Analyse der potentiellen Transferpfade von Antibiotikaresistenzen aus der Umwelt in den Haushalt und Entwicklung von Verbraucherempfehlungen
Projektdurchführung
Hochschule Rhein-Waal
Präsidium
Marie-Curie-Str. 1
47533 Kleve
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Ein bislang vernachlässigter Bereich im Zusammenhang mit Antibiotikaresistenzen ist das häusliche Umfeld, obwohl diesem durch den Umgang mit Lebensmitteln, die mit der medizinisch und landwirtschaftlich bedingten Problematik der Antibiotikanutzung in Verbindung stehen, eine zentrale Rolle zukommt. Wasserführende Systeme (Abflüsse, Geschirrspüler, Waschmaschinen) spielen eine bislang unterschätzte, Rolle. Die Analyse der möglichen Transferpfade von Antibiotikaresistenzen im häuslichen Umfeld kann helfen, die möglichen Risiken des Transfers innerhalb des Haushalts und aus dem Haushalt in die Umwelt abzuschätzen. Es soll ein vertieftes Wissen über Transferpfade erlangt werden, welches abschließend als Projektergebnis Verbrauchern und anderen Beteiligten zugänglich gemacht werden soll.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIm ersten Teil des Projekts erfolgte die Identifizierung von Resistenzgenen in Haushaltsproben (Wasch-maschine, Duschsiphon und Geschirrspüler). Anschließend wurde die DNA aus den Proben extrahiert und mittels Real-Time PCR zum Nachweis von Resistenzgenen untersucht. Zudem wurden die Proben mit niedrigen Antibiotikakonzentrationen kultiviert, um so resistente bakterielle Spezies zu isolieren. Diese Isolate wurden mittels VITEK 2 identifiziert und Resistenzprofile wurden erstellt. Die auftretenden antibiotikaresistenten Bakterien und Resistenzgene wurden anschließend mit denen aus Umweltproben, basierend auf Literaturdaten und bereits genommenen Proben, verglichen, um mögliche Hotspots im Haushalt identifizieren zu können. Um die potentiellen Transferpfade von Antibiotikaresistenzen bestimmen zu können, wurden neben dem Vergleich der auftretenden Resistenzgene Metagenomanalysen der Proben aus Haushalten und Umwelt (Boden und Kläranlage) durchgeführt. Diese ermöglichen es, die gesamte genetische Information aller Organismen in einer Probe zu analysieren und Übereinstimmungen zwischen den Habitaten zu ermitteln, wodurch Rückschlüsse auf einen Transfer der Antibiotikaresistenzen möglich sind. Im Zuge der anwendungsbezogenen Versuche in Waschmaschinen und Geschirrspülern wurden bereits charakterisierte, resistente Laborstämme bzw. im Rahmen des Projekts isolierte Bakterienstämme verwendet, um den Effekt der Bedingungen auf antibiotikaresistente Bakterien zu bestimmen. Basierend auf der systematischen Analyse der Ergebnisse wurden Handlungsempfehlungen zur Vermeidung/Reduktion von antibiotikaresistenten Bakterien entwickelt.
Ergebnisse und Diskussion
Es wurden verschiedene Umgebungen derselben geografischen Region untersucht, um potenzielle Über-tragungswege von antibiotikaresistenten Bakterien mit besonderem Fokus auf Privathaushalte zu untersuchen. Kläranlagen konnten als Hotspots für Antibiotikaresistenzen bestätigt werden. Antibiotikaresis-tenzgene und antibiotikaresistente Bakterien traten in Privathaushalten häufig auf, somit könnte die häusliche Umgebung auch als Reservoir für Antibiotikaresistenzen fungieren.
Die Resistenzgene und antibiotikaresistente Bakterienstämme im Haushalt weisen zum Teil die gleichen Spezies und Gene auf, die auch in der Kläranlage auftreten. Der Anteil an Resistenzen im Haushalt ist im Vergleich zu Abwasser und Klärschlamm jedoch deutlich geringer. Intrinsisch resistente Spezies sind im Haushalt stärker vertreten als im untersuchten Abwasser und Klärschlamm. Obwohl die intrinsischen Resistenzen von Natur aus bestehen, sind auch Infektionen durch solche Mikroorganismen von Bedeutung. Im Abwasser, Klärschlamm und Ablauf variieren die identifizierten bakteriellen Spezies nur geringfügig, während die Variation in den verschiedenen Haushaltsbereichen stärker ist. Der Eintrag von Mikroorganismen aus dem Haushalt in das Klärwerk und umgekehrt könnte möglich sein, da die gleichen Umweltbakterien in den jeweiligen Habitaten überleben. Die unterschiedlichen bakteriellen Zusammensetzungen und Resistome von Böden, Kläranlagen und Haushalten zeigen jedoch, dass, obwohl eine häufige Ent-wicklung mobiler Resistenzgene wahrscheinlich ist, nur wenige zwischen unterschiedlichen bakteriellen Gemeinschaften übertragen werden oder sich dort etablieren. Die durchgeführte Metagenomanalyse der verschiedenen Habitate zeigt, dass es charakteristische Resistome gibt und nur wenige Überschneidungen von Antibiotikaresistenzgenen zwischen den untersuchten Gebieten. Dies deutet darauf hin, dass sich Antibiotikaresistenzen vorwiegend in den jeweiligen Umgebungen entwickeln könnten, verursacht durch die unterschiedlichen Umweltbedingungen.
Die praxisnahen Versuche bei Wasch- und Spülmaschine zeigen, dass es keinen signifikanten Unter-schied bei der Reduktion der mikrobiellen Belastung von antibiotikaresistenten Bakterien und nicht resis-tenten Stämmen gibt. Die Versuche für Waschmaschinen untermauern die Wichtigkeit der Anwendung von heißen Programmen (60 °C) und das Verwenden von bleichehaltigen Waschmitteln. Beim maschinellen Geschirrspülen sind die Keimzahlreduktionen höher als bei den Waschmaschinenversuchen. Die Er-gebnisse der anwendungsbezogenen Versuche ermöglichten es fundierte Verbraucherempfehlungen für das Waschen und Geschirrspülen zu formulieren.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die Daten zu Antibiotikaresistenzen wurden im November 2020 in einem Peer-Review-Journal veröffentlicht und es wurde auf das das laufende Projekt im HN21 Journal 2019 aufmerksam gemacht. Die Er-gebnisse der Metagenomanalyse wurden im Mai 2021 ebenfalls in einem Peer-Review-Journal veröffentlicht. Auch eine Ende 2020 veröffentlichte Dissertation enthält entsprechende Resultate. Basierend auf den Ergebnissen wurden konkrete Verbrauchempfehlungen formuliert, welche in Kooperation mit dem Forum Waschen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, in Form von Internetinformationen und einem Vortrag auf der Multiplikatorentagung im März 2022.
Fazit
Die Studie liefert Hinweise darauf, dass die Übertragung von Antibiotikaresistenzen und antibiotikaresis-tenten Bakterien zwischen verschiedenen Umgebungen weniger wichtig sein könnte als der Fokus auf die Umsetzung von Präventionsmaßnahmen in jeder einzelnen Umgebung. Während die Metagenomstudie einen guten ersten Überblick ermöglicht, sind weitere Studien mit einer größeren Probenzahl und einer tiefgreifenden Analyse der gemeinsam genutzten Gene erforderlich. Die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen kann begrenzt werden, indem die Entwicklung von Resistenzen in der Haushaltsumgebung re-duziert wird, um ein geringes, aber dennoch mögliches Infektionsrisiko für Haushaltsmitglieder und eine Verbreitung innerhalb des Haushalts oder über häusliches Abwasser zur Kläranlage zu verhindern. Ein möglicher Transfer von Antibiotikarückständen und resistenten Bakterien aus der Kläranlage in die Umwelt sollte vermieden werden, um die Förderung der Resistenzentwicklung zu unterbinden. Dies könnte durch den Einsatz fortschrittlicher Technologien bei der Abwasserbehandlung und die Vermeidung der Verwendung von behandeltem Abwasser zur Düngung und Bewässerung erreicht werden. Es sind umfassendere Studien erforderlich, um die Resistome verschiedener Umgebungen zu vergleichen und um zu bestätigen, ob sich Antibiotikaresistenzen unabhängig in jeder Umgebung entwickeln. Basierend auf den erhobenen Daten sollten quantitative Analysen durchgeführt werden, um die Bedeutung der Unterschiede zwischen den analysierten Umgebungen weiter herauszuarbeiten.
Fördersumme
123.950,00 €
Förderzeitraum
17.12.2018 - 16.02.2022
Bundesland
Nordrhein-Westfalen
Schlagwörter
Klimaschutz
Landnutzung
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umweltkommunikation
Umwelttechnik