Projekt 33753/01

Fragen Sie REACH Erhöhung der Transparenz unter REACH bezüglich besonders Besorgnis erregender Substanzen in Konsumerzeugnissen

Projektdurchführung

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland-BUND e. V.
Kaiserin-Augusta-Allee 5
10553 Berlin

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ziel von „Fragen Sie REACH“ war die Verminderung des Eintrags besonders Besorgnis erregender Stoffe in die Umwelt. Grundlage war das in Artikel 33 der EU-Chemikalienverordnung REACH hinterlegte Verbraucherauskunftsrecht. Ist ein bestimmter Schadstoff in einem Erzeugnis in einer Konzentration über 0,1 Mas-senprozent enthalten, muss diese Information von jedem Lieferanten (Hersteller, Importeur, Händler) an alle kommerziellen Kunden*innen in der Lieferkette weitergegeben werden. Der Begriff “Erzeugnis” bezeichnet dabei Produkte wie Haushaltsgeräte, Textilien, Schuhe, Sportkleidung, Möbel, Heimwerkerprodukte, Elektronik und elektronisches Zubehör, Spielzeug, Fahrzeuge und Verpackungen. Verbraucher*innen müssen auf Anfrage ebenfalls informiert werden und können somit bewusste Kaufentscheidungen zu treffen. Mit dem Projekt „Fragen Sie REACH“ sollte das Verbraucherauskunftsrecht in Deutschland und den beteiligten MOE-Ländern bekannter gemacht werden. Hierzu sollte erstens die Öffentlichkeit über das Vorkommen von Schadstoffen in Erzeugnissen informiert werden. Verbraucher*innen sollten zudem motiviert werden, von ihrem Auskunftsrecht aktiv Gebrauch zu machen und mit Herstellern und Händlern in Kontakt zu treten. Zweitens sollten die Unternehmen über ihre Informations- und Kommunikationspflichten ihren Kund*innen gegenüber nach Artikel 33 der Europäischen Chemikalienverordnung REACH informiert werden.

Insbesondere sollte „Fragen Sie REACH“ die Ausübung des Verbraucherauskunftsrechts unter REACH durch die Entwicklung und Verbreitung einer Smartphone-App für Konsument*innen erleichtern. Damit sollte die Motivation bei Firmen erhöht werden, weniger Schadstoffe in Erzeugnissen einzusetzen, um langfristig die Umwelt- und Gesundheitsgefährdung durch diese Chemikalien zu verringern. Mit Hilfe einer Smartphone-App sollten die Informationen zu den nach REACH besonders besorgniserregenden Stoffe (SVHC) in Produkten über eine zentrale Datenbank abgerufen werden können, in die Unternehmen ihre Schadstoffin-formationen zu den Erzeugnissen einstellen. Durch die vereinfachte Handhabung sollte sich die Anzahl der Verbraucheranfragen erhöhen. Die erhöhte Nachfrage sollte Anreize für Unternehmen schaffen, SVHC durch umweltverträglichere Alternativen zu substituieren. Durch die Einführung einer zentralen Datenbank mit Produkt- und Schadstoffinformationen sollte die Umsetzung der Informationspflichten für die Unterneh-men erheblich erleichtert werden. Hiervon sollten insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) profitieren.

Das Projekt war Teil des derzeit noch laufenden LIFE-Projekts „AskREACH“. Im Rahmen dieses Projektes werden europaweit Smartphone-Apps veröffentlicht, die auf eine zentrale Produktdatenbank zugreifen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden„Fragen Sie REACH“ wird schwerpunktmäßig in Deutschland in zwei Kampagnen - adressiert an Verbraucher*innen und Unternehmen - durchgeführt. Insbesondere in den sechs beteiligten MOE-Ländern Estland, Kroatien, Lettland, Litauen, Polen und Tschechien wurden Kapazitäten in der Verbraucherarbeit und Chemikalienpolitik aufgebaut, um dort Kampagnen erfolgreich durchzuführen.

Folgende Schritte wurden im Rahmen des Projektes durchgeführt: Entwicklung, Umsetzung und Verbreitung von zwei IT-Instrumenten (App und Datenbank); Kontaktaufnahme zu Unternehmen, Entwicklung von Strategien zu deren Einbindung; Entwicklung einer Kommunikationsstrategie und von Informationsmaterialien für die Verbraucher*innen-Kampagne; Kompetenzaufbau/Training für beteiligte Nichtregierungsorganisationen der MOE-Länder; Durchführung einer öffentlichkeitswirksamen Kampagne in Deutschland, um Verbraucher*innen zu motivieren, die App herunterzuladen und Verbraucheranfragen zu den Inhaltstoffen der Erzeugnisse zu stellen; Durchführung einer Kampagne adressiert an Unternehmen, die derartige Erzeugnisse herstellen, importieren und/oder vertreiben zur Aufforderung einer verstärkten Kommunikation mit den Verbraucher*innen, Eintragung der Schadstoffgehalte ihrer Erzeugnisse in die zentrale Datenbank und Verbesserung des eigenen Informationsflusses zu den Inhaltsstoffen innerhalb der Lieferkette; sowie Spiegelung beider Kampagnen in den beteiligten MOE-Ländern; Projektaußendarstellung, Öffentlichkeitsarbeit und Projektmanagement, Berichterstattung, Abrechnung und Koordination mit dem LIFE Projekt.


Ergebnisse und Diskussion

Für die Entwicklung der Smartphone-Apps wurden im Projekt eine vergleichende Analyse von IT-Tools (d.h. ähnlichen Apps) für Verbraucher*innen und ihr Einfluss auf das Verhalten von Verbraucher*innen und Unter-nehmen vorgenommen. Hierfür wurden in insgesamt 36 Ländern verfügbare Tools untersucht. Die Ergeb-nisse der Analyse wurde eine Publikation zusammengestellt („Benchmarking Report“). Im Sommer 2019 wurde eine beta-Version der Smartphone-App fertiggestellt, die von ausgewählten Aktiven getestet wurde. Parallel wurden Faktenblätter für alle derzeit unter REACH identifizierten SVHC zusammengestellt. Diese Informationen sind seit März 2019 auf der „AskREACH“-Website abrufbar und werden auch in den Apps genutzt.

Die Smartphone-App wurde schließlich offiziell während der Sitzung der LIFE-Plattform für Chemikalien in Vilnius vom 27. bis 28. November 2019 veröffentlicht. An dem Treffen in der Hauptstadt Litauens nahmen mehr als 30 verschiedene Chemikalien-Projekte und hochrangige Vertreter*innen der Europäischen Kommission und anderer Institutionen teil. Die Smartphone-App konnte damit sehr prominent bekannt gemacht werden. Seit Anfang 2020 sind in allen Partnerländern Smartphone-Apps veröffentlicht. Die Apps stehen in den App Stores von Apple und Google zum Download zur Verfügung. Insgesamt ist die Smartphone-App in bereits 17 Ländern verfügbar. Im Rahmen des LIFE-Projektes „AskREACH“ sind Replikationen in weitere Länder vorgesehen.

Die Entwicklung der Produkt-Datenbank wurde von einer Unternehmenskampagne aktiv begleitet. Auch hier konnte der BUND seine Erfahrungen mit der ToxFox-Datenbank gewinnbringend teilen. Die Partner überzeugten zahlreiche Unternehmen, die Maske zu testen und Feedback zu ihren Ergebnissen zu geben. Eine große Menge der in der ToxFox-Datenbank des BUND enthaltenen Email-Adressen von Firmen konn-te in die „AskREACH“-Datenbank integriert werden. Über die Smartphone-App können Verbraucher*innen auch Anfragen an Handelsunternehmen und nicht nur an Hersteller zu stellen.

Zur Bekanntmachung von Smartphone-App und Datenbank wurden Verbraucher*innen- und Unternehmenskampagnen entwickelt. Nach der Evaluation des Erfahrungsstands der Projektpartner zur Verbraucherarbeit, dem Mapping relevanter Firmen, einem Baseline Report über den Stand des Verhaltens von Verbraucher*innen und Unternehmen sowie der Entwicklung von Indikatoren zur Messung des Projekter-folgs, wurden verschiedene Strategien konzipiert. Ein umfangreiches Materialpaket (print und digital) zur Information von Verbraucher*innen und Unternehmen wurde entwickelt. Die Projektpartner haben die Ma-terialien übersetzt und an nationale Bedingungen angepasst. Mit vielen Unternehmen fanden persönliche Treffen statt, um für eine aktive Mitarbeit zu werben. Zum Kompetenzaufbau unter den Nichtregierungsorganisationen aus den mittel- und osteuropäischen Ländern wurden mehrere Schulungstreffen und monatliche Webinare durchgeführt. Diese dienten dem Erlernen der zugrundeliegenden REACH-Gesetzgebung sowie verschiedener Techniken der Kampagnen-, Öffentlichkeits- und Kommunikationsarbeit und Social Media.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Für das Projekt „LIFE AskREACH“ wurde eine europäische Internetseite mit Infos zum Projekt und zu REACH online gestellt: www.askreach.eu. In diesem Kontext wurde auch ein gemeinschaftliches Auftreten für die internationalen Auftritte des Projekts erstellt mit Beispielen für diverse Materialien. Für die gemein-same Projekt-Internetseite wurden außerdem Struktur und Info-Aufbau für die Faktenblätter zu SVHC abge-stimmt. Diese Steckbriefe existieren inzwischen in allen Sprachen, sind über die Smartphone-App abrufbar und werden, sobald neue Stoffe auf die Kandidatenliste kommen, erweitert. Darüber hinaus gibt es ein Faltblatt zur Darstellung des Projekts.

Auf das Projekt „Fragen Sie REACH“ wird auf der Internetseite des BUND unter dem Link www.bund.net/fragreach hingewiesen, ebenso wie auf der Landeseite für den ToxFox www.bund.net/toxfox. Entsprechendes gilt für die Seiten der Projektpartner aus den mittel- und osteuropäischen (MOE) Ländern, die Kooperationspartner im DBU-Projekt sind. Der BUND hat in Abstimmung mit dem Umweltbundesamt
Texte zur Europäischen REACH-Gesetzgebung sowie zu SVHC unter REACH und zur Funktion der App erstellt. Sie wurden von den Partnern übersetzt und angepasst und zusammen mit den innerhalb des Projektes erstellten Internet-Grafiken auf ihren Internetseiten eingestellt.

Im Rahmen des Projektes hat der BUND in seiner Social Media Planung eine Produktgruppe des Monats etabliert. Alle Partner veröffentlichten Inhalte auf ihren Kanälen zu diesen Produktgruppen im gleichen Zeitraum (z.B. Februar: Karneval), um die gemeinsame Kommunikation zu verstärken, da Unternehmen somit gezielt REACH-Anfragen erhielten. Die Verbreitung des Projekts erfolgte über zahlreiche Artikel in eigenen Veröffentlichungen wie Internetseiten, Newslettern, Magazinen, sozialen Medien sowie über die Medienresonanz auf Pressemitteilungen in Printmedien, Radio und TV.

Bei Veranstaltungen hat der BUND über das Projekt und die App informiert. So z.B. bei den beim BUND jährlich stattfindenden Delegiertenversammlungen und bei Tagungen wie der Digitalisierungskonferenz „Bits & Bäume“ und der Jahreskonferenz der Stipendiat*innen der Heinrich-Böll-Stiftung zum Thema „Planet Plastik“. Auf der Woche der Umwelt 2021 der DBU und des Bundespräsidenten präsentierte der BUND die Smartphone-App und das Projekt mit einem virtuellen Infostand und einem Video. Zur virtuellen European Green Week war das „AskREACH“-Projekt offizieller Partner und führte zu diesem Anlass europaweit eine Kampagne in den sozialen Medien zu Schadstoffen in Plastik durch.

Durch die Covid-19 Pandemie gab es teilweise größere Anpassungen in der Kampagnenarbeit. So waren Präsenz- und Großveranstaltungen auf absehbare Zeit nicht möglich. Auch Scanaktionen in Läden konnten nicht wie geplant stattfinden. Die beste Möglichkeit, Verbraucher*innen für das Projekt zu gewinnen, war daher über die sozialen Medien und in die professionelle Bewerbung der Smartphone-App in den App Stores und auf Google. Trotz Covid19-Pandemie blieb das Interesse der Medien am ToxFox ungebrochen. So führten wir Interviews u. a. mit ZDF, RTL, NDR, SWR, WDR und NTV.



Fazit

Mit der Entwicklung der Smartphone-App und Datenbank konnte ein guter Grundstein zur Bekanntmachung der Verbraucherauskunftsrecht bei Verbraucher*innen und Unternehmen gelegt werden. Die durchgeführten Maßnahmen der Kampagnenarbeit erzielten hohe Reichweiten und schufen mehr Bewusstsein zu Schadstoffen in Produkten bei Verbraucher*innen und Unternehmen. Insbesondere in den mittel- und osteuropäischen Ländern konnten durch die Kampagnenarbeit sowohl die interessierte Öffentlichkeit als auch der Handel und die Produktion erreicht werden. Der Kapazitätenaufbau unter den mittel- und osteuropäischen Nichtregierungsorganisationen verlief nachhaltig. So planen die meisten von ihnen, weiterhin mit der Smartphone-App zu Schadstoffen in Produkten und Chemikalienpolitik zu arbeiten. In Deutschland konnte der BUND durch Anschluss der ToxFox-App an die europäische „AskREACH“-Produkt-Datenbank und die verstärkte Öffentlichkeitsarbeit den ToxFox-Nutzer*innen zusätzliche Produktinformationen zur Verfügung stellen, mehr App-Nutzer*innen gewinnen und mehrere Unternehmen zum Umdenken anregen. Die Transparenz zu Schadstoffen in Produkten sowie deren Verminderung bleiben ein wichtiges Thema, für das der BUND sich auch weiterhin einsetzt.

Übersicht

Fördersumme

360.073,00 €

Förderzeitraum

01.12.2017 - 31.08.2021

Bundesland

Berlin

Schlagwörter

Umweltkommunikation
Umwelttechnik