Projekt 34602/01

Entwicklung eines physikalischen bionischen Verfahrens zur Entfernung von Ölverschmutzungen auf Wasser unter Einsatz superhydrophober Funktionstextilien

Projektdurchführung

Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Nees-Institut für Biodiversität der Pflanzen AG Biodiversität und Bionik
Venusbergweg 22
53115 Bonn

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ölverschmutzungen von Gewässern sind ein bedeutendes Umweltproblem. In der medialen Wahrnehmung sind es vor allem die marinen Katastrophen verursacht von Öltankern und Bohrplattformen, jedoch führen auch die alltäglichen Kontaminationen von Binnengewässern weltweit zu ökologisch hoch bedenklichen Störungen von Ökosystemen und der Trinkwasserversorgung. Bei den umfangreichen Vorläuferarbeiten der Universität Bonn zu superhydrophoben biologischen Oberflächen und der bionischen Umsetzung des Lotus- und Salvinia-Effektes wurde beobachtet, dass einige dieser Oberflächen ebenfalls zu effizienter Adsorption und schnellem passiven Transport von Öl in der Lage sind. Dabei wurden als effizienteste biologische Vorbilder bestimmte Pflanzenarten mit teilweise höchst komplexer Oberflächenarchitektur, wie der Schwimmfarn Salvinia molesta, identifiziert. In diesem Projekt konnten diese Fähigkeiten der biologischen Vorbilder technisch umgesetzt werden. Langfristige Zielstellung ist die Entwicklung eines auf der Gewässeroberfläche schwimmenden Bionischen Öl-Adsorbers (BOA), der ohne Energiezufuhr in der Lage ist mit Funktionstextilien, hoch effizient Öl aus Wasser zu adsorbieren und zur Entsorgung in einen Sammelbehälter zu transportieren. Für den BOA sollte in Rahmen dieses Projektes u. A. ein optimiertes Funktionstextil identifiziert werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZunächst wurden die biologischen Vorbilder auf ihre Strukturparameter und Transporteigenschaften analysiert. Darauf basierend wurden 54 kommerziell erhältliche Funktionstextilien, welche aus unterschiedlichen Polymeren mit verschiedenem strukturellen Aufbau bestehen, für ein Screening ausgewählt. Nach der Hydrophobierung der Textilien wurden deren Öladsorbtionskapazität sowie die horizontale und vertikale Transportgeschwindigkeit bestimmt. Auf dieser Grundlage wurden 2 Funktionstextilien ausgewählt. Diese wurden über einen längeren Zeitraum unter anwendungsnahen Bedingungen für verschiedenen Ölarten (Diesel, Heizöl, Bilgenöl, Altöl, Motoröl) untersucht. Dabei wurde vor allem die horizontale Transportgeschwindigkeit, welche der Anwendung im BOA entspricht, unter Berücksichtigung der Maschenausrichtung, kontinuierlicher und diskontinuierlichem Vorhandensein von Öl getestet. Mittels optischer Verfahren wurde analysiert wie am Textil der Öltransport stattfindet. Die Auswirkungen des Strukturdurchmessers (D), der Strukturabständen (A) und deren Verhältnis (A/D) innerhalb der Oberflächenarchitektur der Textilien sowie unterschiedlicher Ölkontaktwinkel wurden für Öle verschiedener Viskosität mittels numerischer Strömungssimulation analysiert um die idealen Textilstrukturen für einen optimierten BOA zu ermitteln.


Ergebnisse und Diskussion

Es konnten zwei Funktionstextilien identifiziert werden, die sehr überraschend effiziente Eigenschaften für die Öl-Wasser-Trennung aufweisen. Eines der Funktionstextilien transportierte in 6 cm Streifenbreite bis zu einem halben Liter Öl in der Stunde. Es handelte sich um ein Abstandstextil. Die Maschenausrichtung hat einen erheblichen Einfluss hat, bei Orientierung des Textils orthogonal zur Maschenrichtung wurde 61 - 90% mehr Öl transportiert als in Querrichtung. Einen erheblichen Einfluss auf den Öltransport hat auch die Art des zu transportierenden Öls. Prinzipiell werden Öle mit geringer Viskosität (<10cP) wie Diesel oder Heizöl deutlich schneller transportiert als Öle mit hoher Viskosität (> 100cP), wie Altöl, Bilgenöl oder Motoröl. Dabei ist ein direkter Zusammenhang zwischen Viskosität und Transportgeschwindigkeit zu beobachten. So transportiert das gleiche Funktionstextil Heizöl (Viskosität 5,6 cP) um dem Faktor 50 schneller als Motoröl (Viskosität 196,7 cP). Im Rahmen der Simulation des Öltransportes konnte gezeigt werden, dass ein Verhältnis von 1:1 von Durchmesser und Abstand der Feinstrukturen optimal für den Transport ist. Die optimalen Werte für Strukturdurchmesser und -abstände variieren jedoch mit der Viskosität des Öls. Die Versuche zeigten weiterhin, dass kein direkter Zusammenhang zwischen Ölhaltekapazität und Öltransportgeschwindigkeit besteht.
Die Ergebnisse zeigen weiterhin, dass die Funktionstextilien sowohl für den kontinuierlichen als auch im diskontinuierlichen Einsatz geeignet sind: Es sind keine Probleme zu erwarten, wenn Öl nur gelegentlich auf der Wasseroberfläche vorhanden ist. Dies ermöglicht somit auch den präventiven Einsatz, zum Beispiel auf Gewässern, welche durch gelegentliche Ölverschmutzungen gefährdet sind, wie zum Beispiel in Hafenbereichen. Hierbei kommt der dauerhaften Hydrophobierung eine zentrale Bedeutung zu, da ansonsten Wasser in den Sammelbehälter transportiert würde.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Das Projekt wurde auf renommierten Konferenzen und Messen, wie der Hannover Messe und der Filtech-Konferenz, sowie im Rahmen eingeladener Fachvorträge vorgestellt. Weiterhin wurden Projektergebnisse in drei Fachartikeln in renommierten Zeitschriften veröffentlicht bzw. zur Veröffentlichung eingereicht und fanden in einem Buchkapitel Erwähnung. Basierend auf diesem Projekt erschienen weltweit ca. 20 nationale und internationale Pressemitteilungen, in deren Folge sind insgesamt geschätzt über 100 Beiträge, Artikel in Fachzeitschriften, aber auch Tagespresse und Fernsehsendungen, erschienen.


Fazit

Im Rahmen dieses Projektes wurden zwei äußerst effiziente Funktionstextilien für den Einsatz im BOA identifiziert. Diese ermöglichen genau wie ihre biologischen Vorbilder die Trennung von Öl und Wasser, wobei das Öl – ohne Anwendung zusätzlicher Energie – passiv in einen Sammelbehälter transportiert wird. Die Funktionstextilien mit einer Streifenbreiten von 6 cm können dabei bis zu einem ½ Liter Öl von der Wasseroberfläche abtransportierten. Die Projektergebnisse zeigen, dass mit BOA eine neue, energiesparende Technik der Öl-Wasser-Trennung zur Verfügung gestellt wird, welche vorwiegend in Binnengewässern eingesetzt werden kann. Darüber hinaus bietet diese innovative Technik Potential für die Öl-Wasser-Trennung im Bereich der Schifffahrt oder in industriellen Anlagen.

Übersicht

Fördersumme

365.005,00 €

Förderzeitraum

01.02.2019 - 31.01.2022

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Klimaschutz
Kulturgüter
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik