Gegenstand und Ziel des Projekts waren die Gestaltung eines innovativen Umweltbildungsmoduls der Umwelttechnik für Schüler:innen (SuS) der Sekundarstufen allgemeinbildender sowie berufsbildender Schulen. Um das Bewusstsein der SuS für einen ressourcensensiblen Umgang mit metallischen Rohstoffen zu stärken, entstanden Bildungsmaterialien, die an außerschulischen Lernorten, wie in Schülerlaboren und im flipped class – Format eingesetzt werden können. Damit werden die in MINT-Fächern noch überschaubaren Angebote zu den nicht nachwachsenden, und damit letztlich endlichen, metallischen Rohstoffen ergänzt.
Die in verschiedenen Bestandteilen eines Mobiltelefons eingesetzten Metalle werden anhand von fünf von der Europäischen Union als kritisch eingestuften chemischen Elementen in diesen Lernmaterialien hervorgehoben. Anhand dreier Schülerlabor-Experimente wird den Jugendlichen ein praktischer Weg zur Rückgewinnung und Aufarbeitung von Lithium, Kobalt, Indium, Zinn und Neodym aufgezeigt. Die Wiedergewinnung ist eine der wichtigen Voraussetzung für das Modell einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft. Gleichzeitig wird auch thematisiert, dass die Zugänglichkeit von Rohstoffen aus Elektroschrott durch das Design der Geräte bedingt ist.
Auf physikalischem und chemischem Wege werden die Metalle aus Handybestandteilen extrahiert, isoliert und auch analysiert. Zwei der Experimente lassen sich in einem realen Chemielabor durch-führen, ein Experiment wurde in ein virtuelles und interaktives 3D-Laborexperiment übersetzt und ist als Serious Game „Neodym“ online durchführbar. Auch wurde ein interaktiver Weltatlas zu den beiden Akkuelementen Lithium und Cobalt erstellt, auf der die Rohstoffvorkommen und deren Gewinnung, die Verwendung der Metalle sowie die Arbeitsbedingungen und Umweltauswirkungen, die mit der Herstellung von Smartphones einhergehen. Insbesondere in Zeiten der Pandemie, als auch für Menschen, die ein reales Chemielabor nicht besuchen können, eignen sich diese online-Anwendungen besonders. Zur weiteren Senkung der Barrieren wurde den gesprochenen Wissensblöcken im Serious Game „Neodym“ eine Gebärdensprecherin hinzugefügt.
Durch das Absolvieren der chemischen Recyclingversuche erlangen die Lernenden zum einen Bewertungskompetenzen hinsichtlich der Umweltrelevanz von chemischen Verfahren, zum anderen eine Handlungskompetenz durch chemisch praktische Tätigkeiten im Labor.
In Rahmen dieses Projektes wurden Experimente und Begleitmaterialien für Schülerlabore und Schulen erarbeitet, mit denen sich Schüler:innen dem Gebiet der angewandten Umwelttechnologie in didaktisch reduzierter Weise experimentell nähern können. Unter Verwendung einschlägiger Fachliteratur konnten reale Verfahren auf Schulniveau „heruntergebrochen“ werden unter Be-rücksichtigung von Ersatzstoffprüfungen und Einsatz von Chemikalien mit niedrigerem Gefährdungspotenzial. Im Fokus stehen metallische Rohstoffe, auf die in heutigen HighTech-Geräten nicht verzichtet werden kann. Wiedergewonnen werden über physikalisch-chemische Trennverfahren die Rohstoffe Neodym, das in den Permanentmagneten der Smartphone-Lautsprecher vorkommt, das Lithium und Cobalt, die Bestandteile der heutigen Akkumulator Technik mobiler elektronischer Geräte sind und auch Indium und Zinn, die die Basis für die elektrische Leitfähigkeit von Touchscreens von Smartphone, Tablet & Co. bilden.
Neben der Erkenntnis, dass nachhaltige Technologien notwendig sind, erfahren die SuS auch gangbare Wege, wie solchen Fragestellungen zur Rückgewinnung von Metallen aus Elektroschrott begegnet werden kann. Die Lerneinheiten sind im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung und forschend-entdeckendes Lernen aufgebaut. Sie wurden im Schülerlabor NatLab erprobt, optimiert und eingesetzt. Auch nach Ablauf der Projektlaufzeit werden die Schülerversuche zur Rückgewinnung von kritischen Metallen als fester Bestandteil vom Angebot des Schülerlabor NatLabs durch-geführt und angepasst.
Die Schüler:innen Experimente werden von (Lehramts-)Studierenden des Faches Chemie betreut, bzw. in online-Anwendungen durchgeführt. Die frei- und jederzeit zugänglichen digitalen Angebote, das Serious Game „Neodym“ wie auch der interaktive Rohstoffatlas, sind selbsterklärend und eigenständig von SuS nutzbar. Die Programmierung des interaktiven Rohstoffatlasses als auch des Serious Games „Neodym“ erfolgte in der Spiele-Engine Unity-3D – im Fall des Spiels als Fremdauftrag durch die Firma Villa Hirschberg Online GmbH.
Über Workshops, Lehrkräftefortbildungen, Tagungen bzw. Konferenzen, Social Media und und verschiedene Newsletterbeiträge wurden die entwickelten Inhalte bekannt gemacht und Kooperationen initiiert und gepflegt.
Im Rahmen dieses Projektes wurden zu den im Antrag vorgesehenen Inhalten erfolgreich Versuche zur Rückgewinnung von den (umwelt)kritischen metallischer Rohstoffe Neodym, Lithium, Cobalt, Indium und Zinn entwickelt. Es wurden zwei Experimentiereinheiten für SuS im realen Labor erstellt, die in einem Zeitraum von 3-4 Stunden anhand eines ausführlichen Schülerskripts bearbeitet werden können. Zusätzlich erfolgte die Entwicklung von begleitendem Lehrmaterial für die betreuenden Studierenden und ergänzendem Lehrmaterial und Hintergrundwissen für SuS, um sie zu ermutigen, sich mit den sozialen und umwelttechnischen Problematiken der Smartphonetechnologie weiter auseinanderzusetzen. Vergleichbare Wissenseinheiten für interessierte SuS finden sich in dem von der Firma Villa Hirschberg GmbH entwickelten Computerspiel (Serious Game „Neodym“). Dabei werden ökologische, ökonomische und soziale Aspekte der Smartphoneindustrie beschrieben, die mit dem Abbau von Rohstoffen, der Wertschöpfungskette und der Entsorgung, bzw. der Verarbeitung von End-Of-Life-Produkten (Elektromüllexport) einhergehen.
Das Projektziel, d.h. die Erstellung einer interaktiven Rohstoffkarte und die Entwicklung von chemischen Schüler:innen-Experimenten für SuS der Sek. II konnten, bis auf den noch fehlenden analytischen Nachweis des zurückgewonnen Indiums aus Touchscreens, im Projektzeitraum gut umgesetzt werden.
Die erstellten Lernangebote, die auf Inhalten des Schulunterrichts aufbauen, konnten erfolgreich mit SuS im Schülerlabor NatLab durchgeführt werden und sind nachhaltig, über den Förderzeitraum hinaus, Bestandteile des täglichen Angebots. Ferner wurden einige der entwickelten Inhalte, insbesondere das Serious Game „Neodym“ auch am DLR_School_Lab der Uni Augsburg eingesetzt.
In zwei nationalen und einer österreichischen Fachzeitschrift wurden die Ergebnisse des Projekts bereits veröffentlicht. Die interaktive Vorstellung der Schülerversuche erfolgte auf zahlreichen Tagungen in Form von Poster Präsentationen und Power Point Vorträgen. Auch wurden die Inhalte auf Veranstaltungen zur Lehrkräftefortbildung angeboten.
Mithilfe des Feedbacks im Anschluss an die Schülerkurse und durch schriftliche Evaluationen konnte gezeigt werden, dass mit der Durchführung der Lernmodule die angestrebten Ziele erreicht werden konnten und die SuS neben der Sensibilisierung für das Thema kritische und endliche Rohstoffe auch die Selbstwirksamkeit erfahren, dass mit Know-How und physikalisch-chemischen Methoden eine Rückgewinnung wichtiger metallischer Rohstoffe aus Elektroschrott möglich ist. Als Folge der Durchführung der Lerneinheiten können SuS sich ihr eigenes wissensbasiertes Urteil bilden.
Der Besuch am außerschulischen Standort bietet zudem eine Abwechslung zum Schulalltag und trägt durch die Auseinandersetzung mit den Experimenten zur Förderung der wissenschaftlichen Arbeitsweise von SuS bei.
Die Praktikantenbörse, die SuS an kleine und mittlere Unternehmen (KMU) vermitteln sollte, ließ sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht etablieren, da in den vergangenen beiden Jahren bereits eine Vielzahl von Online-Praktikanten-Börsen, auch bei den Handelskammern, entwickelt wurden.
Im Rahmen verschiedener öffentlicher Angebote konnte das Projekt erfolgreich verbreitet und vorgestellt werden. Zur Sicherung der Forschungs- und Entwicklungsergebnisse des Projekts ist der Schülerversuch zum Recycling von Lithium und Cobalt aus Smartphone-Akkumulatoren sowie das Serious Game „Neodym“ bereits auf Refubium, einer Plattform der Freien Universität Berlin (2020) veröffentlicht worden. In zwei nationalen Verlagen (Springer Nature, Friedrich Verlag) und einer österreichischen Zeitschrift "Plus Lucis", einer Zeitschrift des Vereins zur Förderung des physikalischen und chemischen Unterrichts werden 2022 Artikel veröffentlicht.
Die wissenschaftliche Vorstellung der Projektergebnisse erfolgte regelmäßig durch Vorträge, Workshops und Poster-Präsentationen. So wurden die praktischen Schülerversuche z. B. auf mehreren Tagungen LernortLabor - Bundesverband der Schülerlabore (LeLa), Verband zur Förderung des MINT-Unterrichts (MNU) und im Netzwerk „Bildung für Ressourcenschonung und Ressourceneffizienz“ (BilRess) vorgestellt, wobei die Interessenweckung, Verbreitung des Projekts zur Unterstützung des nachhaltigen Umweltschutzes und die Vernetzung mit anderen bildungsbeauftragten Verbänden und Institutionen im Vordergrund standen.
Des Weiteren erfolgte die Bekanntmachung der entwickelten Versuche über die Website des Schülerlabors NatLab und mithilfe der "sozialen Medien" Twitter und Facebook. Lehrer und Lehrerinnen konnten zudem das Angebot von Lehrerfortbildungen zu den praktischen Recyclingversuchen sowie das angeleitete Erproben des Serious Games in zahlreichen Veranstaltungen nutzen.
Das Projekt „Kritische Metalle in Smartphone & Co“ konnte innerhalb der Förderungsperiode erfolgreich bearbeitet werden. Es gelang sowohl die Ausarbeitung eines praktischen Schüler:innenversuchs zur Rückgewinnung von Lithium und Cobalt aus Smartphone-Akkumulatoren, als auch die Durchführung der Experiments mit SuS der Sekundarstufe II innerhalb der dafür vorgesehenen 4 h und die abschließende Versuchsoptimierung. Die Rückmeldungen zum Versuch waren sehr positiv, da sich die SuS sehr gut mit der Thematik Smartphone identifizieren konnten und im Zuge des Versuchs die Gelegenheit zum praktischen Arbeiten im Labor weit über das experimentelle Maß im Schul-Chemieunterricht hinaus hatten. Der chemische Versuchszyklus wurde durch Recyclingtechnologien aktueller Forschungsergebnisse inspiriert und unter Berücksichtigung von Sicherheitsbestimmungen beim Arbeiten mit Chemikalien für SuS angepasst, bzw. variiert.
Ein zweiter Schülerversuch zum Recycling von Indium und Zinn aus defekten Smartphone-Displays konnte zu großen Teilen etabliert werden. Die Vorbehandlung des Displays zur Entfernung organischer Bestandteile, die Zerkleinerung des Displays und die anschließende Laugung des Displays mit anorganischen Säuren wurde intensiv untersucht und optimiert. Lediglich der erfolgreiche analytische Nachweis des zurückgewonnenen Indiums konnte bisher nicht erbracht werden. Problematiken, die den Nachweis erschweren sind u. a. die geringe Menge an Indium in Smartphonedisplays (ca. 1.5 mg Indium pro Display) und die amorphe Konsistenz der wahrscheinlich indiumhaltigen Proben, die für die Aufnahme von aussagekräftigen XRD-Spektren oft ungeeignet war. Neben der Aufnahme von UV/Vis-Spektren hätten weitere analytische Methoden wie die NMR-Spektroskopie getestet werden können, was aufgrund von zeitlichen Faktoren nicht mehr möglich war.
Zwei digitale Bildungsangebote konnten erfolgreich erstellt werden. Zum einen eine interaktive Weltkarte mit vielen Informationen rund um die kritischen Metalle Lithium und Cobalt und zum anderen die Konzeption, Gestaltung und Programmierung eines Computer-Lernspiels (Serious Game) zur Rückgewinnung von Neodym aus Handylautsprechern. Das Spiel wurde in Zusammenarbeit mit der Villa Hirschberg Online GmbH erfolgreich erstellt und bereits durch zahlreiche SuS zur Erlernung von chemischen Arbeitstechniken und zur Erlangung von Bewertungskompetenzen rund um das Thema „Nachhaltigkeit in der Mobiltelefonindustrie“ genutzt.