Förderung der Artenvielfalt auf dem Acker durch Streifenanbau
Projektdurchführung
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Institut für Agrarökonomie
Abteilung für Landwirtschaftliche Betriebslehre und
Produktionsökonomie
Olshausenstr. 40
24098 Kiel
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Seit einigen Jahren wird in der Wissenschaft diskutiert, wie durch unterschiedliche Zusammensetzung (Komposition) und Anordnung (Konfiguration) von Agrarflächen die Artenvielfalt erhöht werden kann ganz ohne Hinzunahme von naturnahen Lebensräumen, deren Bereitstellung mit einem Verlust an landwirtschaftlicher Fläche einherginge (Fahrig et al. 2011, Ecol Letters). In aktuellen Arbeiten zeigten zum Beispiel Batary et al. (2017, Nature Ecol Evol), dass kleine Ackerflächen rund 50 % mehr Arten aufweisen als große Ackerflächen. Hass et al. (2018, Proc Roy Soc B) belegten in ihrer Arbeit, dass kleine Felder mehr Bienenarten und eine bessere Bestäubung ermöglichen.
Die zentrale Forschungsfrage lautet: Können Anzahl und Artenvielfalt von Insekten und Vögeln durch den Anbau zweier Fruchtarten in alternierenden Streifen von Raps und Getreide auf einem Acker erhöht werden?
Eine untergeordnete Fragestellung ist, ob der Streifenanbau das Vorkommen und Überleben von Schadinsekten wie Rapsglanzkäfern und Läusen beeinflusst.
Bisher war ein solcher Anbau wegen der Mehrkosten selbst in Förderprogrammen nicht realistisch. Mit automatischen Lenksystemen, die sich seit einigen Jahren immer stärker in der Landwirtschaft durchsetzen, kann Streifenanbau mit deutlich geringeren Zusatzkosten umgesetzt werden als früher. Diese Systeme ermöglichen die zentimetergenaue und dadurch kostengünstige Anlage von rechteckigen Teilflächen in einem großen Acker.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZunächst wurden die Landwirt:innen und ihre Flächen ausgewählt. Die Landwirt:innen drillten dann die Saaten ein. Danach wurden mit unterschiedlichen Fallen (Bodenfallen, Gelbschalen) Insekten gefangen. Dies erfolgte auf den Streifenflächen und jeweils einer Raps- und einer Getreidevergleichsfläche. Im Frühjahr erfolgten zwei Vogelzählungen. Anschließend wurden die Insekten gezählt und bestimmt. Es folgten statistische Auswertungen zur Artenvielfalt und Individuenanzahl zwischen Streifen- und Vergleichsflächen.
Ergebnisse und Diskussion
Auf Streifenflächen wurden die meisten Vögel und die meisten Vogelarten beobachtet. Signifikant und ungefähr doppelt so viele Exemplare und Arten wie im Getreide, und etwas mehr, aber nicht signifikant mehr als im Raps. Dieses Gesamtergebnis gilt auch für zwei unterschiedliche Erhebungszeiträume. Insektenfressende Vögel wurden doppelt so oft auf der Streifenfläche beobachtet wie in den Reinkulturen (signifikant). Streifenflächen haben doppelt so viele Lerchenbeobachtungen wie Rapsfelder (nicht signifikant), Weizenstreifen heben die Rapsflächen (= Rapsstreifen) hinsichtlich der Lerchenbeobachtung auf das Getreideniveau. Bei Bodenbrütern konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Anbauvarianten beobachtet werden. Für die drei letztgenannten Gruppen wurde auch nachgewiesen, dass die Zahl der beobachteten Vögel mit der Zahl der gefangenen Arthropoden ansteigt. In der Tendenz zeigt sich hier, dass der Streifenanbau die Vorzüge von Raps und Getreide für die Vogelarten kombiniert und damit pro Fläche mehr Arten und Exemplare im Streifenanbau beobachtet werden können als im Raps oder Getreide.
Anfang Juli sind im Weizenstreifen jeweils signifikant mehr Bodenarthropoden, also Laufkäfer-, Kurzflügelkäfer- und Spinnenarten, als im reinen Weizen. Über alle drei Gruppen sind es ca. 30 % mehr Arten im Streifen. Damit weisen die Weizenflächen eine vergleichbare Artenvielfalt wie die Rapsflächen auf. Wichtig ist dabei, dass diese Vielfalt im gesamtem Weizenstreifen gleich hoch ist und nicht nur am Rand zum Raps. Im Umkehrschluss ergab sich aber auch, dass im Raps keine Effekte bei diesen Artengruppen gefunden wurden. Die Individuenzahl ist zu beiden Erhebungszeitpunkten bei fast jeder der drei Tieruntergruppen im Streifen und oftmals signifikant höher als in der entsprechenden Reinkultur, mit Ausnahme der Laufkäfer im Juli im Weizen.
Hinsichtlich Wanzen (Heteroptera) und Käfern (Coleoptera) also fliegende Insekten ohne bestäubende Insekten wie Wildbienen waren zwischen der jeweiligen Kultur im Streifen- bzw. im Reinanbau keine substanziellen Unterschiede bei Arten- und Individuenzahl zu finden.
Weder die Anzahl der gefundenen Rapsglanzkäfer-Larven noch ihre Parasitierung unterschieden sich signifikant zwischen Reinkultur und Streifenanbau. Es wurde überraschenderweise festgestellt, dass der Anteil abgefressener Halme in der Rapsreinkultur niedriger war als im Rapsstreifen.
Sowohl bezüglich Vorkommen als auch Prädation von Bodenarthropoden an Läusen in Weizen und gezielten Prädationsexperimenten konnte in Raps und Weizen kein substanzieller Effekt des Streifenanbaus gefunden werden. Allerdings waren sowohl die Befallsstärke (0,28 Blattläusen pro Halm) als auch die Befallshäufigkeit mit Läusen (9 % der Halme) so gering, dass messbare, substanzielle Effekte kaum erwartet werden können.
Ertragseffekte konnten nicht untersucht werden.
Die Befragung der Landwirt:innen ergab insbesondere, dass ein Drittel der Landwirt:innen Ertragsverluste bis 5 % in Raps und Getreide durch den Streifenanbau erwarten, zusätzliche Arbeits- und Maschinenkosten von bis zu 100 /ha im Raps und bis zu 150 /ha im Getreide. Vorfruchtverluste durch einen einjährigen Anbau wurden von den meisten Landwirt:innen je Hektar Streifenanbaufläche mit unter 30 /ha angegeben. Grob zusammengefasst bedeutet das, dass etliche Landwirt:innen Kosten für den Streifenanbau von bis zu 250 /ha und Jahr angeben. Allerdings bedeutet es auch, dass der Streifenanbau für mehr als die Hälfte der befragten Landwirt:innen nach eigenen Angaben mit über 250 /ha recht teuer ist.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Das Presseecho auf dieses kleine Projekt sowohl in der landwirtschaftlichen Fachpresse als auch in den Tagesmedien ist bemerkenswert. Es sind mindestens fünf ganz- oder mehrseitige Berichte in überwiegend deutschlandweit erscheinenden landwirtschaftlichen Fachzeitschriften erschienen sowie ein Beitrag, der Paxisempfehlungen gibt, wie interessierte Ackerbäuerinnen und -bauern Streifenanbau flexibel realisieren können. In täglichen Medien wurde das Projekt in drei Radiobeiträgen des NDR, WDR und Deutschlandfunk erwähnt, im SAT1 Frühstücksfernsehen wurden einmal zwei Fotos gezeigt. In Kreiszeitungen wurden mindestens fünf mindestens halbseitige Beiträge über Flächen und teilnehmende Landwirt:innen veröffentlicht.
Fazit
Als Ergebnis der Studie lässt sich festhalten, dass Streifenanbau bspw. von Raps und Getreide ein Baustein für den modernen Ackerbau sein kann, um die Artenvielfalt bei geringen Produktionsrückgängen zu erhöhen. Wichtige Maßnahmen wie Blühstreifen, Brachen und mehr dauerhafte Grasrand- und Gehölzstrukturen kann der Streifenanbau nicht ersetzen, aber sehr wohl ergänzen. Die Bereitschaft für Streifenanbaus dürfte bei einem substanziellen Anteil der Landwirt:innen ab 200 /ha gegeben sein.
Fördersumme
70.705,00 €
Förderzeitraum
06.03.2019 - 05.08.2021
Bundesland
Schleswig-Holstein
Schlagwörter