Projekt 34801/01

Das Fairberliner Haus Durchführung eines Modellprojektes zur Beteiligung bei Nachverdichtungen im Stadtquartier

Projektdurchführung

nonconform ideenwerkstatt GmbH
Reichenberger Str. 124 A
10999 Berlin

Zielsetzung

Das Fairberliner Haus hat sich zur Aufgabe gemacht, für ein privates Bauvorhaben eine maßgeschneiderte Prozessentwicklung zu entwerfen, passende Werkzeuge der Beteiligung zu entwickeln, neue Methoden auszuprobieren, Potentiale zu untersuchen sowie Wissen für ähnliche Projekte zu generieren. Ziel und Fokus des Projektes ist die Erarbeitung eines Beteiligungsprozesses für ein privates Bauvorhaben in der Die Arbeit fokussierte sich dabei auf zwei hauptsächliche Bausteine:
Es wurde eine kontinuierliche Begleitung der Kerngruppe aus Bauherrin plus Berater, Architektenteam und Forschungsteam durchgeführt. Die strategische Abstimmung mit der Kerngruppe war entscheidend, um genau zu verstehen, welche Problemlagen zu lösen sind und an welcher Stelle durch das Forschungsteam interveniert und unterstützt werden kann. Es stellte sich heraus, dass die ursprünglich vorgesehene größere Veranstaltung nicht in das Projekt passte. Stattdessen entstand ein kompaktes Interventionsformat, das gezielt an den Herausforderungen in der Kerngruppe ansetzte. In zwei Ideenlaboren wurden die offenen Entwurfsfragen in einer kleinen Gruppe erörtert, diskutiert und bearbeitet. Dieses Workshopformat basierte darauf, dass die Fragen so übersetzt wurden, dass sie für externe Teilnehmer:innen verständlich und spannend sind. Die Teilnehmenden wurden eingeladen an den spezifischen Herausforderungen des Fairberliner Hauses mitzuarbeiten, daneben aber auch generelle Fragen des gemeinschaftlichen Wohnens zu diskutieren. So brachten sie ihr eigenes Erkenntnisinteresse mit und ihre persönlichen Erfahrungen ein, wodurch eine sehr heterogene und angeregte Arbeitsatmosphäre entstand.
Als dritte Veranstaltung wurde ein öffentliches Symposium durchgeführt, bei dem die grundlegenden Erkenntnisse des Forschungsprozesses vorgestellt wurden und Expert:innen eingeladen wurden, ihre Erfahrungen mit der Öffentlichkeit zu teilen. Da die Veranstaltung durch die Kontaktbeschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie rein digital stattfand, kann sie auch im Nachgang auf der Internetseite von nonconform nachgeschaut werden:
https://www.nonconform.io/de/fairberlinerhaus/">www.nonconform.io/de/fairberlinerhaus
Bestandsentwicklung. Dabei ist die Gründung einer Hausgemeinschaft und der Beitrag zu Klimaanpassung im Bauen ebenso wichtig wie die Schaffung leistbaren Wohnraums.

Das Fairberliner Haus soll eine brachliegende Restfläche in einem Berliner Innenhof aktivieren. Das Grundstück ist prototypisch für die vielen Raumpotenziale, die in dichten Innenstädten schlummern.

Im Mittelpunkt steht die Idee, ein gemeinschaftlich genutztes Gebäude zu entwickeln, um einen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit des Quartiers und der Stadt zu leisten.

Es soll ein Stadthaus geschaffen werden, das von Beginn an zur Partizipation einlädt und die potenziellen Nutzer:innen involviert, möglichst ressourcenschonend und energieautark funktioniert und gleichzeitig gesellschaftlich relevante Nutzungen integriert. Das bedeutet, dass neben der zukunftsweisenden Erstellung als Holzbau der interdisziplinäre Entstehungsprozess eine zentrale Rolle im Gesamtprojekt einnimmt. Hierzu hat nonconform einen lernenden Prozess entwickelt, der den speziellen Herausforderungen einer privaten Bauherrin angepasst ist und auf neue Entwicklungen und Erkenntnisse reagieren kann.

Die private Eigentümerin des Grundstücks möchte, ihren ethischen Grundsätzen folgend, auf die maximal mögliche Rendite zugunsten einer ökologischen und sozialräumlichen Gestaltung verzichten. Der Name „Fairberliner Haus“ ergibt sich aus dem Wunsch, ein Bauvorhaben zu realisieren, das „mehr als Wohnen“ sein kann. Dahinter steht auch ein quartiersräumlicher Ansatz, mit dem Ziel, in das städtische Areal, um den Fehrbelliner Platz auszustrahlen, um diesen Lebensraum zu bereichern. Es soll ein innovativer Zukunftsort im und für den Kiez entstehen.

In Zeiten, in denen Städte nach wie vor eine sehr hohe Anziehungskraft auf Menschen ausüben, der Flächenverbrauch und die Bodenversiegelung zunehmen, Grünflächen schwinden, Marktpreise für Grundstücke sowie Mieten haltlos steigen und Verwaltung wie Politik kaum Instrumente zur Verfügung haben, um diese Entwicklungen zu stoppen, sind auch private Eigentümer:innen und Investor:innen gefragt, sich der Wohnungsnot anzunehmen, Nutzungsmischung zu ermöglichen und damit eine stadtteil- und klimaverträgliche Quartiersentwicklung zu fördern.

Einen möglichen Weg, wie diese Herausforderungen von privater Seite mutig zu bewältigen wären, wollten wir im Rahmen dieses Forschungsprojekts – gefördert von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt – aufzeigen und ausprobieren, um für eine notwendige soziale Orientierung des Wohnungsbaus in unseren Städten zu lernen. Die besondere Herausforderung, die im Schwerpunkt des Erkenntnisinteresses liegt, ist die Frage, welche Ansätze für Private geeignet sind, um in der Nachverdichtung auch aus ökonomischen Gründen ein kooperatives Verfahren durchzuführen.

Arbeitsschritte

Der Forschungsprozess wurde früh von weichenstellenden Erkenntnissen geprägt:

Zum einen wird es keine abgeschlossene Phase 0 geben, sondern eine parallele Entwicklung mit dem Entwurfsprozess des Architektenteams. Zu Beginn des Forschungsprozesses wurden in einer Kerngruppe entsprechende Ziele und Visionen formuliert. Die planerische Herausforderung, wie ein gemeinschaftliches Wohnen zur Reduzierung der Wohnfläche in Anbetracht der stetig wachsenden Wohnfläche pro Kopf zu gestalten wäre, erforderte eine klare Integration des Forschungsprojektes in die Entwurfsphase. Es gab hierbei viele Gestaltungsfragen, die die Architekt:innen nicht auf Grundlage des bestehenden Erfahrungswissens entscheiden konnten. Hier konnte ein interdisziplinärer Prozess Lösungswege aufwerfen und diskutieren und so neues Wissen für die relevanten Fragen des Entwurfsprozesses generieren.

Zum anderen ist für eine private Bauherr:in eine frühzeitige Einbindung und Information der Öffentlichkeit nicht möglich, sondern erstmal steht die Qualifizierung der anspruchsvollen Entwurfsaufgabe im Fokus. In der frühen Phase des Bauvorhabens sind stets noch viele Eckpunkte offen. Bauvolumen, und somit die ökonomischen Kennzahlen, sind von der Baugenehmigung abhängig, die erst am Ende des Entwurfsprozesses, also auf Grundlage des ausdefinierten zur Genehmigung vorgelegten Entwurfes erteilt wird. Die Baugenehmigung ist ein entscheidender Meilenstein für private Bauherr:innen, denn erst mit der Bestätigung der Planung durch die Behörden herrscht die notwendige Planungssicherheit, um das Projekt auch nach außen kommunizieren zu können. Die frühzeitige Begleitung durch das Forschungsvorhaben konnte sich also nur sehr eingeschränkt auf die Kommunikation in den Kiez beziehen, vielmehr mussten Methoden entwickeln werden, um mit ausgewählten Zielgruppen am Projekt zu arbeiten, ohne damit konkrete Versprechen zu verknüpfen.

Die Arbeit fokussierte sich dabei auf zwei hauptsächliche Bausteine:

Es wurde eine kontinuierliche Begleitung der Kerngruppe aus Bauherrin plus Berater, Architektenteam und Forschungsteam durchgeführt. Die strategische Abstimmung mit der Kerngruppe war entscheidend, um genau zu verstehen, welche Problemlagen zu lösen sind und an welcher Stelle durch das Forschungsteam interveniert und unterstützt werden kann. Es stellte sich heraus, dass die ursprünglich vorgesehene größere Veranstaltung nicht in das Projekt passte. Stattdessen entstand ein kompaktes Interventionsformat, das gezielt an den Herausforderungen in der Kerngruppe ansetzte. In zwei Ideenlaboren wurden die offenen Entwurfsfragen in einer kleinen Gruppe erörtert, diskutiert und bearbeitet. Dieses Workshopformat basierte darauf, dass die Fragen so übersetzt wurden, dass sie für externe Teilnehmer:innen verständlich und spannend sind. Die Teilnehmenden wurden eingeladen an den spezifischen Herausforderungen des Fairberliner Hauses mitzuarbeiten, daneben aber auch generelle Fragen des gemeinschaftlichen Wohnens zu diskutieren. So brachten sie ihr eigenes Erkenntnisinteresse mit und ihre persönlichen Erfahrungen ein, wodurch eine sehr heterogene und angeregte Arbeitsatmosphäre entstand.

Als dritte Veranstaltung wurde ein öffentliches Symposium durchgeführt, bei dem die grundlegenden Erkenntnisse des Forschungsprozesses vorgestellt wurden und Expert:innen eingeladen wurden, ihre Erfahrungen mit der Öffentlichkeit zu teilen. Da die Veranstaltung durch die Kontaktbeschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie rein digital stattfand, kann sie auch im Nachgang auf der Internetseite von nonconform nachgeschaut werden:
https://www.nonconform.io/de/fairberlinerhaus/">www.nonconform.io/de/fairberlinerhaus

Das Fairberliner Haus wurde ungeplant und auch zu einem Innovationsprojekt für digitale Arbeitsformate, da durch die Corona-Pandemie die analoge Gruppenarbeit nicht mehr möglich war. Nachdem das erste Ideenlabor analog stattgefunden hatte, konnte für das zweite Ideenlabor ein eigenständiges digitales Format entwickelt werden. Dies ermöglichte eine breite Beteiligung über Berlin hinaus, erforderte jedoch auch ein stärkeres Augenmerk auf die Kommunikation und die Dynamik in der Gruppenarbeit zu legen. Durch die hohe Bereitschaft sich auf ungewohnte Formate einzulassen, konnte ein sehr konstruktives Ergebnis erarbeitet werden, dass das Projekt in großen Schritten vorangebrachte.

Für die Organisation des Forschungsprozesses ergab sich dadurch eine Verschiebung in der Ressourcenplanung, die jedoch innerhalb der vom Fördergeber gewährten Toleranzen lag und entsprechend angepasst wurde. So fielen einige Kosten für Anreise, Raummiete und Verpflegung für das zweiten Ideenlabor sowie das Symposium weg, dafür war für die Vorbereitung jedoch ein höherer Stundenaufwand notwendig. Das resultierte einerseits aus dem Arbeitsaufwand für die technische Umsetzung, andererseits aber auch aus dem Lernprozess für diese neuartigen Arbeitsformate.

Ergebnisse

Die Ideenlabore –
ein Navigationssystem durch einen lernenden Prozess

Um frühzeitig – parallel zur Entwicklung der Architekturstudie – die Perspektive von potenziell interessierten Bewohner:innen einzubeziehen, wurde mit den Ideenlaboren ein innovatives Format entwickelt, welches es ermöglicht hat, ohne konkrete Personen die Bedürfnisse zukünftiger Mieter:innen zu simulieren.

Der Weg zum Fairberliner Haus war kein linearer Forschungsprozess. Es galt dabei, eine gewisse Komplexität und Offenheit auszuhalten und dennoch stets in der Lage zu sein, für die nächsten Schritte gezielt voranzugehen. Das Vorgehen lässt sich mit der Routenplanung einer Navigations-App vergleichen, die ständig die aktuellen Informationen zu Baustellen und Staus in die Navigation einbezieht: Das Ziel steht die gesamte Zeit fest, jedoch gibt es Kreuzungen, an denen entschieden werden muss, ob man die geplante Route beibehält oder einen alternativen Weg wählt. In diesen Momenten müssen alle notwendigen Informationen für diese Entscheidung vorliegen. Damit ist es nicht erforderlich, sich frühzeitig auf den einen Weg festzulegen und stattdessen mögliche Wendungen zuzulassen. Der Prozess bleibt agil und das gemeinsame Ziel trotzdem dauerhaft im Blick. Auf den Planungsprozess des Fairberliner Hauses übertragen bedeutete dies eine Offenheit für aufkommende Fragestellungen, um sie zu einem geeigneten Zeitpunkt mit externem Wissen besser bearbeiten zu können:
Schien anfangs ein klares Vorangehen möglich (1), ergaben sich aus der tieferen Bearbeitung immer wieder Fragen, die Alternativen aufzeigten (2). Um eine Klärung herbeizuführen, wurden externe Expert:innen aus der Planung und der Wohnpraxis zu einem eigens entwickelten Workshopformat, dem Ideenlabor, eingeladen (3). Anschließend wurden die Erkenntnisse sortiert (4) und in einer sogenannten Ernterunde diskutiert, um möglichst einer Entscheidung zugeführt zu werden (5). Im Anschluss konnte mit dem neuen Wissen und den Festlegungen weitergeplant werden (1’), bis sich neue Fragen stellten (2’ usw.).

Das Reglersystem: Eine (nach)steuerbare Vision

Das Fairberliner Haus stellt ein Hybrid dar. Auf der einen Seite ist es ein Haus, das kommunikativ und kooperativ sein soll. Auf der anderen Seite entsteht es weitgehend ohne Einbindung der zukünftigen Mieter:innen. Viele Entscheidungen, die von der Bauherrin getroffen werden, betreffen auch die Verantwortungsbereiche und die Entscheidungsspielräume der zukünftigen Bewohner:innen und müssen daher offen und gestaltbar bleiben. Damit bewegt sich das Projekt im Spannungsfeld zwischen einer zentralisierten Planung, bei der alle Entscheidungen alleine von einem Investor getroffen werden, und einer Baugruppe, die alle Entscheidungen gemeinsam fällt.
Es zeigte sich, dass es für jede Fragestellung einer eigenen Strategie bedarf und es trotzdem eine übergeordnete Vision des Ganzen braucht. Es benötigt somit eine konkrete strategische Ausrichtung, die stark genug ist, handlungsleitend für die weiteren offenen Fragestellungen zu sein. So wurde die Festlegung, mit welcher Strategie an die jeweiligen Fragen herangegangen wird, selbst die Vision! Es entstand ein Reglersystem, das für jede Entscheidung drei Einstellungsbereiche ermöglicht:

1 Eine (juristische) Person entscheidet, was umgesetzt wird.
0 Die Eigentümer:in legt mit den Planer:innen Voraus-Setzungen1 fest, auf deren Grundlage die Nutzer:innen die konkrete Nutzung gestalten.
∞ Die Entscheidung wird bewusst offengelassen und den Nutzer:innen überantwortet.

Ein Investorenprojekt beruht hauptsächlich auf Entscheidungen der Kategorie (1); ein Baugruppenprojekt hingegen auf Entscheidungen der Kategorie (∞). Der Zwischenbereich der Kategorie (0) stellt ein Hybrid dar: Die Rahmenbedingungen werden klar im Voraus entschieden, jedoch soll es möglichst viele Freiräume für die Nutzer:innen geben, die konkrete Ausformulierung in Zukunft selbst zu bestimmen. Das Fairberliner Haus soll ein Investorenprojekt werden, das von den Nutzer:innen mitgetragen wird. Dafür ist es wichtig, dass alle drei Kategorien genutzt werden, damit eine gute Balance zwischen dem unternehmerischen Risiko der Bauherrin und dem Selbstgestaltungsbedarf einer lebendigen Hausgemeinschaft entstehen kann. Die Reglereinstellungen müssen dabei unbedingt dynamisch bleiben. Wie der Tontechniker bei einem Konzert zunächst eine solide Grundeinstellung vorbereitet und dann während der Vorstellung Korrekturen vornimmt, kann auch bei diesem Reglersystem nachjustiert werden. Wenn sich zeigt, dass der Hausgemeinschaft gewisse Bereiche sehr am Herzen liegen, kann der Regler immer weiter Richtung Selbstverwaltung wandern. Stellt man jedoch fest, dass die Hausgemeinschaft zu keiner produktiven Lösung kommt, so kann auch wieder gemeinsam beschlossen werden, dass bestimmte Entscheidungen eher zentralisiert und der Hausverwaltung überlassen werden.

Fairberliner Haus - Broschüre

Öffentlichkeitsarbeit

Symposium: Das Gelernte mit Expert:innen diskutieren

Das Forschungsprojekt fand bewusst parallel zur Entwicklung der Architekturstudie statt, wobei von Beginn an klar war, dass es den Prozess nicht bis zum fertigen Gebäude begleiten kann. Zum Abschluss des Forschungsprojektes sollte daher sowohl der Rückblick auf die zentralen Erkenntnisse als auch der Ausblick auf eine Ausweitung der Ansätze offen diskutiert werden. Dazu wurden Begleiter:innen des Projektes, einschlägige Expert:innen sowie mögliche Interessent:innen an solchen Prozessen eingeladen. In drei Panels wurde jeweils 75 Minuten diskutiert, damit das Fairberliner Haus nicht das einzige seiner Art bleibt.

Panel 1 – Wie kann man eine Gemeinschaft planen?
Baugruppenprojekte entstehen zumeist, weil sich Menschen zusammenfinden, um gemeinsam bestehende Bausubstanz zu nutzen oder ein neues Gebäude im Kollektiv für ihre Bedürfnisse zu entwickeln. Bei diesem Forschungsprojekt wurde mit Planer:innen, Forschenden und Investor:innen diskutiert, ob sich diese Reihenfolge umkehren lässt, um Gebäude für zukünftiges Gemeinschaftswohnen zu entwerfen, die von privaten Bauherr:innen, aber auch von Genossenschaften und Wohnungsgesellschaften errichtet werden. Mit der richtigen Herangehensweise lassen sich auch ökonomische Gegenargumente widerlegen und macht so ein Projekt der einen oder dem anderen Investor:in sogar Spaß!

Panel 2 – Wie bekommen wir neues Wissen in den Planungsprozess?
Um die anspruchsvollen Ziele umzusetzen, die ökologisch geboten sind, reicht es nicht aus, die Baumaterialien anzupassen und die Grundrissflächen knapper zu kalkulieren. Der Klimawandel erfordert auch im Wohnen ein Umdenken und innovative gemeinschaftlichere Wohnformen sind zudem eine soziale Herausforderung. Dafür müssen die Planer:innen jedoch auch informelles Wissen über das Wohnen in ihre Entwürfe einbeziehen. Die Professionen müssen sich interdisziplinären Ansätzen öffnen, und vielleicht hat Architektur mehr mit Tanz zu tun, als gedacht?

Panel 3 – Wie kann man mit einem engagierten Projekt Impulse setzen?
Um über das eigene Bauvorhaben hinaus Impulse zu setzen, braucht es Koalitionen mit der Nachbarschaft, mit den Eigentümer:innen und der Verwaltung. Das erscheint kompliziert, und wenn Kosten anfallen, sind zaghafte Ansätze schnell vorbei, da nicht eindeutig ist, wie Zugriffsrechte und Haftungsfragen zu klären sind. Doch zeigt sich ein großes Potenzial für eine kooperative Stadt, wenn man die Hürden überwindet und gerade in den Höfen neue Orte schafft, die für Bewohner:innen gemeinsam zur Verfügung stehen. Das ist nicht zuletzt auch für die Schaffung von mehr Grünflächen im Sinne der Klimaanpassung ein wichtiges Ziel für die Stadtentwicklung der Zukunft.

Das Symposium zum Nachschauen:
www.nonconform.at/de/fairberlinerhaus/

Fazit

Mit dem Anspruch, einen besonderen urbanen Ort mit sozialem Mehrwert und Strahlkraft für das Quartier zu schaffen, wurde von einer privaten Bauherrin der Weg zum Fairberliner Haus begonnen. Dieser erfordert eine interdisziplinäre Zusammenarbeit auf Augenhöhe aller Beteiligten und ein Engagement über das durchschnittliche Maß hinaus. Entscheidend dabei ist insbesondere der Mut, sich gemeinsam auf unbekanntes Terrain zu begeben, ausgetretene Pfade zu verlassen, in unsicheren Gewässern zu fischen, sich immer wieder auf Neues einzulassen und Unbekanntes zuzulassen. Dazu bedarf es einer hohen Qualität des Zuhörens sowie des gegenseitigen Respekts und auch das Aushalten von anderen Meinungen – weil genau diese oftmals neue Sichtweisen hervorbringen und ein visionäres Projekt schaffen. Auch permanentes Scheitern und sich wieder neu aufrichten und ausrichten ist Teil des prozesshaften Entwickelns – und war und ist Wegbegleiter beim Fairberliner Haus. Auch wenn es viel leichter und bequemer erscheint, auf Bewährtes zu setzen, so braucht es genau solche Projekte mit Forschungscharakter, um mögliche Antworten auf die brennenden Herausforderungen der Zeit zu finden.

Das Forschungsprojekt zum Fairberliner Haus zeigt auf, dass pionierhafte Projektentwicklung mit gesellschaftlicher Relevanz auch für private Investor:innen und Eigentümer:innen sinnvoll und möglich sind. Es verdeutlicht, dass die Planungen nicht an der Grundstücksgrenze enden, sondern viel mehr Wert auf die Umgebung und das Quartier gelegt werden muss. Sichtbar wird so das gewaltige Potenzial, das private Eigentümer:innen von Häusern und Grundstücken sowie private Investor:innen für einen nachhaltigen Stadtumbau einbringen können, und dass auch sie in der Lage sind, solche ganzheitlichen Prozesse zu starten.

Das Ergebnis des Forschungsprojekts ist ein Prototyp für Bestandsentwicklung und Nachverdichtung und zeigt die Transformationskraft von Innenstadtquartieren für neue Entwicklungen. Das Prototypische bezieht sich dabei nicht nur auf die innovativen Grundrisse oder die ökologische Bauweise, sondern insbesondere auch auf den interdisziplinären Entstehungsprozess. Denn gerade zu Beginn eines Bauvorhabens werden die grundsätzlichen Entscheidungen getroffen, um den späteren Nutzer:innen eine partizipative Gestaltung ihres Wohn- und Lebensumfeldes zu ermöglichen. Um dabei den speziell in dieser Entwicklungsphase anfallenden Mehraufwand zu unterstützen, sollten Anreize in Form von Förderungen vonseiten der öffentlichen Hand für engagierte private Besitzer:innen entwickelt werden.

Das Fairberliner Haus zeigt, dass sich der Mut, den es braucht, um alle Partner:innen im Prozess zu überzeugen, in innovative Lösungen für ressourcenschonendes gemeinschaftliches Wohnen übertragen lässt. Daher sollten die entwickelten Arbeitsmethoden bei weiteren Bauträger:innen, Investor:innen, aber auch bei Wohnungs-gesellschaften und -genossenschaften zum Einsatz kommen, damit das Wohnen in der Stadt dem bunten urbanen Leben gerecht wird.

Übersicht

Fördersumme

56.250,00 €

Förderzeitraum

10.06.2019 - 31.10.2021

Bundesland

Berlin

Schlagwörter