Projekt 33472/01

Bergheide?Ökosysteme im Rothaargebirge: Optimierung des Managements und von Maßnahmen zur Renaturierung

Projektdurchführung

Zweckverband Naturpark Diemelsee
Waldecker Str. 12
34508 Willingen

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Bergheiden und Borstgrasrasen sind nach Anhang I FFH-Richtlinie zu schützende Biotoptypen. Trotz Rückgängen um ca. 98 % beherbergen die Hochlagen des Rothaargebirges mit aktuell 204 ha Gesamt-fläche heute die bedeutendsten Bergheiden-Restbestände aller deutschen Mittelgebirge außerhalb der Alpen mit hoher Relevanz für Erholungsfunktionen. Gefährdet durch Flächenverlust, räumliche Isolation, Pflegedefizite, Nutzungskonflikte und Klimawandel, bleibt trotz erfolgreicher Projekte Handlungsbedarf. Das Projekt sollte das Heidemanagement optimieren und Konflikte lösen, ehemaligen Heidestandorte renaturieren, Maßnahmen zur Heideverjüngung und Renaturierung monitoren sowie übertragbare Er-gebnisse ableiten.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden
1. Pflegeoptimierung und Lösung bestehender Konflikte: Es wurde eine Verbesserung und Erhaltung eines guten Pflegezustands auf Heideflächen eingeleitet und hierzu die Schäferei gefördert. Gehölze wurden entnommen sowie eine Heideverjüngung durch Plaggen und Schoppern erreicht. Triftwege zur Vernetzung von Heideflächen für Wanderschafherden wurden entwickelt.
2. Renaturierung ehemaliger Heidestandorte: Durch Waldumwandlung und verschiedene Methoden zur Heideetablierung erfolgte die Renaturierung ehemaliger Heidestandorte. Es wurden Planungen für künftige Renaturierungsflächen entwickelt und abgestimmt und ein Teil umgesetzt. Als langfristige Strategie war wurde Heideentwicklungskonzept erarbeitet und kommuniziert.
3. Monitoring: Eine vergleichende Wirkungsanalyse von Maßnahmen zur Verjüngung und Renaturierung von Bergheiden wird das künftige Management und weitere Renaturierungsvorhaben verbessern. Analysiert wurden (a) Auswirkungen der Renaturierung auf Spinnen, Laufkäfer, Zikaden, Heuschrecken, Gefäßpflanzen, Moose und Flechten elf/zwölf Jahre nach Durchführung im Vergleich zu verschiedenen Entwicklungsstadien; (b) Auswirkungen von Plaggen und Schoppern zur Verjüngung auf die Phytodiversität, (c) Förderung der Zielart Arnika durch Störung und Ansiedlung; (d) Brutvögel der Bergheiden.
4. Ableitung und Verbreitung übertragbarer Ergebnisse zur Pflege und Renaturierung von Bergheiden: Es wurde ein Handlungsleitfaden entwickelt.
5. Öffentlichkeitsarbeit: Kommunikation mit vielfältigen Akteursgruppen bildete ein wesentliches Instrument sämtlicher Arbeitsschritte. Dabei standen Schäfereibetriebe, Kommunen und Behörden, Natur- und Landschaftsführer:innen, Erholungssuchende und die breite Öffentlichkeit im Mittelpunkt.




Ergebnisse und Diskussion


Die Ziele des Projekts konnten erreicht und in vielen Fällen übertroffen werden. Mit der DBU-Förderung, kombiniert mit Kofinanzierungen der Bundesländer Hessen und Nordrhein-Westfalen (Gesamtsumme aller drei Fördermittelgeber 790.651 €), wurden bislang Investitionen in Umsetzungsmaßnahmen von weiteren > 700.000 € ausgelöst. Die Zusammenarbeit der Naturschutzpraxis mit der Schäferei und vielen weiteren Akteur:innen einerseits und mit der Begleitforschung andererseits hat sich bewährt:
? Eine Optimierung des Bergheide-Managements unter Lösung bestehender Konflikte in den Bergheiden und mit diesen verzahnten montanen FFH-Lebensraumtypen wurde erzielt: Auf 74,0 % der Gesamtfläche der Bergheiden und/oder Borstgrasrasen wurden Maßnahmen zur Verbesserung des Pflegezustands durchgeführt. Allein auf Heideflächen bezogen, wurde der Pflegezustand auf 81,5 % der Flächen verbessert (Borstgrasrasen: 39,0 %).
? Die Pflege der Bergheiden ist untrennbar mit ihrer Bewirtschaftung verknüpft. Die wirtschaftliche Situation der beteiligten Weidebetriebe konnte mit Hilfe von begleitendem Management und den Finanzmitteln des Projektes gestärkt werden. Neue Zäune garantieren auf einigen Flächen gute Rahmenbedingungen für die kommenden Jahre, neue Gebrauchsgegenstände stellen eine gute Versorgung der Herden sicher. Das Triftwegesystem der Wanderschäferei konnte durch die Einbeziehung kleinerer Heiden und neuer Futterflächen ausgebaut werden. Die regionale Vermarktung der Schäferei-Produkte (Fleisch und Wolle) wurde angestoßen durch Kooperationen mit der örtlichen Gastronomie und der Ökomodell-Region Waldeck-Frankenberg. Nutzungskonflikte konnten entschärft werden.
? Zur Renaturierung ehemaliger Heidestandorte wurde ein Heideentwicklungs- und Biotopverbundkonzept (inklusive Triebwegen) erarbeitet. 62,94 ha Renaturierungsflächen wurden geplant. Davon sind 14,38 ha umgesetzt bzw. befinden sich derzeit noch in Umsetzung. Erschwerend wirken hier die Dürre- und nachfolgenden Borkenkäfer-Schadflächen vorrangig der Fichte, welche die Bereitschaft des Forstes zur Nutzungsumwandlung von Waldflächen in Bergheiden maßgeblich reduzierten.
? Insgesamt wurden bis zum Herbst 2021 knapp 60 Maßnahmen umgesetzt (auf insgesamt 136 Teilflächen), etwa 30 weitere Maßnahmen befinden sich aktuell in einer konkreten Planungsphase und werden in den kommenden Jahren realisiert. Durch diese Maßnahmen wurden zehn FFH-Gebiete, 17 Naturschutzgebiete und zwei Naturdenkmäler aufgewertet, sowie 12 Heiden und Borstgrasrasen außerhalb von Schutzgebieten.
? Das Monitoring hat für die Pflege- und Renaturierungspraxis wesentliche Handlungskonsequenzen aufgezeigt. Als besonders wertvoll stellte sich die Vergleichsmöglichkeit mit bis zu 20 Jahre zurückliegenden Maßnahmen zur Heideneunanlage heraus. Die Ergebnisse flossen unmittelbar in laufende Maßnahmen ein und liefern für die Zukunft vielfältige auch auf andere Gebiete übertragbare Handlungsempfehlungen. Bisher wurden drei Paper in international referierten Zeitschriften publiziert.
? Entsprechend konnte das Best Practice zur Pflege und Renaturierung von Bergheiden aus den Erfahrungen der Maßnahmenplanung und -umsetzung ebenso wie dem Monitoring abgeleitet werden. Hierzu ist eine weitere (deutschsprachige) Publikation in Vorbereitung.




Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Das Projekt wurde durch eine fortlaufende und intensive Öffentlichkeitsarbeit begleitet, welche wesent-lich zum Projekterfolg und zur Lösung von Nutzungskonflikten beigetragen hat. Beispielhaft seien die jährlichen Hochheidetage, die Qualifizierung von Natur- und Landschafts- sowie Geoparkführer:innen, Veröffentlichungen in den Medien sowie die Auszeichnung als UN-Dekade-Projekt Biologische Vielfalt genannt. Es erfolgten Fachpublikationen ebenso wie intensive Pressearbeit, es wurden zwei Flyer, zwei Videos und eine 86-seitige Ergebnisbroschüre erstellt.


Fazit

Im Projekt konnten neben der erfolgreichen Umsetzung von Pflegeoptimierung, Renaturierung, Monito-ring und Öffentlichkeitsarbeit die Grundlagen geschaffen werden, um auch langfristig im Heideentwick-lungskonzept geplante Maßnahmen zu realisieren: durch Mittel des Vertragsnaturschutzes, mittels Aus-gleichs- und Ersatzmaßnahmen sowie durch die verschiedenen Aktivitäten der Kommunikation und der Unterstützung der Schäfereibetriebe. Die Projektförderung bietet ein gutes Praxisbeispiel, wie die Kom-petenz und die Handlungsfelder von Naturparken maßgeblich ausgebaut werden kann. Diese Aufgabe ist vor dem Hintergrund der politischen Zielsetzungen mit einem 30-%-Flächenanteil gut zu managender Schutzgebiete gemäß EU-Biodiversitätsstrategie 2030 und der UN-Biodiversitätskonvention sowie der UN-Dekade zur Wiederherstellung von Ökosystemen (2021–2030) von Bedeutung.

Übersicht

Fördersumme

289.031,00 €

Förderzeitraum

01.09.2017 - 31.12.2021

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz