Projekt 34258/01

Complete Carbon Visibility (CCV) Vollständige CO2-Berichterstattung für Investoren auf Basis des Vorsorgeprinzips

Projektdurchführung

Universität Hamburg Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Mitglied des Wiss. Beirates der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen
Rentzelstr. 7
20146 Hamburg

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Aktuell stehen verantwortungsbewussten Investor*innen kaum verlässliche Informationen bzgl. der realen CO2-Emissionen von Unternehmen zur Verfügung. International fehlen (i) vergleichbare Standards bzgl. des Berichtes zu THG-Emissionen, (ii) Anreize vollständig/überhaupt zu berichten, sowie (iii) eine Veröffentlichung der Emissionsdaten, die nicht von kommerziellen Interessen geleitet wird: weder bzgl. der Berechnung von Emissionsdaten seitens der Unternehmen selbst, noch bzgl. des Zugriffs auf die Emissionsdaten von Seiten der Datenanbieter. Hier setzt das Projekt CCV an: Es entwickelt eine branchen- und/oder geografisch spezifische Methodik, die die CO2-Emissionen von den vielen unvollständig berichtenden Unternehmen mit wissenschaftlicher Genauigkeit auf 100 % im Sinne des Vorsorgeprinzips extrapoliert (Im Zweifelsfall sollte man sich zu Gunsten des Planeten irren!). Hierauf aufbauend wird die erste umfassende CO2-Emissionsdatenbank erstellt. Sie ist für alle Interessent*innen (insb. Akademiker*innen, Forscher*innen, NGOs und Investoren) über eine Online Plattform frei zugänglich.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Projekt CCV ist in 3 Phasen eingeteilt. Im ersten Schritt (6 M.) wird die Entwicklung der statistischen Extrapolation vorbereitet. Dazu werden CO2- und Strukturdaten aller Unternehmen eines relevanten, globalen Aktienindexes manuell gesammelt (SVL). Die Entwicklung des statistischen Schätzungsverfahrens unter Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips, das die CO2-Emissionen von Unternehmen auf 100 % extrapoliert (SVL), erfolgt im zweiten Schritt (10 M.). Zeitgleich wird mit der Entwicklung der Online Plattform (SVL) begonnen, die im dritten Schritt (8 M.) abgeschlossen wird. In der dritten Phase wird auch die Verstetigung der Datenbank und Online Plattform gesichert (UHH, SVL). Während des gesamten Projektes wird der Kommunikation mit Stakeholdern eine große Bedeutung beigemessen (UHH). Es geht explizit nicht darum, wirtschaftlichen Profit zu erzielen. Im Hinblick auf die zentrale gesellschaftliche Herausforderung des Klimawandels muss es darum gehen, relevante, bisher fehlenden Instrumente und Daten frei zugänglich auf den Markt zu bringen, damit die Kapitalflüsse möglichst zu geringen Transaktionskosten und vor allem schnell in Richtung klimafreundliche Investitionen umgelenkt werden können.


Ergebnisse und Diskussion

CCV hat im Rahmen des veranschlagten Kostenplans erfolgreich ein Schätzungsverfahren entwickelt, durch das die Emissionsdaten von über 7.000 Unternehmen unter Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips geschätzt werden. Unseres Wissens nach ist so zum ersten Mal ein Datensatz entstanden, auf dessen Grundlage Emissionsdaten verglichen werden können. Die Datenbank ist unter https://sdglabs.ai/index.php/complete-carbon-visibility/ für alle Interessierten weltweit frei zugänglich, auf Anfrage per E-Mail kann jede*r den gesamten Datensatz kostenlos erhalten. Coronabedingt wurde die Projektlaufzeit dreimal kostenneutral verlängert. Ziel der Verlängerung war es, die Abschlusskonferenz nach Möglichkeit als Präsenz-, zumindest jedoch als hybride Veranstaltung durchführen zu können. Die durch CCV erreichte Sichtbarmachung der vollständigen CO2-Emissionen von Unternehmen ist der notwendige erste Schritt, um die THG-Emissionen zu verringern. Dieses Ziel hat CCV vollumfänglich erreicht.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Im Rahmen des Projektes wurden zwei Veranstaltungen durchgeführt. (1) Am 18./ 19. Oktober 2019 fand an der Universität Hamburg der „Climate Summit of Generations“ statt. Neben der Bekanntmachung des Projektes, war es das Ziel, Wissenschaftler*innen, Asset Owner, Mitglieder der Technical Expert Group (TEG) for Sustainable Finance der EU Kommission und junge Aktivist*innen der Fridays For Future Bewegung zu vernetzen und somit den Austausch zwischen verschiedenen Generationen und Akteur*innen zu fördern.
(2) Die „Carbon Data Accuracy Conference“ (Abschlussveranstaltung) fand am 26. November 2021 coronabedingt virtuell statt (die Räumlichkeiten der DBU in Osnabrück waren geplant). Ziel der Konferenz war es, das Projekt Complete Carbon Visibility im Kontext einer grundlegenden Diskussion bzgl. der aktuellen (Un)genauigkeit von CO2-Daten vorzustellen. Neben diversen Speakern, wurde einem breiten Publikum die Teilnahme als passive Zuhörer*innen ermöglicht.
Die breite Kommunikation mit Interessensgruppen (Bekanntmachung), sowie der Stakeholder Beratungsausschusses (praxisrelevantes Feedback) haben das Projekt bereichert. Sowohl Prof. Dr. Alexander Bassen (UHH) als auch Prof. Andreas Hoepner (SVL) und Prof. Dr. Damian Borth (SVL) haben ihre vielseitigen Tätigkeiten, Reisen und Teilnahmen an Veranstaltungen und Konferenzen stetig dazu genutzt das Problem der fehlenden Transparenz und Vergleichbarkeit von Emissionsdaten sowie den Lösungsansatz, den das Forschungsprojektes CCV verfolgt, in informellen Gesprächen bekannt zu machen. Daraus resultiererten auch wertvolle Anreize und Feedback, um unser Vorgehen zu verbessern.


Fazit

Durch CCV wurde das Problem der unvollständigen CO2-Berichterstattung bekannter gemacht. Durch das im Rahmen des Projektes entwickelte Schätzungsverfahren (CCV-Methode) unter Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips konnten wir die große Lücke der fehlenden Berichterstattung füllen. Nicht nur Investoren, sondern allen interessierten Stakeholdern steht erstmals frei zugänglich ein Emissionsdatensatz zur Verfügung, auf dessen Grundlage sie Unternehmen bewerten und vergleichen können. Dies ist die notwendige Voraussetzung, durch die Kapitalströme klimaverträglich umgelenkt werden können. Die Relevanz unseres Vorhabens wurde uns nicht zuletzt während der Projektlaufzeit immer wieder in Rückmeldung auf unsere Öffentlichkeitsarbeit bestätigt. Unser Emissionsdatensatz ermöglicht es, Druck auf die Unternehmen auszuüben, ihre Emissionen vollständig zu erfassen, transparent zu veröffentlichen und zu reduzieren (Stakeholder Engagement).
Dennoch sehen wir auch heute noch die Notwendigkeit, die fehlende Berichterstattung sowie unsere CCV Methodik weiter bekannt zu machen. Obgleich das abgedeckte Firmenuniversum bereits sehr groß ist, wäre es außerdem erstrebenswert es weiter auszuweiten.
Wir erwarten, dass die Anwendung des Vorsorgeprinzips in der CCV-Methodik sowie die größere Bekanntheit der defizitären Emissionsberichterstattung dazu führen, dass zukünftig immer mehr Unternehmen ihre Emissionsdaten selbst schätzen und berichten. Hierbei wäre es wünschenswert, wenn ein global einheitliches Verfahren sowohl für die Schätzung als auch für die Berichterstattung von Emissionsdaten entstehen und sich etablieren würde - kurz: Im Idealfall konnte das Kooperationsprojekt CCV auf ein dringendes Problem hinweisen, eine Lösungsstrategie entwickeln und veröffentlichen und dennoch langfristig überflüssig werden, da die Unternehmen selbst entweder freiwillig oder durch Druck aus der Öffentlichkeit, Politik oder von Seiten der Investoren vollständig ihre Emissionsdaten berichten.

Übersicht

Fördersumme

270.651,00 €

Förderzeitraum

19.10.2018 - 31.12.2021

Bundesland

Hamburg

Schlagwörter

Klimaschutz
Umweltforschung
Umweltkommunikation