Projekt 35145/01

Neue Mitte Kressbronn – Modularer Holzbau im Quartier: Entwicklung vorgefertigter Energiewendemodule für die Sanierung von 1970er Jahre Gebäuden

Projektdurchführung

IFEU - Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg gGmbH
Wilckensstr. 3
69120 Heidelberg

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die häufigsten Problemfelder der energetischen Sanierung lauten: mangelnde Sanierungsrate, gesteiger-te Baukosten, ein stagnierender Anteil erneuerbarer Energien am Wärmemarkt, steigende Flächenversie-gelung für Siedlungszwecke und mangelnde Akzeptanz für Sanierung.
Dieses Projekt verfolgt die Vision, durch vorgefertigte, für einen Einsatz erneuerbarer Energien optimierte, architektonisch hochwertige und hocheffiziente Sanierungsmodule („Energiewendemodul“) zur Aufsto-ckung optimierungsbedürftiger Bestandsgebäude Lösungsansätze für die o.g. Problemfelder zu bieten. Die Energiewendemodule basieren auf der Baufritz-Fertigungspraxis und werden für die Aufstockung eines Beispielbauobjekts in Kressbronn entwickelt. Zusätzlich erfolgt eine Überprüfung der Übertragbarkeit der Energiewendemodule auf weitere potenzielle Fläche im deutschen Gebäudebestand



Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas bestehende Gebäude der Sparkasse Bodensee in Kressbronn weist eine Gewerbenutzung auf und verfügt über zwei bewohnte Wohneinheiten. Bei dem Gebäude aus den 1970er Jahren besteht ein starker energetischer und optischer Optimierungsbedarf, zusätzlich erfolgt eine Aufstockung durch die Sanie-rungsmodule („Energiewendemodule“). Im ersten Drittel des Projekts werden die Energiewendemodule unter der Leitung des Kooperationspartners Baufritz und ifeu, geplant. Die installationsintensiven Raumo-dule und multifunktionalen Bauteile werden auch für die Aufstockung der Sparkasse geplant. Zeitgleich wird im zweiten AP, unter der Leitung von BWS Architekten, das architektonische Konzept für die Ausge-staltung der Fassade und der Raummodule erarbeitet sowie die Anbindung der Raummodule an verschie-dene Typen von Bestandsgebäuden geprüft. Fast über die gesamte Länge des Projekts erfolgt zunächst die Entwicklung und darauf eine System- und versorgungstechnische Analyse der Energiewendemodule (Hochschule Biberach - AP Leitung). Nach der Konzeptions- und Entwicklungsphase folgt in der zweiten Projekthälfte die Nachhaltigkeitsanalyse und Begleitforschung durch das ifeu. Die Analyse überprüft die Übertragbarkeit auf weitere Bestandsgebäude und notwenige politischen Instrumente zur weitflächigen Implementierung der Module. Über den gesamten Projektzeitraum teilen sich das ifeu und Baufritz die Pro-jektkoordination.


Ergebnisse und Diskussion

Für das Projekt „Neue Mitte Kressbronn“ wurden innovative, seriell hergestellte Energiewendemodule entwickelt. Mit den Energiewendemodulen wird nachhaltiger und flächeneffizienter Wohnraum geschaffen. Die Module sind energieeffizient und haben zugleich einen hohen Anteil erneuerbare Energien. Die enge Zusammenarbeit mit der Praxis und die Entwicklung der Module an einem Bauprojekt ermöglichte eine konkrete Planung bis hin zur Ausführung und damit die Verbindung von Wissenschaft und Praxis. Nicht nur die Sparkasse Kressbronn kann die Energiewendemodule nutzen; die Energiewendemodule können auch für verschiedene Gebäudetypen eingesetzt werden oder sogar autark funktionieren. Das Potenzial durch Aufstockungen mit Energiewendemodulen ist hoch. Die key lessons learned sind:
1. Praxisbezogene Projekte stecken voller Innovationskraft. Die konkrete Umsetzung und Fertigung hängt von vielen Faktoren ab und muss weiter untersucht werden.
2. Das Aufstockungspotenzial in Deutschland ist hoch. Allein auf den Gebäudetypen Mehrfamilienhäuser, Bürogebäude und Parkhäuser können ca. 135.000 Energiewendemodulen und damit eine Wohnfläche von 11 Mio. m² entstehen. Behutsame Nachverdichtung ist damit möglich.
3. Energiewendemodule sind durch den Einsatz des Versorgungsherzens in ihrer Form und Struktur einzigartig. Sie bieten einen hohen Grad an erneuerbaren Energien und Effizienz. Die konzipierten Varianten können für verschiedene Gebäudetypen und unter Gegebenheiten genutzt werden.
A: Mit der autarken Variante erfolgt die Versorgung der Energiewendemodule unabhängig vom Bestandsgebäude; B: Wird das Energiewendemodul als Symbiont ausgeführt, versorgt das Modul das Bestandsgebäude teilweise mit Strom aus einem hohen Anteil an Photovoltaik. C: Ist ein Energiewendemodul ein Profiteur, versorgt das Bestandsgebäude das Modul mit Wärme und Energie.
4. Die anlagentechnischen Simulationen verschiedener Versorgungsvarianten zeigen, welcher Wärmeerzeuger für die Energiewendemodule geeignet sind: Eine Sole-Wasser-Wärmepumpe mit einem PVT-Kollektor, der gleichzeitig als Wärmequelle für die Wärmepumpe dient, ist die Versorgungsvariante, die in allen Punkten der Analyse am effizientesten abschneidet. Die Gesamtkosten der Anlage sind moderat und sie haben von allen Varianten den geringsten CO2-Ausstoß (Variante 3). Die Variante zeichnet sich zudem durch niedrige Emissionen in der Herstellung aus und schneidet auch in der Untersuchung zu Komfort und Schall gut ab. Eine Luft-Wärmepumpe mit PV-Anlage (Variante 2c) hat im Vergleich zu den anderen Wärmepumpen-Varianten die geringsten Gesamtkosten. Beide Infrarot-Varianten (5a und 5c) emittieren die meisten CO2-Emissionen. Die meisten Varianten unterscheiden sich kaum in Kosten und CO2-Ausstoß, sodass hier für die Energiewendemodule eine große Auswahl herrscht.
5. Um Aufstockungen politisch zu fördern, müssen gesetzliche Rahmenbedingungen angepasst werden. Eine schnelle Änderung der baurechtlichen Anforderungen sowie eine Anpassung der Förderbedingungen für Aufstockungen unterstützen den Wohnungsbau.
6. Die serielle Fertigung der Energiewendemodule hat neben einer kurzen Bauzeit, dem Potenzial zur Kostensenkung und einer wetterunabhängigen Baustelle den Vorteil, dass weniger Fachkräfte für den Bau von Wohnraum notwendig sind.
7. Holz ist der zentrale Baustoff, der bei den Energiewendemodulen verwendet wird. Die Außenwände werden als Pfosten-Riegel-Konstruktion konzipiert, die mit einemholzbasierten Dämmstoff gefüllt sind. Dieser Bauteilaufbau bietet einen hohen Wärmestandard. Holz als Baustoff bietet weitere Vorteile, wie eine förderliche Wohngesundheit und kalkulierbare Brandschutzkonzepte.
8. Die Ökobilanz der Energiewendemodule ist gut. Aufgrund ihrer Bauweise in Holz und der effizienten Anlagentechnik ist der Anteil der „grauen Energie“ für die Herstellung der Module gering.




Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Projektergebnisse werden in Form eines informativen Flyers zusammengefasst. Dieser wird an In-teressierte ausgegeben. Das Projekt wurde im Gemeinderat von Kressbronn vorgestellt sowie Aus-schnitte auf verschiedenen Konferenzen


Fazit

Energiewendemodule eigenen sich besonders für Aufstockungen und Nachverdichtung. Die entwi-ckelten drei Konzepte (Profiteur, Symbiont und Autark) eigenen sich für viele gebäudetypen und sind vielfältig einsetzbar. Weiter wird empfohlen weitere Umsetzungsmöglichkeiten für die Energiewend-module zu suchen und diese in der Praxis umzusetzen. Diese gebauten Beispiele sollten mit einem Monitoring überwacht werden, um die zukünftige Effizienz zu erhöhen. Konkrete Praxisbeispiele zei-gen, welchen Effekt serielle Vorfertigung auf die Kostenentwicklung von Energiewendemodulen ha-ben. Diese Kostenentwicklung und verbesserte Produktionsschritte sollten weiter untersucht werden.

Übersicht

Fördersumme

119.580,00 €

Förderzeitraum

01.08.2019 - 01.05.2021

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik