Projekt 33822/01

Weiterbildung von polnischen Fachkräften zur Restaurierung umweltgeschädigter Glasmalereien und nachhaltige Maßnahmen zur Rettung gefährdeter Farbverglasungen von hohem Wert

Projektdurchführung

Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) Leiter Fachbereich 4.5 Zweiggelände Fabeckstraße
Unter den Eichen 87
12205 Berlin

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das DBU-Projekt hat die Fortbildung polnischer Fachkräfte zur Sanierung umweltgeschädigter Glasmalereien zum Inhalt und ist eng verzahnt mit praktischen Arbeiten zum Schutz der durch Umwelteinflüsse geschädigten Glasmalereien in drei Kirchen in Polen. Zur Untersuchung des Bestandes, der Entwicklung von Restaurierungskonzepten und der Überprüfung der Wirksamkeit der Maßnahmen sind naturwissenschaftliche Vor- und Begleituntersuchungen notwendig, die in Kooperation mit der Universität Bamberg durchgeführt wurden.




Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Bearbeitung des Projektes umfasste naturwissenschaftliche Untersuchungen, praktische Sanierungen an den umweltgeschädigten Glasmalereien und Maßnahmen zur Weiterbildung. Die Arbeitsschritte umfassen den Ausbau der Glasmalereifenster, Sicherungs- und Sanierungsarbeiten, den Einbau der Schutzverglasungen und der restaurierten Originale sowie Klimamessungen über einen Zeitraum von 12 Monaten. Die Schadensphänomene sowohl an der Farbverglasung des Mittelalters als auch an der Blankverglasung des 18./19. Jh. wurden mit naturwissenschaftlichen Methoden (Lichtmikroskopie und Rasterelektronenmikroskopie) untersucht. Mit Hilfe des Structured-Light-Scanning (SLS) wurden ausgewählte Glasmalereifelder detailgetreu dreidimensional erfasst. Ziel dieses berührungslosen 3D-Scans ist es, sowohl Schäden als auch die Veränderung der Oberfläche durch die Abnahme von Schmutz und Korrosionsschichten zu dokumentieren. Daher erfolgten die 3D-Scans jeweils vor und nach der Restaurierung. Mit Hilfe thermographischer Analysen (IR-Thermographie) erfolgten qualitative Untersuchungen von Wärmemustern und thermischen Anomalien durch den Einbau der Außenschutzverglasung an ausgewählten Fenstern.


Ergebnisse und Diskussion

Gegenstand der Bearbeitung waren Glasmalereien in drei Kirchen in Polen. Im Chorraum der Dorfkirche von Koszweko (Klein Küssow) befinden sich fünf Fenster, davon enthalten drei (nII, nIII, sIII) mittelalterliche Wappenscheiben der Familie von Küssow aus dem 15. Jh. Die Liebfrauen Kirche in Legnica (Liegnitz) besitzt einen umfangreichen Bestand von 14 Glasmalereifenstern, die zu Beginn des 20. Jh. von bekannten deutschen Werkstätten hergestellt wurden. Die Fenster nX und sIX wurden für das Projekt ausgewählt. Eines der bedeutendsten Ausstattungsstücke der katholischen Pfarrkirche in Oswiecim (Auschwitz) ist die Glasmalerei mit der Darstellung des heiligen Märtyrers Andreas Bobola (1591 – 1657), die nach einem Entwurf des Auschwitzer Künstler Adam Giebu?towski im Jahre 1940 von der bekannten Glasmalereiwerkstatt Müller in Quedlinburg hergestellt wurde. Für alle drei Objekte stellt die nach den Richtlinien des CVMA zu installierende Außenschutzverglasung die wichtigste Konservierungsmaßnahme für einen nachhaltigen Schutz der Originalsubstanz dar. Die Wirksamkeit der Schutzverglasungen wurde mit Hilfe von Klimamessungen an unterschiedlichen Positionen des Fensters (innen, im Spalt und außen) überprüft. Die Messungen dauerten jeweils 12 Monate. Zum Einsatz kam die auch schon in vorherigen Projekten verwendete ALMEMO-Messtechnik und an zwei Fenstern (nX, sIX) in Liegnitz zusätzlich das Custos Aeris-Messsystem. Beide Systeme lieferten zuverlässig Messwerte, die in unterschiedlicher Art und Weise ausgewertet wurden. Das Custos Aeris-Messsystem wird sich in Zukunft für die Klimamessungen zur Überprüfung der Wirksamkeit von Außenschutzverglasungen etablieren. Es ist leicht zu installieren und lässt sich mit hoher Zuverlässigkeit betreiben. In der vorhandenen Web-Anwendung liefert es zahlreiche Diagramme zur Auswertung der Messergebnisse. Die Abschätzung des thermodynamischen Risikos ermöglicht auch den Vergleich unterschiedlicher Objekte, allerdings sollte in jedem Einzelfall auch die Glaszusammensetzung der Originalverglasung berücksichtigt werden, denn mittelalterliche Gläser und Gläser des 19. Jh. zeigen ein deutlich unterschiedliches Korrosionsverhalten.
Innerhalb des Forschungsprojektes konnte weiterhin gezeigt werden, dass die dreidimensionale Dokumentation historischer Glasscheiben mit einem handelsüblichen Structured Light Scanner möglich ist. Diese Methode kann gezielt an repräsentativen Einzelfenstern durchgeführt werden, um aussagekräftige Ergebnisse für ein Monitoring der Oberflächenveränderungen zu erzielen. Weiterhin wurden Messungen an den Fenstern der Liebfrauenkirche in Liegnitz als thermographische Analyse durchgeführt, wobei der Schwerpunkt auf der Untersuchung von Wärmemustern und thermischen Anomalien lag.
Die Weiterbildungsmaßnahmen erfolgten sowohl für polnische Denkmalpfleger als auch für Restauratoren und den im Projekt beteiligten Glasmalerei-Werkstätten. Die Maßnahmen wurden in den Werkstätten oder vor Ort an den Objekten durchgeführt. Dabei wurden die beteiligten Restauratoren und Denkmalpfleger in Koszewko, Liegnitz und Auschwitz durch die im Projekt tätigen Experten zu den Möglichkeiten eines nachhalten Schutzes der historischen Verglasungen informiert.



Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Teilergebnisse des Vorhabens wurden auf drei wissenschaftlichen Tagungen und in Zeitschriften bzw. online veröffentlicht. Die Abnahme der Arbeiten in den jeweiligen Objekten durch die örtliche Denkmalpflege erfolgte in Anwesenheit der regionalen Presse, Rundfunk und Fernsehmedien. In allen drei Objekten wurden Hinweistafeln angebracht, die in deutscher und polnischer Sprache die Geldgeber für diese Vorhaben benennen und mit den jeweiligen Logos auf die Förderinstitutionen verweisen.


Fazit

Naturwissenschaftliche Untersuchungen an historischen Glasmalereifenstern und praktische Sanierungs- und Erhaltungsmaßnahmen bis hin zum Einbau der Außenschutzverglasung waren eng miteinander verzahnt und der erfolgreiche Abschluss des Vorhabens nur durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Naturwissenschaftlern, Denkmalpflegern, Restauratoren und Eigentümer möglich. Bei regelmäßigen Treffen in der Restaurierungswerkstatt erfolgte ein intensiver Meinungsaustausch, so dass die bestmögliche Lösung für das Restaurierungsobjekt gefunden wurde. Hierbei war auch der Weiterbildungsaufenthalt des polnischen Restaurators in der Werkstatt des Kölner Domes von besonderer Bedeutung.

Übersicht

Fördersumme

124.937,00 €

Förderzeitraum

08.11.2016 - 08.11.2020

Bundesland

Berlin

Schlagwörter

Umweltkommunikation
Umwelttechnik