Projekt 35066/01

Wertketten und Konsumentscheidungen Fernwirkung von Governance und Produktbiographien am Beispiel von Kakao

Projektdurchführung

Universität Osnabrück Institut für Geographie
Seminarstr. 19 a/b
49074 Osnabrück

Zielsetzung

Die Schokoladenindustrie steht vor wachsenden Herausforderungen im Kontext der ökologischen und sozialen Auswirkungen des globalen Kakaohandels. Globalisierungsprozesse haben dazu geführt, dass diverse, räumlich separierte Entwicklungen parallel stattfinden. Die räumlichen und kulturellen Unterschiede zwischen den Konsumierenden und der Produktion der von ihnen konsumierten Produkte nehmen immer weiter zu und die Governancestrukturen, die den Produktionsnetzwerken zugrunde liegen, werden zunehmend komplexer. Hinzu kommt, dass die ökologischen und sozialen Auswirkungen von Konsum- und Einkaufsentscheidungen von Unternehmen immer vielschichtiger und globaler werden, wodurch sie für die beteiligten AkteurInnen kaum noch nachvollziehbar sind. Gleichzeitig haben sich die Konsumgewohnheiten differenziert, wobei für Teile der Bevölkerung soziale und ökologische Aspekte bei ihren Kaufentscheidungen zunehmend von Bedeutung sind. Diese steigende Nachfrage nach nachhaltig produzierter Schokolade führt zu intensiviertem Anbau von Kakaobohnen, die nach definierten Nachhaltigkeitsstandards produziert werden.
Das CoVaCoa-Projekt untersucht diese Zusammenhänge im Kontext des Kakaohandels in Ghana und trägt dazu bei, die Herausforderungen der Globalisierung im Bereich Konsum, Produktion und Governance zu verstehen. Diese Betrachtung ist sowohl aus akademischer als auch aus unternehmerischer Sicht von Relevanz. Unternehmen stehen aufgrund der komplexen ökologischen und sozialen Auswirkungen ihrer Einkaufsentscheidungen vor Herausforderungen, die insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen überfordern können. Das Ziel des Projekts ist daher, die Stärkung der Entscheidungs- und Handlungskompetenzen von kleinen und mittelständischen Unternehmen, sowie der Entwicklung von Handlungsempfehlungen zu effektiven Kommunikationsstrategien, um nachhaltige Konsumentscheidungen bei VerbraucherInnen zu stärken.

Arbeitsschritte

Das CoVaCoa-Projekt gliederte sich in fünf Arbeitspakete (AP) mit insgesamt 26 definierten Meilensteinen (MS). Im AP 1 wurden Governancestrukturen analysiert, wobei Literatursichtung, Dokumentenanalyse und qualitative Interviews durchgeführt wurden. Eine Abbildung der formalen Governancestruktur des ghanaischen Kakaosektors wurde erstellt. AP 2 widmete sich den Produktionsbedingungen und Auswirkungen unterschiedlicher Governancestrukturen auf Grundlage von Literaturauswertungen, quantitative Befragungen und qualitative Interviews in Ghana. AP 3 beschäftigte sich mit dem Konsum von Kakaoprodukten, wobei Literaturreviews, Befragungen und Experimente zu Determinanten von Konsumentscheidungen, sowie der Wirkung verschiedener Arten der Informationsbereitstellung und -inhalte ausgeführt wurden. Im AP 4 wurden Workshops zur Synthese und Transferentwicklung veranstaltet, darunter Design-Workshops, Szenarienentwicklung und ein resümierender Abschlussworkshop. AP 5 befasste sich mit der Dissemination der Ergebnisse, darunter die Online-Präsenz, die Publikation von wissenschaftlichen Artikeln, eine Broschüre und die Integration der Erkenntnisse in die Lehre. Dabei wurden auch Workshops und Präsentationen für internationale Konferenzteilnahmen entwickelt. Die erreichten Meilensteine zeugen von umfassenden Forschungsaktivitäten, einschließlich der Analyse von Governancestrukturen, Produktionsbedingungen und Konsumverhalten im Kontext des globalen Kakaohandels. Die Ergebnisse wurden erfolgreich in wissenschaftlichen Publikationen, einer Broschüre, einem Praxisleitfaden als Handreichung für KMU und der Lehre integriert. Die Anwendung der Projektergebnisse durch die Ludwig Weinrich GmbH & Co. KG und die geplante Präsentation beim Forum nachhaltiger Kakao e.V. verdeutlichen den praxisrelevanten Nutzen des Projekts im Bereich nachhaltiger Kakao.

Ergebnisse

Die steigende Nachfrage nach nachhaltig produzierter Schokolade führt zu verstärktem Anbau von Kakaobohnen nach definierten Nachhaltigkeitsstandards. Zertifikate wie Nachhaltigkeitssiegel helfen in diesem Zusammenhang, ethisch differenzierte Produkteigenschaften zu kommunizieren und Informationsasymmetrien zu verringern. Zusätzliche Kennzeichnungsmethoden wie Quick-Response-(QR)-Codes stärken das Vertrauen in Nachhaltigkeitslabel. Vertrauen spielt nicht nur für Zertifizierungen eine zentrale Rolle, sondern auch für politische Steuerung, indem die Akzeptanz politischer Maßnahmen durch die wahrgenommene Integrität politischer AkteurInnen bedingt ist. Eine verpflichtende Kommunikation von Nachhaltigkeitskriterien erfährt hohe Akzeptanz bei VerbraucherInnen. Um nachhaltigen Konsum zu fördern, sind ganzheitliche Kommunikationsstrategien erforderlich, die emotionale, soziale und persönliche Einflüsse bei Konsumierenden ansprechen. Mediale Darstellungen, etwa durch Virtual-Reality-Erlebnisse, können die Zahlungsbereitschaft für nachhaltige Produkte erhöhen. Nachhaltigkeitsstandards sollen negative ökologische und soziale Folgen minimieren und die Lebensbedingungen der KakaobäuerInnen verbessern. Die Auswahl von Nachhaltigkeitssiegeln sollte dabei auf transparenten Kriterien basieren, um Glaubwürdigkeit sicherzustellen. Unternehmen können durch Integration dokumentierter Nachhaltigkeitsprojekte Verantwortung in den Anbauländern übernehmen und ökologische sowie soziale Bedingungen verbessern. Die Zusammenarbeit mit Kooperativen in den Anbauländern ist für die erfolgreiche Umsetzung entscheidend, wobei klare Kommunikation und eine Vertrauensperson vor Ort hilfreich sind. Durch gebündelten Einkauf nachhaltig produzierten Kakaos können Unternehmen positive Veränderungen bewirken. Der Kauf von Kakao aus Unternehmensprojekten in Ursprungsländern ermöglicht die Einhaltung verschiedener Nachhaltigkeitskriterien, Rückverfolgbarkeit des Kakaos und reduziert das Risiko von Kinder- und Zwangsarbeit. Die Integration dieser Erkenntnisse in die Unternehmenspraxis und die Zusammenarbeit mit Kooperativen tragen zur Förderung nachhaltiger Konsumgewohnheiten bei. Reformen auf deutscher und europäischer Ebene werden notwendig, um den Fortschritt in Richtung einer nachhaltigeren Schokoladenproduktion weiter zu unterstützen.

Öffentlichkeitsarbeit

Die zielgruppenspezifische Verbreitung der Projektergebnisse erfolgte fortlaufend während der gesamten Projektlaufzeit und geschieht darüber hinaus. Die Projektwebsite wurde pünktlich erstellt und regelmäßig aktualisiert. Ein Flyer und eine digitale Informationsmappe wurden veröffentlicht und stehen zum Download bereit. Wissenschaftliche Publikationen wurden erfolgreich veröffentlicht oder stehen kurz vor der Einreichung. Ein Praxisleitfaden als Handreichung für Unternehmen mit dazugehöriger Broschüre wurde fertiggestellt. Die Integration des Projekts in die Lehre wurde im Rahmen von zwei Studienprojekten in Ghana (2021 und 2023), fünf Seminaren und 18 Abschlussarbeiten in Geographie, Umweltökonomie, und Arbeits- und Organisationspsychologie realisiert. Die Öffentlichkeitsarbeit erfolgte durch regelmäßige Aktualisierung der Projektwebsite und Social-Media-Beiträge. Darüber hinaus wurde das Projekt im Rahmen einer Ausstellung im Museum Industriekultur Osnabrück präsentiert. Ergebnisse wurden im Rahmen von 14 Vorträgen auf internationalen Konferenzen präsentiert und diskutiert, wodurch das Projekt nationale und internationale Aufmerksamkeit erlangte. Für das Kalenderjahr 2024 sind weitere sechs Vorträge geplant.

Fazit

Die CoVaCoa-Forschung beleuchtete die Bedeutung von Wissen und Informationen für ProduzentInnen, Unternehmen und Konsumierende im globalen Kakao-Schokoladen-Netzwerk. Die Erkenntnisse zeigen, dass Nachhaltigkeitssiegel für Konsumierende und ProduzentInnen begrenzten Nutzen haben, um soziale, ökologische und wirtschaftliche Herausforderungen anzugehen und Macht- und Wertasymmetrien zu überwinden. Für das Vertrauen von Konsumierenden sind detaillierte Informationen über Labels und Zertifizierungskriterien entscheidend. Der Einfluss von Wissen auf die Kaufentscheidung ist begrenzt; psychologische und produktseitige Faktoren spielen eine bedeutende Rolle. Diese Faktoren sollten von Unternehmen zur Förderung nachhaltigen Konsums adressiert und die Art der Informationsbereitstellung und -inhalte für effektive Kommunikationsstrategien berücksichtigt werden. Zertifizierte LandwirtInnen profitieren von Prämienzahlungen, jedoch reicht dies nicht aus, um Armut zu überwinden. Die Forschung betont die Notwendigkeit, ProduzentInnen nicht nur mit Wissen, sondern auch mit den entsprechenden Rahmenbedingungen für dessen Anwendung zu unterstützen. Regulatorische Reformen in der EU fördern Zertifizierungssysteme, erfordern jedoch weitere Maßnahmen. Die weitere Untersuchung der Konsequenzen dieser Entwicklung kann wertvolle Erkenntnisse für die Internationale Politische Ökonomie, Global Governance und Europäisierungsforschung liefern.

Übersicht

Fördersumme

449.677,00 €

Förderzeitraum

01.08.2020 - 31.01.2024

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Landnutzung