Zukunftsweisender Umgang mit der Gehölzvegetation historischer Gärten in Zeiten des Klimawandels
Projektdurchführung
Technische Universität Berlin
FG Vegetationstechnik und Pflanzenverwendung
Königin-Luise-Str. 22
14195 Berlin
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
In diesem Forschungsprojekt werden mehrere Modellvorhaben zur Erhaltung, Revitalisierung und Neupflanzung von Gehölzbeständen in historischen Gärten unter dem Eindruck der zunehmenden, lokal spezifisch wirksamen Auswirkungen des Klimawandels erarbeitet und exemplarisch?experimentell erprobt. Darüber hinaus wird eine mögliche Übertragung ökologisch fundierter Betrachtungsweisen der Vegetationsentwicklung unter dem Eindruck des Klimawandels auf die Zielvorstellungen der Gartendenkmalpflege geprüft, ebenso wie Fragen betreffend des zu verwendenden Gehölzmaterials aus wissenschaftlichem, wie gartendenkmalpflegerischem Blickwinkel erörtert. Der Park von Sanssouci soll hierbei als zentrales Modellobjekt dienen. Weitere Parkanlagen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) wie Babelsberg, der Neue Garten und Rheinsberg werden einbezogen, um einen Stadt-Land-Gradienten in den Untersuchungsergebnissen berücksichtigen zu können. Die Projektarbeit wird eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Gartendenkmalpflegern bzw. Gartendenkmalpflegerinnen und Wissenschaftlern bzw. Wissenschaftlerinnen ermöglichen. Den täglich in den Gärten Arbeitenden sowie den Besuchern der Parkanlagen werden die Modellvorhaben und deren Ergebnisse qualifiziert vermittelt.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenArbeitspaket 1: Bedeutung ökosystemarer Forschung für den Umgang mit Parkgehölzen in Zeiten des Klimawandels
1.1. Auswirkungen des Klimawandels auf historische Parkanlagen.
1.2. Zukünftige Schädlingskalamitäten und ihre Auswirkungen auf historische Parks.
1.3. Verjüngungskonzept nach Prinzipien der Ökosystemforschung (Resilienz).
1.4. Vegetationsbilder nach den Prinzipien der Ökosystemforschung.
1.5 Expertenrunde
Arbeitspaket 2: Nachpflanzung von Bäumen (Versuchspflanzungen)
2.1. Aufarbeitung historisch-gärtnerischen Wissens.
2.2. Nachhaltige Bewässerungsmethoden zur Neupflanzung von Gehölzen.
2.3. Einfluss von Boden und Substratzusätzen auf den Etablierungserfolg.
2.4 Erstellung von Schauanlagen: vergleichende Demonstrationspflanzungen in den Parks (Charlottenburg, Sanssouci, Rheinsberg)
Arbeitspaket 3: Revitalisierung/Stärkung des Altbaumbestandes
3.1 Aufarbeitung historisch-gärtnerischen Wissens.
3.2. Maßnahmen zur Revitalisierung.
3.3. Beispielhafte Ermittlung des Revitalisierungsbedarfs.
3.4. Umsetzung und konkrete Maßnahmen.
Arbeitspaket 4: Auswahl des Pflanzmaterials für historische Parkanlagen in Zeiten des Klimawandels
4.1. Zukunftsfähige Gehölze in Zeiten des Klimawandels.
4.2. Herkünfte der Pflanzware und ihre genetische Ausdifferenzierung.
4.3. Qualitäten des Pflanzmaterials für erfolgreiche Nachpflanzungen.
4.4. Konzept für eine lokale Anzucht von Gehölzen
Ergebnisse und Diskussion
Arbeitspaket 1: Bedeutung ökosystemarer Forschung für den Umgang mit Parkgehölzen in Zeiten des Klimawandels
Eine Risikoanalyse auf Basis einer statistischen Auswertung der Gehölzkataster (hot-spot Analyse) sowie eine vertiefende Risikoanalyse mittels einer jahrringanalytischen Vorgehensweise wurden vorgenommen. Die Ergebnisse der hot-spot Analyse sind in Form einer Publikation und eines Vortrages auf den Deutschen Baumpflegetagen in Augsburg 2017 der Öffentlichkeit vorgestellt sowie auf einer Präsentation in der Gartenabteilung der SPSG bekannt gemacht worden. Die begutachtete Publikation wurde im April im Jahrbuch der Baumpflege 2017 veröffentlicht und kann im Jahrbuch der Baumpflege 2017 eingesehen werden. Der Frage nach dem Auftreten und den möglichen Auswirkungen von zukünftigen Schädlingskalamitäten in historischen Gärten wurde im Expertenworkshop I Schädlinge und Krankheiten an Gehölzen historischer Gärten in Zeiten des Klimawandels, am Donnerstag, den 20.10.2016, an der TU Berlin sowie in den Arbeiten für das Kapitel 6. Schädlinge und Krankheiten an Gehölzen der Publikation Gehölze in historischen Gärten im Klimawandel - Transdisziplinäre Ansätze zur Erhaltung eines Kulturguts nachgegangen.
Arbeitspaket 2: Nachpflanzung von Bäumen (Versuchspflanzungen)
Betr. Forschungsfrage 1: Die Arbeit mit den Originalzitaten aus den historischen Quellen zum Thema Pflanzungen von Gehölzen in historischen Parkanlagen wurde zur Erstellung des 5. Kapitel: Wassermanagement und Bewässerung der Projektpublikation herangezogen. Zwei zusätzliche fachwissenschaftliche Artikel sind zur Einreichung vorgesehen.
Betr. Forschungsfrage 2: Das Kapitel 5. Kapitel: Wassermanagement und Bewässerung der Publikation Gehölze in historischen Gärten im Klimawandel - Transdiziplinäre Ansätze zur Erhaltung eines Kulturguts wurde unter Auswertung des Expertenworkshops III Wassermanagement und Bewässerung in historischen Gärten in Zeiten des Klimawandels, am Donnerstag, den 2.3.2017 an der TU Berlin ebenso wie die Auswertung der Sammlung historischer Zitate zu diesem Thema erarbeitet. Diese Ergebnisse zum Thema nachhaltigen Wassermanagements bei Neupflanzungen ergänzten die vorgenommene Literaturauswertung aktueller Forschungsliteratur zu diesem Thema.
Betr. Forschungsfrage 3: Eine Darstellung der wichtigsten Ergebnisse des Pflanzversuchs für das Jahr 2016 und eine ausführliche Beschreibung der Methoden und des Materials findet sich im Handbuch Gehölze in historischen Gärten im Klimawandel - Transdiziplinäre Ansätze zur Erhaltung eines Kulturguts.
Als Fazit des Pflanzversuches kann benannt werden, dass grundlegend die im ersten Jahr nach der Pflanzung gegebene Bewässerung für eine rasche Feinwurzelbildung, die Etablierung und letztlich das Überleben, als primär festzustellen ist. Für Hainbuche und Linde zeigten sich signifikante Unterschiede im Zuwachsverhalten zwischen den Substratvarianten im zweiten Standjahr. Auf der Substratvariante Bodenkunde wurden die höchsten Raten des Durchmesser- und Höhenzuwachses erzielt auf der Substratvariante Zeoplant die niedrigsten. Die bisherigen Ergebnisse für die Parameter Wasserdefizit und Chlorophyll-Fluoreszenz lassen noch keine gesicherte Aussage zu. Dennoch kann eine Tendenz zu geringeren Defiziten und Stresslevel für die Substratvariante Bodenkunde abgeleitet werden.
Betr. Forschungsfrage 4: Zwei Modellversuchsanlagen wurden realisiert:
1. Pflanzversuch: Im Bereich der Gärtnerei des Neuen Gartens Potsdam der Versuch zur Neupflanzung von Gehölzen unter Verwendung verschiedener Substratzusätze
und
2. Revitalisierungsversuch: im Parterrebereich des Schlossgartens Berlin-Charlottenburg ein Versuch zur Bodeninjektion verschiedener Substrate.
Arbeitspaket 3: Revitalisierung/Stärkung des Altbaumbestandes
Betr. Fragestellung 1: Die Sammlung an Originalzitaten zeigte, dass es kaum historische Berichte in den untersuchten Quelldaten zur Frage der Revitalisierung von Altbäumen gibt. Schnittmaßnahmen in Baumkronen, die bis hin zu einer Kappung der gesamten Krone reichen können, wurden historisch als Revitalisierungsmaßnahme diskutiert (Allee zu Herrenhausen). Sie sind bis heute gleichermaßen in Vorschlag und Diskussion befindlich, wenngleich der Leitsatz Kappung ist ein Tod auf Raten (Interviewserie mit den Garten-Fachbereichsleitenden der SPSG, Schmidt-Wiegand, 2016-2017) sich in der Praxis der Gartendenkmalpflege weitgehend etabliert und durchgesetzt hat.
Betr. Fragestellung 2 und 3: Eine Bearbeitung dieser Fragen fand mit Hilfe einer Literaturrecherche statt. Die Ergebnisse dieser Recherche sind im 4. Kapitel: Revitalisierung von Gehölzbeständen des Buches Gehölze in historischen Gärten im Klimawandel - Transdiziplinäre Ansätze zur Erhaltung eines Kulturguts eingeflossen.
Betr. Fragestellung 4: Die konkrete Maßnahme wurde im Modellversuch 2. zur Vitalitätssteigerung (Substratversuch/ Bodeninjektionsversuch) vorgenommen.
Als Fazit zum Revitalisierungsversuch ist zu nennen, dass im ersten Jahr nach der Pflanzung nach der Bodeninjektion keine Durchmesserzuwächse zu beobachten waren und im zweiten Jahr nur minimale Umfangänderungen, die sich als Radialzuwachs interpretieren lassen, geschahen. Im zweiten Jahr zeigten sich deutliche Unterschiede im Quellungs- und Schrumpfungsverhalten mit einer geringeren Ausprägung und Dauer der Wasserdefizite für die Substratvariante Palaterra. Die bisherigen Ergebnisse für die Chlorophyll-Fluoreszenz lassen ein geringes Stresslevel für die injizierten Substrate im Vergleich zu der Nullvariante (d.h. ohne Substratzusatz) erkennen. Allerdings ergeben sich kaum statistische Unterschiede. Eine Bodeninjektion zur Revitalisierung ist für einzelne, wichtige Bäume zur Verbesserung der Stresssituation und des Wasserhaushaltes bei angespannter Wasserversorgung als sinnvoll zu erachten. Hierzu müssen jedoch weitere Versuche zur gezielten Wahl des Bodensubstrates durchgeführt werden.
Arbeitspaket 4: Auswahl des Pflanzmaterials für historische Parkanlagen in Zeiten des Klimawandels
4.1. Zukunftsfähige Gehölze in Zeiten des Klimawandels.
4.2. Herkünfte der Pflanzware und ihre genetische Ausdifferenzierung.
4.3. Qualitäten des Pflanzmaterials für erfolgreiche Nachpflanzungen.
4.4. Konzept für eine lokale Anzucht von Gehölzen
Die Expertenworkshops III und IV zu den Themen Wasser und Wassermanagement in historischen Gärten in Zeiten des Klimawandels und Lokale Anzucht von Gehölzen lieferten gute Ergebnisse zu gestelletn ersten drei Forschungsfragen, die inhaltlich aufgearbeitet wurden und in das Buch Gehölze in historischen Gärten im Klimawandel - Transdiziplinäre Ansätze zur Erhaltung eines Kulturguts eingeflossen sind. Übergreifend in alle Kapitel ist das Thema Zukunftsfähige Gehölze eingegangen. Das 7. Kapitel: Lokale Anzucht von Gehölzen diskutiert die Bedingungen und Überlegungen zu einem Konzeptansatz für die lokale Anzucht von Gehölzen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Das Buch Kühn, N.; Gillner, S.; Schmidt-Wiegand, A. (2017): Gehölze in historischen Gärten im Klimawandel - transdisziplinäre Ansätze zur Erhaltung eines Kulturguts. Universitätsverlag der TU Berlin, Berlin (ISBN: 978-3-7983-2959-1 sowie Repositorium der TU Berlin https://depositonce.tu-berlin.de/handle/11303/6574) wurde am 30.11.2017 als Projektpublikation auf einer Pressekonferenz im Schloss Glienicke, Berlin-Wannsee, der Öffentlichkeit vorgestellt.
Webseite der Webauftritt zur Projektvorstellung wird unter der Adresse www.gehoelze-im-klimawandel.projekte.tu-berlin.de erreichbar sein. Die Fertigstellung ist für Mitte März 2018 vorgesehen.
Eine Informationstafel im Schlossgarten Charlottenburg wurde aufgestellt, um direkt am Standort des Modellversuchs zur Revitalisierung von Altgehölzbeständen die Gartenbesucher und -besucherinnen zum Geschehen zu informieren und über den Sinn und Zweck der angebrachten Mess-instrumente (Dendrometer) aufzuklären.
Posterpräsentation auf der 39. Tagung des UNESCO-Welterbekomitees vom 28. Juni bis 8. Juli 2015 im World Conference Center in Bonn/Deutschland.
Projektvorstellung (Vortrag) auf der GalaBauMesse in Nürnberg, Forum der Zeitschrift Garten + Landschaft zum Thema Historische Gärten im Klimawandel.
Artikel und Präsentation - aus Anlass einer Einladung wurde das Projekt in einer Präsentation auf den Deutschen Baumpflegetagen in Augsburg 2017 vorgestellt. Im April erfolgte die Publikation des erarbeiteten wissenschaftlichen Artikels im begleitenden Jahrbuch der Baumpflege 2017.
Das Projekt und einige der Ergebnisse wurden am 13.12.2017 auf der erstmalig gemeinsam stattfindenden internationalen Jahrestagung der British Ecological Society, der Nederlands-Vlaamse Verenigung voor Ecologie und der Gesellschaft für Ökologie in Gent/Belgien mit einer Posterpräsentation und zudem einer short speech einem internationalen Publikum vorgestellt.
Die der Öffentlichkeit zugängliche und vorab bekannt gemachte Projekt-Abschlussveranstaltung Zukunftsweisender Umgang mit der Gehölzvegetation historischer Gärten in Zeiten des Klimawandels fand am 01.12.2017 im Kavalierflügel des Schlosses Glienicke, Berlin-Wannsee, statt.
Außerdem wurden Herr Gillner und Frau Schmidt-Wiegand im GartenForum Glienicke am Mittwoch, den 31.01.2018 zur WEITERBILDUNG PFLANZENSCHUTZ FÜR ANWENDER zur Präsentation wesentlicher Projektergebnisse eingeladen.
Fazit
Aus den Projektergebnissen lässt sich insgesamt schlussfolgern, dass die Bedeutung ökosystemarer Forschung für den Umgang mit Parkgehölzen in Zeiten des Klimawandels einen wichtigen Beitrag zur Erarbeitung zukünftiger Pflegestrategien leisten kann. So sollte begonnene Forschung weitergeführt werden, um aussagekräftige Datenreihen zu erzielen. Für Fragestellungen im Bereich der Nachpflanzung von Bäumen ist die übergroße Bedeutung der regelmäßigen Bewässrung im ersten Jahr nach der Pflanzung herauszustellen und die sich andeutenden positiven Tendenzen in der Anwendung von Pflanzsubstraten. Aufgrund der für die Erzielung belastbarer Daten notwendigen längeren Datenaufnahmezeiträume ist eine Weiterführung der Datenaufnahme als wichtig herauszustellen. Für den Bereich der Revitalisierung bzw. Stärkung von Altbaumbeständen zeigte der Bodeninjektionsversuch positive Tendenzen. Eine weitere Datenaufnahme und auswertung wird jedoch auch hier erst belastbare Ergebnisse liefern. Für die Frage der Auswahl von Pflanzmaterial für historische Parkanlagen in Zeiten des Klimawandels lassen die Projektergebnisse die Wichtigkeit des Kriteriums der Vitalität von Gehölzen in den Vordergrund treten. So sollte unbedingt auf gesundes Pflanzmaterial geachtet werden ebenso wie auf einen standortgerechten Einsatz. Maßnahmen zur Vitalitäsförderung während des Wachstums erscheinen für alle Baumaltersklassen sehr sinnvoll um insbesondere einem Befall durch Schädlinge und Krankheiten vorzubeugen. Pflanzen, die Trockenperioden überstehen können, sind im Vorteil, ebenso wie Pflanzen, deren Anzuchtbedingungen Ähnlichkeit mit dem späteren Standort aufweisen.
Fördersumme
348.459,00 €
Förderzeitraum
09.12.2014 - 31.03.2018
Bundesland
Berlin
Schlagwörter
Klimaschutz
Kulturgüter
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik