Projekt 27316/01

Planung eines Hallenbads in Passivhaustechnologie

Projektdurchführung

Bädergesellschaft Lünen mbH
Borker Str. 56 - 58
44534 Lünen

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Der Betrieb von Hallenbädern ist mit erheblichen laufenden Kosten verbunden. Bedeutenden Anteil daran haben die Energiekosten, welche für Beheizung, Entfeuchtung und Warmwasserbereitstellung aufgewendet werden müssen. Mit Blick auf Lebenszykluskosten, die Absicherung neuen Wissens und praktische Handhabbarkeit ist das Thema Passivhallenbad intensiv zu bearbeiten, denn bestehende Regelwerke und übliche Konzeptionen sind als nicht ausreichend einzuschätzen, um die heute bereits möglichen Einsparpotenziale zu erschließen. Über die vorbereitende Grundlagenuntersuchung der bauphysikalischen und technischen Bedingungen zur Umsetzung des Passivhauskonzepts im öffentlichen Hallenbad (DBU, AZ 26261) konnte zusammenfassend festgestellt werden, dass durch weitgehende Effizienzmaßnahmen (Passivansatz für Gebäudehülle und Gebäudetechnik) eine Primärenergieeinsparung (Hallenheizwärme, Wassererwärmung, Ventilatorstrom Lüftung) von 60 % gegenüber einem EnEV-Hallenbad erreichbar ist. Eine weiter ergänzende Energieeinsparung wird über die technologische Nutzung der spezifisch hohen Fortluftenthalpie möglich. Das Hallenbad in Passivbauweise ist als besondere Effizienzstrategie identifiziert, wobei aber die Einsparpotenziale nicht durch eine Aneinanderreihung mehrerer Einzelmaßnahmen erschlossen werden, sondern dies ergibt sich erst in der aufeinander aufbauenden Kombination derselben. In einem innovativen Pilotprojekt soll das Passivhallenbad Lünen (Lippe Bad) als gebautes Beispiel entstehen. Hierfür sind integrierte Planungen notwendig, um zu einer optimierten Gesamtlösung für die Gebäudehülle und die Anlagentechnik zu kommen. Zur Reduzierung der zu erwartenden laufenden Kosten des Hallenbadneubaus in Lünen soll ein Konzept erarbeitet werden, welches sowohl die Energiekosten für Beheizung und Belüftung als auch die für Badewasser- und Warmwasserbereitung reduziert. Hinsichtlich Primärenergieeinsatz und Investitionskosten wird eine optimierte Gesamtlösung angestrebt. Zur Projektierung des Passivhaus-Standards und zur energetischen Optimierung des Hallenbades soll ein Energiebilanz-Modell erstellt werden, welches das Gesamtkonzept aus Gebäudehülle und Haustechnik abbildet. Die Aufgaben bestehen vor allem darin, die Erkenntnisse aus der Grundlagenuntersuchung auf das konkrete Projekt hin umzusetzen und dem Anforderungsprofil entsprechende Systemvarianten hinsichtlich der Einsetzbarkeit gegenüberzustellen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDiese Zielstellung bedarf der intensiven Zusammenarbeit eines Planungsteams, in dem das umfassende Wissen aus Wissenschaft, Theorie, Praxis und Betrieb vertreten sein muss. Die Bearbeitung der stets über viele Gewerke verbundenen Aufgabenstellungen ist eine Teamaufgabe, die zu verbesserten Lösungen führen wird und zusätzlich den Kenntnisstand aller Teammitglieder nachhaltig erweitert. Zur Lösung der vielfältigen Aufgabenstellungen im Rahmen des Förderantrags wird ein integriert arbeitendes Planungsteam aus allen benötigten Fachbereichen eingesetzt. Integriert erarbeitete Lösungen sollen auch beispielhaft aus dem Gesamtzusammenhang abgeleitet und dargestellt werden. Die Verbreitung wird über schriftliche Unterlagen und fachlich ausgeprägte Präsentationen für Fachveranstaltungen verfolgt. Weiterhin soll das Projekt Lippe Bad über Öffentlichkeitsarbeit transparent gemacht werden. Mit dem Endbericht und dem vorbereitenden Grundlagenbericht (DBU, AZ 26261, beides kostenlos verfügbar) stehen Unterlagen zur Verfügung, welche die Zielstellungen und Lösungsansätze verdeutlichen und die für Entwicklungen von Nachfolgeprojekten grundlegend sind.


Ergebnisse und Diskussion

Die einzelnen Fragestellungen und Ergebnisse wurden in einem Bericht dargestellt. Im integrierten Planungsprozess konnten über die jeweiligen Gewerkegrenzen hinweg vielfältige Ansätze zur Energie und Wassereinsparung formuliert werden. Die Planung entwickelte sich ideenreich. Durch die angestrebte Kooperation von Wissenschaft und Praxis im Team wurden innovative Lösungsansätze detailliert entwickelt. Jedes Mitglied im integrierten Planungsteam hat dadurch gelernt und an neuem Wissen gewonnen. Mit der integralen Planung des Lippe Bades Lünen ist es gelungen, ein Hallenbad mit Konzepten der Passivhaus Technologie umzusetzen. Durch die thermisch sehr hochwertige Gebäudehülle konnte der Transmissionswärmebedarf relativ zu Standard-Neubauten und noch deutlicher zu bestehenden Bädern signifikant gesenkt werden. Aus der entscheidenden thermischen Verbesserung der Gebäudehülle, hier insbesondere der transparenten Bauteile, resultieren höhere minimale Oberflächentemperaturen, durch welche die Möglichkeit gegeben ist, im Bad höhere relative Luftfeuchten zu fahren. Diese Maßnahme senkt die Verluste durch Verdunstung von Beckenwasser erheblich. Durch die Projektierung hochwertiger Lüftungswärmetauscher, sowie einer intelligente Lüftungssteuerung werden die Luftvolumenströme und die Lüftungswärmeverluste deutlich reduziert. Heizung und Warmwasserbereitung arbeiten konsequent mit Niedertemperaturwärme und es werden durchgehend höchst energieeffiziente elektrische Anlagen eingesetzt (Beleuchtung, Pumpen, Motoren). Laut dem aktuellen Stand der Energiebilanzierung mittels eines modifizierten Passivhaus Projektierung Paketes (PHPP) konnte der Endenergiebedarf durch diese Maßnahmen auf 549 kWh/(m²a) reduziert werden. In Verbindung mit zwei Blockheizkraftwerken am Standort Lippe Bad (Biogas und mit Erdgas) lassen sich durch die Nutzung von Ab- und Brennwertwärme auf Niedertemperaturniveau ausgesprochen günstige Primärenergiefaktoren für die Beheizung und die Warmwasserbereitung erzielen. Der Einsatz einer Ultrafiltrationsanlage erwies sich als eine wirtschaftliche Variante. Durch die bei der Ultrafiltration quasi kontinuierlich anfallenden Abspülwässer wird ein Wasserrecycling möglich. Ein großer Teil des Abspülwassers wird aufbereitet und als Beckenwasser wieder verwendet. Ein weiterer Teil substituiert Frischwasser für die Urinal- und Toilettenspülung. Sparsame Entnahmearmaturen, Duschen und WC-/Urinalspülungen sorgen für weitere Einsparungen, sodass eine Reduktion des Trinkwasserbedarfes von ca. 67% erwartet wird. Es konnte festgestellt werden, dass die Verwendung von Passivhaus Technologien keine Mehraufwendungen im Bereich des Brandschutzes nach sich ziehen. Durch ein durchdachtes und innovatives Reinigungskonzept, welches auch auf Erfahrungen des Betreibers beruht und tief in die Gestaltung des Gebäudes und die Anlagentechnik eingreift, werden erheblich Betriebskosteneinsparungen, sowie Einsparungen von Wasser und Reinigungschemikalien erwartet. Durch das Konzept wird es möglich, Reinigungsarbeiten in größerem Umfang teils auch in die Schwachlast-Öffnungszeiten des Bades zu verlegen. Ein sehr detailliertes und transparentes Monitoring im zukünftigen Betrieb des Lippe Bades ist unverzichtbar. Erst dadurch können weitere Optimierungen vorgenommen und die gewählten Lösungsansätze qualifiziert werden. Besonderes Augenmerk ist dabei auf die maßgeblichen Bedingungen zu richten, wo der aktuell geltende Stand der Technik nicht dem im Passivhauskonzept Lippe Bad zu erprobenden Betriebsregime entspricht.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Zwischenergebnisse wurden während der letzten Internationalen Passivhaustagungen vorgestellt. Viele weitere Veranstaltungen zur Präsentation wurden wahrgenommen (3. Osnabrücker Bädertag, Jahrestagung des Bundesverband Deutscher Schwimmmeister e. V., Firmenseminare Evers und Hübers, Veranstaltung Pro Bad, Kongress für das Badewesen 2010, Sitzung des Arbeitskreises HLSE der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen, Arbeitsgruppensitzung Bauen und Wohnen der Energieagentur NRW, EnOB Fachgespräch Niedrigstenergieschwimmbäder, Seminare des Bundesverbandes für Wohnen und Stadtentwicklung vhw, …). Während der Woche der Umwelt 2012 in Berlin wird das Projekt Lippe Bad Lünen auch vorgestellt werden. In der fortgeschrittenen Bauphase und insbesondere seit Aufnahme des Probebetriebes (9. September 2011) besuchten bzw. besuchen viele Gruppen das Projekt in Lünen (andere Kommunen aus Deutschland, Österreich und Schweden, Fachfirmen). In Führungen werden die Zusammenhänge des Passivhauskonzepts und die der baulichen Gestaltung vermittelt. Ebenso werden die vielen laufenden Anfragen zum Projekt (Kommunen, Architekten, Planungsgesellschaften, Investoren) durch die Bädergesellschaft Lünen mbH engagiert beantwortet.


Fazit

Die Planung entwickelte sich stets ideenreich und das Projekt wurde mit Erfolg abgeschlossen. Aufbauend auf die systematisch erarbeiteten Grundlagen konnten praktische Lösungen für das gebaute Beispiel erarbeitet werden, um das bedeutende Einsparpotenzial eines Hallenbades mit Passivhauskonzepten erschließen zu können. Im Rahmen der Bearbeitung zeigten sich viele weiterführende Fragestellungen, die zum Teil nur über ein sehr detailliertes, mehrjähriges Monitoring im Betrieb eines Pilotprojektes beantwortet werden können (Behaglichkeitsfragen, Zusammenhang zwischen Außenluftwechsel und Luftschadstoffen in der Hallenatmosphäre, Notwendigkeit eines ergänzenden Umluftanteils zur effektiven Durchströmung des Innenraumes und vieles mehr). In der parallel laufenden Bauausführung zeigt sich, dass Maßnahmen der Qualitätssicherung konsequent und permanent angewendet werden müssen. Viele routinierte Arbeitsabläufe der gängigen Baupraxis, über nahezu alle ausführenden Gewerke, entsprechen nicht der mit der Passivbauweise zwangsweise verbundenen Forderung nach Ausführungsqualität und Detailtreue. Mit Aufnahme des Probebetriebes wurden einzelne Ausführungsmängel und Schwachstellen erkannt, wo Nacharbeiten angezeigt sind.

Übersicht

Fördersumme

125.000,00 €

Förderzeitraum

12.01.2009 - 30.09.2010

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik