Die Produktion von Süßkirschen in Deutschland und der Welt ist im erheblichen Maße durch den bakteriellen Krankheitserreger Pseudomonas (Pseudomonas syringae pv. morsprunorum, P. syringae pv. syringae) gefährdet, welcher für den Bakterienbrand an Kirschbäumen (Prunus avium) verantwortlich ist. Diese Bakteriose kann massive Schäden an den Blättern und Früchten des Baumes verursachen, einhergehend mit erheblichen Ertragseinbußen und qualitativen Mängeln der Früchte. Zur Bekämpfung von P. syringae im Obstbau sind in Deutschland lediglich Kupferpräparate zugelassen, jedoch ist deren langfristiger Einsatz umstritten. Als Schwermetall kann Kupfer bei einer langfristigen und übermäßigen Anwendung zu Problemen führen, z.B. indem es phytotoxisch wirkt oder auch die Bodenfauna (z.B. Regenwürmer) beeinträchtigt.
Dieses Vorhaben zielte auf die Entwicklung von umweltfreundlichen und effektiven Behandlungsmethoden zur Bekämpfung von Bakterienbrand bei Süßkirschen. Zum einen sollte das Wachstum des Schadbakteriums im Pflanzengewebe durch die Applikation des Pflanzenhormons Auxin eingedämmt werden („Auxin-Ansatz“). Zum anderen sollte die Wirksamkeit einer ausgewogenen Düngung auf die Pflanzengesundheit untersucht und hieraus Düngungsempfehlungen zur Eindämmung von Bakterienbrand erarbeitet werden („Nährstoff-Ansatz“).
Die Datenerhebung erfolgte durch experimentelle Ansätze im Gewächshaus und in einer Süßkirschanlange der BB Obst GmbH in Wesendahl. Für den „Nährstoff-Ansatz“ wurden zusätzliche Daten in insgesamt neun Süßkirschanlagen in Brandenburg und im Alten Land bei Hamburg erhoben. Die Standorte umfassten sieben Praxisbetriebe, das Obstbauzentrum Jork (Esteburg) und die Obstbauversuchsstation (OBVS) in Müncheberg. In den Frühjahren 2021, ´22 und ´23 wurde der „Auxin-Ansatz“ insgesamt in drei Freilandversuchen und einem umfassenden Gefäßexperiment getestet, der „Nährstoff-Ansatz“ in drei Freilandversuchen und fünf Gewächshausexperimenten. Neben der eigenen Datenerhebung waren auch eine intensive Literaturrecherche zum Zusammenhang zwischen pflanzlicher Nährstoffversorgung und P. syringae-Krankheiten sowie der fachliche Austausch mit Vertretern aus der Obstbaupraxis und des Obstbau-Versuchswesens eine wichtige Grundlage für die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen.
Einen hemmenden Effekt einer Auxinbehandlung auf Bakterienbrand bei Süßkirschen konnten wir in unseren Versuchen leider nicht feststellen. Auch der „Nährstoff-Ansatz“ zeigte teilweise recht widersprüchliche Ergebnisse bezüglich des Nährstoffversorgungszustandes der Bäume auf das Ausmaß der Pseudomonas syringae (Ps) -Krankheit. In gleicher Weise wird es auch in der Literatur beschrieben. Auffällig war, dass über fast alle Versuche hinweg sowohl die Stickstoff (N)- als auch die Kupfer (Cu)-Versorgung negativ mit der Baumgesundheit korrelierte, entweder als Reinnährstoff, und/oder in Nährstoffverhältnissen (d.h. je mehr N oder Cu im Vergleich zu einem anderen Nährstoff, desto stärker der Befall mit Bakterienbrand). Inwieweit es sich hier teilweise um Scheinkorrelationen handelt, ist noch unklar. In einigen Versuchen korrelierte v.a. das Stickstoff - Schwefel (N/S) Verhältnis negativ mit der Baumgesundheit, d.h. je mehr N im Vergleich zu S, desto höher der Bakterienbrandbefall. Dies bestärkt neuere Ergebnisse zu Ps-Krankheiten an Kiwi (Kiwikrebs). Eine gute bzw. sogar erhöhte Schwefelversorgung wurde hier in Zu-sammenhang mit einer Förderung verschiedener pflanzlicher Resistenzmechanismen gebracht.
Interessant ist, dass in der Literatur bislang nur genau diese drei Nährstoffe (N, S und Cu) direkt in Verbindung mit Mechanismen gebracht werden konnten, die die Pathogenese von Ps-Krankheiten hemmen oder stärken. Allerdings sind unsere Ergebnisse nicht immer konsistent mit diesen Untersuchungen, z.B. wird in der Literatur eine fördernde Wirkung von Cu auf die pflanzliche Abwehr beschrieben.
Die Empfehlungen, die aus unserem Vorhaben hervorgeben, adressieren zum einen Akteure der Obstbaupraxis selbst (konkrete Düngungsempfehlungen zur Eindämmung von Bakterienbrand, Broschüre 1), zum anderen das angewandte Versuchswesen (offene Forschungsfragen zur Weiterentwicklung der Düngungsempfehlungen, Broschüre 2). Wie oben bereits angesprochen, basieren die Empfehlungen nicht nur auf den eigenen Daten, sondern beziehen auch den Stand des Wissens zu anderen Aspekten der Düngung (Bodenfruchtbarkeit, Wurzelgesundheit, Frosthärte) mit ein. Die Broschüren werden in Kürze zur Verfügung stehen.
Das Projekt wurde bislang auf folgenden Veranstaltungen vorgestellt:
• Kirschseminar der Obstbauversuchsstation Müncheberg (3. Juli 2021, 2. Juli 2022)
• Jahrestreffen des Arbeitskreises Phytobakteriologie der Deutschen Phytomedizinischen Gesellschaft in Potsdam (07. September 2021)
• Internationale Jahrestagung Gesellschaft für Pflanzenernährung (22.- 24. September 2021)
• „Phytomedizin Report“ des Fachgebietes Phytomedizin der HU Berlin (17. März 2022)
• Brandenburger Obstbautag (31. Januar 2023) in Neu Seddin
• Jahrestagung der FÖKO (Fördergemeinschaft für Ökologischen Obstbau) am 26./27.1.2023 in Jork.
• Internationale Jahrestagung Gesellschaft für Pflanzenernährung (25.- 27. September 2023 in Hohenheim)
• Deutsche Pflanzenschutztagung (26.-29. September 2023 in Göttingen)
Neben einem bereits veröffentlichten Review im „Journal of Plant Nutrition and Soil Sciences“ ist eine Veröffentlichung der eigenen Daten in einer internationalen Fachzeitschrift geplant. Die in Kürze aus dem Projekt hervorgehenden Broschüren werden über unsere Netzwerkpartner und Verbandszeitschriften von Obstbauverbänden gestreut.
Einen überzeugenden Effekt einer Auxin-Behandlung auf die Eindämmung von Bakterienbrand konnten wir – trotz vielversprechender vorangegangener Versuche - im Rahmen dieses Projektes nicht nachweisen. Nach dem 2. Projektjahr wurde der „Auxin-Ansatz“ daher nicht weiterverfolgt.
Zwar sind auch die Ergebnisse des „Nährstoff-Ansatzes“ häufig nicht eindeutig und sehr kontextabhängig (z.B. von der Bodenart), dennoch halten wir es für unbedingt erforderlich, die Düngung als Teil eines Gesamtkonzeptes zur Eindämmung von P. syringae-Krankheiten auch in Zukunft weiterzuverfolgen. Dies gilt umso mehr, als dass durch den Klimawandel auch andere Stressfaktoren (Spätfröste, Hitze- und Dürreperioden) zunehmen, und eine ausgewogene bzw. bedarfsgerechte Düngung förderlich auf die Stressresistenz der Bäume im Allgemeinen wirkt. Zum anderen ist durch einen ausgeglichenen Nährstoffversorgungszustand des Baumes vor allem ein langfristiger und systemisch hemmender Effekt auf den Aufbau von Schaderregerpopulationen zu vermuten. Der „Nährstoff-Ansatz“ kann jedoch nur wirksam sein, wenn andere Aspekte der Kulturführung wie Sorten- und Standortwahl und Baumschnitt ebenfalls Berücksichtigung finden.