Projekt 35134/01

Neue Prozessroute zur effizienten Funktionalisierung von Kunststoffbauteilen mit elektrischen Schaltungen unter Verzicht auf Palladium

Projektdurchführung

Tamponcolor TC-Druckmaschinen GmbH
Hans-Böckler-Str. 8
63263 Neu-Isenburg

Zielsetzung

Die Produktion elektronischer bzw. mechatronischer Systeme im Bereich der Kunststoffverarbeitung erfolgt überwiegend in der separaten Herstellung des Kunststoff- und des Elektronikbauteils. Durch geeignete Verbindungsverfahren werden anschließend beide Komponenten miteinander verbunden. Eine Alternative stellen spritzgegossene Schaltungsträger (Molded Interconnect Devices, MID) dar, bei denen die elektronische Komponente direkt in das Kunststoffbauteil integriert wird. Die MID-Herstellung weist gemäß Stand der Technik ein großes ökologisches Verbesserungspotential auf, da aktuell kein Herstellungsverfahren existiert, welches ohne den Einsatz mineralischer Additive oder nachgelagerter nasschemischer Prozesse auskommt und zum anderen ressourcen- und energietechnisch effizient ist. Das Ziel des Projektes war es, eine neue Prozessroute zur effizienten Funktionalisierung von Kunststoffbauteilen durch elektrische Schaltungen oder Abschirmflächen zu entwickeln, welche sowohl ohne die zusätzliche Additivierung der Kunststoffcompounds, z.B. in Form von palladiumhaltigen Verbindungen, auskommt und zum anderen kein nasschemischer Aufbau der leitenden Metallschicht erfolgen muss. Gleichzeitig sollte der hohe energetische Einsatz im Rahmen der Herstellung deutlich reduziert und auf die Verwendung von ineffizienten Transferfolien (Kunststoff oder Aluminium) verzichtet werden.

Arbeitsschritte

Eine Möglichkeit elektrisch leitfähige Schichten auf ein Kunststoffsubstrat zu applizieren, sind Drucktechnologien. Bei diesen ist jedoch zum einen das nachträgliche Tempern der Bauteile notwendig, zum anderen sind die erzielbaren mechanischen Eigenschaften begrenzt. Die Grundidee der geplanten Prozessroute war es daher, die elektrisch leitfähige Schicht durch den Tampondruck aufzubauen, die Applizierung jedoch nicht nachträglich vorzunehmen, sondern während der eigentlichen Oberflächenentstehung des Bauteils. Möglich wird dieser Ansatz durch den Druck des Schaltungsbildes auf die Werkzeugwand der Spritzgussmaschine, worauf folgend die Kunststoffschmelze das Druckmotiv während der Einspritzphase überströmt und dieses in das Bauteil eingebettet wird.
Ziel war es somit das zur Applizierung großer Schichtdicken besonders effiziente Tampondruckverfahren mit dem Spritzgussprozess in einem Hybridprozess zu verbinden. Aufgrund der Einbettung der leitfähigen Schicht während der eigentlichen Oberflächenentstehung war mit einer großen mikro-mechanischen Verklammerung zum Substrat zu rechnen. Zum anderen bestand das Ziel darin, die thermische Energie der Kunststoffschmelze zu nutzen, um den Sintervorgang der metallischen Partikel bereits im Werkzeug zu realisieren, sodass eine nachgelagerte energieintensive Wärmbehandlung nicht notwendig wird.
Für die Erreichung der gesetzten Ziele galt es zunächst, das Eigenschaftsprofil typischer MID-Bauteile zu analysieren. Hierzu zählen unter anderem relevante technische und werkstoffliche Anforderungen (z.B. mechanisch, thermisch, elektrisch), die an derartige Bauteile gestellt werden und wie diese überprüft werden können. Darauf aufbauend wurde eine Vorauswahl an Werkstoffen getroffen, sowohl hinsichtlich der Kunststoffsubstrate als auch der einzusetzenden elektrisch leitfähigen Druckstoffe. Im Anschluss an diese Recherche galt es eine Vorauswahl an Werkstoffen zu beschaffen und hinsichtlich der weiteren Anwendbarkeit und möglicher Verarbeitungsbedingungen zu überprüfen. Hierfür wurden neben thermoanalytischen Untersuchungen zur Bestimmung der thermo-rheologischen Eigenschaften auch Vorversuche zur prinzipiellen Druckbarkeit mittels Tampondruck durchgeführt.
Da sich der Tampondruck mit elektrisch leitenden Druckstoffen auf metallischer Basis deutlich von herkömmlichen Druckstoffen zur Dekoration unterscheidet, mussten spezielle Drucknegative (Klischees) und Druckmotive entwickelt werden. Die zu entwickelnden Druckmotive müssen u.a. spezielle Prüfbereiche zur Bestimmung der elektrischen, mechanischen und thermischen Eigenschaften gewährleisten. Des Weiteren galt es, den Tampondruckprozess mit elektr. leitfähigen Substanzen zu entwickeln. Aufgrund der deutlich veränderten stofflichen Zusammensetzung der Druckstoffe im Vergleich zum Dekorationsdruck, mussten in Abhängigkeit der ausgewählten Druckstoffe und der zu druckenden Motive geeignete Prozessparameter gefunden werden. Nach erfolgreicher Adaption des Tampondruckes wurden unter den optimierten Druckbedingungen Kunststoffplatten bedruckt, anschließend getempert und hinsichtlich ihrer Eigenschaften geprüft. Diese Proben dienen als Referenz für die später im Hybridprozess hergestellten Proben.

Für die Verarbeitung elektr. leitfähiger Substanzen in der geplanten Prozessroute war die Entwicklung einer neuartigen Anlagentechnik notwendig. Diese besteht aus einer Tampondruckanlage, welche auf die Spritzgussmaschine als Modul aufgesetzt wird und bei geöffnetem Spritzgusswerkzeug das Schaltbild auf die Werkzeugwand applizieren kann. Manuelle Vorversuche mit thermoplastischem Kunststoff hatten zudem gezeigt, dass es bei Drucksubstanzen auf metallischer Basis aufgrund der werkstofflichen Zusammensetzung notwendig sein kann, das auf der Werkzeugwand applizierte Schaltungsbild zu trocknen. Dies ermöglicht es, einen günstigen thermo-rheologischen Zustand beim Einspritzen der Kunststoffschmelze gezielt einzustellen. Hierfür sollte die Tampondruckanlage u.a. über eine automatisierte Trocknungsanlage verfügen. Nach Auslegung und Konstruktion der Komponenten, welche zur Funktionserfüllung gemäß Lastenheft benötigt wurden, mussten Einzelteillisten erstellt und entsprechend beschafft werden. Im weiteren Verlauf wurden zunächst die Einzelkomponenten vormontiert und dann zur Gesamtbaugruppe zusammengesetzt. Nach Implementierung der Steuerung wurden alle Verfahrbewegungen und Funktionen gemäß Lastenheft sowohl als Einzelfunktion als auch als (Halb)automatikablauf überprüft.

Nachdem der Hybridprozess entwickelt werden konnte, wurden umfangreich Proben hergestellt, an denen anschließend die Charakterisierung unter dem Schwerpunkt der elektrischen, optischen und thermo-mechanischen Eigenschaften durchgeführt wurde. Von besonderem Interesse war hierbei die Dicke und Homogenität der entstehenden Leiterbahnen, deren elektrische Leitfähigkeit, die Bewertung der ggf. stattfindenden Sinterungsprozesse und die Prüfung der Haftfestigkeit der Leiterbahnen a

Ergebnisse

Die Grundidee der geplanten Prozessroute war es daher, die elektrisch leitfähige Schicht durch den Tampondruck aufzubauen, die Applizierung jedoch nicht nachträglich vorzunehmen, sondern während der eigentlichen Oberflächenentstehung des Bauteils im Spritzgussverfahren. Da die gedruckte Substanz somit in die Kunststoffoberfläche eingebettet und ggf. sogar teilweise durchdrungen wird, resultiert dies in einer potenziell starken mikro-mechanischen Haftung der metallischen Partikel auf dem Substrat. Möglich wird dieser Ansatz durch den Druck des Schaltungsbildes auf die Werkzeugwand der Spritzgussmaschine, worauf folgend die Kunststoffschmelze das Druckmotiv während der Einspritzphase überströmt und dieses in das Bauteil eingebettet wird.
Im Rahmen des Projektes konnte erfolgreich die hierfür notwendige Anlagentechnik konzeptioniert, konstruiert und montiert werden. Die daraus umgesetzte Tampondruckanlage konnte erfolgreich mit der Spritzgussmaschine vereint und an dieser der neuartige Hybridprozess entwickelt werden. Die reproduzierbare Anwendbarkeit im Rahmen der neuen Prozessroute konnte für silber- und kohlenstoffbasierte Druckstoffsysteme aufgezeigt werden. Kupferbasierte Systeme erscheinen perspektivisch ebenfalls anwendbar, da sie im Rahmen des Projektes grundsätzlich übertragen werden konnten, es jedoch Einschränkungen hinsichtlich der Reproduzierbarkeit gab. In Bezug auf einsetzbare Kunststoffe konnten verschiedene PBT-Typen, PA66 und PA6T erfolgreich eingesetzt werden. Auch der Einsatz von Verstärkungsstoffen (Glaskugeln und -fasern, Mineralien) in unterschiedlichen Masseanteilen (0 - 50%) ist im Rahmen der entwickelten Prozessroute möglich. Als entscheidende Einflussgrößen haben sich die Vortrocknung des auf der Werkzeugwand gedruckten Motives und ein ausreichend hoher Werkzeuginnendruck herausgestellt. Um ersteres zu gewährleisten, wurde in die Tampondruckanlage ein kurzwelliger IR-Strahler implementiert, der die elektrisch leitfähige Schicht auf der Werkzeugwand vortrocknet, bevor sie im Spritzgussprozess auf das entstehende Kunststoffbauteil übertragen wird.

Fazit

Im Rahmen des Projektes konnte erfolgreich die hierfür notwendige Anlagentechnik konzeptioniert, konstruiert und montiert werden. Die daraus umgesetzte Tampondruckanlage konnte erfolgreich mit der Spritzgussmaschine vereint und an dieser der neuartige Hybridprozess entwickelt werden. Die reproduzierbare Anwendbarkeit im Rahmen der neuen Prozessroute konnte für silber- und kohlenstoffbasierte Druckstoffsysteme aufgezeigt werden. Kupferbasierte Systeme erscheinen perspektivisch ebenfalls anwendbar, da sie im Rahmen des Projektes grundsätzlich übertragen werden konnten, es jedoch Einschränkungen hinsichtlich der Reproduzierbarkeit gab. In Bezug auf einsetzbare Kunststoffe konnten verschiedene PBT-Typen, PA66 und PA6T erfolgreich eingesetzt werden. Auch der Einsatz von Verstärkungsstoffen (Glaskugeln und -fasern, Mineralien) in unterschiedlichen Masseanteilen (0 - 50%) ist im Rahmen der entwickelten Prozessroute möglich. Als entscheidende Einflussgrößen haben sich die Vortrocknung des auf der Werkzeugwand gedruckten Motives und ein ausreichend hoher Werkzeuginnendruck herausgestellt. Um ersteres zu gewährleisten, wurde in die Tampondruckanlage ein kurzwelliger IR-Strahler implementiert, der die elektrisch leitfähige Schicht auf der Werkzeugwand vortrocknet, bevor sie im Spritzgussprozess auf das entstehende Kunststoffbauteil übertragen wird.
In Untersuchungen der Bleistifthärte und Haftfestigkeit konnte nachgewiesen werden, dass die in der neuen Prozessroute hergestellten elektrisch leitfähigen Schichten den in Referenz hergestellten Proben, d.h. durch nachträgliches Bedrucken und Tempern, überlegen scheinen. Hinsichtlich der elektrischen Leitfähigkeit in Form des Flächenwiderstandes konnten die vom Hersteller angeführten Kennwerte der Druckstoffsysteme erreicht werden. Die entwickelte Prozessroute ermöglicht es somit, elektrisch leitfähige Schichten als funktionelle Schichten oder Leiterbahnen effizient auf das Kunststoffsubstrat zu applizieren – ohne weitere thermische oder chemische Nachbehandlungen. Das Projektziel konnte somit erfolgreich erreicht werden.

Übersicht

Fördersumme

378.723,00 €

Förderzeitraum

25.03.2020 - 31.01.2023

Bundesland

Hessen

Schlagwörter

Umwelttechnik