Sanierung der umweltgeschädigten frühgotischen Kalksteinportale der Rostocker Marienkirche
Projektdurchführung
Ev.-Luth. Innenstadtgemeinde Rostock
Am Ziegenmarkt 4
18055 Rostock
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
In das Querhaus der Marienkirche gewähren zwei große, frühgotische Portale den Zugang. Beide Portale wurden während einer früheren Restaurierungsphase mit einer Beschichtung überzogen. Es ist nicht erkennbar, ob die Portale nur aus Kalkstein oder auch aus anderen Materialien (Kalkstuck) bestehen. Die Schlämme zeigen viele Risse und Fehlstellen, an denen stark beschädigtes Originalmaterial sichtbar ist. Proben weisen eine extreme Belastung bauschädlicher Salze auf. In Verbindung mit dem Überzug und eindringender Feuchte kommt es deshalb zu fortschreitendem Verlust an der Originalsubstanz. Die wissenschaftlichen Untersuchungen haben die Schadwirkung und die Beseitigung oder Reduzierung der umweltbedingten Einträge und der schädigenden Schlämme, sowie die Sicherung der Originalsubstanz zum Gegenstand. Sie sind Grundlage für die fachgerechte restauratorische Erhaltung beider Portale mit dem Ziel einer Standzeitverlängerung dieser bedeutenden Bauteile.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenInhalte der wissenschaftlichen Untersuchungen: 1. Aufnahme des Bestandes und Zustandes der Portale, 2. Untersuchung der Materialien, 3. Untersuchung der Salzbelastung und klimatischen Bedingungen, 4. praktische Versuche zur Abnahme der Schlämme und zur Salzreduzierung, 5. Festlegung des Restaurierungskonzeptes, 6. Auswahl und Anpassung von Konservierungsmaterialien, 7. Anlage von Musterflächen und Begutachtung, 8. Begleitung der Durchführung der Maßnahme.
Nach Gerüstaufstellung an beiden Portalen und Aufnahme des Bestandes und Zustandes sowie Untersuchungen zu Schadensfaktoren, Ausmaß der Umweltbelastung und Schädigungsgrad und -tiefe werden Versuche zur Abnahme der Schlämme mit verschiedenen Verfahren durchgeführt. Methoden und Materialien für Konservierungsarbeiten (Festigung, Schließen von Fehlstellen, Rissen und Fugen, Hinterfüllen loser Partien, Schutz- oder Opferschicht) an der Originalsubstanz werden entwickelt und erprobt.
Die bautechnischen, restauratorischen und wissenschaftlichen Ergebnisse werden dokumentiert.
Ziel ist es, für nachträglich beschichtete und umweltgeschädigte Denkmale aus Kalkstein oder Kalkstuck des Ostseeraums ein schonendes Verfahren zur Entfernung der schädlichen Überzüge und Konservierungs- und Restaurierungsmöglichkeiten zu entwickeln und anzuwenden.
Ergebnisse und Diskussion
Die Untersuchung der Altbeschichtungen an beiden Portalen und der darunter liegenden Steinpartien zeigte deutlich den schädigenden Einfluss. Praktische Versuche zur Reinigung führten zu dem Ergebnis, dass eine vorsichtige mechanische Abnahme dickerer Beschichtungen und Antragungen und eine nachfolgende trockene Mikropartikelstrahlreinigung das beste Resultat erzielte. Es folgte die Abnahme der Beschichtungen.
Nach der Entfernung wurde deutlich, dass beide Portale nicht neu, sondern als Zweitverwendung versetzt worden sind. Beide Portale bestehen überwiegend aus Kalksteinen. Es wurden zwei unterschiedliche Kalksteine und verschiedene Mörteltypen verwendet.
Die beiden Kalksteinvarietäten unterscheiden sich stark in ihrem Aussehen, ihren physikalischen Eigenschaften und ihren Verwitterungsformen. Die bläulichen, dichten Kalksteine des Südportals zeigen vor allem Aufblättern und Schuppenbildung, sowie Rissbildung als Schadensformen, die hellen weicheren Kalksteine des Nordportals neigen zu Absanden, Schalenbildung und Bröckelzerfall. Am Nordportal kamen untergeordnet auch die dichten Kalksteine zum Einsatz.
Als Setz- und Antragsmörtel wurden Gipsmörtel verwendet, die am Nordportal noch weitgehend erhalten waren, am Südportal gab es nun noch wenige Zeugen dieser Technologie.
Aufgrund dieser Ergebnisse mussten entgegen der ursprünglichen Planung verschiedene Konservierungskonzepte sowie unterschiedliche Konservierungsmaterialien und Applikationstechniken erarbeitet werden.
Bei den Gesteinen und Mörteln wurden die Materialeigenschaften bestimmt. Hierdurch ist die Basis für die Entwicklung angepasster Konservierungsmaterialien gegeben. Für die dichten Kalksteine wurden zusätzlich Ersatzgesteine für Steinergänzungen auf ihre Eignung untersucht. Das Konservierungskonzept für das Südportal sieht vor: Stabilisierung der aufblätternden Bereiche, in begrenztem Rahmen Einsetzen von Steinergänzungen, Füllung von Hohlstellen, Schließung der Fugen und Oberflächenschutz mittels einer transparenten Schlämme. Hier wurden Mörtelsysteme mit Kalk als Bindemittel empfohlen.
Das Konzept und die Konservierungsmaterialwahl für das Nordportal wichen davon ab. Es wurde eine Festigung instabiler Bereiche mit Kieselsäureester vorgeschlagen, die Schließung der Fugen mittels Gipsmörtel, große Antragungen und eine Oberflächenschutzschlämme auf Kalkbasis. Für die innere Portalteile wurden teilweise Steinergänzungen in dem dichten Kalkstein aufgenommen. Die qualitativ hochwertigen Zementgusskapitelle von 1870 sollen erhalten werden.
Konservierungsmaterialien und Applikationstechniken wurden teilweise neu entwickelt, teilweise wurden auch kommerzielle Produkte mit oder ohne Modifizierung verwendet. Alle Konservierungsmaterialien und Applikationstechniken wurden im Labor untersucht und an Musterflächen an den Portalen überprüft. Nach der Entwicklung und dem Test von Materialien und Anwendungstechniken wurde das Konservierungskonzept bei der Restaurierung der beiden Portale in die Praxis umgesetzt. Die Restaurierung ist abgeschlossen.
Alle Untersuchungen, praktischen Tests und die Durchführung erfolgten in enger Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern (LAKD): Dipl. Rest. Elke Kuhnert. Die Durchführung der Maßnahme lag bei Dipl. Rest. Markus Mannewitz (Rostock).
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Im Rahmen des Projektes wurde eine Masterarbeit am Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft der FH Köln: Konservierung der Querhausportale der Marienkirche in Rostock von Dipl. Rest. Manuela Prechtel erstellt. Die Ergebnisse des Projektes wurden in verschiedenen Vorträgen der Öffentlichkeit vorgestellt, zuletzt beim Abschlusskolloquium des Projektes verbunden mit der Fachtagung Portale- und Gewölbesicherung am 20.01.2012 in Rostock. Die Ergebnisse des Projektes werden weiterhin in der Schriftenreihe zu dieser Tagung und in einer Fachzeitschrift publiziert. Teilergebnisse wurden bereits in der Festschrift: Lehre und Forschung 25 Jahre CICS an der FH Köln veröffentlicht.
Fazit
Im Rahmen des Projektes wurden nach der Klärung des Gefährdungspotentials der Altbeschichtungen Methoden ihrer schonenden Entfernung und individuelle Konservierungskonzepte für zwei verschiedene Kalksteine und Mörtelsysteme entwickelt, getestet und in der Restaurierung der Portale direkt in die Praxis umgesetzt. Aufgrund der guten Erhaltung von Gipsmörteln am Nordportal wurde hier auch wieder in dieser mittelalterlichen Technik gearbeitet. Die Umsetzung der wissenschaftlichen und praktischen Untersuchungsergebnisse direkt in die Restaurierungsmaßnahme ist beispielhaft.
Fördersumme
125.000,00 €
Förderzeitraum
27.11.2008 - 31.12.2011
Bundesland
Mecklenburg-Vorpommern
Schlagwörter