Projekt 33688/01

Praxisorientierte Vorversuche sowie Notsicherungen zur modellhaften Fassungssicherung mit Hilfe einer Facing-Technologie stark umweltgeschädigter, unrestaurierter, mittelalterlicher Steinskulpturen im Halberstädter Dom

Projektdurchführung

Kulturstiftung Sachsen-Anhalt
Am Schloss 4
39279 Leitzkau

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das Hauptziel des Projektes war die Sicherung des durch Umwelteinflüsse stark geschädigten mittelalterlichen Skulpturenbestandes im Hohen Chor des Halberstädter Domes. Ein besonderer Anspruch an die Voruntersuchungen bestand in dem äußerst fragilen Zustand der Farbfassung kombiniert mit einer massiven Verschmutzung der Objektoberflächen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIn einer ersten Projektphase wurden im Frühjahr 2017 nach der Gerüststellung im östlichen Chorbereich aus den dort befindlichen acht Skulpturen drei repräsentative Objekte ausgewählt, deren Material- und Fassungsbestand sowie deren Schadensbild modellhaft für weitere Skulpturen des Gesamtbestandes sind. In einer zweiten Phase erfolgten an ausgewählten Skulpturen grundlegende Voruntersuchungen, auf deren Basis eine übertragbare Herangehensweise für die Notsicherung der anderen Skulpturen im Dom erarbeitet wurde. Im Rahmen der einzelnen Arbeitsschritte flossen studentische Arbeiten ein, die durch die FH Potsdam und die TH Köln sowie Frau Dipl.-Rest. Grimm-Remus und das IDK betreut wurden. Auf der Grundlage der Ergebnisse der ersten beiden Projektphasen wurde 2017/2018 ein erstes Konzept für die Notsicherung und Restaurierung erarbeitet. In der dritten Phase wurde im Rahmen einer ersten Notsicherung das modellhaft entwickelte Vorgehen am östlichen Skulpturenschatz umgesetzt, kritisch überprüft und wenn nötig angepasst. 2019 erfolgte die erweiterte Gerüststellung im westlichen Chorbereich, so dass die verbleibenden sechs Skulpturen untersucht und bis Ende 2021 bearbeitet werden konnten.
Zudem erfolgte eine 3D- Erfassung aller Skulpturen im Vor- und Nachzustand.


Ergebnisse und Diskussion

Mithilfe der Materialuntersuchungen sowie der klimatischen und mikrobiologischen Untersuchungen konnte ein Schadensursachenmodell erstellt werden. Die im Mittelalter nachgewiesene Verwendung von „Gips“ als Bestandteil der Fassung in Kombination mit langfristigen, klimatischen und mikrobiologisch ungünstigen Umgebungsbedingungen führten zum katastrophalen Zustand der Farbfassungen. Insbesondere die Einwirkung ungünstigster Umweltbedingungen, wie SO2- haltige Luft während der freien Bewitterung nach dem Zweiten Weltkrieg, in Verbindung mit mangelnder Pflege, haben diese Prozesse begünstigt. Es konnten in verschiedenen Versuchen ein geeignetes Facing- Material (Habotai- Seide) und Festigungsmittel (Störleim) sowie eine sehr schonende Reinigungsmethode (Laserreinigung), die eine Abnahme der Verschmutzungen noch vor der Fassungsfestigung erlaubt, ermittelt werden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Regelmäßig wurde in der regionalen und überregionalen Presse durch abgehaltene Pressetermine über das Projekt informiert. Es erfolgten zudem Radio- und Fernsehbeiträge.

Darüber hinaus wurden zwei Fachbeiträge in der Zeitschrift „Denkmalpflege in Sachsen- Anhalt“ und im Jahrbuch der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt publiziert:
Corinna Grimm-Remus (2018): Dom zu Halberstadt DBU- Projekt über ein Notsicherungskonzept für die Chorpfeilerskulpturen. In: Kulturstiftung Sachsen- Anhalt. Jahrbuch 2016 - 2018. S.128 - 129, ISBN 978-3-96502-002-3
Karsten Böhm, Corinna Grimm-Remus (2017): NOTSICHERUNGSKONZEPT FÜR DIE CHORPFEILERSKULPTUREN IM HALBERSTÄDTER DOM - Ein DBU-Projekt hat begonnen. In: Denkmalpflege in Sachsen-Anhalt Nr. 2 | 17. S. 91 - 96.

Zum Abschluss des Forschungsprojektes wurden alle Ergebnisse im Rahmen einer zweitägigen Abschlussveranstaltung im Juni 2022, bestehend aus einer öffentlichen Abendveranstaltung und eines Fachkolloquiums, im Dom zu Halberstadt präsentiert. Mit dem Abschluss des Projektes lag zur Abschlussveranstaltung und als Dokumentation der Ergebnisse für den Förderer der Abschlussbericht des Projektes vor.

Zusätzlich wurde ein Film über das Projekt erstellt.
https://www.youtube.com/watch?v=pZju3UcrQNQ


Fazit

Auf der Basis der erfolgten Voruntersuchungen und Vorversuche war es möglich, ein Notsicherungskonzept zu erarbeiten und den Skulpturenschatz im Chor des Halberstädter Domes erfolgreich zu sichern. Die Ergebnisse und Lösungsansätze des Projektes tragen in hohem Maße Modellcharakter und bieten sich als wichtige Arbeitsgrundlage für gleichgelagerte Fälle an.
Vor allem das ermittelte und angewandte Facing-Material, eine Habotai-Seide, stellt ein Novum in der angewandten Restaurierung dar und ist auf andere Objekte bzw. vergleichbare Aufgabenstellungen sehr gut übertragbar.
Für die nachhaltige Sicherung der mittelalterlichen Skulpturen ist ein langfristiges Monitoring-Programm eine wesentliche Voraussetzung, um zukünftige Pflege- und Restaurierungsarbeiten sowie deren Finanzierung langfristig planen zu können. Dies ist die Voraussetzung um frühzeitig erneute kleine Schäden zu erkennen, bevor größere Schäden aufwendige und kostenintensive neue Restaurierungen erfordern. Eine wesentliche Grundlage dafür ist eine objektive Dokumentation des Zustandes im Ergebnis der vorliegenden Sicherung der Skulpturen. Eine wichtige Voraussetzung dafür liefert die Kooperation mit einem Parallelprojekt der Bauhaus-Universität Weimar. Die im Rahmen dieser Zusammenarbeit erstellten 3D-Modelle dienen der zukünftigen objektiven Überwachung des Zustandes der Skulpturen bzw. einem entsprechenden Monitoringprogramm als Arbeitsgrundlage. Auch die Erstellung der 3D-Modelle als Arbeitsgrundlage für ein anschließendes Monitoring weisen einen hohen Wert an Verallgemeinerungsfähigkeit auf.

Übersicht

Fördersumme

119.997,00 €

Förderzeitraum

24.10.2016 - 31.12.2021

Bundesland

Sachsen-Anhalt

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umweltkommunikation
Umwelttechnik