Faulprozess im Labormaßstab.
Als zusätzliche Variante wurde ein weiteres, zweistufiges Vorgehen untersucht, bei der zunächst das calciumbeladene SCG für eine Phosphorfällung im Schlammwasser verwendet und erst danach für eine weitergehende Ausnutzung der P-Bindungskapazität in den Faulprozess dosiert wurde.
Bei beiden Varianten konnte, abhängig von der SCG-Konzentration, eine signifikante Reduzierung des freien Phosphates um bis zu 51 % erzielt werden, einhergehend mit einer Steigerung der Gasausbeute um bis zu 15 %. Eine Rücklösung von gebundenem Phosphor konnte nicht beobachtet werden. Ebenso war während des 157-tägigen Versuchsbetriebs keine negative Beeinträchtigung des Faulprozesses zu beobachten. Im Gegensatz zur direkten Dosierung von Kalk in den Faulpozess wird keine Anhebung des pH-Wertes im Faulschlamm beobachtet.
Der anschließende Versuch im halbtechnischen Maßstab auf dem Betriebsgelände der Kläranlage Soest hat die Ergebnisse der Laboruntersuchungen im Wesentlichen bestätigt.
Untersuchungen zur biologischen Abbaubarkeit des Schlammwassers mit und ohne SCG-Einsatz im Faulprozess zeigen in beiden Fällen eine Abbaurate von 63 %. Der inerte Anteil an gelöstem CSB wird bei SCG-Einsatz geringfügig erhöht, was jedoch nicht zu einer signifikanten Zunahme im Kläranlagenablauf führen wird.
Der SCG-Einsatz erhöht das Schlammaufkommen (TS) aus dem Faulprozess und reduziert geringfügig die Gesamtphosphorkonzentration, was auf einen Verdünnungseffekt des Schlamms infolge des SCG-Zusatzes zurückgeführt wird. Dieses wird nicht vollständig im Faulprozess abgebaut. Allerdings wird der Aschegehalt nach einer thermischen Schlammbehandlung nicht signifikant gesteigert, da das SCG nahezu aschefrei verbrennt.
Die Versuchsergebnisse wurden als Grundlage für den Aufbau eines dynamischen Simulationsmodells verwendet, welches in Anlehnung an den Betrieb der Kläranlage Soest erstellt wurde. Als Ergebnisse konnten sowohl eine Reduktion der P-Konzentration um 42 % im Abfluss der Kläranlage als auch eine Reduktion an gelöstem Phosphor um 30 % im Trübwasser dargestellt werden. Umgerechnet auf den Fällmittelbedarf im Regelbetrieb der Kläranlage bedeutet dies eine Einsparung von 160 kg/d. Für die Methanproduktion weist das Modell eine Steigerung um 19 % aus. Für die Masse des Faulschlamms wird eine Zunahme um ca. 15 % berechnet.
Anhand der aus dem halbtechnischen Versuchsbetrieb gewonnenen Schlämme wurden ergänzende Untersuchungen für eine Aufbereitung als Düngemittel nach einer thermischen Behandlung durchgeführt. In beiden untersuchten Proben (ohne SCG/mit SCG) war der Anteil an pflanzenverfügbarem Phosphor im Vergleich zu anderen Rezyklaten als eher gering einzustufen. Die Pflanzenverfügbarkeit des Phosphors war im Schlamm ohne SCG-Zusatz geringfügig höher als im Schlamm mit SCG-Zusatz. In den Vegetationsversuchen wurden hingegen höhere Erträge bei dem Einsatz der Probe mit SCG-Zusatz erzielt.
Für den Einsatz von calciumbeladenem SCG im großtechnischen Maßstab wurde sowohl ein Verfahrensschema als auch eine Kostenbetrachtung erstellt. Die verfahrenstechnische Umsetzung wäre demnach mit Investitionskosten in Höhe von rund 250.000 verbunden. Die laufenden Kosten für den SCG-Einsatz werden mit rund 16 /Mg oTR SCG abgeschätzt. Für eine Kostenneutralität müsste dieser Preis als Annahmepreis durch den SCG-Produzenten getragen werden. Umgerechnet auf die Originalsubstanz würde dies 6,41 /t OS entsprechen.
Die Umsetzung des untersuchten Verfahrens kann dazu beitragen, einen Reststoff aus der Lebensmittelbranche sowohl stofflich als auch energetisch zu verwerten und die Phosphorkonzentrationen im Abfluss einer Kläranlage zu senken.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Veröffentlichungen sind in Vorbereitung.
Fazit
Im Rahmen des F+E-Vorhabens konnte der Einsatz eines modifizierten Reststoffes aus der Herstellung von Instantkaffee erfolgreich für eine Reduzierung des freien, gelösten Phosphors im Bereich der Schlammfaulung und der Schlammwasserbehandlung untersucht werden. Das Verfahren stellt einen innovativen Ansatz zur Nutzung eines Reststoffes dar, der derzeit anderweitig bestenfalls thermisch genutzt wird. Für eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit wären weitergehende Untersuchungen angeraten, um beispielsweise die Calciumbeladung zu steigern bzw. alternative Beladungen, z. B. mit Magnesium zu erzielen. Darüber hinaus enthalten SCG weitere Wertstoffe, deren Gewinnung von wirtschaftlichem Interesse sein könnte.
Fördersumme
298.945,00 €
Förderzeitraum
01.05.2020 - 30.09.2023
Bundesland
Nordrhein-Westfalen
Schlagwörter
Ressourcenschonung
Umwelttechnik