Projekt 35023/01

Zwischen wirtschaftlichem Kalkül und ethischer Verantwortung? – Einrichtung eines Dialog- und Praxisforums für (Jung-)Landwirte, -Gärtner und Berufsfachschüler zu Fragen einer verantwortungsvollen und nachhaltigen Unternehmensführung

Projektdurchführung

Ökohof St. Josef gGmbH
Am Seitenkanal 16
26871 Papenburg

Zielsetzung

Nicht nur die Nachhaltigkeitsbewertung von Prozessen, Produkten und Dienstleistungen stellt eine große Herausforderung für Unternehmer und Konsumenten dar. Auch die Vermittlung entsprechender Kompetenzen und systemischer Zusammenhänge sowie die Reflexion leitender Werte und ethischer Grundhaltungen bilden eine wichtige Voraussetzung für ein nachhaltig geprägtes wirtschaftliches Handeln.
Nur selten fließen jedoch entsprechende umweltethische Aspekte in die Aus- und Fortbildung von jungen Landwirt*innen und Gärtner*innen. Neben betriebswirtschaftlichen Themen stehen zumeist klassische Produktions- und verfahrenstechnische Ausbildungsinhalte im Vordergrund, die auf einen möglichst reibungslosen und wirtschaftlich erfolgreichen Betrieb vorbereiten. Während auf der Ebene der Konsument*innen ein Umdenken und eine steigende Nachfrage nach nachhaltig - und damit auch unter Ethikaspekten - produzierten landwirtschaftlichen und Gartenbauprodukten festzustellen ist, fehlt es nach wie vor vielen Landwirt*innen und Gärtner*innen an Wissen und Kompetenzen, technische, wirtschaftliche und sozial-ethische Aspekte in ein tragfähiges, nachhaltigkeitsbezogenes Betriebskonzept zusammenzuführen. Das Vorhaben, das (Jung-) Landwirt*innen und -gärtner*innen sowie Berufsfachschüler*innen aus dem Bereich Landwirtschaft und Gartenbau an diese Thematik heranführen will, soll diese Lücke schließen. Dabei soll es bewusst nicht um die Vermittlung "trockener" Ethik-Theorien, sondern um eine praxisnahe Verknüpfung produktionstechnischer, betriebswirtschaftlicher und sozial-ethischer Themen und Fragestellungen gehen. Ziel dabei ist es, im Rahmen eines Dialog- und Praxisforums zukünftige Fach- und Führungskräfte auf komplexe Nachhaltigkeitsfragen und auf einen verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen vorzubereiten. So sollen diese Zielgruppen beispielsweise nicht nur Ressourcen schonende Bodenbewirtschaftungsmethoden kennenlernen, sondern dabei auch die Zusammenhänge eines globalen Wandels von Ökosystemen und deren Belastungsfähigkeit, den Zugang zu und den Umgang mit Ressourcen, Wachstumskriterien der Wirtschaft, Produkte, Dienstleistungen und Konsum, aber auch Gerechtigkeitskonzepte und Lebensstile erfahren. Durch eine ganzheitliche Betrachtung sollen umwelt-, sozial- als auch gesundheitsverträgliche Produktionsmuster vermittelt und in Bezug auf betriebswirtschaftliche Rahmenbedingungen reflektiert werden.

Arbeitsschritte

Das Projekt beinhaltet folgende Projektbausteine:
1. Dialogforen zu folgenden Themen
- Systemische Nachhaltigkeitszusammenhänge
- Umweltethische und Nachhaltigkeitsaspekte in der Aus- und Fortbildung
- Entwicklung von Modulen zur ethischen, nachhaltigen und ökologischen Landwirtschaft
2. Praxismodule auf Frei- und Versuchsflächen zu den Themen:
- Ressourcenschonende Bodenbewirtschaftung
- Fruchtfolge-Diskussion in der Praxis
- Betriebskonzepte zur Vermarktung
3. Aufbau eines Netzwerkes zwischen Hochschulen, Bildungseinrichtungen und Landwirt*innen sowie Gärtner*innen
4. Beratungsangebote
5. Materialien zur Schulung
6. Fortbildungsseminare für Lehrkräfte
7. Wissenschaftliche Evaluation

Ergebnisse

Da das Vorhaben unmittelbar vor der Corona Krise Ende 2019 begann, konnten die ursprünglich geplanten Projektbausteine nur eingeschränkt umgesetzt werden. Insbesondere ein in diesem Zusammenhang verhängtes umfassendes Betretungsverbot des Betriebsgeländes führte dazu, dass keine Präsenzveranstaltungen durchgeführt und Praxismaßnahmen nur sehr reduziert realisiert werden konnten. Hinzu kam, dass auch in den Berufsbildenden Schulen kein regulärer Bildungsbetrieb mehr stattfand und außerschulische Maßnahmen weitgehend eingestellt wurden.
Gleichwohl konnten im Projektzeitraum folgende Maßnahmen umgesetzt werden:

• Entwicklung von Bildungsmaterialien zum Thema
• Organisation von Vortragsveranstaltungen
• Aufbau einer Projekthomepage mit Hintergrundinformationen
• Einrichtung von Versuchsflächen
• Entwicklung und Bereitstellung von Informationshilfen auf dem Betriebsgelände

Weder in den Lehrplänen der Berufsbildenden Schulen bis hin zur Meisterausbildung noch in den Studiengängen, gibt es einen Fokus auf ethische Fragestellungen. Auch Lehrpersonal steht nur sehr begrenzt zur Verfügung. Im Projekt sind Bildungsmaterialien erstellt worden, so dass es leichter möglich ist, die Thematik selbständig aufzugreifen und im Unterricht oder in Vortragsveranstaltungen zu implementieren.
Wiederholt sind Vortragsveranstaltungen mit Praktikern und Wissenschaftlern durchgeführt worden. Diese Veranstaltungen bildeten einen wichtigen Baustein für die Zielgruppe, die oftmals durch eine Vielzahl von neueren Gesetzen und Verordnungen (Tierwohlkennzeichen, Verbot des Kükentötens, Verbot des Kopierens der Ringelschwänze bei Schweinen, immer stärkere Auflagen bei der Nutzung von Pestiziden, etc.), neue Gedanken oder Herangehensweisen oft als Kritik, mindestens aber als Einschränkung der eigenen Handlungsfreiheit wahrnehmen.
Eine Projekthomepage wurde erstellt um einen digitalen Ort des Austausches und zugleich auch einen Ort der Ergebnissicherung zu schaffen.
Anhand ausgewiesener Versuchsflächen wurde wir im Projektverlauf gezeigt, wie ein wirtschaften nach ethischen Gesichtspunkten (Auswahl Saatgut, Düngerberechnung und Einsatz, mechanische Bodenbearbeitung, etc) möglich ist. Im Bereich des Tierwohls konnten wir dieses anhand der Legehennenhaltung darstellen.

Der Ökohof St. Josef gGmbH gehört zum „Netzwerk Demonstrationsbetriebe“. Auf dem Betrieb steht Informationsmaterial bereit und es wurden im Projektzeitraum Exkursionen, Hofführungen und Hospitationen durchgeführt.

Öffentlichkeitsarbeit

Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Für die Öffentlichkeitsarbeit wurde eine Web-Site erstellt: www.ethik-wirtschaft.de. Auf dieser Web-Site lief bisher das Praxis-Forum, um Diskussionen zum Thema zu ermöglichen. Nach der Beendigung des Projektes soll die Web-Site so gestaltet werden, dass weiterhin Lehrmaterialien zur Verfügung stehen und Infos aufgerufen werden können. Den moderierten Block werden wir jedoch beenden.
Ebenfalls sind ein Flyer incl. Fragebogen ist erstellt und über 16 QR- Tafeln auf dem Hof aufgestellt worden, die dauerhaft über die Möglichkeiten der ökologischen Bodenbearbeitung informieren und ethische Fragestellungen beispielhaft erläutern.

Fazit

Trotz der schwierigen Ausgangssituation zu Beginn der Corona-Krise konnten mit dem Projekt wichtige Impulse zur Berücksichtigung umweltethischer Aspekte bei Junglandwirt*innen und -gärtner*innen gesetzt werden. Die entwickelten Lehrmaterialien werden zunehmend nachgefragt und ergänzen das neue Informationsangebot auf dem Betriebshof, das zukünftig fester Bestandteil von Führungen und Bildungsmaßnahmen sein wird. Auch wenn es derzeit angesichts der schwierigen wirtschaftlichen und politischen Lage in der Landwirtschaft schwerfällt, Landwirt*innen und Gärtner*innen für ethische Fragestellungen zu gewinnen, konnte das Projekt dazu beitragen, das Thema bei der Zielgruppe zu platzieren und mit Praxisbeispielen zu veranschaulichen. Gerade mit Blick auf viele in naher Zukunft anstehende Betriebsübernahmen durch Junglandwirt*innen und -gärtner*innen bietet sich damit die Chance, eine Umstellung landwirtschaftlicher und gärtnerischer Betriebe in Richtung Nachhaltigkeit zu forcieren.

Übersicht

Fördersumme

124.415,00 €

Förderzeitraum

01.10.2019 - 01.04.2024

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Umweltkommunikation