Projekt 35144/01

Entwicklung eines neuen nachhaltigen Holzbausystems aus Sengon-Leichtholz für subtropische Klimazonen am Beispiel Borneo (Indonesien)

Projektdurchführung

Löffler_Schmeling Architekten klimagerechte Architektur
Waldstr. 58
76133 Karlsruhe

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

In Kalimantan, auf Borneo (Indonesien) werden, wie in vielen anderen subtropischen Regionen der Erde, in großem Stil Urwälder abgeholzt. Häufig müssen diese Wälder für Palmölplantagen weichen. Die katastrophalen Auswirkungen, sowohl auf das Ökosystem, Flora wie Fauna gleichermaßen, als auch auf die Sozialstruktur und Lebensbedingungen der ansässigen indigenen Bevölkerungsgruppen, erfordern ein Umdenken.
Die Nichtregierungsorganisation Fairventures Worldwide (FvW) hat es sich zur Aufgabe gemacht, abgeholzte Flächen wieder aufzuforsten. Innerhalb deren Programm wird für und mit der ansässigen Bevölkerung und lokalen Bauern schnell wachsendes Leichtholz angepflanzt. Besonders ergiebig sind Sengonbäume, die bereits nach ca. sieben Jahren einen Umfang von 90 cm erreichen. Das Leichtholz kann somit regelmäßig geerntet und in lokalen Firmen zu Brettern geschnitten werden, die wiederum zu Mehrschicht- oder Leimholzplatten verarbeitet werden. Aktuell werden diese Produkte großteils im Möbelbau oder zur Inneneinrichtung verwendet.

Das Ziel des Vorhabens war es, den Defiziten der aktuell verbreiteten Bauweise mit klima- und ressourcenschonendem Bauen zu begegnen. Dazu wird der Anwendungszweck von Leichtholz erweitert, sodass es auch im Hochbau eingesetzt werden kann. Die Leichtholzplatten werden Ausgangsprodukt für die Errichtung von Gebäuden, um Potentiale aufzuweisen und zur Verbesserung der Ressourceneffizienz im Bauwesen beizutragen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Leichtholzplatten aus Sengon, die das Ausgangsprodukt des Projekts darstellten, galt es zu Beginn auf deren Materialkennwerte am Karlsruhe am Institut für Technologie (KIT) zu prüfen. Es wurde von Löffler_Schmeling Architekten ein Grundsystem geplant, das aus statisch wirksamen Rahmen aus Holz besteht, um das eine nichttragende Hülle und Dach gezogen werden. Nach Ermittlung der Materialkenndaten wurden von Blaß & Eberhart Ingenieuren geeignete Dimensionen und Verbindungsmittel festgelegt. Auf den ersten Entwurf des Systems und die Materialprüfung der Platten, folgte die Fertigung von Elementen nach erarbeiteten Plänen für einen Musteraufbau am KIT, der dann Belastungstests ausgesetzt werden konnte und Erkenntnisse zur Montage und Dimensionierung brachte. Diese Erkenntnisse erlaubten material- und kostensparende Optimierungen. Es folgte die Detailentwicklung des Bausystems durch Erstellen von Leitdetails, das Lösen der Anschlüsse und das Klären von bautechnischen und konstruktiven Aspekten des Systems. Hierbei wurde mit dem Kooperationspartner Transsolar Energietechnik GmbH an einem Klima- und Versorgungskonzept gearbeitet, das den innovativen Aspekten einer passiven Klimatisierung entspricht. Werkpläne sowohl von Architektenseite, als auch vom Ingenieurbüro und in Kooperation mit den Werkstoff- und Bauteilproduzenten vor Ort wurden angefertigt und ermöglichten die Umsetzung eines Pilotprojekts. Auch nach dem Förderzeitraum soll das Pilotprojekt überwacht und begleitet werden und diese Ergebnisse in künftige Weiterentwicklungen einfließen.


Ergebnisse und Diskussion

An einem Pilotprojekt in Indonesien wurde das Holzbausystem erprobt. Ausgewählter Standort für das Reallabor war zu Beginn des Projekts das Areal der Aufzuchtstation in Gunung Mas, Kalimantan. Nach Planung, Testaufbau in Deutschland und Kooperation und Austausch mit Partnern vor Ort, ergab sich die einmalige Gelegenheit, das Pilotprojekt auf dem Grundstück des Forstministeriums in Palangka Raya aufzubauen und damit mehr Aufmerksamkeit zu erlangen und die innovative Bauidee durch das Musterprojekt an die zum Teil sehr prominenten Multiplikatoren zu bringen.
Es fiel zudem die Entscheidung, die Rahmenkonstruktion aus Leimholz herzustellen, statt aus Holzfurnierplatten. Grund dafür war die Verfügbarkeit und leichtere Handhabung von Jarbonholz, ebenfalls ein lokal angebautes Leichtholz aus der Wiederaufforstung. In diesem Schritt sind wir außerdem auf eine Zangenkonstruktion umgestiegen, die den Aufbau - im Vergleich zum Musteraufbau am KIT - deutlich vereinfacht. Durch diese Veränderung konnten wir im Rahmen des Projekts gleich mehrfache Verwendungsmöglichkeiten von Leichtholz abbilden (Plattenwerkstoffen und Leimholz).
Um auf kostengünstigere Platten in Indonesien zurückgreifen zu können, wurden die Plattendimensionen der Fassade angepasst. Die Plattenstärke von 40 mm wurde auf 36 mm reduziert, was die Beschaffung einfacher und kostengünstiger machte. Bei Weiterentwicklung besteht hier Potential zu Optimierung.

Der Standortwechsel des Pilotprojekts, sowie spätes Anpassen der Tragkonstruktion und Werkstoffmaße haben dem Projekt nicht geschadet, im Gegenteil: Durch das Einbeziehen von lokalem Know-how und die Konsultation lokaler Experten war das Ergebnis erfolgreich und erhielt Anerkennung vor Ort. Insbesondere die Entscheidung, Brettschichtholzträger anstelle von Sperrholzträgern zu verwenden, führte zu erheblichen Kosten- und Zeiteinsparungen bei der Herstellung und Montage. Es ist ein Zeichen von Qualität und Robustheit, dass unser Bausystem solche lokalen Anpassungen ohne Problem und Qualitätsverluste und mit minimalem Planungsaufwand verträgt.

Obwohl die Ökobilanz zeigt, dass Sengon-Sperrholz nicht CO2-neutral ist, sind die Umweltleistungen hervorragend, insbesondere im Vergleich zu herkömmlichen Baumaterialien wie Beton, Stahl und Aluminium. Die Fähigkeit von Holzwerkstoffen, Kohlenstoff und darüber hinaus CO2 zu speichern, ist ein starkes Merkmal von Holz als Baumaterial, das Aussagen über das enorme Potenzial modularer Leichtholzkonstruktionen in Bezug auf positive Umweltauswirkungen beweist. Dies wurde in einer Lebenszyklusanalyse dargestellt.

Das Pilotprojekt entstand unter Aufsicht einer Bauleiterin, die in Kommunikation mit den Planenden (Architekten, Ingenieuren) vermittelte und koordinierte. Der Ablauf und die Ergebnisse werden im Abschlussbericht und dessen Anhängen ausführlicher aufgeführt.

Im Rahmen von genehmigten kostenneutralen Laufzeitverlängerungen könnte das Projekt wie angesetzt und durch zu Beginn festgelegte Arbeitspakete zum 23.10.2022 abgeschlossen werden. Bedingt durch die Covid-19 Pandemie, wurde eine Nachbewilligung in Höhe von 20% des ursprünglichen Antrags genehmigt.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Das Projekt wurde im gesamten Zeitraum umfassend von allen Kooperationspartnern dokumentiert und bereits im Rahmen von Tagungen und in lokalen Medien präsentiert. Darunter eine Veröffentlichung in den Badischen Neusten Nachrichten (BNN) mit dem Titel: “Nachhaltig bauen mit Segon-Holz”.

In der DGNB Sustainability Challenge 2022 ist das Projekt als Finalist in der Kategorie Innovation gekürt worden. Im Rahmen der Veranstaltung „Tag der Nachhaltigkeit“ der DGNB am 08. Juli 2022 hatten wir außerdem die Möglichkeit, das Forschungsprojekt erneut in Form einer Kurzpräsentation und auf dem Marktplatz der Ideen vorzustellen und vielen Interessierten näherzubringen.

Das Eröffnungsevent des Pilotprojekts in Palangka Raya, Indonesien fand am 30.10.2022 unter Anwesenheit von deutschen Bundestagsabgeordneten (Mitglieder des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) sowie Vertretern der indonesischen Regierung auf nationaler und regionaler Ebene statt. Johannes Schwegler, der Gründer von Fairventures, stellte das Modulhaus in einer Präsentation vor.


Fazit

Mit dem Projekt wurde das Ziel verfolgt, zukunftsfähige Konzepte und technologische Ansätze im Bau mit Leichtholz zu entwickeln und zu erproben, um dessen Potentiale aufzuweisen und zur Verbesserung der Ressourceneffizienz im Bauwesen beizutragen. Innovativ ist dabei besonders, die Nutzung von aufgeforstetem schnellwachsendem Holz und dessen Anwendung im Bauwesen. Die Praxisbezogenheit durch direkte Kooperation mit lokalen Experten stellt einen bedeutsamen Aspekt des Projekts dar. Trotz Verzögerungen in der Materialtestung, Zusammenbrechen der Lieferkette durch die Pandemie und der Entscheidung, die tragende Konstruktion spät im Projektverlauf zu optimieren, ist das Projekt zu einem gelungenen Abschluss gekommen.

Dank der interdisziplinären und internationalen Zusammenarbeit innerhalb des Projekts konnte das Projektteam das Pilotprojekt erfolgreich umsetzen und dabei neue Erkenntnisse im Umgang mit Leichtholz im Bauwesen gewinnen. Resümierend kann festgestellt werden, dass die Entwicklung der nachhaltigen Konzepte und technologischen Ansätze und deren Erprobung der Zielsetzung gerecht werden. Wir glauben, dass dieses Pilotprojekt einen neuen Meilenstein in der Entwicklung des Holzbaus in Indonesien setzt. Es zeigt, dass Leichtholz aus wiederaufgeforsteten Gebieten ein konkurrenzfähiger Baustoff sein kann, der im Vergleich zu anderen Baustoffen umweltfreundlicher ist. Daher öffnet die beispielhafte Umsetzung dieses modularen Hauses eine neue Tür für die Entwicklung einer nachhaltigen Leichtholzindustrie im Land. Der verstärkte Einsatz von Holz als nachwachsendem Rohstoff kann einen Hebel zur Verbesserung der Ressourceneffizienz darstellen. Dies ist nur der Anfang, den Bausektor zu erneuern, damit er wirtschaftlich und ökologisch immer nachhaltiger wird.

Basierend auf der durchgeführten Forschung wird weitere Forschung zur Optimierung des Bausystems und seiner breiteren Anwendung in größerem Maßstab dringend empfohlen.

Übersicht

Fördersumme

120.342,00 €

Förderzeitraum

24.06.2019 - 23.10.2022

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Ressourcenschonung