Möglichkeiten zur Schaffung eines hygienisch einwandfreien, umweltverträglichen und nachhaltigen Umgangs mit Fäkalien in Kleingärten am Beispiel einer Kleingartenkolonie in Leipzig
Projektdurchführung
Bauhaus-Universität Weimar
Institut für zukunftsweisende
Infrastruktursysteme
Coudraystr. 7
99423 Weimar
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
In Deutschland stellen Kleingärten einen festen Bestandteil des urbanen Lebensraums dar und erfüllen städtebauliche, soziale und ökologische Funktionen. Bundesweit gibt es rund 1,3 Millionen Kleingärten (KG), die insgesamt etwa 50.000 ha umfassen. Die letzte bundesweite Bestandserfassung zur Situation im KG-Wesen hat demonstriert, dass gesellschaftliche, wirtschaftliche und soziale Veränderungen auch im Kleingartenwesen einen Wandel in dem Sinne bewirken, dass Anforderungen nach mehr Komfort bestehen. Im bundesweiten Mittel verfügen 88 % der KG über einen Wasseranschluss, 33 % über eine Wasserspültoilette (Tendenz steigend) und 34 % über eine Trockentoilette (Tendenz sinkend).
Das Projekt widmete sich der Problematik der Fäkalienentsorgung aus den KG mit dem übergeordneten Ziel, die nachhaltige Nutzung von KG zu fördern, indem das KG-Wesen unter Beachtung der Regelungen des KG-Gesetzes modernisiert und attraktiver gemacht wird. Im Einzelnen waren die technisch möglichen Fäkalienentsorgungskonzepte zu eruieren und hinsichtlich ihrer rechtlichen Konformität (u. a. BkleingG), Umweltverträglichkeit (Reduzierung der Emissionen, hygienische Unbedenklichkeit) und ökonomischen Tragbarkeit (Kosten der Umsetzung) zu beurteilen. Die Hindernisse und Hemmnisse zur Umsetzung technischer Konzepte waren zu identifizieren und auf deren Basis der Demonstrationsbedarf zu ermitteln.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenAuf Basis der Auswertung vorhandener Studien zur sanitären Situation in KG und einer Vor-Ort-Erhebung (Fragebogenaktion, Workshop mit Kleingärtnern) wurden Handlungsschwerpunkte identifiziert und Anforderungen der Nutzer an ein Fäkalienentsorgungskonzept ermittelt. Die enge Zusammenarbeit mit dem Projektpartner Stadtverband Leipzig der Kleingärtner e. V. und dem Kleingartenverein Seilbahn e. V. war dabei hilfreich, die Untersuchung möglichst praxisorientiert durchzuführen. Mit Hilfe des BDZ e. V. wurden Kontakte zur Stadtverwaltung Leipzig (Verkehrs- und Tiefbauamt, Sachgebiete Abwasserbeseitigung und Abfall) sowie zum Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft Freistaat Sachsen geknüpft, um zum einen den rechtlichen Rahmen bezüglich Abwasser-/Fäkalienbeseitigung in KG-Anlagen zu klären, zum anderen die Anforderungen seitens der Behörden an ein Entsorgungskonzept zu erfassen. Auf Grundlage einer umfassenden Literatur- und Internetrecherche wurden verfahrenstechnische Konzepte zur Fäkalienentsorgung aus Kleingartenanlagen formuliert und allgemeingültige Kostenaufstellungen zu jedem Konzept ausgearbeitet. Unter Berücksichtigung der erfassten sowie ermittelten Anforderungen der Endnutzer und der Behörden an ein Entsorgungskonzept in KG-Anlagen wurde eine Kriterienmatrix zur Bewertung der ausgewählten Konzepte erarbeitet und angewandt.
Ergebnisse und Diskussion
Im Projekt wurden Wasser verwendende und wasserlose Entsorgungskonzepte betrachtet. Die Konzepte mit der Behandlung der Abwässer in einer Kleingartenanlage wurden aufgrund von Besonderheiten der Kleingartennutzung (starke hydraulische Schwankungen, hoher Urinanteil im Abwasser, keine fachliche Betreuung möglich, die Zuständigkeit aufgrund freizeitlichen Nutzung der Kleingärten schwierig) bei der Vorauswahl aus der Betrachtung ausgeschlossen. Bei wasserlosen Konzepten wurde die Betrachtung auf Urin separierende Erfassungssysteme (Trockentrenntoiletten) begrenzt, da diese eine bessere Handhabung (Geruchsfreiheit) und Vorteile für anschließende Behandlung und Verwertung bieten. Nach der Vorauswahl konzentrierte sich die Betrachtung auf vier Entsorgungskonzepte: innere Erschließung und Anschluss an Kanal; Sammelgruben auf einzelnen Parzellen, Erfassung mittels Trockentrenntoiletten mit interner Behandlung und Verwertung der Fäkalien im Kleingarten (Behandlungsvarianten: Heißkompostierung, Wurmkompostierung, TerraPreta); Erfassung mittels Trockentrenntoiletten mit Abfuhr zur zentralen Entsorgung.
Alle betrachteten Entsorgungskonzepte tragen (durch Elimination der Nährstoffe oder ihre stoffliche Verwertung zur Düngung) zur Reduktion der Emissionen in die Gewässer bei. Anhand der Kalkulation des Düngemittelbedarfes eines durchschnittlichen Kleingartens wurde belegt, dass im Kleingarten anfallende Fäkalien im Rahmen einer sachgemäßen Düngung restlos aufgebracht werden können. Das Erreichen der hygienischen Unbedenklichkeit der Fäkalkomposte ist auch bei kleinskaliger Behandlung möglich (Heißkompostierung mit Zusatz von Industriezucker; Kaltrotte, Wurmkompostierung und TerraPreta-Behandlungsdauer >1,5 Jahr).
Die technische Realisierbarkeit der Konzepte unter der Bedingung vertretbarer Kosten ist unterschiedlich. Das Konzept Kanalanschluss ist technisch realisierbar und ökonomisch tragbar unter der Bedingung der günstigen Topografie des Standortes. Das Konzept Sammelgruben erfordert Standortvoraussetzungen wie die Zufahrtmöglichkeit für das Entsorgungsfahrzeug und maximaler Grundwasserstand nach Herstellerangaben. Die wasserlosen Entsorgungskonzepte mit interner Verwertung sind in ihrer Realisierung an keine Standortbedingungen geknüpft.
Ein genereller Kostenvergleich aller Konzepte ist nicht möglich. Die vorliegenden Kostenbetrachtungen der benannten Entsorgungskonzepte erlauben jedoch die Aussage, dass die sachgemäße Errichtung der Sammelgruben (mit DIBT-Zulassung und regelmäßigem Dichtigkeitsnachweis) die mit Abstand kostenintensivste Entsorgungsvariante darstellt. Bei wasserlosen Konzepten mit interner Verwertung der Fäkalien bietet die gemeinschaftliche Behandlung der Fäkalien in vereinseigenen Anlagen verfahrenstechnische und finanzielle Vorteile (Einsparpotential). Während bei den Konzepten Kanalanschluss und Sammelgrube finanzielle Mittel langfristig gebunden werden (überwiegend einmalige Errichtungskosten), fallen bei wasserlosen Entsorgungskonzepten häufigere aber bedeutend niedrigere (Re)Investitionen an. Aus dieser Hinsicht erscheinen sie flexibler bezüglich der Problematik wachsender Leerstände.
Die Nachteile der Entsorgungskonzepte mit interner Verwertung liegen seitens der Nutzer in der niedrigen Akzeptanz der wasserlosen Erfassungssysteme und dem Unwillen, sich mit der Fäkalienbehandlung zu befassen, seitens der Behörden in der fehlenden rechtlichen Regelung der Zuständigkeiten sowie in der schlechten Praktikabilität der Kontrolle der sachgemäßen Konzeptumsetzung in einzelnen Kleingartenanlagen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
- Workshop im Kleingartenverein Seilbahn in Leipzig (Projektpartner); die Mitglieder des Vereines wurden über die allgemeine Entsorgungsproblematik in Kleingärten informiert, die Ziele und Inhalte des Projektes wurden ihnen erläutert. Die Zwischenergebnisse wurden in regelmäßigen Projekttreffen sowie auf der jährlichen Veranstaltung der Kleingartenfachberater am 27.10.2011 in Leipzig prä-sentiert.
- Ausgabe 05/2012 des Leipziger Gartenfreundes (Zeitschrift des Stadtverbandes Leipzig der Klein-gärtner e.V.) mit Beitrag Was tun, wenns im Garten mal pressiert?
Fazit
Alle betrachteten Entsorgungskonzepte - innere Erschließung und Anschluss an Kanal, Sammelgruben auf einzelnen Parzellen, Erfassung mittels Trockentrenntoiletten mit interner Behandlung und Verwertung der Fäkalien im KG, Erfassung mittels Trockentrenntoiletten mit Abfuhr zur zentralen Entsorgung - sind als emissionsreduzierend zu betrachten. Die Ressourceneffizienz kann nur durch das Konzept mit interner stofflicher Verwertung erreicht werden. Die Realisierung dieses Konzeptes ist durch niedrige Akzeptanz bei Nutzern erschwert. Das Konzept NASS - zentrale Verwertung weist eine maximal mögliche Ressourceneffizienz auf (stoffliche Verwertung der Nährstoffe aus den Fäkalien). Die Realisierung dieses Konzeptes ist momentan aus mehreren Gründen (u. a. technischen und rechtlichen) nicht möglich. Durch Aufbau eines zu hohen gesetzlichen Zwangs kann eine ungünstige Tendenz in Gang gesetzt wer-den, wobei die etablierten Konzepte (Kanalanschluss, abflusslose Sammelgruben) angesichts der ungenügenden Kompetenz der Kleingärtner als Entsorgungspflichtigen einen Vorrang bekommen, obgleich sie aus wissenschaftlicher Sicht bereits als überholt gelten. Der größte Demonstrationsbedarf wird für die Neuartigen Sanitärkonzepte als Trockentrenntoilette mit semizentraler Behandlung in KG-Anlagen und Trockentrenntoilette mit Einbindung in ein größeres Biomasse-Verwertungskonzept gesehen.
Fördersumme
53.227,00 €
Förderzeitraum
01.04.2011 - 31.03.2012
Bundesland
Thüringen
Schlagwörter
Landnutzung
Ressourcenschonung
Umweltkommunikation
Umwelttechnik