Revitalisierung des historischen Küchengartens als Maßnahme der Umweltbildung
Projektdurchführung
Stiftung Schloss Eutin
Schlossplatz 5
23701 Eutin
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Der von Peter Friedrich Ludwig auf der Grundstruktur eines barocken Vorgängers im 18. Jh. angelegte Schlossgarten Eutin ist eines der bedeutendsten Gartenkunstwerke Schleswig-Holsteins. Im Zentrum des Gartens liegt der ab 1790 nach englischen Vorbildern gestaltete, etwa zwei Hektar große Küchengarten.
Über Jahrhunderte diente er der Produktion von gärtnerischen Erzeugnissen. Die Industrialisierung im 20. Jh. und die damit verbundenen wachsenden anthropogenen Einflüsse verursachten gravierende Schäden. Es kam zur Versiegelung ehemaliger Gartenfläche, zum Verlust an kulturhistorisch wertvoller Bausubstanz sowie zu nachhaltigen Störungen des Wasserregimes, was letztendlich zu einer vollständigen Aufgabe der gärtnerischen Nutzung führte.
In einem Vorprojekt waren zunächst wichtige Grundlagen zur ökologischen Verbesserung des hist. Wassersystems des gesamten Schlossgartens geschaffen worden. Durch ein VOF-Verfahren wurden Lösungsansätze zur Revitalisierung des Küchengartens gefunden. Erste Instandsetzungsarbeiten am Orangeriegebäude und der Küchengartenmauer sind bereits erfolgt. Im Rahmen des vorliegenden Projektes wurde damit begonnen, den Küchengarten in modellhafter Weise wieder seinem ursprünglichen Zweck zuzuführen. Langfristiges Ziel ist es, den Garten nach ökologischen Gesichtspunkten zu bewirt-schaften und vergessene traditionelle gärtnerische Techniken einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Projekt beinhaltet die folgenden Vorhaben:
1. Maßnahmen zur Wiederherstellung des historischen Wassersystems
2. Revitalisierung des östlichen Gartenbereiches, Anlage eines lebenden Zaunes sowie Wiederherstellung von Obstbaumpflanzungen nach historischem Vorbild
In enger Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, der Norddeutschen Fach-schule für Gartenbau sowie mittelständischen Baumschulen wurde damit begonnen, im Küchengarten wieder traditionelle regionale Obstsorten in hist. Anbauweise zu kultivieren. Erstmals in Deutschland wird dabei versucht, die die Gärten des 17. bis 19. Jh. prägenden Zwergobstgehölze wieder anzuziehen.
Mit der Anlage eines lebenden Zaunes sollen Erkenntnisse für eine aktuelle Nutzung dieser vergesseen ressourcensparenden Technik erzielt werden. Im Rahmen des Projektes wurden Schüler mit historischen gärtnerischen Bewirtschaftungsformen und Kultivierungstechniken sowie der Geschichte des Küchengartens vertraut gemacht. Eine intensive Begleitung der Maßnahmen durch das Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein sicherte einen hohen fachlichen Standard.
Ergebnisse und Diskussion
Im Winter/Frühjahr 2008/2009 konnte der östliche Gartenbereich von Bauschutt, Steinen, Abfällen und lagernden Aushubmassen beräumt und die mit den Ablagerungen verbundenen Umweltbelastungen des Bodens und der Vegetation beseitigt werden. Dabei wurde auch ein großer Teil des massenhaft auftretenden Japanischen Knöterichs (= invasiver Neophyt) fachgerecht entsorgt. Für eine nachhaltige Beseitigung müssen diese Arbeiten regelmäßig fortgeführt werden.
In Zusammenarbeit mit dem Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein wurden im Herbst 2009 weitere gartenarchäologische Untersuchungen im Küchengarten durchgeführt, die u. a. über den ehemaligen Be- und Entwässerungsgraben und dessen Verlauf Aufklärung verschafften. Im Ergebnis der Grabungen und der umfassenden hydrologischen und hydrogeologischen Untersuchungen sowie vertiefender historischer Recherchen im Rahmen des DBU-Projektes konnten wertvolle Erkenntnisse für die geplanten Maßnahmen zur Wiederherstellung des historischen Wassersystems gewonnen werden. Da kein historisches Dränagesystem nachgewiesen wurde, konnte auf die zunächst geplante kostenintensive Flächendränage des gesamten Küchengartenareals verzichtet werden. Ausgeführt wurde lediglich eine lokal begrenzte Dränierung im Einflussbereich des Kleinen Piependieks und im Nahbereich des Orangeriegebäudes. Dadurch konnten nicht nur Kosten gespart sondern auch das Gelände und die im Boden befindlichen archäologischen Strukturen vor großflächigen Störungen bewahrt werden. Der historische Be- und Entwässerungsgraben zwischen Kleinem Piependiek und Duvendiek wurde aktiviert und trägt ebenfalls wieder zur Abführung überschüssigen Wassers bei. Die in den 1960er Jahren verlegten Betonrohre und die Einlaufschächte sind entfernt und der Graben in der ursprünglichen Gestaltung wiederhergestellt worden. In seinem Umfeld und im Bereich der verlegten Dränagen am Orangeriegebäude wurden Wege- und Vegetationsflächen nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten saniert. Mit der Revitalisierung des östlichen Gehölzsaumes konnte ein weiterer Beitrag zur Reaktivierung des besonderen Binnenklimas im Küchengarten geleistet werden. Durch die Pflanzung eines Lebenden Gartenzauns, einer Gruppe Lebender Gartenmöbel aus verschiedenen heimischen Gehölzarten sowie eines Obsthains in historischer Quincunx-Formation sind erste Schritte unternommen worden, um die ehemals artenreiche Bepflanzung des Küchengartens zukünftig wieder präsentieren zu können. Derzeit stellt der Freundeskreis Schloss Eutin durch ehrenamtliche Arbeitseinsätze die Bewässerung und die Pflege der Pflanzungen sicher. Eine Besonderheit des Projekts ist die Anzucht von niedrigstämmigen Formobstgehölzen, so genanntem Zwergobst oder Franzobst. In Zusammenarbeit mit der Norddeutschen Fachschule für Gartenbau und der Baumschule Cordes sind bisher 35 Zwergapfel- und Zwergbirnbäume veredelt und auf eine Versuchsfläche im Gartenbauzentrum Ellerhoop verpflanzt worden. Die spezielle Formierung der Gehölzkrone wird etwa vier Jahre in Anspruch nehmen, danach können die Obstbäume in den Küchengarten Eutin umgesetzt werden. Durch die Wiederbelebung der traditionellen gärtnerischen Techniken entstehen auch Impulse für den modernen Wirtschaftsbetrieb der Baumschulen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die Öffentlichkeitsarbeit nimmt einen sehr hohen Stellenwert innerhalb des Projektes ein. Zusammen mit der Eutiner Bevölkerung und Mitgliedern des Freundeskreises Schloss Eutin e. V. beteiligten sich Schüler der Wilhelm-Wisser-Schule mit sehr viel Engagement an den jeweils im Frühjahr 2009 und 2010 durchgeführten öffentlichen Parkpflegeseminaren. Ebenfalls mit großem Erfolg fand im April 2010 das 2. Internationale Eutiner Küchengartenkolloquium statt. Die Tagung mit etwa 30 Teilnehmern aus Deutschland, England und Frankreich knüpfte an das 2007 durchgeführte 1. Internationale Eutiner Küchengartenkolloquium an und trug dazu bei, die Vernetzung von Fachleuten im Bereich historischer Küchengärten und Bewahrung und Kultivierung historischer Obst- und Gemüsesorten weiter zu vertiefen und ausweiten. Die Projektergebnisse werden auch auf der Internetseite der nicht zuletzt im Ergebnis der Eutiner Tagung gegründeten neuen Arbeitsgemeinschaft KÜCHENGARTENnetzwerk präsentiert. Die Internetseite wurde im Rahmen des DBU-Projektes erstellt. [www.kuechengarten.net]
Alle Veranstaltungen fanden vielfach positiven Niederschlag in der Presse.
Fazit
Historische Küchengärten sind klassische Orte der Bewahrung kultureller Werte, großer Nutzpflanzenvielfalt, traditioneller Techniken sowie ökologischer Bewirtschaftungsformen. Während in anderen europäischen Ländern einzelne Küchengärten erhalten geblieben bzw. wieder entstanden sind und einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, existieren in Deutschland nur noch wenige Beispiele. Der Küchengarten Eutin, der in seiner Grundstruktur bis heute erhalten geblieben und ein bedeutender Vertreter seiner Art ist, bietet die Möglichkeit einer modellhaften Revitalisierung und nachhaltigen Bewirtschaftung. Mit den im Rahmen des DBU-Projektes durchgeführten Maßnahmen zur Beseitigung der anthropogenen Schäden und Beeinträchtigungen des Kulturdenkmals sowie zur Wiederherstellung des historischen Wasserregimes sind wichtige Voraussetzungen dafür geschaffen worden. Außerdem konnten die Öffentlichkeit über das Thema Nutz- und Küchengärten informiert und ein Netzwerk für Fachleute auf diesem Gebiet aufgebaut werden.
Fördersumme
120.000,00 €
Förderzeitraum
16.12.2008 - 30.11.2010
Bundesland
Schleswig-Holstein
Schlagwörter
Kulturgüter
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umwelttechnik