Die intensive Tierhaltung im Nordwesten Deutschlands führt zu deutlichen Nährstoffüberschüssen in Form von Gülle, und daraus folgend zu unerwünschten Nährstoffeinträgen in nicht-agrarische Ökosysteme. Diese können beispielsweise zur Eutrophierung von Oberflächengewässern oder zur Verunreinigung des Grundwassers mit Nitrat führen. Derzeit werden für die Nutztierhaltung deutschlandweit Proteinfuttermittel, hauptsächlich in Form von Sojaextraktionsschrot, in einer Größenordnung von ca. 4,5 Mio. t pro Jahr aus Nord- und Südamerika importiert. Dies führt zu hohen Nährstoffüberschüssen in Nordwestdeutschland, zur Abholzung von Regenwäldern, um Anbauflächen zu gewinnen, und zu langen Transportwegen, die zur Verstärkung der globalen Erwärmung beitragen.
Ziel des Projektes ist die Entwicklung eines standardisierten, rezirkulierenden Kultivierungsverfahrens für Wasserlinsen, in welches die Gülledünnphase als alternative Nährstoffquelle integriert werden soll. Dabei soll ein Produktionsprozess zur Erzeugung qualitativ hochwertiger und standardisierter Proteinträger für die Tierernährung anhand verschiedener Umweltparameter definiert und Nährstoffkreisläufe geschlossen werden. Der interdisziplinäre Ansatz hat einen hohen Stellenwert im Projekt, da ein Bioverfahrensprozess zur standardisierten Produktion von pflanzlicher Biomasse entwickelt wird, bei dem die Eignung des Produktes für die Tierernährung zielgebend ist. Im Vordergrund stehen somit Proteinertrag, biologische Wertigkeit und Verdaulichkeit der Aminosäuren der erzeugten Wasserlinsenbiomasse.
Der Einfluss verschiedener Umweltfaktoren auf die Pflanzenperformance der Wasserlinsenarten Lemna minor und Wolfiella hyalina wurde in aufeinanderfolgenden Versuchsreihen in einer Klimazelle überprüft. Neben der Wachstumsdynamik (Frisch- und Trockenmasse) wurde hinsichtlich der inneren Qualität der Rohproteingehalt erfasst. Ergebnisse dieser Versuche dienten der parallelen Etablierung und Optimierung eines vertikalen, standardisierten hydroponischen Kultivierungssystems für Wasserlinsen mit einer Produktionsfläche von 25,2 m2. In einem weiteren Versuch wurde der Einsatz der Gülledünnphase in der Wasserlinsenkultivierung überprüft.
Da die weitere Verwendung in Mischfuttermitteln eine Trocknung der Wasserlinsen erfordert, wurde in zwei Versuchsreihen der Einfluss verschiedener Vortrocknungsmethoden (Blanchieren, PEF-Behandlung) und Trocknungsverfahren (Konvektions-, Vakuumtrocknung) auf zuvor definierte Qualitätsparameter bei Wasserlinsen (Lemna minor) untersucht. Parallel dazu wurde in einem Fütterungsversuch mit 108 männlichen Masthähnchen die Wirkung unterschiedlicher Wasserlinsenqualitäten auf die Verdaulichkeit von Rohprotein, Aminosäuren und Phosphor sowie auf die Tierleistung geprüft.
Nachdem geeignete Wasserlinsenarten unter Berücksichtigung der ernährungsphysiologischen Anforderungen landwirtschaftlicher Nutztiere identifiziert wurden, konnte der Einfluss verschiedener Umweltfaktoren auf die Pflanzenperformance von L. minor und W. hyalina untersucht werden. Hierbei wurde der Einfluss der Nährlösungszusammensetzung und -konzentration, der Lichtintensität und –qualität, sowie der Einfluss der Temperatur und der Strömungsgeschwindigkeit auf die Wachstumsdynamik, den Rohproteingehalt und die In-vitro-Verdaulichkeit der beiden Arten untersucht. Der Rohproteingehalt ließ sich vor allem durch die Nährlösung und insbesondere durch ein verändertes Nitrat-Ammonium-Verhältnis beeinflussen. Die Nährlösung hatte ebenfalls einen starken Einfluss auf die Wachstumsdynamik, ebenso wie die Lichtintensität. Bei den Einflussfaktoren Temperatur, Strömungsgeschwindigkeit und Lichtqualität konnten keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden. Die gewonnenen Erkenntnisse dienten der Entwicklung und Optimierung eines standardisierten hydroponischen Kultursystems mit einer Produktionsfläche von 25,2 m². Der Versuch zum Einsatz der Gülledünnphase hat eine mögliche Erhöhung des Rohproteingehaltes gezeigt.
In den Versuchen zur qualitätsorientierten Trocknung von Wasserlinsen konnte dargestellt werden, dass zuvor erzeugte Qualitäten durch den Trocknungsprozess erheblich beeinflusst werden können. So zeigte sich ein Einfluss der Vortrocknungsverfahren auf die Trockenmasse- und Rohproteinausbeuten. Zudem bewirkten hohe Trocknungstemperaturen eine signifikante Reduktion des Gehalts an fermentlösbarem Rohprotein.
Der Einsatz unterschiedlicher Wasserlinsenchargen in der Fütterung von Masthähnchen ergab signifikante Unterschiede zwischen den Fütterungsgruppen sowohl in den Parametern Tageszunahmen, Futteraufnahme und Futterverwertung als auch in den Verdauungswerten. Die standardisierte ileale Verdaulichkeit des Rohproteins variierte zwischen 40,2 und 83,7 %, wobei die höchsten Verdauungskoeffizienten für das Rohprotein und die Aminosäuren bei Tieren ermittelt wurden, die mit Lemna obscura (35,5 % Rohprotein) gefüttert wurden. Die Masthähnchen dieser Fütterungsvariante zeigten bei einem Anteil von 25 % in der Ration auch die besten tierischen Leistungen. Für alle Wasserlinsenchargen wurden geringe Gehalte an Phytat ermittelt, wobei sich in der Phosphorverdaulichkeit Schwankungen zwischen den Chargen (50,8 – 78,9 %) zeigten.
Durch eine breit aufgestellte Öffentlichkeitsarbeit wurden verschiedene Zielgruppen mit der Wasserlinsenthematik angesprochen. Neben wissenschaftlichen Publikationen in ausgewählten Fachzeitschriften konnte die Thematik sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene auf ausgewählten Fachtagungen der wissenschaftlichen Community vorgestellt werden. Besonders hervorzuheben ist hierbei die internationale Duckweed Conference in Israel im Jahr 2019. Auch auf der diesjährigen Konferenz werden erneut Beiträge zu den Versuchsergebnissen aus dem LemnaProtein Projekt vorgestellt werden. Zudem befinden sich derzeit Artikel im Review-Prozess. Weitere Veröffentlichungen über die Projektlaufzeit hinaus sind geplant.
Die Einstellung der Umweltparameter (Nährlösung, Temperatur, Strömungsgeschwindigkeit, Lichtqualität und -intensität) und deren kontinuierliche Überwachung besitzen eine hohe Relevanz für einen ertragsstabilen und qualitätsorientierten Anbau von Wasserlinsen. Um in Zukunft die großflächige Erzeugung und damit die Bereitstellung erforderlicher Wasserlinsenmengen zu ermöglichen, ist eine weitere Prozessoptimierung und Automatisierung notwendig. Auch besteht weiterer Forschungs- und Optimierungsbedarf zur Integration der Gülledünnphase in die entwickelte Kultivierungsweise von Wasserlinsen.
Insgesamt können unter standardisierten Produktionsbedingungen Wasserlinsen von hoher biologischer Wertigkeit erzeugt werden, die eine interessante Rationskomponente, insbesondere auch in einer stark stickstoff- und phosphorreduzierten Fütterung, sein können. Weitere Untersuchungen mit standardisierten Produkten zur Etablierung praxisgerechter Fütterungskonzepte sind erforderlich.