Gegenstand des dreijährigen Projekts war die Vermittlung und Verbreitung konzeptionellen und praktischen Wissens über das in Deutschland schon länger erprobte, in der Tschechischen Republik noch relativ unbekannte Modell der Bürgerenergie, insbesondere der Bürgerenergiegenossenschaften, im Kontext der Nutzung von erneuerbaren Energiequellen, welche auf die Versorgung von Gemeinden, Haushalten und Firmen abzielt und das in Deutschland wie in anderen Ländern Westeuropas einen wichtigen Beitrag zur Gestaltung der Energiewende leistet. Den Hintergrund des Projekts bilden die im Jahr 2015 in Kraft getretenen Ziele nachhaltiger Entwicklung der Vereinten Nationen und durch das Konzept der Planetarischen Grenzen, wie es als Zwei-Grad-Ziel im Klimaabkommen von Paris 2015 verankert wurde.
Während der Fokus des Projekts für Deutschland auf der Vertiefung der Kenntnisse in der Öffentlichkeit über und auf der Weiterentwicklung von Energiegenossenschaften und Bürgerenergie liegt, vor allem durch die Erprobung und Anwendung von technischen, ökonomischen und sozialen Innovationen, gilt es in der Tschechischen Republik der interessierten Öffentlichkeit und der politischen Diskussion die grundsätzlichen Vorteile des Modells deutlich zu machen. In beiden Fällen sind zur Adressierung des Projektgegenstands und zum Erreichen der Projektziele umfangreiche kommunikative Maßnahmen vorgesehen.
Die Projektaktivitäten auf deutscher Seite waren primär in drei Phasen unterteilt, die von den Veröffentlichungen einer dreiteiligen umfangreichen Broschüren-Reihe mit dem Titel „Bürgerenergie heute & morgen“ dominiert wurden. Im Rahmen der Recherchearbeit fanden jeweils in Vorbereitung auf die Broschüren-Erstellung zwei Workshops zum internen Wissensaufbau statt. Die Publikation der Broschüre war gefolgt von jeweils zwei Workshops der Bürgerenergie-Akademie des Bündnis Bürgerenergie (BBEn), in denen die Inhalte der aktuellen Broschüre an die betreffenden Zielgruppen vermittelt wurden.
Die Aktivitäten und Methoden der tschechischen Projektpartner umfassten eine breite Palette von Kommunikationsaktivitäten und Marketinginstrumenten, die helfen sollten, die öffentliche Meinung zu ändern. Es wurden Seminare, Roundtables, Studienreisen und Webinare mit Expert*innen und Entscheidungsträger*innen durchgeführt, verschiedene Marketingkampagnen offline und online durchgeführt und schließlich in die Untersuchung der öffentlichen Meinung und ihrer Entwicklung investiert.
Das Thema Bürgerenergie hat in Deutschland zuletzt mehr an politischer Relevanz gewonnen, mitunter dank der Arbeit des BBEn, welches von politischen Akteuren, u.a. dem BMWK mit steigender Frequenz zu diversen Fragestellung um Stellungnahme gebeten wird. Dabei sticht heraus, dass das Energy-Sharing-Konzept, welches vom BBEn führend propagiert wird in den letzten Jahren, endlich politisch auf höchster Ebene diskutiert wird. Ein tatsächliches Umsetzen von Energy Sharing würde einen immensen Fortschritt, sogar eine Kehrtwende für die dezentrale bürgernahe Energiewende bedeuten.
Doch vor allem auch auf gesellschaftlicher Ebene leistet der deutsche Projektpartner seinen Beitrag und bietet sowohl der Laienöffentlichkeit als auch kommunalen Akteuren, Unternehmen, NGOs, etc. mittels der entstandenen Broschüren eine niedrigschwellige Aufklärung zu den Vorteilen der Bürgerenergie und Potentialen von Bürgerenergiegenossenschaften. Im Rahmen der Broschüren und Workshops werden mit gelungenen Praxisbeispielen dargestellt, wie diverse Stakeholder wie Kommunen, Stadtwerke, Kirchen, Naturschutz-Akteure, erfolgreich mit Bürgerenergiegenossenschaften Projekte umsetzen und schafft somit auf weiteren Akteursebenen mehr Akzeptanz für eine dezentrale Energiewende und kann durch die Aktivierung genannter Akteursgruppen zu einem schnellen Ausbau erneuerbarer Energien beitragen. In allen Broschüren wurden stets die innovativsten Geschäftsmodelle aus allen Energiesektoren, sowie in dessen Verknüpfung, auch als Sektorkopplung bekannt, dargestellt, da nur so eine effiziente Umsetzung der Energiewende gelingen kann und dies eines der primären Ziele von Energieprojekten in der Praxis darstellen sollte. Die Weiterentwicklung der Geschäftsmodelle von Energiegenossenschaften wird durch in der dritten Broschüre genannten Erkenntnisse gefördert und deren Projekterfolg durch die umfangreiche Darstellung des Ökosystems der Bürgerenergie unterstützt.
Das übergeordnete Ziel auf tschechischer Seite die öffentliche Meinung zu ändern, wurde erreicht: Angesichts des Umfangs und der Kapazitäten des Projekts haben Hnuti Duha die Akzeptanz der Nutzung erneuerbarer Energien erhöht und eine Gruppe von 21 % der Öffentlichkeit entdeckt, die gerne Gemeinschaftsprojekte starten oder sich ihnen anschließen möchten. Während des Projekts haben die tschechischen Projektpartner über 700 Personen direkt in ihre Veranstaltungen (Seminare, Workshops, Studienreisen und Webinare) eingebunden und wiederholt über 81.000 Personen online erreicht/informiert (soziale Medien, Web und Newsletter). Es wurden 75 Pressemitteilungen veröffentlicht und kontinuierlich mit Journalist*innen und politischen Entscheidungsträger*innen, Expert*innen und unseren Kolleg*innen von NGOs zusammengearbeitet (insgesamt 80 Treffen). Im März 2022 wurde eine Bürgerenergiegewerkschaft (UKEN) gegründet.
Das letzte Projektjahr war sehr herausfordernd durch die radikale Veränderung des Energiemarktes und den Krieg in der Ukraine, was sich auch auf die Ansichten und Interessen der Menschen in beiden Ländern niederschlug. In Bezug auf die Haltung der politischen Entscheidungsträger*innen sehen die tschechischen Projektpartner eine deutliche Verschiebung von der Kohle-/Atomstrategie hin zur Förderung erneuerbarer Energien und Bürgerenergie (neue finanzielle Förderprogramme, neue Gesetze zur Gestaltung von Bürgerenergie in Vorbereitung). In Deutschland wurde eine dezentrale Energiewende durch die Umstände weiter begünstigt.
Auf deutscher Seite wurden alle drei Broschüren niedrigschwellig und kostenlos online als Printversion bestellbar sowie online zum Download angeboten. Dabei wurden Broschüren und Workshopangebote über die eigenen BBEn-Kanäle (Newsletter, Webseite, Social Media) sowie je nach Zielgruppe über zielgruppenspezifischen externe Kanäle, z.B. von Kooperationspartnern aus der Mitgliedschaft und externe (über Artikel in Zeitschriften, Bewerbung im Newsletter und über weitere Verteiler) beworben. Die Ergebnisse des Projektes wurden darüber hinaus auf der jährlichen BBEn-Konferenz, den Bürgerenergie-Konvent, anschaulich dargestellt und verbreitet.
Kommunikationsaktivitäten standen im Mittelpunkt des Projekts auf tschechischer Seite. Es wurden eine breite Palette von Verbreitungsaktivitäten durchgeführt, bei denen die tschechischen Projektergebnisse präsentiert wurden und die noch über deren Kanäle verfügbar sind: 11 Veröffentlichungen, interaktiver Rechner für Projektmanager, Kalender (2400 Empfänger), Newsletter, Beiträge in sozialen Medien, Videos, öffentliche Veranstaltungen (Seminare , Webinare, Außenausstellung, Studienreisen, Pressetermine), 4 Microsites. Unsere Ergebnisse wurden auch direkt an kommunale Vertreter und Entscheidungsträger gesendet.
Auch wenn beide Projektpartner viele Komplikationen (Covid-19-Pandemie, kritische Veränderungen im Energiesektor und Krieg in der Ukraine) überwinden mussten, ermöglichte der Mix an Kommunikationsinstrumenten, den beide Projektpartner an die Situation anpassen konnten, das Projekt erfolgreich fortzusetzen. Es waren nur kleine Änderungen am ursprünglichen Plan erforderlich, um alle Aktivitäten abzuschließen. Auf tschechischer Seite ermöglichten eigene Meinungsumfragen es, die Botschaft mit den richtigen Tools an die richtigen Zielgruppen zu richten. Der Aufbau und die Pflege von Beziehungen zu Entscheidungsträger*innen verschafften allen Projektpartnern direkten Zugang und Respekt. Auf der anderen Seite hatten die Videos der tschechischen Partner nicht die gewünschten Ergebnisse. Durch den Wegfall der physischen Projektpartnertreffen wurde die partnerschaftliche Zusammenarbeit durch die Pandemie erschwert, dank der Online-Tools jedoch erfolgreich fortgeführt. So kommt es auch, dass Hnuti Duha und BBEn in einem nächsten Projekt eine deutlich intensivere Zusammenarbeit zwischen einer von Hnuti Duha neu gegründeten BBEn-ähnlichen Organisation und dem BBEn als Mentor planen.