Seit über 80 Jahren sind Unverträglichkeiten zwischen gipshaltiger Originalsubstanz historisch bedeutsamer Bauwerke und modernen hydraulischen Instandsetzungsmaterialien bekannt. Infolge von Treiberscheinungen wurde dennoch in den letzten Jahrzenten in Deutschland viel kulturhistorisch wertvolle Bausubstanz unwiederbringlich zerstört.
Folgende Fragestellungen sollten im Projekt beantwortet werden:
- Unter welchen Bedingungen ist welches Material risikolos nach schädigenden Altrestaurierungen im gipshaltigen Mauerwerk einsetzbar?
- Welches Material kann unter welchen Bedingungen im gipshaltigen Mauerwerk (ohne schädigende Sanierungen) eingesetzt werden, um die statischen Anforderungen zu erfüllen, ohne Treib- und Zersetzungserscheinungen hervorzurufen?
- Welchen Einfluss haben anthropogene Schadstoffe auf bereits geschädigtes Mauerwerk?
Das Projekt wurde in folgenden Schritten bearbeitet:
1. Planung: Zu Beginn des Projektes wurde eine Anlaufberatung mit allen Projektbeteiligten durchgeführt. In dieser Beratung wurde ein Fachbeirat gebildet und es erfolgte ein intensiver fachlicher Austausch.
Auf der Basis von Hinweisen durch Fachleute und eigenen Erkenntnissen wurde eine sinnvolle Auswahl von Objekten (Bau- und Sanierungsgeschichte, Materialien, Umweltbelastungen, Konstruktion) vorgenommen. Es erfolgte eine Einteilung in die drei Bearbeitungsregionen Norddeutschland, Harzregion und Thüringen sowie die Windsheimer Bucht.
2. Objekte: Es wurde eine visuelle Betrachtung einer Vielzahl verschiedener Objekte und eine Sichtung relevanter, zugänglicher Unterlagen (Bau- und Sanierungsunterlagen) vorgenommen. An den Objekten wurden Schadensbilder ermittelt. Einige Objekte wurden beprobt. .
3. Literaturstudium: Durch Auswertung der Literatur konnte eine Zuordnung von Schadensmechanismen zu den Schadensbildern erfolgen. Die Verträglichkeiten einzelner Baustoffsysteme untereinander konnten benannt werden.
4. Arbeit am Modellobjekt: Das Modellobjekt Barbarossaturm auf dem Kyffhäuser wurde intensiver betrachtet und Vorarbeiten für eine Sanierungsplanung konnten geleistet werden.
5. Bewertung: Am Ende des Projektes erfolgte eine Bewertung aller Ergebnisse. Ein Schadenskatalog wurde erstellt und der Einfluss anthropogener Schadstoffe beschrieben. Im Abschlussbericht wird eine Beschreibung für die Vorgehensweisen bei der Sanierung gipshaltigen Mauerwerks gegeben.
6.Öffentlichkeitsarbeit: Auf Grund der Beschränkungen durch das Coronavirus konnte das Projekt lediglich auf einer Fachtagung vorgestellt werden. Weitere Veröffentlichungen nach Projektabschluss sind noch in der Planung. Es wurden ein Abschlussbericht und ein Kurzfilm erstellt.
Wesentliche Einflüsse auf den Sanierungserfolg haben, neben bauhistorischen Betrachtungen, fachkundige Voruntersuchungen und Erkundungen zu folgenden Bereichen: Baugrund, Fundament, Baumaterial (mineralogische bzw. chemische Zusammensetzung, physikalische Eigenschaften), Mauerwerksaufbau (Verbund, Fehlstellen, Anker etc.), Bauwerkserhaltung mit vorangegangenen Instandhaltungsmaßnahmen und Sanierungen, Nutzung, Dach und Wasserableitung, Umgebungsbedingungen (Exposition, Schadstoffbelastung).
In vielen Fällen können Schäden auf den Eintrag von Fremdionen zurückgeführt werden. Diese können durch ungeeignete Bindemittel (hydraulische, teilweise auch durch puzzolanische Materialien) oder durch die Nutzung durch Mensch und Tier (z. B. Steusalz, Fäkalien, Umweltverschmutzung) eingebracht worden sein.
Folgende Bindemittel sind für die Herstellung von Mörteln und Injektionen in gipshaltiges Mauerwerk nicht geeignet:
• Hydraulische Kalke und Romanzemente,
• CEM I,
• CEM I-SR, CEM III und CEM IV Zemente nur bei sehr geringen Gipsgehalten.
In Abhängigkeit vom Feuchte- und Sulfatgehalt des Mauerwerks sind bedingt geeignet:
• Spezialbindemittel nach Patent PA 3437680,
• Hüttensand-Anhydrit-Zement,
• Spezialbindemittel nach Patent DE 10 2006 057 076 B4.
Gut geeignet für Mauerwerk ohne hydraulische Bestandteile sind:
• Hochbrandgipse und
• Historischen Gipsen nachgestellte Bindemittel auf Gipsbasis.
Nicht geeignet für Außenputze im Spritzwasserbereich und auf durchfeuchteten Mauerwerk sind Mörtel mit einem langsam reagierenden Anhydritanteil.
Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass alle Schäden und Alterungserscheinungen im gipshaltigen Mauerwerk aus der Überlappung der Bereiche gipshaltiges Material, Wasser und gelöste Ionen resultieren.
Nach einem halben Jahr Projektlaufzeit traten die Kontaktbeschränkungen infolge der Coronapandemie in Kraft. Infolgedessen konnten geplante Aktionen zur Öffentlichkeitsarbeit nur sehr eingeschränkt stattfinden. Auf der Natursteintagung im März 2020 in Karlsruhe wurde das Thema vorgestellt und um eine Mitarbeit geworben. Hier wurden Kontakte geknüpft, die aber auf Grund der sich unmittelbar anschließenden Beschränkungen nur digital zum Tragen kommen konnten. Innerhalb der Zeit von Mitte März 2020 bis heute wurden alle relevanten Tagungen abgesagt. Im März 2023 werden die Ergebnisse des Projektes auf der nubau-Tagung in Weimar vorgestellt. Desweiteren ist ein Fachtag in Kooperation mit der MFPA Weimar zum Thema geplant. Eine gute Information der Zielgruppe soll durch die Veröffendlichung des Abschlussberichtes erfolgen (Verlinkung auf der DFG-Seite). Parallel werden Vorlesungen und Weiterbildungen an verschiedenen Hochschulen zu diesem Thema angeboten.
Mit dem Abschlussbericht wird Planern, Restauratoren und Mitarbeitern auf Ämtern ein Hilfsmittel für Bearbeitung der sehr komplexen Problematik gegeben. Die Hintergründe für Schadreaktionen werden aufgezeigt und zu Schäden in Beziehung gesetzt. Stoffliche Zusammenhänge werden dargestellt und Vorgehensweisen bei Sanierung gipshaltigen Mauerwerks beschrieben. Jedoch besitzt jedes Objekt seine eigenen Spezifika, so dass die jeweilige Sanierungsplanung immer eine Einzelfallentscheidung ist.
Allgemein kann dennoch formuliert werden, dass die Fernhaltung von Wasser und gelösten Ionen Schadreaktionen unterbindet. Wasser kann durch konstruktive Maßnahmen wie Wasserableitungen und Abdichtungen ferngehalten werden. Schwieriger ist in vielen Fällen die Regulierung von Kondenswasser.
Eine gute Bauwerkspflege von gipshaltigen Mauerwerksbauten mit fachgerechten Instandhaltungsmaßnahmen kann den Erhalt dieser Bauwerke über Jahrhunderte garantieren.
Problematischer ist die Erhaltung bereits treibmineralgeschädigter Objekte. Der Erhalt dieser „Dauerpatienten“ ist sehr aufwendig. Für diese Objekte ist ein „konsequentes Monitoring notwendig“. Der wichtigste Punkt ist auch hier das Fernhalten von Wasser von der Konstruktion.