Projekt 34932/01

Pflanzenkohle zur Steigerung des Methanertrags in Biogasanlagen

Projektdurchführung

Carbuna AG
Mendelssohnstr. 2
87700 Memmingen

Zielsetzung

Mit einem Anteil von über 5 % an der Bruttostromerzeugung ist Biogas in Deutschland eine relevante, wenn auch umstrittene Technologie der Energiewende. Diese dezentrale Art der Energieerzeugung stellt grundlastfähigen, regelbaren, erneuerbaren Strom und Wärme zur Verfügung, jedoch steht der weit verbreitete Anbau von Energiepflanzen in Flächenkonkurrenz zur Nahrungsmittelherstellung und zum Naturschutz. Zudem gerät die Branche immer mehr unter Kostendruck und muss mit rückläufigen Gewinnen rechnen. Es ist daher erforderlich die Biogastechnologie so effizient wie möglich zu gestalten, das heißt aus so wenig Biomasse wie möglich, muss so viel Biogas wie möglich entstehen. Dies erfordert eine Reihe technischer Innovationen und Zuschlagstoffe um den Anlagenbetrieb zu optimieren. Einige Zuschlagstoffe, insbesondere Schwermetalle, die als Spurenelemente beigemischt werden, führen jedoch zu Folgeproblemen in Form von unerwünschten Anreicherungen, wenn Gärreste auf Ackerböden als Dünger verwendet werden.
Als Pflanzenkohle bezeichnet man das Produkt der Pyrolyse von Biomasse, wie z. B. Holzkohle, wenn sie nicht energetisch genutzt (verbrannt) wird. Seit tausenden Jahren wird sie weltweit in der Landwirtschaft eingesetzt und ist durch archäologische Ausgrabungen in den letzten Jahrzehnten wieder ins Interesse von Bodenkundlern gerückt. Optimierte, umweltfreundliche Herstellungsverfahren, die in den letzten beiden Jahrzehnten entwickelt wurden, können heute Pflanzenkohle aus einer Vielzahl an Biomassen herstellen. Pflanzenkohle zeigt in Böden durchweg positive Wirkungen, von der Anregung des Humusaufbaus, über verbessertes Wurzel- und Pflanzenwachstum, bessere Wasserspeicherung, das Halten von Pflanzennährstoffen in der Wurzelzone bis hin zur Schadstoffbindung. Auch kann sie in Futtermitteln eingesetzt werden. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Anwendungen außerhalb der Landwirtschaft, z. B. als Additiv in Bau- oder Kunststoffen. Wird stabile Pflanzenkohle einer dauerhaften, stofflichen Nutzung, wie z.B. als Bodenhilfsstoff, zugeführt, bleibt der Kohlenstoff der Atmosphäre für viele hundert Jahre entzogen: eine sogenannte Kohlenstoffsenke entsteht. Pflanzenkohle ist damit Teil des Pyrogenic Carbon Capture and Storage (PyCCS), einer Negativemissionstechnologie: durch die Photosynthese entnehmen Pflanzen Kohlenstoff aus der Atmosphäre, die Pyrolyse wandelt diesen gebundenen Kohlenstoff in Wärme, Pyrolyse-Öle und Pflanzenkohle um, die durch geeignete Anwendungen zu Kohlenstoffsenken werden.
Literatur und erste Praxisversuche zur Nutzung von Pflanzenkohle in Biogasanlagen zeigen einen positiven Effekt auf den Gasertrag und die Umwandlungseffizienz von Biomasse zu Biogas. Es fehlen jedoch Daten zu den in Deutschland vorherrschenden NaWaRo-Anlagen und es gibt keine wissenschaftlichen begleiteten Praxisversuche. Zudem sind die Wirkungsmechanismen nur unzureichend erforscht. Ziel dieser Studie soll es daher sein, die Nutzung von Pflanzenkohle als Zuschlagstoff in Biogasanlagen systematisch in Theorie und Praxis zu untersuchen und daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten, mit dem übergeordneten Ziel den Biogasprozess effizienter und damit umweltfreundlicher zu gestalten.

Arbeitsschritte

Das Projekt besteht aus drei Arbeitspaketen. Neben dem Projektmanagement, Berichtswesen und der Kommunikation werden je ein Arbeitspaket für Laborversuche und Analytik zur Untersuchung der Wirkungsmechanismen und eines für Feldversuche definiert. Im Theorieteil wird zunächst eine umfangreiche Literaturstudie durchgeführt. Gleichzeitig beginnen die Laborversuche mit einem Batchtest für die Biogaserzeugung aus einem Substrat, das möglicherweise auch in den Praxisversuchen zum Einsatz kommt. Theorie und Praxis stehen in engem Austausch. Es sollen möglichst solche Substrate im Labor getestet werden, die exakt so auch später im Praxisteil genutzt werden.
Die Praxisphase zeigt sich im Projektverlauf als die größte Herausforderung. Bereits früh im Projekt wird intensive Akquise von Praxispartnern betrieben. Dies ist insbesondere deshalb erforderlich, da ein entscheidender Projektpartner für die Praxisphase kurz vor Projektbeginn aufgrund eines Managementwechsels das Thema für sich stillgelegt hatte. Trotz umfangreicher Bemühungen und Kooperationen mit Biogas-Netzwerken kann keine zufriedenstellende Anzahl an Praxispartner gewonnen werden. Gleichzeitig zeigt sich, dass die technischen Vorgaben des Projekts hinsichtlich Referenz-Fermenter und separater, umfangreicher Messtechnik, von keinem der potentiellen Partner eingehalten werden kann. Selbst Anlagenbetreiber, die zunächst versichern, dass sie über entsprechende Technik verfügen, ziehen Aussagen nach und nach zurück. Am Ende ist nur ein Anlagenbetreiber technisch ausgestattet und willens am Projekt teilzunehmen, doch auch hier können essentielle Zusagen hinsichtlich Messtechnik aufgrund technischer Restriktionen nicht eingehalten werden. Um ein Minimum an Aussagekraft aus der Praxis zu erhalten, beschließt das Konsortium eine Reihe von Interviews mit Praxisanwendern durchzuführen, die Pflanzenkohle anwenden oder angewendet hatten.
Laborversuche zum Thema Biogas werden an den Messständen der Hochschule Offenburg nach Norm VDI 4630 umfangreich durchgeführt. Die Methodik der Hochschule zeichnet sich durch ihre für Labortechnik überdurchschnittliche Größe aus, was eine Grundvoraussetzung ist, um Dosierungen zu testen, die in der Praxis üblich sind. Im Offenburger Labor sollen auch Wirkungsmechanismen ergründet werden. Zudem machen viele Anlagenbetreiber den Nachweis der Unbedenklichkeit als Zuschlagstoff durch einen Laborversuch zur Voraussetzung für die Nutzung von Pflanzenkohle. Die Wirkungsweisen, die sich aus der Literaturrecherche des Ithaka Instituts herauskristallisieren, werden unter anderem durch den Einsatz analoger Zusatzstoffe erörtert. Im Laufe des Projekts stellt sich heraus, dass die vorgesehene Pflanzenkohle-Analytik größtenteils von den umfangreichen Qualitätsmanagement-Analysen der Carbuna AG bereitgestellt werden kann. Ebenso stellt sich heraus, dass deutlich weniger experimentell hergestellte Pflanzenkohlen („Spezialkohlen“) erforderlich sind. Mit den so eingesparten Mitteln wird eine zusätzliche Forschungsfrage bearbeitet, die sich im Laufe des Projekts ergab: Welche Auswirkungen hat es, wenn Pflanzenkohle bereits bei der Silage zugegeben wird? Hierfür werden mit einem Spezialgerät mehrere Tonnen Silage mit unterschiedlichen Zuschlägen hergestellt, während und nach der Silierung beprobt, von einem externen Labor analysiert und in Offenburg hinsichtlich des Biogaspotentials geprüft.

Ergebnisse

Über den gesamten Versuchszeitraum zeigen sich in den Laborversuchen keine signifikanten Verbesserungen des Gasertrags oder der Kinetik durch den Einsatz von Pflanzenkohle, jedoch zeigen auch andere Zuschlagstoffe keine Verbesserungen, mit Ausnahme von Riboflavin, das die Hydrolyse und Acidogenese beschleunigt, was im Labor zu einer schnelleren Versauerung im Biogasprozess führt, aber in der Praxis ein bestehendes Limit beheben könnte. Dies legt nahe, dass ein Redox-Shuttle-Effekt zu einer veränderten Kinetik führt. Dieser Redox-Shuttle-Effekt wurde zwar in der Literatur theoretisch bei Pflanzenkohle gezeigt, in den verwendeten Konzentrationen und bei den verwendeten Substraten kann dieser Effekt jedoch nicht abgebildet werden. Es muss aber auch festgestellt werden, dass die durchgeführten Laborversuche nahezu immer ein Optimum an Biogasertrag einbringen, sodass eine weitere Verbesserung des Ertrags prinzipiell nicht möglich ist.
In der Praxis wird erwartet, dass dort häufiger Probleme im Biogasprozess entstehen, die sich aus den Skaleneffekten einer realen Anlage im Vergleich zu den Laborreaktoren ergeben, deshalb wird eine Überprüfung der Laborergebnisse in der Praxis als unerlässlich betrachtet. Doch auch aus dem Praxisversuch können keine signifikanten Aussagen abgeleitet werden, da dieser nicht ausreichend lange durchgeführt werden kann und, entgegen der ursprünglichen Planungen und Zusagen, weder über die gewünschte Trennung der Fermenter, noch über ausreichende Messtechnik verfügt, um eine parallele Entwicklung zu beobachten. Auch Referenzdaten aus den Vorjahren können nicht herangezogen werden. Nach Aussage des Betreibers kann keine Verbesserung festgestellt werden.
Die ergänzend zu dem Praxisversuch durchgeführten Anwenderinterviews zeigen ein gemischtes, tendenziell jedoch positives Bild. Anlagenbetreiber, die sich gegen Pflanzenkohle entscheiden, tun dies meist aus Kostengründen trotz grundsätzlich positiver Effekte. Aus den Experteninterviews wird die Relevanz vom Pflanzenkohleeintrag über Tierfutter und Wirtschaftsdünger in die Biogasanlage deutlich. Da Pflanzenkohle in der Tierfütterung starkes Marktwachstum erfährt und die Dosierungen vergleichbar mit der direkten Einmischung in die Biogasanlage ist, kann über diese Nutzungskaskade, als sekundärer und damit kostenloser Zusatznutzen, Pflanzenkohle in Biogasanlagen gelangen.
Für diesen Aspekt ist es relevant, dass die vorliegende Studie zeigt, dass Pflanzenkohle in keinem der durchgeführten Versuche zu einer Verschlechterung des Biogasprozesses führt. Insofern ist Pflanzenkohle, vorausgesetzt sie hält die Qualitätsstandards für Tierfütterung und/oder Bodenanwendung ein, mit der Biogaserzeugung kompatibel, unabhängig davon ob ein Zusatznutzen besteht oder nicht.
Beim Silageversuch, der im Laufe des Projekts neu in die Arbeitspakete mit aufgenommen wird, zeigt sich, dass Pflanzenkohle sowohl zur Co-Silierung, als auch zur nachträglichen Behandlung von Silage geeignet ist, insbesondere bezüglich der Belastung mit Mycotoxinen können deutliche Verbesserungen gezeigt werden. Während der bereits mit Pflanzenkohle silierte Mais im Labor-Biogasversuch ebenfalls keinen unmittelbaren Vorteil für die Biogaserzeugung bringt, ist auch dieses Ergebnis für die Tierhaltung relevant. Aus der Tierhaltung kann Pflanzenkohle nach der Fütterung über den Hofdünger in die Biogasanlage gelangen.
Abschließend wird in der Studie festgestellt, dass Biogasanlagen und Pyrolyseanlagen auf dem Spektrum der Biomasseenergie weit genug auseinanderliegen, dass sie kaum in Biomasse-Konkurrenz stehen und daher nebeneinander betrieben werden können. Während Biogasanlagen nährstoffreiches, schnell abbaubares Material verarbeiten, nutzen Pyrolyseanlagen tendenziell faseriges Material, das gegen mikrobiellen Aufschluss beständiger ist. Ebenso können Pyrolyseanlagen Gärreste sterilisieren und stabilisieren und damit gegebenenfalls sowohl ein Recycling von Spurenelementen ermöglichen, als auch zusätzliche Kohlenstoffsenken erzeugen.

Öffentlichkeitsarbeit

Das Thema Öffentlichkeitsarbeit wird aus zwei Gründen nicht wie geplant abgearbeitet: Aufgrund der Corona-Pandemie und aufgrund der unkonkreten Ergebnisse der Studie.
Aufgrund der Corona-Pandemie, die das Projekt in der zweiten Hälfte überschattet, fallen zahlreiche Veranstaltungen aus, auf denen Projektergebnisse vorgestellt werden sollen. Aufgrund der anhaltenden Pandemie, lassen sich diese Termine sich nur zu einem geringen Teil nach Projektablauf nachholen. In der Pflanzenkohlebranche ist das Thema Biogas, zumindest im Bereich NaWaRo, zum Projektende deutlich weniger präsent, als noch zu Projektbeginn. Die Branche fokussiert sich vermehrt auf die Anwendung im Boden, die Tierfütterung und auf die Wirkung als Negativemissionstechnologie. Aktuelle Forschungen konzentrieren sich auf die Applikation von Pflanzenkohle im urbanen Bereich und auf die Nutzung als technischer Stoff in Industrieanwendungen. Der Rückgang des Interesses am Thema Biogas deutet darauf hin, dass auch andere Unternehmen keine signifikanten Ergebnisse in diesem Bereich erzeugen.
Bedauerlicherweise finden sich auch in der vorliegenden Studie keine signifikanten Hinweise, dass Pflanzenkohle zu relevanten Ertragssteigerungen führt. Das schließt jedoch nicht aus, dass Pflanzenkohle bestimmte Probleme in Biogasanlagen lösen kann. Dies ist jedoch nicht die Forschungsfrage in dieser Studie.
Abgesehen davon spricht Benedikt Zimmermann über die Studie auf der virtuellen Fachtagung des Fachverbands Pflanzenkohle e.V. im November 2020.

Fazit

Die Studie kann im Gärversuch nach VDI 4630 keinen Effekt nachweisen, der auf eine Steigerung des Gasertrags oder der Umsetzungseffizienz einer Biogasanlage durch die Beimischung von Pflanzenkohle hindeutet. Es wurde nicht untersucht, ob durch den Einsatz von Pflanzenkohle bestimmte Probleme in einer Biogasanlage verhindert oder abgemildert werden können. Hingegen konnten signifikante Auswirkungen von Pflanzenkohle auf Silage gezeigt werden. Dieser Effekt sollte näher untersucht werden.
Ungeachtet der Versuchsergebnisse oder etwaiger Vorteile wird Pflanzenkohle, aufgrund der steigenden Nachfrage im Bereich Tierfütterung, vermehrt über Wirtschaftsdünger indirekt in Biogasanlagen eingeschleust. Die Studie konnte zeigen, dass dies keine negativen Auswirkungen auf die Kinetik und den Gasertrag nach sich zieht.
Grundsätzlich geht man in der Pflanzenkohle-Branche durch (a) die baldige EU-weite Zulassung weiterer Biomassen als zulässige Ausgangsmaterialien, (b) Automatisierung des Maschinenbaus günstigere Pyrolyseanlagen und (c) durch die steigende Bedeutung (und damit steigende Preise) der separat vergüteten Klimadienstleistung C-Senken durch entsprechende Zertifikate von mittelfristig deutlich sinkenden Kosten für Pflanzenkohle aus. Damit erhöht sich die Wirtschaftlichkeit von Pflanzenkohle in der Biogasanlage gegenüber anderen Additiven und kann bei einigen Betreibern die Hemmschwelle zum Kauf unterschreiten. Durch einen breiteren Einsatz der Pflanzenkohle könnten Gärreste als Nährstoffquelle für Pflanzenkohle-Bodenzusätze dienen und die Biogasanlage wird so zur Mischanlage für Pflanzenkohle-Dünger. Eine weitere Möglichkeit der Anwendung, die noch nicht geprüft wurde, besteht in der Rückführung von Spurenelementen über pyrolysierte Gärreste in die Fermenter.
Im Nachhinein betrachtet, waren die Anforderungen der Studie an den Praxisteil zu hochgesteckt. Abgesehen vom ursprünglichen, später abgesprungenen Praxispartner gibt in der Realität quasi keine Anlagen, die über ein komplett zwei- oder mehrsträngiges Setup verfügen, von dem ein Strang als Kontrolle genutzt werden kann und die gleichzeitig den Anforderungen an eine robuste Dokumentation technischer Kennzahlen genügen. Davon auch noch mehrere Anlagen mit verschiedenen Substraten einzufordern war rückblickend unrealistisch. Ersatzweise hätte eine sehr große Anzahl überwachter Einzelanlagen und deren statistische Auswertung ebenfalls ein robustes Ergebnis erzeugen können. Dadurch wären jedoch Kosten entstanden, die den Rahmen des Projekts gesprengt hätten.
Für künftige Forschungsprojekte in diesem Bereich sollte der Themenschwerpunkt mehr auf die Problemlösung anstatt auf die Anlagenoptimierung ausgerichtet werden, sowohl im Labor-, als auch im Praxisteil. Dazu sollten auch Biogaskonzepte über NaWaRo hinaus, insbesondere im Bereich Entsorgung untersucht werden, die aufgrund problematischer Rohstoffe häufiger mit mikrobiologischen Problemen konfrontiert sind. Ebenso wäre es erstrebenswert, Pflanzenkohle in Kombination mit modernen Hochdruck-Biogasfermentern zu testen, insbesondere in der Hinsicht, dass diese Reaktoren feste Oberflächen über den ganzen Reaktorbereich verteilt benötigen und Pflanzenkohle hierbei die aktuell verwendeten Kunststoffe ersetzen oder in diese integriert werden könnte. Ebenso sollte im Sinne einer Systembetrachtung geprüft werden, ob es vorteilhafte Kombinationen von Biogas- und Pyrolyseanlagen gibt, die beispielsweise gemeinsam ein großes Spektrum an biologischen Reststoffen nutzen können oder Gärreste zu pyrolysisieren und daraus möglicherweise zusätzliche Synergien erzeugen.

Übersicht

Fördersumme

125.000,00 €

Förderzeitraum

20.05.2019 - 31.12.2021

Bundesland

Bayern

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik