Umweltbildung Schöpfungsverantwortung und nachhaltige Energieverwendung in der Ukraine
Projektdurchführung
Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU)
Katholisch-Theologische Fakultät
Lehrstuhl für Christliche Sozialethik
Geschwister-Scholl-Platz 1
80539 München
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Ziel des Projektes, das in Zusammenarbeit mit Kirchen, Universitäten, staatlichen Behörden sowie zivilgesellschaftlichen Gruppierungen durchgeführt wurde, ist die Förderung von Umweltbewusstsein und tä-tiger Schöpfungsverantwortung mit dem Schwerpunkt eines nachhaltigen Umgangs mit Energie in der Ukraine. Dazu wurde in Uschgorod ein Umweltinformationszentrum gegründet. Im Fokus stehen Bewusstseinsbildung und internationaler Erfahrungsaustausch, v. a. zur Verknüpfung von ökologischem, technischem, gesellschaftlichem und ethischem Wissen. Im Rahmen eines ökumenischen, interdisziplinären und zivilgesellschaftlichen Dialogs tragen die Kirchen in der Ukraine zu einer neuen Kommunikationskultur im Umgang mit umweltethischen und energiepolitischen Fragen bei und fördern praktische Initiativen hierzu. Ein besonderer Anlass ist die aktuelle Debatte um die Bewertung der Kernenergie (25 Jahre nach dem Unfall in Tschernobyl, Fukushima, Abhängigkeit von Russland, deutsche Energiewende). Kirchliche und wissenschaftliche Reflexionen hierzu wurden im Kontext der besonderen Situation in der Ukraine diskutiert. Mit Entscheidungsträgen in Kirche, Politik und Gesellschaft werden Prioritäten und Handlungsmöglichkeiten einer nachhaltigen Energieversorgung in Transkapartien, der Ukraine und anderen Ländern der ehemaligen UdSSR unter theologisch-ethischen Aspekten ausgelotet, und in Zusammenarbeit mit regionalen Behörden werden Fortbildungen in Energiemanagement durchgeführt.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZwei Arbeitsschritte stehen im Zentrum des Projektes: (1) Errichtung eines Umweltinformationszentrums in Uschgorod, das zum einen eine in der Region einmalige Umweltbibliothek aufbaut und zum anderen in Kooperation mit der Universität sowie staatlichen Behörden regelmäßig Schulungen realisiert; (2) Durchführung verschiedener wissenschaftlicher Tagungen sowie kirchlicher und zivilgesellschaftlicher Veranstaltungen zu Schöpfungsverantwortung und Energie. Neben einer Auftaktveranstaltung (Februar 2010) und einem abschließenden Evaluierungsseminar (Oktober 2011) fand eine interdisziplinäre ökumenische Konferenz zu nachhaltiger Energienutzung statt (Oktober 2010). Dabei wurden u. a. die besonderen Handlungsmöglichkeiten der Kirchen diskutiert, der Reaktorunfall in Tschernobyl v. a. unter ethischen Aspekten analysiert und künftige Szenarien für eine nachhaltige Energiegewinnung aus unterschiedlichen Perspektiven entwickelt.
Ergebnisse und Diskussion
Das Umweltinformationszentrum hat sich in den vergangenen zwei Jahren zu einem von vielen Seiten beachteten Akteur entwickelt. Verschiedenste Veranstaltungen boten den zahlreichen Teilnehmern die Gelegenheit, im Austausch mit anderen über die eigenen Möglichkeiten nachzudenken, im beruflichen und privaten Bereich einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Dabei wurde vielfach die Rolle der Kirche(n) und der Religion(en) beim Umweltschutz diskutiert. Eine wichtige Zielgruppe sind Multiplikatoren (v. a. Lehrer, Katecheten, Priester). Die ökologischen, umweltethischen und -pädagogischen Informationsmaterialien stoßen auf reges Interesse. Teils werden Schriften aus westlichen Ländern übersetzt, teils werden eigene Unterlagen erstellt. Da der russische Sprachraum ein unverzichtbarer Bezugspunkt der Debatten und Entscheidungen in der Ukraine ist, insbesondere für die Kirchen, wurde ein Großteil der Schriften auch ins Russische übersetzt. Auf diese Weise wird die Bewusstseinsbildung angeregt sowie interdisziplinäre Umweltforschung gefördert. Dank des intensiven wissenschaftlichen Austauschs ist das Institut zu einem wichtigen Faktor an der Nationalen Universität Uschghorod geworden. Die Hochschulleitung will das Institut dauerhaft in die Universitätsstrukturen integrieren (die Zustimmung der zu-ständigen staatlichen Behörden steht allerdings noch aus). Ermöglicht werden diese Erfolge v. a. durch das große Engagement zahlreicher Ehrenamtlicher.
Die energiepolitische Dimension des Projekts hat durch die Ereignisse in Fukushima eine ungeahnte Aktualität erlangt. Die Regierung hat sich jedoch für staatlich stark subventionierte Energieimporte aus Russland entschieden, weshalb der Anreiz, Energie zu sparen, gering ist. Da die tiefen Umbrüche im europäischen Energiemarkt in nicht zu ferner Zeit auch die Ukraine stärker betreffen werden, sind die grundlegenden Informationen und Debatten, die innerhalb des Projektes hierzu gegeben bzw. geführt wurden, auch wirtschaftlich und ethisch von existenzieller Bedeutung für die Entwicklung in Transkarpatien.
In Anschluss an das aktuelle Projekt konnten verschiedene andere Partner gefunden werden, die den Fortbestand des Instituts garantieren. Das kirchliche Osteuropahilfswerk Renovabis hat eine Förderung und konzeptionelle Unterstützung bis 2014 zugesagt. Es wird angestrebt, dass das Institut stärker sich finanziell selbst tragenden Beratungen, Fortbildungen und Dienstleistungen im Umwelt- und Energiebereich übernimmt und die internationale Ausrichtung weiter verstärkt. Zusätzlich zeichnet sich ab, dass das Bundesamt für Naturschutz eine Konferenzreihe im Schwarzmeerraum finanziert. Darüber hinaus wird eine engere Zusammenarbeit mit einem von der EU geförderten Projekt zu Müllvermeidung in Osteuropa angestrebt. Ein weiteres Zukunftsprojekt stellen der Ausbau und die damit einhergehende anfängliche touristische Vermarktung eines ökologischen Pilgerweges dar.
Die schwierige politische Lage der Ukraine, die unzureichende Eigenständigkeit der Universität und die große Armut der Bevölkerung haben die Durchführung in manchen Bereichen schwieriger gestaltet, als dies zu Beginn angenommen wurde. Unter anderem wurde dadurch auch die Fertigstellung einiger Übersetzungen leicht verzögert und eine kostenneutrale Verlängerung des Projektes um sechs Monate notwendig (von der DBU gewährt). Die allgemein schwierige Lage in der Ukraine zeigt, wie notwendig es ist, immer wieder auf grundlegende Fragen nach Schöpfungsverantwortung sowie nach den Aufgaben und Chancen einer politischen und zivilgesellschaftlichen Mitverantwortung der Kirchen einzugehen. In diesem Reflexions- und Dialogprozess hat sich das Umweltinformationszentrum innerhalb kurzer Zeit einen wichtigen Platz erarbeitet.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Dank der guten Vernetzung der vor Ort Tätigen war den vom Institut mitorganisierten Ereignissen die Aufmerksamkeit regionaler und teilweise auch nationaler Medien (Zeitungen, Radio, Fernsehen) gewiss. Neben zahlreichen Einzelmeldungen wurde auch ein Film über die Arbeit des Institutes gedreht und ausgestrahlt. Besondere Beachtung fand u. a. ein Malwettbewerb für Kinder zu Schöpfungsverantwortung und Energie. Die institutseigene Website bietet einen Überblick über die realisierten Ereignisse, weist auf aktuelle Veranstaltungen hin, gibt einen Überblick über wichtige Publikationen und stellt verschiedenste Texte zur Verfügung. Besonders mit dem im Rahmen dieses Projekts entstandenen Gebetsbuch zu Schöpfungsverantwortung, das auch bei hochrangigen Veranstaltungen Verwendung findet und das aktuell ins Altkirchenslawische und Englische übersetzt wird, sowie mit umweltpädagogischen Materialien (z. B. Malbuch) gelang es dem Institut, große Beachtung zu erlangen. Darüber hinaus wurde das Institut auch bei Konferenzen im Rahmen des Petersburger Dialogs vorgestellt.
Fazit
Mit dem Institut ist für die West-Ukraine eine Stelle geschaffen worden, die es erstmals erlaubt, schöpfungstheologisch und umweltethisch fundierte Bildungsarbeit anzubieten, interdisziplinäre und ethisch sensibilisierte Umweltforschung voranzutreiben und aktuelle ökologische Informationen der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Durch die Zusammenarbeit von Vertretern unterschiedlicher Konfessionen und Religionen sowie der Wissenschaft hat das Projekt auch eine höchst innovative Brückenfunktion für die Ökumene. Aufgrund der prekären wirtschaftlichen Lage in der Ukraine wird es jedoch weiterhin auf ideelle und finanzielle internationale Unterstützung angewiesen sein.
Fördersumme
70.000,00 €
Förderzeitraum
11.12.2009 - 01.09.2012
Bundesland
Grenzüberschreitend
Schlagwörter
Grenzüberschreitend
Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umweltkommunikation
Umwelttechnik