Projekt 29055/01

Zeitzeugen als Quelle für Forschung und Bildung – Das Beispiel Naturschutz in der DDR

Projektdurchführung

Hochschule Neubrandenburg FB Landschaftswissenschaften und Geomatik FG Landschaftsplanung/Planung im ländlichen Raum
Brodaer Str. 2
17033 Neubrandenburg

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Für das Projekt bestanden zwei Anlässe:
- Im Vergleich zu den anderen drei Quellenbereichen waren bisher mündliche Zeitzeugenberichte zur DDR-Naturschutzgeschichte (als ergänzende Quelle, die insbesondere durch die persönliche, emotionale, erlebnis-bezogene Perspektive mitunter die eigentlichen Hintergründe von Entwicklungen beinhalten) kaum bzw. nicht vorhanden und fehlen somit als Grundlage einer Aufarbeitung bestehender und ggf. neuer Forschungsfragen.
- Obwohl der Natur- und Umweltschutz in der Liste der Themen, die die Öffentlichkeit in der DDR interessierten und in der Liste der dringlich zu lösenden Probleme in der Zeit der „Wende“ an erster Stelle stand, ist es bemerkenswert, dass das Thema „Natur- und Umweltschutz“ im Allgemeinen im Themenspektrum der Bildung für nachhaltige Entwicklung eine untergeordnete und das Thema Geschichte des Natur- und Umweltschutzes im Besonderen gar keine Rolle zu spielen scheint.
Das Projekt verfolgte daher zwei Hauptziele:
- die Verbesserung der Quellenlage zur Geschichte des Naturschutzes durch die Gewinnung von Informationen aus Zeitzeugenberichten,
- die Entwicklung eines Bildungsangebots zum Thema Naturschutzgeschichte auf der Grundlage von Arbeit mit Zeitzeugen.



Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenLeitend war die Fragestellung, wie Zeitzeugen und Zeitzeuginnen die Entwicklung, die Möglichkeiten und Restriktionen des Naturschutzes in der DDR erlebt haben und wie sie damit umgegangen sind. Es wurden 27 Zeitzeugen und Zeitzeuginnen, die zu den verschiedenen Phasen der DDR-Naturschutzgeschichte auf unterschiedlichen räumlichen und institutionellen Ebenen Auskunft geben können und die aus verschiedenen sozialen Schichten stammen, befragt. Darüber hinaus wurden 5 weitere Zeitzeugen auf Grundlage bereits vorliegender Quellen einbezogen. Die Zeitzeugen und Zeitzeuginnen spiegeln das Spektrum des DDR-Naturschutzes wider: Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft, Institut für Landschaftsforschung und Naturschutz (ILN), andere Forschungseinrichtungen, „gesellschaftliche Organisationen“ wie Kulturbund und die Kirche.
Zum Einsatz kam die Methode der Oral History. Das Projekt umfasst sechs sich zeitlich zum Teil überlagernde Phasen, zu denen jeweils verschiedene Arbeitsschritte gehören: (1) Vorbereitung der Zeitzeugengespräche, (2) Durchführung und Nachbereitung der Zeitzeugengespräche, (3) Zeitzeugensymposium, (4) Erarbeitung des Zeitzeugenbuchs, (5) Erarbeitung einer Internetseite als Bildungsangebot, (6) abschließende Produkterstellung.
Die Vorbereitung der Zeitzeugengespräche umfasste im Wesentlichen vier Arbeitsschritte: die Auswahl der Zeitzeugen, die Erarbeitung eines Interviewleitfadens sowie die Durchführung eines Pretests, die Erarbeitung einer Vereinbarung zu den Zeitzeugengesprächen, die organisatorische und inhaltliche Vorbereitung der einzelnen Zeitzeugengespräche. Es wurden insgesamt 31 Termine mit Zeitzeugen wahrgenommen. Die Gespräche wurden in den meisten Fällen vor Ort bei den Zeitzeugen (in der Wohnung, am Arbeitsort) geführt. Die Gespräche wurden von unserer Seite durch zwei Personen begleitet. Eine Person war für die Aufnahmetechnik zuständig, die andere Person führte das Interview durch. Die Gespräche wurden zum einen mit einer Kamera und zugehörigem Mikrofon auf Mini-DV aufgenommen. Darüber hinaus wurde zur Sicherheit über ein weiteres Mikrofon ein weiterer Audiofile erstellt, der direkt auf die Festplatte eines Notebooks gespeichert wurde. Als sehr zeitaufwendig erwies sich die Nachbereitung der Zeitzeugengespräche. Sie umfasste folgende einzelne Aufgaben: Überspielen der Zeitzeugengespräche, Transkription der Zeitzeugengespräche, Bearbeitung der Transkripte. Die Transkripte wurden zu einem Quellenband zusammengefasst und liegen als Primärquelle vor.
Die Erarbeitung des Zeitzeugenbuchs umfasste folgende Arbeitsschritte: Diskussion zur inhaltlichen Struktur des Buches, Erarbeitung eines wissenschaftlichen Rahmentextes, Bearbeitung der vorliegenden Transkripte, Recherche von Fotos, Abstimmung der Textentwürfe mit den Zeitzeugen, Gesamtlayout, Lektorat, Drucklegung.
Parallel zur Erarbeitung des Zeitzeugenbuchs wurde die Internetseite "Naturschutzgeschichte Ostdeutschlands" aufgebaut. Ausgehend von einer Recherche zum Stand der Bildungs- und Informationsangebote zur DDR-Geschichte, zur Naturschutzgeschichte bzw. zur Arbeit mit Zeitzeugen wurde eine inhaltliche Struktur entwickelt, die zum einen anhand einer Einteilung in vier Phasen und zum anderen anhand des Zugangs über Einzelseiten zu Zeitzeugen den Zugang zur Geschichte des Naturschutzes ermöglicht.
Ein weiterer Aspekt der Arbeiten zum Punkt Bildungsangebot war ein Kooperationsprojekt mit dem Gymnasium in Demmin. Hier wurde von unserer Seite im AWT-Unterricht zweier 10. Klassen ein Projekt „Landschaften im Wandel“ begleitet. Dabei sahen wir es als unsere Aufgabe an, das Angebot gemeinsam mit dem Lehrer zu strukturieren und zu entwickeln, durch einzelne thematische Beiträge zum Angebot beizutragen sowie durch Auswertung der bei der Durchführung gemachten Erfahrungen verallgemeinerbare Hinweise und Empfehlungen für die Arbeit mit Zeitzeugen als Teil schulischer Bildungsangebote zu erschließen.



Ergebnisse und Diskussion

Im Rahmen des Projekts entstand eine Reihe von Produkten:
- ein Quellenband, der die Transkripte der geführten Zeitzeugengespräche bündelt (Gesamtumfang 871 Seiten), Der Band steht als Primärquelle für weitere Forschungsarbeiten im Studienarchiv Umweltgeschichte des Instituts für Umweltgeschichte und Regionalentwicklung e.V. zur Verfügung. Gleiches gilt für die Videomittschnitte zu den geführten Gesprächen.
- ein Zeitzeugenbuch zum Naturschutz in der DDR mit dem Titel "Naturschutzgeschichte(n). Lebenswege zwischen Ostseeküste und Erzgebirge", Das Buch umfass folgende Teile: Einleitung der Herausgeber (Editorial), Hauptteil mit 31 Zeitzeugenberichten, wissenschaftlicher Rahmentext "Naturschutz in der DDR – ein Überblick", Index.
- ein Zeitzeugensymposium, In Kooperation mit der Hochschule Neubrandenburg hat das Institut für Umweltgeschichte und Regionalentwicklung e.V. am 30.9. und 1.10.2011 in Halle/Saale eine Veranstaltung durchgeführt, die im Zeichen der Zeitzeugen des Natur- und Umweltschutzes stand. An der Veranstaltung haben fast 80 Personen teilgenommen, darunter auch zahlreiche Zeitzeugen, die im Rahmen des Zeitzeugenprojekts als solche befragt worden sind. Ein weiteres, inhaltlich und organisatorisch bereits vorbereitetes Symposium sollte am 14. und 15. Juni 2013 auf dem Müritzhof bei Waren stattfinden. Die geringe Zahl der Rückmeldungen führte zum Entschluss, die Veranstaltung abzusagen.
- eine Internetseite "Naturschutzgeschichte Ostdeutschlands" (www.naturschutzgeschichte-ost.de) als Informations- und Bildungsnagebot zum bis dato im Internet kaum präsenten Gegenstand Naturschutz in der DDR.
- ein Projektbericht: Der Ablauf des Projekts und die dabei gemachten Erfahrungen wurden in einem Projektbericht zusammengefasst.



Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Folgende Aktivitäten zur Öffentlichkeitsarbeit gab es: eine Pressemeldung der DBU zum Projektbeginn, zwei Radiointerviews mit dem NDR zum Projekt und zum Natur- und Umweltschutz der DDR allgemein am 23. Februar 2011 sowie im Frühjahr 2013 in Neubrandenburg, ein Radiointerview mit dem am 31. März 2011 in Neubrandenburg, die Veröffentlichung einer Meldung zum Projektbeginn auf den Internetseiten der Hochschule Neubrandenburg (www.hs-nb.de) sowie des Instituts für Umweltgeschichte und Regionalentwicklung e.V. Im Wochenendteil des Nordkuriers erschien am 3. Dezember 2011 ein ganzseitiger Beitrag „Grünes Erbe der DDR vor blauer Tonne bewahrt“. Im Beitrag wurde auch auf das laufende Zeitzeugenprojekt hingewiesen. Im Heft 16 der Schriftenreihe Studienarchiv Umweltgeschichte wurden die Beiträge der Veranstaltung „Zeitzeugen des Natur- und Umweltschutzes“ in Halle veröffentlicht (S. 3-42). Im Heft 17 der Schriftenreihe Studienarchiv Umweltgeschichte wurde über das DBU-Projekt berichtet (S. 97-99). Fernsehbeitrag im Nordmagazin des NDR am 29.9.2913 zum Naturschutz in der DDR sowie zum Zeitzeugenbuch. Der Rahmentext des Buches wurde auf Wikipedia in der Rubrik „Naturschutz in der DDR“ veröffentlicht.


Fazit

Das Projekt schließt einerseits mit Blick auf die Natur- und Umweltschutzgeschichte Deutschlands exemplarisch eine Quellenlücke. Andererseits wird mit den Ergebnissen des Projektes Bildung für nachhaltige Entwicklung unterstützt.

Übersicht

Fördersumme

111.200,00 €

Förderzeitraum

10.01.2011 - 31.08.2013

Bundesland

Mecklenburg-Vorpommern

Schlagwörter

Naturschutz
Umweltkommunikation