Big is beautiful – Mehr natürliche Vielfalt und weniger Lebensmittelverluste: Entwicklung einer digitalen Online-Plattform für den Verkauf von nicht normgerechtem Obst und Gemüse
Projektdurchführung
Querfeld
Moosdorfstr. 7 - 9
12435 Berlin
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Schätzungen zufolge bleiben rund 30 % einer Obst- und Gemüseproduktion auf dem Feld liegen, obwohl es sich rein qualitativ betrachtet um einwandfreie Ware handelt (WWF 2015). Zu groß, zu klein, zu knubbelig des Aussehens wegen wird dieses quere Obst und Gemüse aussortiert und liegengelassen oder gar weggeworfen. Dies führt zu einer enormen Verschwendung von Lebensmitteln und von für die Lebensmittelherstellung benötigen Ressourcen.
Das Ziel des Vorhabens war die Entwicklung und der Aufbau einer Online-Plattform zur Vernetzung von Großkund*innen und Erzeuger*innen mit überwiegend Aus- oder Überschusswaren. Damit sollte das Problem der Lebensmittelverluste am Anfang der Wertschöpfungskette effizient gelöst werden. Aus strategischen Gründen lag der Fokus auf querem Obst und Gemüse aus biologisch erzeugten Anbau.
Die relevanten Zielgruppen hierfür waren in erster Linie landwirtschaftliche Betriebe auf der einen und Betriebe der Außer-Haus-Verpflegung sowie Verarbeitung auf der anderen Seite. Zusätzlich wurden Transporteure und Logistikdienstleister angesprochen, welche mit Skalierung der Plattform eine zentrale Rolle einnehmen sollten.
Darüber hinaus sollten auch Verbraucher*innen für die Themenfelder Lebensmittelverschwendung und natürliche Vielfalt sensibilisiert werden. Die Plattform-Kund*innen sollten ihr Engagement gegen Lebensmittelverschwendung auch explizit nach außen präsentieren, um so als Multiplikator*innen der Idee eine breite Öffentlichkeit zu erreichen.
Im Zuge der im März 2020 eingeleiteten Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie wurde ein Folgeantrag eingereicht, um die negativen Auswirkungen infolge von bundesweiten Schließungen von Institutionen der Außer-Haus-Verpflegung abzumildern. Ziel war es, die Partnerbetriebe dabei zu unterstützen, jeweils vor Ort in den Betrieben so viele Kantinengäste wie gesetzlich möglich verpflegen zu können und ihnen zu ermöglichen trotz gesunkener Bestellmengen wieder regelmäßig Ware zu beziehen.
Insgesamt sollten bis Ende der Projektlaufzeit 30 Kund*innen regelmäßig über die Plattform bestellen, mindestens 500 Online-Bestellungen eingehen und mindestens 200 Tonnen queres Obst und Gemüse gerettet werden.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden
Der Aufbau dieser Plattform umfasste mehrere Teilbereiche. Zum einen galt es eine technische Lösung zu entwickeln, die die Bedürfnisse der Nutzer*innen optimal abbildet und die internen Prozesse skalierbar machte. Zum anderen musste das Erzeuger*innennetzwerk ausgebaut, das Produktportfolio erweitert und Qualitätsprozesse etabliert werden. Auf der anderen Seite galt es das Konzept in die Öffentlichkeit zu tragen, neue Standorte zu erschließen und mehr Kund*innen zu generieren. Damit einher bestand die Herausforderung eine effiziente Logistik aufzubauen.
Die Entwicklung und Optimierung der Plattform erfolgte in sogenannten Sprints, die eine agile Arbeitsweise ermöglichten. Die Entwicklung der Plattform war darauf ausgerichtet, ein für alle Stakeholder relevantes Produkt zu entwickeln, und jeden Entwicklungsschritt durch kontinuierliche Iterations- und Feedbackschleifen zu validieren. Frameworks zum agilen Entwickeln von Software sehen vor, dass man die Planungsphase möglichst kurz hält und schnellstmöglich zu einem einsetzbaren Prototypen gelangt. Daher arbeitete das Entwicklerteam in sogenannten Sprints.
Zum Aufbau der kritischen Masse an Kund*innen wurde der bereits vor Markteintritt der Plattform bestehende Kundenstamm weiter ausgebaut und an die Plattform gebunden. Dies erfolgt durch die aktive Einbindung bei der Entwicklung der Plattform und durch den persönlichen Kundenkontakt. Nach erfolgtem Markteintritt wurde offensiv agiert, um schnell eine entsprechend hohe Nutzerzahl aufzubauen. Dazu wurden Kommunikations- und Akquisestrategien festgelegt.
Um eine hohe Qualität der Produkte zu gewährleisten, wurde ein Qualitätskatalog erstellt. Dieser sollte es den Lieferant*innen erleichtern ihre Produkte einzustufen und verhindern, dass qualitativ mangelhafte Ware, die beispielsweise von Schimmel befallen ist, überhaupt in den Warenverkehr gelangt. Bestehende Kooperationen mit Erzeuger*innen wurden intensiviert und weitere Schlüsselpartner*innen dazugeschaltet. Weiterhin wurde das Produktportfolio an allen Standorten ausgebaut, um die Plattform für Kund*innen attraktiv zu gestalten.
Wichtiger Bestandteil der Zusammenarbeit mit den Logistikpartner*innen war die Erarbeitung von Anforderungskatalogen, Hygiene- und Qualitätskriterien. Diese wurden anhand bestehender Verordnungen, aber auch durch die Learnings aus der Zusammenarbeit erstellt. Strategisch wurde eine Kombination aus regionalen Spediteuren verfolgt, welche die Verteilung in den Ballungszentren übernahmen und nationalen Spediteuren für die Lieferungen zwischen den Ballungszentren, um eine effiziente und möglichst ressourcenschonende Logistik aufzubauen.
Ergebnisse und Diskussion
Im Projektzeitraum konnten bis Februar 2021 die gesetzten Ziele erreicht und teils sogar weit übertroffen werden.
Im Projektzeitraum konnten 568.212 kg krummes Bio-Obst und Gemüse von rund 35 Partnerbetrieben an mehr als 80 Kund*innen an 4 Standorten vermarktet werden. Dabei konnten über 3.500 Bestellungen über die Plattform verzeichnet werden.
Während der Projektlaufzeit war es möglich sowohl die physische als auch die digitale Infrastruktur zu schaffen, um auf nationaler Ebene Obst und Gemüse retten zu können. Wichtige Bestandteile hiervon waren u. a.:
- die Programmierung diverser Module (Online-Shop, Admin Panel, Feldbotschaften-App)
- die Einrichtung eines Warenwirtschaftssystems
- der Aufbau eines deutschlandweiten Netzwerks an Logistiker*innen
- die Gewinnung von Kund*innen in den einzelnen Lieferregionen und auf nationaler Ebene
- der Aufbau und die Ausweitung von Partnerschaften mit Landwirt*innen in Deutschland, Österreich, Spanien, Frankreich und Italien
- die Einführung eines einheitlichen Qualitätsmanagements in allen Regionen
- und schließlich die Einführung des Konzepts der Feldbotschaften und die Umsetzung aller hiermit verbundenen logistischen und kommunikativen Aufgaben
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Es wurde an diversen Veranstaltungen teilgenommen, um das Vorhaben zu präsentieren. Darunter beispielsweise die Innovationskonferenz Bio & Regional goes Digital (2018), die INTERNORGA (2019), die Veranstaltung Checkpoint Nachhaltigkeit der Lebensmittel der Bundeszentrale für politische Bildung (2019) und die Eröffnungsveranstaltung Think Global Act Local (2020) von der Stabstelle Bildung für nachhaltige Entwicklung Berlin. Über den Newsletter wurden regelmäßig mehr als 1.000 Menschen erreicht. Die Postingreihe Obst und Gemüse mit Besonderheiten auf Instagram und Facebook erreichte 2020 mehr als 5.000 Menschen. Im Sommer 2019 wurde das Projekt mit Ständen auf diversen Festivals präsentiert, darunter das Fusion Festival mit mehr als 80.000 Gästen. Zudem erschienen Artikel im Deutschen Bahn Magazin (Auflage: 500.000) und der GV-Praxis (Fachzeitschrift für die professionelle Gemeinschaftsgastronomie).
Fazit
Trotz immenser Rückschläge im Zuge der Auswirkungen der weltweiten Covid19-Pandemie, sind die Projektergebnisse sehr zufriedenstellend. Es konnten wichtige Meilensteine erreicht werden und man ist der Vision einer fairen und nachhaltigen Lebensmittelversorgung für alle nähergekommen.
Der Erfolgskurs soll nach Abklingen der Pandemie fortgesetzt werden und zusammen mit den Kooperationspartner*innen soll in Zukunft noch viel mehr queres Obst und Gemüse gerettet werden.
Fördersumme
266.432,00 €
Förderzeitraum
01.09.2018 - 28.02.2021
Bundesland
Berlin
Schlagwörter