Bauhaus 2050: Energetische Quartierssanierung zur Reduktion der CO2-Emissionen unter Berücksichtigung denkmalgeschützter Bauten in Weimar
Projektdurchführung
Bauhaus-Universität Weimar
Professur Bauphysik
Coudraystr. 11 a
99423 Weimar
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Im Rahmen einer energie- und ressourcenschonenden Quartiersentwicklung und -erneuerung sollen anhand des Gebäudebestands der Bauhaus-Universität Weimar exemplarisch die Optimierungspotenziale großer Gebäudebestände in Bezug auf Sanierungspotenziale der Gebäudehülle und Energiesysteme analysiert werden. Mittels einer Erweiterung des Betrachtungsperimeters vom Einzelgebäude auf das Stadtquartier kann so die CO2-Reduktion des Clusters bewertet werden. Dies wiederum dient unter anderem der Abwägung, ob denkmalgeschützter Gebäudebestand mit sehr hohem Aufwand energetisch zu sanieren ist oder ob dies innerhalb des Clusters durch eine ambitionierte energetische Zielsetzung für innerstädtische Nachverdichtung aufzufangen ist. Die Zielsetzung ist angelehnt an das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZunächst werden die Gebäude im Status quo erfasst und die notwendigen Informationen in einer Datenbasis strukturiert. Dabei wird für die Gebäude der Bauhaus-Universität Weimar eine bottom-up Vorgehensweise gewählt, während für die verbleibenden Gebäude im Stadtquartier statistische Daten herangezogen werden (top-down). Die Datenbasis dient als Grundlage für die Ermittlung des Energiebedarfs und der stadtteilbezogenen Emissionen. Darauf basierend werden die Sanierungspotenziale des Status Quo identifiziert und die lokalen energetischen Potenziale des Areals für die Nutzung erneuerbarer Energiequellen ermittelt und in einem gemeinsamen Modell zusammengeführt. Eine wichtige Frage wird hierbei sein, welche Gebäude als Energieerzeuger oder als Energiespeicher den Gesamtbedarf des Areals positiv beeinflussen können. Hierfür werden die Teilergebnisse kombiniert und simuliert. Anschließend erfolgt die Synthese und Entwicklung eines Szenarios für die Entwicklung des Energiebedarfes und dessen Versorgung zur Transformation des Stadtteils und seiner Gebäude unter der Zielsetzung der o. g. CO2-Reduktion. Das Szenario wird in der Modellierungsumgebung visualisiert, um sowohl hinsichtlich energetischer Performance/Emissionen wie auch stadträumlicher Qualitäten beurteilt werden zu können. Abschließend werden die Gesamtresultate für den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen berechnet. Die Ergebnisdaten werden für eine schnelle und vereinfachte Bewertung von energetischen Potenzialen auf Quartiersebene aufbereitet. Allgemeine Kriterien, Parameter und Einflussgrößen werden beschrieben, welche in eine generelle Methodik für energetische Stadtsanierung übertragen werden können.
Ergebnisse und Diskussion
Bereits mit der Umstellung von Einzelfeuerungsanlagen auf Nahwärmenetze mit BHKW und Geothermie hat die Bauhaus-Universität im Zeitraum von 1996 bis 2015 einen entscheidenden Schritt zur Reduktion der Treibhausgasemissionen gemacht, so dass im Jahr 2015 das Emissionsreduktionsziel von -55 % bis 2030 frühzeitig erreicht wurde. Für die weitere Zielsetzung, bis 2050 einen klimaneutralen Campus zu schaffen, müssen allerdings umfangreiche Maßnahmen sowohl zur Erhöhung der Energieeffizienz als auch zur Umstellung auf erneuerbare und damit treibhausgasfreie Energiequellen angestrebt werden. Basis der Betrachtung sind die Wärmeverbrauchsdaten des Südcampus der Bauhaus-Universität Weimar für die Jahre 1996 und 2015. Den Simulationen liegt ein GIS-basiertes Modell zugrunde, das mit gebäudespezifischen Informationen zur Gebäudehülle, Gebäudetechnik und Nutzungsprofilen angereichert wurde. Zudem enthält das Modell in der Software City Energy Analyst (CEA) ebenfalls die vorhandenen Nahwärmenetze mit Hochtemperatur- und Niedertemperaturbereichen. Die Analysen und Szenarien beziehen sich auf den Raumwärmebedarf, da das Brauchwarmwasser strombasiert erzeugt wird und die Universität neben der Stromerzeugung über die BHKWs bereits Ökostrom bezieht.
Zunächst wurden Energieeffizienzmaßnahmen für den Gebäudebestand analysiert, u. a. Sanierung diverser nicht denkmalgeschützter Gebäude sowie eine Nutzungsmischung von Wohnen und universitärer Nutzung. Weiterhin wurde das Potenzial einer inneren Nachverdichtung mit Prosumenten untersucht. Diese Effizienzpotenziale können zusammen den Endenergiebedarf für die Raumwärme auf 60 %, folglich den Primärenergiebedarf auf 38 % und die Emissionen weiter auf 28 % im Vergleich zum Verbrauch von 1996 senken.
Jedoch wird deutlich, dass Effizienzmaßnahmen alleine weder die ursprüngliche Zielsetzung einer 80-prozentigen Reduktion bis 2050 noch die aktuell angestrebte Klimaneutralität erreichen können. Zusätzlich muss die verbleibende Energie aus erneuerbaren Quellen bereitgestellt werden, um den Primärenergiebedarf und die Treibhausgasemissionen zu senken.
Die Solaranalyse offeriert vor allem Solarthermiepotenzial auf Dachflächen und an wenigen Südfassaden nicht denkmalgeschützter Gebäude in Höhe von 667 MWh, 3 neue mögliche Geothermiefelder im Rahmen der anstehenden Sanierungen (weitere 501 MWh) und die Abwärme der Server auf dem Campus (ca. 602 MWh), so dass 45% der benötigten Endenergie für Raumwärme aus lokalen erneuerbaren Energien gedeckt werden könnten. Diese Substitution senkt die CO2-Emissionen auf 15 % im Vergleich zu 1996.
Es verbleiben 342 t CO2-Äquivalent, die aufgrund der Bestandsgebäude, der Lage der Gebäude zueinander und im Stadtquartier sowie aufgrund des Denkmalschutzes nicht durch Geothermie, Solarthermie oder andere Umgebungswärmequellen ausgeglichen werden können.
Dieser Anteil könnte weiterhin durch die BHKW-Nahwärmenetze bereitgestellt werden, wenn diese mit einem biogenen Brennstoff betrieben werden. Im Vergleich der verfügbaren biogenen Brennstoffe würde Holz als Energiequelle eine nahezu klimaneutrale Energieproduktion mit verbleibenden 1,2 % im Vergleich zu 1996 ermöglichen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Willmann, Anja; Katscher, Lara and Thomas Leiser. A Comparison of Bottom-up and Top-down Modelling Approaches in Urban Energy Simulation. Building Simulation Conference 2019, Rome, Italy, Sept 02 - 04, 2019.
Harre, Carolin, Willmann, Anja und Conrad Voelker. Ermittlung thermischer Eigenschaften der Gebäudehülle mittels Thermografie; Fallstudie Bauhaus-Campus. Bauphysiktage 2019 in Weimar. Germany, Sept 25 - 26, 2019.
Willmann, Anja. Bauhaus Structures Designing Energy Producing Structures for Public Space on the Bauhaus University Campus in Weimar, Germany. Shaping Urban Communities: Smart and Sustainable Solutions. 3rd International Conference of the Urban Research and Education Knowledge Alliance (U!REKA), Frankfurt, Germany, November 26 28, 2018.
Ausstellung des Forschungsprojektes Bauhaus2050: Energetische Quartierssanierung zur Reduktion der CO2-Emissionen unter Berücksichtigung denkmalgeschützter Bauten in Weimar in: Houston, we have a problem. Ökologie und Verantwortung. Projektsammlung von 150 Visionen und Ideen. Berlin, Germany. June 12 July 7, 2019.
Es sind weiterhin 2-3 Publikationen in internationalen Fachzeitschriften geplant, zudem erfolgt die Vorstellung der Ergebnisse beim Dezernat Liegenschaften und dem Kanzler der Bauhaus-Universität regelmäßig. Momentan werden die Ergebnisse für die Darstellung auf der Homepage der Klima-AG der Bauhaus-Universität, der transform-Homepage der Bauhaus-Universität und für eine 360°-Darstellung aufbereitet:
https://www.uni-weimar.de/de/universitaet/struktur/gremien/senat/klima-ag/
https://www.uni-weimar.de/projekte/transform/
Nicht zuletzt gehen die Ergebnisse in die aktuellen Diskussionen um die Initiative des Europäischen Bauhauses ein, an der sich die Bauhaus-Universität beteiligt.
Das Projekt wurde um die Betrachtung des Campus in der Coudraystraße in Weimar erweitert (Finanzierung durch die Bauhaus-Universität), die derzeit noch in Bearbeitung ist.
Fazit
Grundsätzlich hat sich die Vorgehensweise der aufwändigen Datenallokation, der Potenzialanalyse und Szenarienvalidierung mithilfe eines GIS-basierten Simulationsmodells zum Erreichen der Zielsetzung klimaneutraler Bestandsareale bestätigt. Der Südcampus der Bauhaus-Universität kann bis 2050 in Bezug auf die Raumwärmebereitstellung fast klimaneutral werden. Hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind die Synergie-Potenziale Abwasser-Abwärmenutzung der umliegenden Wohnbebauung und Nutzungsmischung gebäudeweise (Wohngebäude) innerhalb des Quartiers. Auf dem Weg zu einem klimaneutralen Campus erwiesen sich die Potenziale erneuerbarer Energie und Energieversorgungstechnologien insgesamt als die wirksamsten Maßnahmen: Effizienzpotenziale der Gebäudehüllen können ca. 16 % der CO2-Emissonen einsparen, die Umstellung auf Nahwärmenetze mit BHKW, Geothermie und Solarthermie sowie die Nutzung der Server-Abwärme offerieren eine Reduktion von 83 % der Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1996. Die Umstellung des Südcampus der Bauhaus-Universität auf erneuerbare Energien erwies sich als deutlich schwerer als erwartet, da die Umweltwärmepotenziale aufgrund des hohen Anteils an bereits bebauter Fläche nicht in vollem Umfang genutzt werden können. Hier wäre eine Umrüstung der bestehenden BHKW auf einen biogenen Brennstoff erforderlich. Insgesamt verbleiben dann ca. 30 t CO2-Äquivalent jährlich, die ca. 1 % der Emissionen des Referenzjahres 1996 entsprechen.
Fördersumme
123.558,00 €
Förderzeitraum
01.11.2017 - 31.07.2021
Bundesland
Thüringen
Schlagwörter
Klimaschutz
Kulturgüter
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik