Projekt 31717/01

Entwicklung eines elektrochemischen Verfahrens zur kalten, energieeffizienten Sanitisierung von Rein- und Reinstwasseranlagen (ECKASAN)

Projektdurchführung

MTJ Medizintechnik & Service GmbH
Rehsumpfstr. 11
06844 Dessau

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das zu entwickelnde kalte Sanitisierungsverfahren soll durch die direkte elektrochemische Produktion von Ozon im Wasser die Vermehrung von Mikroorganismen im Rein- und Reinstwassersystem verhindern und vorhandene abtöten. Zusätzlich soll untersucht werden, ob sich das Verfahren für die Reduktion oder Beseitigung von vorhandenen Biofilmen anwenden lässt. Im Vordergrund stehen die Vermeidung von Chemikalienzusätzen, der Wegfall der Spülprozesse und der Ausfallzeiten sowie die Reduktion von Energieverbräuchen. Anlass ist die hohe Zahl an Rein- und Reinstwassersystemen, die bisher mit hohem Aufwand und herkömmlichen Mitteln wie UV-Desinfektionsanlagen, Chemikalien, Spülprozessen zu desinfizieren sind und bei denen dadurch teilweise erhebliche Ausfallzeiten und Umweltbelastungen auftreten.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenArbeitspaket 1:
Durchführung von Vorversuchen mit Anwendung der statistischen Versuchsplanung am Fraunhofer IST zur Ermittlung der Parameterbereiche für ein optimiertes Zelldesign und der Betriebsparameter für die Sanitisierung von Rein- und Reinstwasseranlagen mit Ozon. Dafür wurde ein Testsystem für das Fraunhofer IST entwickelt und gebaut. Für den Nachweis von Ozon wurden zwei Online-Sensoren verschiedener Hersteller auf ihre Verwendbarkeit getestet. Die Versuchspläne für die nachfolgenden Untersuchungen im Technikum von MTJ wurden auf der Basis dieser Vorversuche gemeinsam von MTJ und Fraunhofer IST aufgestellt.

Ziel AP1: Entwicklung und Bau einer optimierten elektrochemischen Zelle (Prototyp Ozon-Generator) für den Einsatz in der Versuchsanlage der MTJ. Ermittlung der Einflussgrößen sowie der Stromeffizienz (Stromausbeute) für die Generierung von gelöstem Ozon.

Arbeitspaket 2:
Das hauseigene Technikum der MTJ wurde mit einer Rein- und Reinstwasseraufbereitung mit Entnahmestellen und einer Leitungslänge von ca. 200 m mit Messtechnik für Durchfluss, Leitwert, Temperatur, pH-Wert und Ozon-Online-Sensorik ausgerüstet. Für die Beurteilung der Reinwasserqualität wurde ein kalibrierfähiges Analyseverfahren zur TOC-Messung nachgerüstet und auf Einsetzbarkeit getestet. Mit der TOC-Online-Messung kann die gesamte Organik im Reinwasser als Summenparameter erfasst werden. Damit stand ein realitätsnahes Modellsystem für Wasseraufbereitungsanlagen und den dazugehörigen Hausinstallationen (Verteiler bzw. Ringleitung im Gebäude) für die weiteren Untersuchungen zur Verfügung.

Ziel AP2: Auswahl und Beschaffung der entsprechenden Online-Messtechnik und Integration in die Versuchsanlage der MTJ. Anpassung der Messsysteme für den störungsfreien Dauerbetrieb.

Arbeitspaket 3:
Inbetriebnahme der Testsysteme Ozongenerator und UV-Referenzsystem (UV-Strahler) der Reinwasseranlage (Technikum MTJ) inklusive aller dazugehörigen Anlagenkomponenten. Die Integration des Testsystems Ozongenerator wurde so ausgeführt, dass es in herkömmlichen Ringleitungssystemen (Krankenhäuser, Labore, Forschungseinrichtungen, Produktionsstätten) eingesetzt werden kann.

Ziel AP3: Inbetriebsetzung der gesamten Anlage und Überprüfung der Betriebsparameter unter simulierten praxisnahen Bedingungen bei täglicher Entnahme. Tests zur Überprüfung der Qualität des Reinwassers (siehe auch Arbeitspaket 4).

Arbeitspaket 4:
Durchführung der in Arbeitspaket 1 und 3 erarbeiteten Versuchspläne und Analyse der Wasserproben vor und nach der Behandlung. Dabei wurden Modellwässer mit bekannter Keimbelastung eingesetzt. Unter anderem wurden auch Untersuchungen zum Abbau von Biofilmen durchgeführt. Bestimmt wurde die Gesamtkeimzahl KBE/ml im Wasser bei unterschiedlichen Temperaturen (22 u. 36°C) nach den Vorschriften und Regelungen der TrinkwV von 2001, in der Novellierung von 2011. Für die Bestimmung wurde ein unabhängiges und nach § 19 der Trinkwasserverordnung zugelassenes Prüflabor beauftragt.

Kriterien zur Überprüfung der Wirksamkeit des Verfahrens:

• Erzeugung und Aufrechthaltung festgelegter Ozonkonzentrationen (50, 100, 200 µg/l über 360min) zur Realisierung von erforderlichen Kontaktzeiten bis zur vollständigen Abtötung der Keime.
• Überprüfung der Wirksamkeit an einem definierten Keim: Pseudomona aeruginosa

Ziel AP4: Überprüfung der Wirksamkeit des neuen Verfahrens bei unterschiedlichen Keimbelastungen des Reinwassers und variierten Betriebsweisen des Ozongenerators.

Arbeitspaket 5:
Bewertung der Ergebnisse hinsichtlich der Effektivität bei der Reduktion der Keimzahlen und der Biofilme unter Berücksichtigung der eingesetzten Energie. Darüber hinaus wurden Erkenntnisse zum Langzeitverhalten der kalten Sanitisierung gewonnen. Die Ergebnisse wurden mit dem als Referenz mitgetesteten UV-Verfahren verglichen und auch in Bezug zu den beiden anderen Sanitisierungsverfahren (chemische Sanitisierung und Heißsanitisierung) gesetzt. Bewertet wurden neben den wirtschaftlichen Aspekten insbesondere die Energieeffizienz und ökologische Aspekte wie z.B. der Einsatz umweltrelevanter Chemikalien.

Ziel AP5: Bewertung von Wirksamkeit und Effizienz des Verfahrens. Einschätzung der Praxistauglichkeit des Verfahrens für einen Einsatz bei den Anwendern. Einschätzung des Einsparpotenzials mit Hinblick auf eingesetzte Energie, den vermeidbaren Chemikalieneinsatz, entfallende Verbrauchsmaterialien, Spülprozesse und Ausfallzeiten.


Ergebnisse und Diskussion

1) Ozongenerator

Die Entwicklung eines geeigneten Ozongenerators zur Herstellung von gelöstem Ozon im Rein- und Reinstwasser war erfolgreich. Die Stromeffizienz (Stromausbeute) des Ozongenerators bei gelöstem Ozon lag bei maximal 19,6%. Zum Nachweis des gelösten Ozons wurde der Sensor der Firma SWAN eingesetzt, der nach der DPD-Methode arbeitet. Das gleichzeitig gebildete gasförmige Ozon wurde nicht erfasst. Die Betriebsparameter des Ozongenerators konnten mit der für das Fraunhofer IST entwickelten Versuchsanlage nachgestellt und die Einflussgrößen (Faktoren, Wechselwirkungen) mathematisch beschrieben werden. Den größten Einfluss als Einzelfaktor hatte hierbei die Temperatur.

2) Testanlage MTJ

Das Testsystem bewährte sich bei der Nachstellung praxisnaher Zustände, um die Einflussgrößen auf die Sanitisierung unter realen Bedingungen von der Erzeugung des Reinwassers (Enthärter, Osmose, Ionenaustauscher) bis zur Lagerung (Tank) und Verteilung (Ringleitung mit 200m Länge) zu untersuchen. Die mit der Versuchsanlage beim IST gefundenen Einflussgrößen (Faktoren, Wechselwirkungen) konnten auch mit der Testanlage mathematisch beschrieben werden. Es konnte nachgewiesen werden, dass das gesamte System mit ausreichend Ozon über einen längeren Zeitraum (Kontaktzeiten von Ozon mit der Keimspezies) beaufschlagt werden kann, so dass eine erfolgreiche Sanitisierung möglich ist und wiederholt durchgeführt werden kann. Mit Hilfe dieser Erkenntnisse ist ein Scale-up der Verfahrenstechnik auf leistungsfähigerer Sanitisierungssysteme für größere Reinwasseranlagen mit längeren Ringleitungssystemen möglich.

3) Sanitisierung mit gelöstem Ozon

Das entwickelte Verfahren erreicht einen vollständigen Abbau (0 KBE/ml) vorhandener Keimpopulationen die typischerweise in Rein- und Reinstwasseranlagen vorkommen. Bei den Versuchen im Versuchsplan VP4 wurde ein vollständiger Abbau bei einer Ausgangskeimzahlen von 350 KBE/ml mit einer Ozondosis von I1 = 36 mg/l*min erreicht.

Für den Abbau des Prüfkeimes Pseudomona aeruginosa mit einer Ausgangskeimzahl von 380 KBE/ml war nur eine Zieldosis (Ozondosis) von I1 = 2 mg/l*min nötig. Das Verfahren ist in der Lage, gelöstes Ozon in konstanten Konzentrationen über lange Zeiträume zur Verfügung zu stellen. Bei einer Zieldosis von I1 = 36 mg/l*min fallen dafür Energiekosten von ca. 1,37 ct an.

Das Verfahren erreichte bei einem Feldtest an einer realen Reinstwasseranlage eines renommierten Institutes in Berlin den Abbau eines Biofilmes in der Wasseraufbereitungsanlage. Durch das Erreichen und Halten von >0,2 mg/l Ozon über 200 min gelang der vollständige Abbau des Biofilmes. Der Energieverbrauch lag bei 0,137 kWh und die Energiekosten bei 3,28 ct.

Im Vergleich zu anderen Verfahren, wie der chemischen Sanitisierung oder der Desinfektion mit UV-Brenner, ist das neu entwickelte Verfahren die wirkungsvollste und effizienteste Methode Rein- und Reinstwassersysteme zu sanitisieren. Das neue Verfahren erreicht die gesamte Anlage mit ihren Tot-räumen. Die Energiekosten für einen möglichen vollautomatischen Betrieb sind extrem niedrig. Sie lie-gen bei der Testanlage MTJ und täglicher Anwendung einer Ozondosis von I1=10 mg/l*min bei 1,64 € pro Jahr ohne Wartungskosten.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Eine Kurzfassung zum Projekt wird im Jahresbericht 2015 des Fraunhofer IST veröffentlicht. MTJ wird auf seiner Homepage den Abschlussbericht veröffentlichen. Das Verfahren wird als Neuentwicklung präsentiert. MTJ sichert sich einen Markennamen für das Verfahren mit dem das Unternehmen in die Werbung geht. Weiterhin sind Präsentationen auf der Jahrestagung der Fa. Georg Fischer in Schaff-hausen sowie auf der Hausmesse der MLU (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) und des IPK (Leibnitz-Institutes für Pflanzenforschung) geplant, um das Verfahren bei Planern, Errichtern und Anwendern bekannt zu machen. Weitere Veröffentlichungen in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IST sind geplant.


Fazit

• Die energieeffiziente kalte Sanitisierung von Rein- und Reinstwasseranlagen mit gelöstem Ozon konnte erfolgreich dargestellt werden.
• Die Wirkungen der Einflussgrößen auf die Ozonerzeugung sind bekannt und quantitativ beschreibbar.
• Stromausbeuten von annähernd 20% bei der Erzeugung von gelöstem Ozon im Reinwasser sind erreichbar.
• Das Verfahren zeichnet sich durch einfache Steuerbarkeit der Ozonkonzentration an die benötigte Sanitisierungsleistung aus. Daraus resultiert ein moderater Automatisierungsaufwand.
• Mit dem Verfahren können vorgegebene Ozonkonzentrationen im Rein- und Reinstwasser gezielt erreicht und über längere Zeiträume aufrecht gehalten werden, je nachdem welche Keimspezies abgetötet werden soll.
• Der Abbau eines Prüfkeimes aus der Familie der Pseudomonaden konnte bis auf 0 KBE/ml nachgewiesen werden.
• Die Anwendbarkeit des Verfahrens zum Abbau von Biofilmen in einem Feldtest konnte gezeigt werden.
• MTJ ist in der Lage, Sanitisierungssysteme auf Grundlage der erreichten Ergebnisse und gewonnen Erkenntnisse zu bauen und zu betreiben. Dies können Anlagen für den Dauerbetrieb als Festinstallation sowie Anlagen für den zeitlich begrenzten und ortsveränderlichen Einsatz sein.
• MTJ sieht noch Entwicklungspotential beim Design des Ozongenerators. Hier besteht die Möglichkeit, durch weitere Modifikationen die Ozonleistung deutlich zu erhöhen und die Energieeffizienz zu steigern.
• Risiken bestehen noch bei der Beständigkeit und zum Langzeitverhalten der verbauten Materialien
• Es fehlen noch Informationen zur Anwendbarkeit auf Anlagen, die nicht der Anlagentechnik entsprechen, mit der im Projekt gearbeitet wurde. Zum Beispiel Anlagen, die überwiegend aus Edelstahl- oder PVC- Komponenten bestehen.

Übersicht

Fördersumme

124.882,00 €

Förderzeitraum

17.12.2013 - 31.07.2015

Bundesland

Sachsen-Anhalt

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik