Nachhaltige Schülerfirmen in der Evaluation
Projektdurchführung
Freie Universität Berlin
Institut Futur
Fabeckstr. 37
14195 Berlin
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Über Schülerfirmen liegen keine erhärteten Daten vor. Diese Forschungslücke wirkt sich wiederum negativ auf die Praxis aus. Soll die Effektivität der Schülerfirmen-Programme gesteigert werden, so müssen Handlungsschritte und Strukturen systematisch begründet werden können, insbesondere um Schülerfirmen verstärkt im schulischen Curriculum zu verankern. Die differenzierte Forschung im Feld Schülerfirmen, insbesondere die Messung von Lernwirkungen, benötigt eine Basis, die bisher noch nicht gegeben ist. Diese Explorationsstudie hat 4 Zielaspekte:
1. Der Verbreitungsgrad von Schülerfirmen in unterschiedlichen Schulformen
2. Die Struktur und Organisation der Schülerfirmen bzw. deren Professionalitätsgrad
3. Der Aspekt der Nachhaltigkeit in den Schülerfirmen
4. Die von den Schülerinnen und Schülern erworbenen Kompetenzen und Lernmotivationen
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenFolgendes Forschungsdesign wurde gewählt:
1.Recherche
2.Qualitativer Teil: Interviews mit 20 ausgewählten Schülerfirmen
3.Quantitativer Teil: Online-Befragung
Dazu war die Entwicklung eines Interviewleitfadens, Fragebogens bzw. Befragungstools erforderlich. Interviews und Daten wurden ausgewertet, ein Abschlussbericht (lektorierte Fassung unter http://www.bne-portal.de/coremedia/generator/unesco/de/Downloads/Aktuelles/Meldungen/Explorationsstudie.pdf) erstellt und die Ergebnisse der Fachöffentlichkeit (Download auf dem BNE - Portal) vorgestellt. Mit Freude haben wir das rege Interesse aus den unterschiedlichsten Kreisen (Schulleiter, Schülerfirmenleiter/innen, Hochschulen, Anfrage aus der Schweiz) registriert.
Ergebnisse und Diskussion
Schülerfirmen haben sich in wenigen Jahren Deutschland zu einem beliebten Lernarrangement entwickelt. Neben ersten Einblicken in marktwirtschaftliche Zusammenhänge verspricht die Mitarbeit in einer Schülerfirma den Erwerb vielfältiger personaler, sozialer, methodischer und fachlicher Kompetenzen. Aus der Perspektive der Bildung für nachhaltige Entwicklung wird angestrebt, nachhaltiges Wirtschaften erlebbar zu machen und Schülern den Erwerb zukunftsfähiger Kompetenzen zu ermöglichen. Die Erwartungen an das Lernarrangement Schülerfirmen sind entsprechend hoch gesteckt. Empirisch erhärtete Daten über Schülerfirmen liegen jedoch bisher kaum vor. Es war das Ziel der vorliegenden Explorationsstudie, diese Forschungslücke zu schließen.
Strukturelle und organisatorische Aspekte von Schülerfirmen
Die im Rahmen der Explorationsstudie durchgeführte nicht repräsentative Onlinebefragung zeigt insbesondere für die im niedersächsischen NaSch-Netzwerk aktiven Schulen, dass gut die Hälfte der befragten Schülerfirmen über einen Businessplan verfügt (54,9 %) und dass fast alle Firmen (95,9 %) eine eigene Buchführung betreiben. Eine große Mehrheit der Firmen (80,8 %) führt eine Kassenprüfung durch, mehr als die Hälfte (60 %) hat eine eigene PR-Abteilung. Insgesamt ergibt sich damit für die meisten Schülerfirmen des NaSch-Netzwerkes ein hoher Professionalisierungsgrad, was bei 1/3 der online befragten Firmen auch die Eintragung als GbR, GmbH, Genossenschaft oder Aktiengesellschaft anzeigt.
Der Aspekt der Nachhaltigkeit in den Schülerfirmen
Die durchgeführten Interviews spiegeln die Bandbreite möglicher Ansätze zur Integration von Nachhaltigkeit in Schülerfirmen wieder: ressourcensparendes Wirtschaften, Minimierung der Umweltbelastungen, Herstellung umweltverträglicher Produkte, Anbieten nachhaltiger Dienstleistungen, verantwortungsbewusster Umgang mit den Ökosystemen, Übernahme von regionaler und/oder globaler ökologischer bzw. sozialer Verantwortung, partizipative Unternehmensführung, Beteiligung der Mitarbeiter, Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen, Zusammenarbeit mit Partnern aus dem Nachhaltigkeitsbereich, langfriste Sicherung der Schülerfirma etc. Wenn Schülerfirmen versuchen, ökologische oder soziale Aspekte im Wirtschaftsprozess zu berücksichtigen, können aber auch Zielkonflikte entstehen: Was z. B. tun, wenn die Qualität ökologischer Verbrauchsmaterialien nicht mit der konventioneller mithält? Insbesondere in der Auseinandersetzung mit Situationen, in denen konkurrierende Ziele in Konflikt zueinander geraten, sehen einige Lehrkräfte eine besondere Lerngelegenheit, mit der die demokratische Aushandlung von Entscheidungen für nachhaltige Entwicklungsprozesse gefördert werden kann. Dadurch, dass Schüler und Lehrkräfte in der Schülerfirma mit Nachhaltigkeit konfrontiert werden, sind sie - so zeigen die Interviews - für Nachhaltigkeit sensibilisiert. Sowohl die Aussagen der Lehrkräfte als auch die der Schüler legen nahe, dass Nachhaltigkeit für viele Schüler kein explizites, sehr wohl aber ein implizites Konzept ist. Die große Mehrheit der Schüler kann darstellen, inwiefern Nachhaltigkeit in ihrem persönlichen Leben eine Rolle spielt und Beispiele nennen, wie sie durch ihren eigenen Lebensstil versuchen, einen Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung zu leisten. Die durchgeführten Schülerinterviews zeigen, dass Schülerfirmen für Schüler insbesondere daher ein beliebtes Lernarrangement sind, da sie Einblicke in interessante Themen oder Arbeitsfelder erlauben, das Einbringen von persönlichen Interessen und Erfahrungen ermöglichen und eigenständiges und -verantwortliches Arbeiten zulassen. Bezogen auf die Lernwirkungen von Schülerfirmen, lassen schon die Ergebnisse der Onlinebefragung erste positive Rückschlüsse zu. In erster Linie scheinen es die sogenannten soft skills zu sein, die in Schülerfirmen gefördert werden.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Jede interviewte Schülerfirma erhielt die Studie. Hinweise und Interesse an den Ergebnissen wurden per Mail ausgetauscht. Eine Fachkonferenz zur Thematik wurde angeregt. Die in der Studie beschriebenen Fakten wurden bestätigt. Die Ergebnisse wurden zur Präsentation als Foliensatz (51 Folien) aufbereitet. Eine entsprechende Vorstellung und Diskussion fand mit der BNEAgentur Niedersachsen e.V. statt. Mit geringem Aufwand lässt sich diese PowerPoint-Präsentation in ein Instrument für Berater, Schulleitungen und an der Bildung für Nachhaltigkeit (BNE) interessierte Personen aufbereiten. Sie steht als Download auf der Homepage des BNE-Portals bereit.
Fazit
Diese Studie hatte ausdrücklich explorativen Charakter. Daher sind die Aussagen aus den Erhebungen weniger dazu gedacht, den Ist-Stand und die Leistungsfähigkeit von Schülerfirmen präzise zu erfassen, als das Feld zu sondieren. Die Ausdifferenzierung der aufgeworfenen Fragen, ihre Umsetzung mit Hilfe verschiedener Forschungsmethoden und Instrumente muss umfänglicheren Studien vorbehalten bleiben. Jenseits dieser Forschungsfragen zeigt sich ein eindeutiger Handlungsbedarf in Bezug auf die Stärkung von nachhaltigen Schülerfirmen. Aus den Lehrerinterviews (die in der Regel mit in der Sache versierten Lehrkräften durchgeführt wurde) ergibt sich ein substanzieller Fortbildungsbedarf. Zudem wurde immer wieder eine deutlichere Unterstützung von Schülerfirmen durch die Bildungsadministration (deutliche Anerkennung als Lernform, Bereitstellung von Zeitfenstern in den Curricula, Förderung bei der Einrichtung etc.) erkennbar.
Insgesamt handelt es sich bei den (nachhaltigen) Schülerfirmen um eine Lernform, die insbesondere den Kindern und Jugendlichen zu Gute kommen dürfte, die in Förder- und Hauptschulen, Realschulen und ähnlichen Schulformen unterrichtet werden.
Fördersumme
56.070,00 €
Förderzeitraum
05.03.2008 - 30.11.2009
Bundesland
Berlin
Schlagwörter
Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umweltkommunikation