Entwicklung genetischer Marker zur Gattungs- und Arterkennung in Holzverbundprodukten mittels Next Generation DNA-Barcoding
Projektdurchführung
Thünen-Institut für Forstgenetik
Sieker Landstr. 2
22927 Großhansdorf
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Zur Eindämmung des illegalen Holzeinschlages wird sowohl in den USA (FLEGT, Zertifizierungssysteme, Lacey Act) als auch in Europa (EU-Holzhandelsverordnung) seit einigen Jahren vom Gesetzgeber eine genaue Kennzeichnung von importiertem Holz vorgeschrieben. Dazu gehört u. a. die genaue Deklaration der botanischen Art und der geographischen Herkunft des Holzes. Hierfür sind DNA-basierte Nachweismethoden bestens geeignet. Für eine ganze Reihe an gehandelten Baumarten stand die Entwicklung von geeigneten genetischen Markern jedoch noch aus. Insbesondere in Holzverbundprodukten stellt die Markerentwicklung eine große Herausforderung dar, da hier eine Mischung diverser Gattungen und Arten zur Herstellung verwendet werden kann. Holzanatomische Methoden sind in diesem Fall nur begrenzt erfolgreich. Daher war das Ziel dieses Projektes die Entwicklung genetischer Markersysteme zur gleichzeitigen Erkennung von Laub- und Nadelbaumgattungen, die in Holzverbundprodukten am häufigsten eingesetzt werden. Zusätzlich sollten innerhalb der Gattung Pinus die Differenzierung auf Artebene für die wichtigsten gehandelten Arten erfolgen.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZur Erreichung der Zielsetzung wurden die folgenden Arbeitsschritte durchgeführt:
Optimierung von Protokollen zur DNA-Extraktion aus Holzverbundplatten
Sequenzierung von relevanten Laub- und Nadelbaumarten mittels Next Generation Sequencing, bioinformatische Datenanalysen und Selektion von SNPs und InDels, die eine potentielle Differenzierung auf verschiedenen taxonomischen Ebenen ermöglichen
Validierung selektierter SNPs und InDels in erweiterten Sets von Individuen
Umsetzung der DNA-Barcodes in ein genetisches Markerset und Validierung an Holzverbund-produkten
Testung der praktischen Nutzbarkeit der Gattungs- und Artmarker bei der unabhängigen Prüfung von Artdeklarationen von Holzverbundprodukten in Zusammenarbeit mit GD Holz
Im Projekt wurden - wie ursprünglich geplant - die Nadelbaumgattungen Pinus, Picea, Pseudotsuga und zusätzlich Abies, Tsuga, Cedrus und Larix sowie die Laubbaumgattungen Betula, Eucalyptus, Populus, Fagus, Shorea und auch hier zusätzlich Quercus/Castanea und Fraxinus bearbeitet. Von Arten dieser Gattungen (außer Populus) sowie anderen Gattungen der bearbeiteten Familien und Ordnungen wurde Blatt/Nadel- bzw. Holzmaterial von verschiedenen Quellen beschafft und die jeweilige DNA extrahiert. Es wurden von uns mitentwickelte DNA-Extraktionsprotokolle für Holz validiert, um DNA aus stark verarbeiteten Holzgemischen zu gewinnen. Es konnte bei der Verwendung von Gemischen aus Laub- und Nadelholz gezeigt werden, dass Chloroplastenmarker deutlich besser als mitochondriale Marker zur Identifizierung der enthaltenen Laub- und Nadelhölzer geeignet sind. Die experimentell beobachtete Tendenz, dass Laubbaum-DNA im Gemisch besser in der PCR amplifiziert wird als Nadelbaum-DNA, insbesondere bei der Verwendung mitochondrialer Marker, konnte mit bioinformatischen Ergebnissen zum Vergleich der zellulären Kopienzahlen von nukleären, mitochondrialen und Chloroplastengenomen sowie Genomgrößenvergleichen zwischen einigen Nadel- und Laubbaumarten untermauert werden.
Als Grundlage für die Markerentwicklung wurden sowohl öffentliche Daten als auch neugenerierte NGS-Daten verschiedener Laub- und Nadelbaumarten genutzt. Wichtige Ergebnisse der bioinformatischen Analysen dieser Daten waren die Assemblierung und Annotierung neuer Chloroplasten- und/oder mitochondrialer Referenzgenome, u. a. von Fagus sylvatica und Pinus cembra. Diese Genome waren u. a. eine Grundlage für die weitere bioinformatische Auswahl von Taxon-spezifischen SNPs und InDels für die genetische Markerentwicklung. Im Projekt konnten für alle im Antrag geplanten Gattungen sowie die beiden Subgattungen von Pinus, vier Sektionen, drei Subsektionen und zahlreiche Arten innerhalb von Pinus genetische Marker entwickelt und erfolgreich validiert werden. Über die ursprünglichen Gattungen des Interesses hinaus, konnten auch für einige andere Gattungen und weitere Arten Marker entwickelt werden. Zur zusätzlichen Absicherung der Gattungs- und Artidentifizierung auf höheren taxonomischen Ebenen wurden zusätzlicher Marker entwickelt, die spezifisch für diese Ebenen sind und zum Teil bereits in Markersets eingeflossen sind. Neben einem validierten Multiplex-Markerset, das eine gleichzeitige Erkennung vieler Gattungen innerhalb der Ordnung der Fagales erlaubt, befinden sich weitere Multiplex-Sets für Ordnungen sowie für Familien und Gattungen innerhalb der Coniferales in der Optimierungsphase. Im gemeinsamen Praxistest mit dem Kooperationspartner GD-Holz konnten die meisten der Deklarationen mit den im Projekt entwickelten genetischen Markertests für die untersuchten Sperrhölzer bestätigt werden.
Ergebnisse und Diskussion
Publikationen:
Akhmetzyanov L, Copini P, Sass-Klaassen U, Schroeder H, et al. (2020) DNA of centuries-old timber can reveal its origin. Scientific Reports 10:20316. doi: 10.1038/s41598-020-77387-2
Braga WB, Deklerck V, Espinoza E, Groening M, Koch G, Monteiro Pastore TC, Ramananantoandro T, Schröder H, et al. (2020) Scientific methods for taxonomic and origin identification of timber [online]. GTTN (Global Timber Tracking Network), 6 p. doi:10.13140/RG.2.2.28416.46087
Bruegmann T, Fladung M, Schroeder H (2022) Flexible DNA isolation procedure for different tree speies as a convenient lab routine. Silvae Genetica 71: 20-30. doi: 10.2478/sg-2022-0003
Bünger K (2021) Validierung und Anwendung molekularer Marker zur Holzarten-Identifizierung in Holz-verbundprodukten. Bachelorarbeit (am TI-FG im Rahmen von Holz-DNA-Barcoding; 23.02.2021)
Degen B, Blanc-Jolivet C, Bakhtina S, Yanbaev R, Yanbaev Y, Mader M, Nürnberg S, Schroeder H (2021) Applying targeted genotyping by sequencing with a new set of nuclear and plastid SNP and Indel loci for Quercus robur and Quercus petraea. Conservation Genetics Resources 13: 345-347. doi: 10.1007/s12686-021-01207-6
Kersten B, Rellstab C, Schroeder H, Fladung M, Krutovsky K, Gugerli F (2022) The mitochondrial ge-nome sequence of Abies alba Mill. reveals a high structural and combinatorial variation. BMC Ge-nomics 23:776. doi: 10.1186/s12864-022-08993-9
Kersten B, Rellstab C, Gugerli F (2022) Abies alba isolate AA_WSL01 mitochondrion, scaffold se-quences: NCBI, accession numbers ON378818- ON378828
Kersten B, Schott T, Mader M (2020) Fagus sylvatica isolate FASYL_29_1 mitochondrion, complete genome: NCBI, accession MT446430
Mader M, Schroeder H, Schott T, Schöning-Stierand K, Leite Montalvão AP, Liesebach H, Liesebach M, Fussi B, Kersten B (2020) Mitochondrial genome of Fagus sylvatica L. as a source for taxo-nomic marker development in the Fagales. Plants 9(10), 1274. doi: 10.3390/plants9101274
Mader M, Kersten B (2020) Mitochondrial genome of Fagus sylvatica L. as a source for taxonomic marker development in the Fagales: NCBI SRA, accession PRJNA648273
Mader M, Liesebach H, Liesebach M, Kersten B (2019) The complete chloroplast genome of Fagus sylvatica L. (Fagaceae). Mitochondrial DNA Part B 4(1): 1818-19. doi: 0.1080/23802359.2019.1612712
Schmitz N, Beeckman H, Cabezas JA, Cervera MT, Espinoza E, Fernandez-Golfin J, Gasson P, Her-manson JC, Arteaga MJ, Koch G, Lens F, Martinez-Jarquin S, Paredes-Villanueva K, Pastore TCM, Ramananantoandro T, Schraml R, Schröder H, et al. (2019) The Timber Tracking Tool In-fogram: overview of wood identification methods´ capacity. GTTN, 5 p. doi: 10.13140/RG.2.2.27920.25603
Schoening-Stierand K, Schroeder H, Degen B, Kersten B (2019) Identification of tree species in wood composite products by DNA barcoding. Genome 62 (6): 431-432. doi: 10.1139/gen-2019-0083
Schott T, Schroeder H, Schöning-Stierand K, Kersten B (2019) The complete chloroplast genome sequence of Pinus cembra L. (Pinaceae). Mitochondrial DNA Part B 4 (2): 4202-4203. doi: 10.1080/23802359.2019.1693297
Schroeder H, Kersten B (2023) A small set of nuclear markers for reliable differentiation of the two closely related oak species Quercus robur and Q. petraea. Manuscript in preparation
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Öffentlichkeitsarbeit:
Fernsehbericht zum Thema Holz am 28. November 2018, WDR, Planet Wissen; https://www.planet-wissen.de/sendungen/sendung-holz-108.html; mit Beteiligung des Thünen-Instituts für Forstgenetik, Holzherkunftsidentifizierung
Besuch der Firma Formafantasma am 19.09.2019 für Filmaufnahmen/Interviews über das Holzkompetenzzentrum für eine Ausstellung der Firma in London (geplant 04. März bis 17. Mai 2020), die Corona-bedingt leider abgesagt wurde.
Stand in der BMEL-Halle zum Kompetenzzentrum Holzherkünfte auf der Internationalen Grünen Wo-che, 17.01. bis 26.01.2020, in Berlin.
Am 17. Juli 2021 wurde der nachfolgende Artikel online veröffentlicht, der über die Arbeit des Thünen-Kompetenzzentrums Holzherkünfte berichtet: Germanys timber detectives take on illegal loggers https://atlasofthefuture.org/project/centre-of-competence-on-the-origin-of-timber/
Am 10. März 2022 wurde der Artikel "The timber detectives on the front lines of illegal wood trade - Germanys Center of Competence on the Origin of Timber tracks down which EU wood imports come from illegal sources in the worlds third-biggest criminal sector" in National Geographic veröffentlicht: https://www.nationalgeographic.com/environment/article/the-timber-detectives-on-the-front-lines-of-illegal-wood-trade
Präsentationen:
15.03.2018 Außenhandelstag des GD Holz, Bremen, Deutschland - Hilke Schröder, Birgit Kersten, Bernd Degen: Entwicklung genetischer Marker zur Gattungs- und Arterkennung in Holzverbundprodukten mittels Next Generation DNA-Barcoding (Vortrag)
24.04. bis 26.04.2018 Deutsche Baumpflegetage, Augsburg, Deutschland - Hilke Schröder, Bernd Degen: Einsatz molekularer Marker zur Art- und Herkunftsbestimmung von Bäumen und Holz (Poster)
29.07.2018 Jahrestreffen der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft, Ahrensburg, Deutschland - Bernd Degen: Genetische Identifizierung von Baumart und Baumherkunft (Vortrag)
08.10. bis 09.10.2018 Holzhandel und Walderhaltung fünf Jahre Erfahrungen mit der EU-Holzhandelsverordnung und dem Thünen-Kompetenzzentrum Holzherkünfte Hamburg, Deutschland - Hilke Schröder, Céline Blanc-Jolivet, Bernd Degen: Anwendung genetischer Methoden zur Bestimmung von Holzart und -herkunft (Vortrag)
21.01. bis 22.01.2019 A Bed of Roses Royal or Revival Symposium, London, Großbritannien - Hilke Schröder: The Bed of Roses DNA analysis (Vortrag)
23.05.2019 Besuchergruppe Rantzau-Haus, Ahrensburg Großhansdorf, Deutschland - Hilke Schröder, Bernd Degen: Anwendung genetischer Methoden zur Bestimmung von Holzart und herkunft (Vortrag)
17.06. bis 20.06.2019 Barcode of Life conference, Trondheim, Norwegen - Hilke Schröder, Katrin Schöning-Stierand, Bernd Degen, Birgit Kersten: Identification of tree species in wood composite products (Lightning talk und Poster)
06.02.2020 Besuch Oberstufen-Schülergruppe aus Hamburg-Niendorf, Großhansdorf, Deutschland - Hilke Schröder, Bernd Degen: Anwendung genetischer Methoden zur Bestimmung von Holzart und herkunft (Vortrag)
13.09. bis 16.09.2021 Forstwissenschaftliche Tagung 2021, digital - Hilke Schröder, Birgit Kersten, Bernd Degen: genetische Marker zur Gattungs- und Arterkennung in Holzverbundprodukten (Vortrag)
03.12.2021 Workshop des Thünen-Kompetenzzentrum Holzherkünfte, digital - Hilke Schröder, Céline Blanc-Jolivet, Bernd Degen: Entwicklung genetischer Methoden zur Bestimmung von Holzart und -herkunft (Vortrag)
09.03.2022 Thünen Themenfeldgespräch Buche, digital - Hilke Schröder: Thünen-Kompetenzzentrum Holzherkünfte Prüfaufträge bei der Buche (Vortrag)
06.04.2022 Besuch Oberstufen-Schülergruppe aus Hamburg-Nienstedten, Großhansdorf, Deutschland - Hilke Schröder: Anwendung genetischer Methoden zur Bestimmung von Holzart und herkunft (Vortrag)
19.04. bis 21.04.2022 From Forests to Heritage Conference, Amsterdam, Niederlande - Hilke Schröder: Genetic analysis of The Bed of Roses (Vortrag)
Fazit
Die im Projekt erfolgreich entwickelten und validierten Marker und Multiplex-Markersets erlauben eine effiziente genetische Erkennung vieler Gattungen und Arten von Hölzern, die in Holzverbundprodukten am häufigsten eingesetzt werden und fließen direkt in die praktische Anwendung im Rahmen des Thünen-Kompetenzzentrum Holzherkünfte ein. Wichtige Beiträge für die Praxis sind dabei auch die optimierten Protokolle zur DNA-Extraktion und die gewonnen Ergebnisse zur Eignung verschiedener Markertypen für Mischhölzer aus Nadel und Laub. Die mittels NGS und bioinformatischer Auswertung gewonnenen neuen Chloroplasten und mitochondrialen Referenzgenome, z.B. von Fagus sylvatica bieten eine gute Grundlage für die Entwicklung weiterer genetischer Marker, deren Validierung durch die im Projekt gesammelten Referenzproben unterstützt wird. Außerdem können diese Referenzgenome in zukünftigen Studien für andere wissenschaftliche Fragestellungen verwendet werden. Das im Projekt generierte Wissen zu Taxon-spezifischen DNA-Varianten könnte auch in potentielle zukünftige Ansätze zum Metabarcoding einfließen.
Fördersumme
398.700,00 €
Förderzeitraum
01.04.2018 - 30.09.2022
Bundesland
Schleswig-Holstein
Schlagwörter
Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umweltkommunikation
Umwelttechnik