Projekt 31759/01

Identifizierung von Mixed Tropical Hardwood (MTH) in Papier mittels chemotaxonomischer und morphologischer Merkmale

Projektdurchführung

Universität Hamburg Zentrum Holzwirtschaft Arbeitsbereich chemische Holztechnologie
Leuschnerstr. 91
21031 Hamburg

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Bedeutung von Wäldern generell und von Tropenwäldern im Speziellen für die Umwelt ist existentiell. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf Artenreichtum und Klima. Die Entwaldung wird als größte Quelle anthropogener CO2-Emissionen gesehen. Zwei Drittel der an die Erdoberfläche gebundenen Biodiversität wird den Tropenwaldökosystemen zugerechnet.

Eine zentrale Rolle bei der Entwaldung wird dem illegalen Holzeinschlag zugeschrieben. Als Reaktion wird versucht, die Vermarktung von illegal gewonnenem Holz zu unterbinden. Die EU-Kommission hat deshalb 2003 einen Aktionsplan mit der Bezeichnung „Forest Law Enforcement, Governance and Tra-de“(FLEGT) aufgelegt, der über EU- Verordnungen und das EUTR (europäische Holzhandelssiche-rungsgesetzt) sowie das deutsche Holzhandelssicherungsgesetz in europäisches und nationales Recht umgesetzt wird.

Eine wichtige, zu kontrollierende Produktgruppe ist Papier. Die Bedeutung der verschiedenen Papiersorten ergibt sich aus den extrem hohen Produktionsmengen und der Tatsache, dass es sich bei Papieren um Produkte aus „komplexen Lieferketten“ handelt. Für Produkte aus „komplexen Lieferketten“, e-nem Begriff aus dem EUTR, ist die Einhaltung der durch die gesetzlichen Vorgaben vorgeschriebenen Sorgfaltspflichten nur schwer zu erreichen. Um den Marktteilnehmern mehr Sicherheit zu geben, ist die sichere Identifikation der für die Papierherstellung verwendeten Holzarten von großer Bedeutung. Weder Behörden noch Verbraucher können auf den Einsatz problematischer Holzarten im Papier reagieren, solange diese nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden können. Die Ermittlung der für die Papierherstel-lung verwendeten Holzarten ist heute nur durch vergleichende Fasermikroskopie für konventionelle Zellstoffe mit Hilfe von Referenzfasern möglich. Tropische Holzarten können mangels Referenzmaterialien und mangels spezifischer Merkmale bisher nicht eindeutig identifiziert werden. Eine eindeutige Identifikation der Fasern erfordert daher die Bereitstellung von belegtem Referenzmaterial und die Be-stimmung geeigneter Identifizierungsmerkmale. Dieses fehlt für MTH-Arten. Verschärft wird die Situation in Zukunft durch die verstärkte Nutzung der sogenannten „lesser known species“, wodurch sich die Artenvielfalt in Zellstoff und Papier weiter erhöhen wird.

Das Ziel des Projektes ist es, chemische und weitere morphologische Merkmale für die 23 im Vorgän-gerprojekt untersuchten Gattungen/Subgattungen und 5-10 weitere, als wichtig erachtete Gattungen herauszuarbeiten und für Identifizierungsprozesse zur Verfügung zu stellen. Beide Ansätze der Faseri-dentifizierung, chemisch und morphologisch, sollen verfolgt und kombiniert werden, um zuverlässigere Identifizierungen zu ermöglichen.



Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Ziel des Projektes wurde in neun Arbeitspaketen bearbeitet. Im ersten Arbeitspaket wurde für 5-10 neue Gattungen Material beschafft, um die erforderlichen Mazerate und gebleichten Referenzzellstoffe herzustellen, an denen die chemotaxonomischen und morphologischen Untersuchungen vorgenommen wurden.

In den Arbeitspaketen 2 und 3 wurde die Methodik zur chemotaxonomischen Identifizierung von einzelnen Gattungen optimiert. Das Teilziel in diesen Paketen ist eine möglichst vollständige Erfassung aller chemischen Merkmale der einzelnen Gattungen. Zur Extraktion und Fraktionierung der chemischen Merkmale wurden Methoden wie „Accelerated Solvent Extraction“ (ASE) und „Solid Phase Extraction“ (SPE) genutzt. Für eine optimale analytische Erfassung der chemischen Merkmale wurde die TD-GC/MS den Extrakten und Fraktionen angepasst. Außerdem wurde die umfassende zweidimensionale Gaschromatographie (GCxGC) auf ihr Potenzial für die zu bearbeitenden Fragestellungen hin getestet.

In dem Arbeitspaket 4 wurden alle 28 - 33 Gattungen chemotaxonomisch charakterisiert, und die Ergebnisse in einer Datenbank erfasst.

In den Arbeitspaketen 5 und 6 wurden die Zellstofffasern morphologisch untersucht. Dabei wurden die morphologischen Merkmale sowohl mit dem Lichtmikroskop als auch mit dem Feldemissionsraster-elektronenmikroskop (FE-SEM) erfasst. Durch die höhere Auflösung des FE-SEM werden Erkennungsmerkmale sichtbar, die bisher nicht beschrieben sind. Die Ergebnisse beider Methoden wurden zur Erweiterung des bereits im Vorgängerprojekt erstellten Gefäßatlanten genutzt.

In Arbeitspaket 7 wurde die natürliche Variabilität der chemischen und morphologischen Merkmale beispielhaft an einigen Gattungen untersucht. Die Betrachtung beider Merkmaltypen an einigen Gattungen erlaubt es, Synergieeffekte der Probenbeschaffung zu nutzen. Außerdem können die chemischen und morphologischen Merkmale der untersuchten Gattungen verzahnt und kombiniert werden. Die Idee ist, dass durch die Kombination beider Merkmaltypen Fragen zu Gattung, Art oder Herkunft einer Art bes-ser beantwortet werden können, als wenn die Ansätze einzeln verfolgt werden.

Im Arbeitspaket 8 wurden die im Projekt erworbenen Erkenntnisse zur Chemotaxonomie und Fasermor-phologie von MTH-Zellstoffen an Blind- und Praxisbeispielen von den beteiligten Projektpartnern angewendet.

Das Arbeitspaket 9 umfasste die Dokumentation und Berichterstattung zum Verlauf des Projektes.



Ergebnisse und Diskussion

Für beide in dem Projekt verfolgten Techniken, Anatomie und Chemotaxonomie, konnte der Umfang an Referenzmaterialien erweitert werden. Es stehen jetzt 31 sortenreine gebleichte Zellstoffe und 38 Mazerate relevanter, asiatischer Hölzer zur Verfügung. Diese Referenzmaterialien wurden anatomisch cha-rakterisiert und die Ergebnisse in Form des „Atlas of vessel elements“ (Helmling et al. 2018) den Marktteilnehmern zur Verfügung gestellt. Neben einführenden Erklärungen zur mikroskopisch-anatomischen Identifizierung von Laubholzfaserstoffen an den Gefäßelementen, werden die charakteris-tischen Strukturmerkmale der einzelnen Gattungen/Untergattungen eingehend beschrieben und mit mikroskopischen Bildern belegt. Damit wurden die Grundlagen geschaffen und der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt, diese Gattungen in Papieren zu identifizieren.

Im Bereich der Chemotaxonomie musste ein hoher Aufwand bei der Methodenentwicklung geleistet werden. Die Mahlung unter Kryobedingungen und eine anschließende Soxtherm-Extraktion wurden als günstige Kombination zur Probenvorbereitung erachtet. Bei der anschließenden Analytik der Extrakte zeigte sich, dass das Trennvermögen der 1D-GC in vielen Fällen nicht ausreicht, weshalb zusätzliche Techniken wie Vortrennung mittels SPE und GCxGC-Messungen getestet wurden. Während bei Fragen zur natürlichen Variabilität und Herkunftsfragen multivariate Auswertemethoden, wie die Hauptkomponentenanalyse, zum Einsatz kamen, wurde für die Identifizierung in Papier ein Datenbankansatz einge-setzt, um die hohe Anzahl an GC/MS-Daten systematisch zu erfassen. Verschiedene Softwarepakete wurden hierfür getestet. Die Software „Openchrom“ wurde als geeignet erachtet. Die Software ist rela-tiv neu, unter intensiver Entwicklung und muss für die Projektaufgaben allerdings noch besser adaptiert werden.

Bei den Untersuchungen zur natürlichen Variabilität an 6 verschiedenen Proben der Gattung Gonystylus spp. und 14 Proben der Shorea Untergattung Rubroshorea erwiesen sich die entscheidenden mikroskopischen Merkmale im Falle der Gonystylus- und Rubroshorea-Proben als stabil. Die PCA-Auswertungen der GC/MS-Daten ergaben deutliche systematische Unterschiede in den Zusammenset-zungen der sekundären Pflanzenstoffe der untersuchten Proben. Diese systematischen Unterschiede können vielleicht in Zukunft für tiefergehenden Identifizierungen genutzt werden. Die aktuellen Identifi-zierungen mittels Chemotaxonomie werden dadurch aber erst einmal erschwert.

Die Gattung Gonystylus spp. chemotaxonomisch gezielt auch in niedrigen Anteilen in Mischungen mit industriell hergestelltem MTH zu identifizieren, ist bisher nur in Einzelfällen gelungen. Ein Grund, dass dies noch nicht umfassend möglich ist, wird in der natürlichen Variabilität der Zusammensetzung der sekundären Pflanzenstoffe innerhalb der Gattung vermutet.

Abgeschlossen wurde das Projekt mit einem Blindversuch. Der Hochschule München wurden die vor-liegenden 31 Referenzzellstoffe zu Verfügung gestellt mit der Aufgabe, 15 Prüfblätter unbekannter Zusammensetzungen herzustellen. Die Zusammensetzungen wurde von den Partnerlaboren der TU Darmstadt und der ISEGA sowie dem TI mittels Mikroskopie auf Basis des Gefäßatlases ermittelt. Auf eine umfassende chemotaxonomische Bestimmung wurde verzichtet, da der Entwicklungsstand der Methodik als noch nicht ausreichend erachtet wurde. Im Rahmen des Blindtests waren 32x15=480 Entscheidungen zu treffen. Es wurde von den drei Instituten eine hervorragende Trefferquote von 74 %, 92 % und 96 % erreicht. Für die im Fokus der Untersuchung stehende Gattung Gonystylus und die mik-roskopisch-anatomisch ähnlichsten Gattungen Lophopetalum und Durio wurde eine Quote von 67 %, 100 % und 100 % erzielt. Für das Projekt und insbesondere für den Faseratlas spricht, dass die besten Werte von einem „externen“ Institut erzielt wurden, das in die Herstellung und Untersuchung der Referenzstoffe nicht involviert war, und dem lediglich der Gefäßatlas als Grundlage für die Identifizierungen zur Verfügung stand.

So erfreulich die Mikroskopieergebnisse auch sind, muss berücksichtigt werden, dass in realen Proben größere Variationen, insbesondere durch weitere Holzarten enthalten sein können, für die noch keine Referenzen vorliegen und die auch eine hohe Ähnlichkeit zu z. B. Gonystylus spp. aufweisen könnten. Aus diesem Grund und um möglichst gerichtsfeste Aussagen zu erzielen, ist die Entwicklung einer von der Anatomie unabhängigen Methode wie der Chemotaxonomie von großer Bedeutung und sollte zusammen mit der Untersuchung zusätzlicher Referenzmaterialien unbedingt weitergeführt werden.



Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse aus dem Projekt wurden vielfältig verbreitet:

Öffentlichkeitsarbeit:
• Beim 3. „Holzanatomischen Kolloquium“ am ihd in Dresden wurde ein Vortrag mit dem Titel „Identifizierung von Tropenhölzern in Papier und Faserplatten“ gehalten.
• Außerdem wurde das Projekt bei der „Nacht des Wissens“ 2013, 2015 und 2017 in Hamburg
• Beim Branchentag des GD Holz in Köln wurden Projektergebnisse vorgestellt.

Veröffentlichungen:
• Helmling S, Olbrich A, Heinz I, Koch G (2018) Atlas of vessel elements – identification of Asian timbers. IAWA Journal 39 (3)
• Koch G, Haag V, Helmling S, Heinz I, Olbrich A (2017) Fasern im Fokus: Holzartenbestimmung von Faserplatten - Erfahrungen aus den Prüfungen im Kontext der EUTR. MDF Mag Co: 86-88
• Helmling S, Olbrich A, Tepe L, Koch G (2016) Qualitative and quantitative characteristics of macerated vessels of 23 mixed tropical hardwood (MTH) species: a data collection for the iden-tification of wood species in pulp and paper. Holzforschung 70: 839-844
• Koch, G., Haag, V, Heinz, I., Richter, H.G. (2016): Die Europäische Holzhandelsverordnung (EUTR). Anforderungen an die Holzartenbestimmung in der Praxis. Holztechnologie 57(1), 5-11.

Vorträge:
• Olbrich A (2017) Wood identification. BRC Timber Workshop, London, UK
• Olbrich A, Heinz I (2017) CITES-geschützte Hölzer in Zellstoff und Papier? Aufbau einer Daten-bank (Faseratlas) für die Bestimmungen von tropischen Hölzern in Papier. Informationsveranstaltung über Anforderungen und Auswirkungen der neuen CITES-Listungen wichtiger Wirtschaftsbaumarten für die Holzverwendung und den Holzhandel – BfN und Thünen Institut, Hamburg
• Olbrich A, Koch G (2017) Identifizierung von Tropenhölzern in Papier mit holzanatomischen Methoden. Workshop - Illegalen Holzeinschlag eindämmen DBU, Osnabrück
• Odermatt J, Wassink A (2017) Identifizierung von Tropenhölzern in Papier mit chemischen Methoden. Workshop - Illegalen Holzeinschlag eindämmen DBU, Osnabrück
• Olbrich A (2017) Wood identification. WWF GFTN-UK meeting, London, UK
• Olbrich A (2016) Artbestimmung in der Holzanatomie. FSC-Exkursion: Holzherkünfte unter der Lupe, Großhansdorf
• Olbrich A (2016) Ist Tropenholz im Papier? Deutsche Aktionstage Nachhaltigkeit, Hamburg-Beim Journal „Holzforschung“ wurde eine Publikation mit dem Titel “Qualitative and quantitative characteristics of macerated vessels of twenty-three mixed tropical hardwood (MTH) species: A data collection for identification of wood species in pulp and paper” eingereicht.
• Koch, G., Haag, V, Heinz, I., Richter, H.G. (2016): Die Europäische Holzhandelsverordnung (EUTR). Anforderungen an die Holzartenbestimmung in der Praxis. Holztechnologie 57(1), 5-11.
• Weitere Vorträge und Veröffentlichungen werden folgen.



Fazit

Der im Projekt durchgeführte Blindtest zeigt eindeutig, dass unbekannte Proben mit den durch das Projekt für die Öffentlichkeit zugänglichen Referenzen verglichen werden und damit identifiziert werden können. Bei der Identifikation kann jedoch „nur“ mit der „besten“ Übereinstimmung zu den bestehenden Referenzen argumentiert werden. Für einen gerichtsfesten Beweis, dass beispielsweise ein Papier unter anderem Holz der unter CITES-Schutz stehenden Gattung Gonystylus spp. enthält, ist deshalb unerlässlich, eine von der Anatomie unabhängige Methode zu etablieren.

Hier liegen die Hoffnungen auf der Chemotaxonomie. Das Projekt offenbarte allerdings den noch bestehenden Nachholbedarf der Chemotaxonomie im Hinblick auf die generelle Methodenentwicklung, wodurch der Informationsgehalt in den Chromatogrammen bisher nur teilweise genutzt werden kann. Die getesteten methodischen Varianten, bspw. 2D GC-HRMS sowie SPE zur Probenvorbereitung, ergaben vielversprechende Verbesserungsmöglichkeiten und die generellen „Fingerprinteigenschaften“ der Peakmuster in den Chromatogrammen erlauben vielleicht sogar Beiträge zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten über die klassische Identifizierung hinaus. Daher sollte die Chemotaxonomie als zu den bisherigen Ansätzen alternative Herangehensweise unbedingt weiterverfolgt werden.

Übersicht

Fördersumme

275.319,00 €

Förderzeitraum

01.02.2015 - 30.09.2017

Bundesland

Hamburg

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik