Projekt 25506/01

Entwicklung von Verfahren für eine naturschutzgerechte und ökonomisch tragfähige Heidenutzung als Beitrag zur Regionalentwicklung am Beispiel der Heidefläche NSG Forsthaus Prösa

Projektdurchführung

Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg
Heinrich-Mann-Allee 18/19
14473 Potsdam

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Für die Erhaltung der mageren Offenlandschaften auf ehemaligen Truppenübungsplätzen in Brandenburg bestehen bisher keine hinreichenden Konzepte. Dies liegt zum einen an der Munitionsbelastung, zum anderen an den begrenzten finanziellen Ressourcen für Landschaftspflegemaßnahmen. Im Rahmen des Projektes sollten deshalb innovative Strategien für den Umgang mit der Munitionsbelastung entwickelt werden, die auf der Erprobung des Verfahrens der Aerosondierung, der Weiterentwicklung munitionsgeschützter Technik und der Berücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen beruhen. Die notwendige Landschaftspflege sollte mit Verfahren wirtschaftlicher Nutzung praktiziert werden. Dazu sollte eine neuartige Kombination von Beweidung, Mahd und Energieholzgewinnung unter Praxisbedingungen erprobt und weiterentwickelt werden. Das Projekt möchte Naturschutzziele mit wirtschaftlicher Entwicklung und Mehrwerterzeugung in Zusammenhang bringen. Dabei sollten kleine und mittelständische Unternehmen und umweltschonende Technologien speziell gefördert werden. Das Projekt sollte aufzeigen, dass sich bei dem Schutz und der Erhaltung von Heidelandschaften Naturschutzziele und regionale Wertschöpfung nicht behindern, sondern ergänzen und gegenseitig stützen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Erprobung und Entwicklung erfolgt auf der Heidefläche Forsthaus Prösa in Südbrandenburg, die über hohe Naturschutzwerte verfügt und Bestandteil des Nationalen Naturerbes ist. Hier werden beispielhaft für eine Heidefläche im ostdeutschen Tiefland Stoffflüsse untersucht. Dabei wurden die essenziellen Pflanzennährstoffe Stickstoff (Nitrat, Ammonium), Phosphor, Kalium und Magnesium analysiert und quantifiziert. Untersucht werden die Stoffeinträge mit dem Niederschlag, die Nährstoffakkumulation in der Biomasse, der Nährelementspeicher in den durchwurzelten Bodenhorizonten und die Nährstoffausträge in Abhängigkeit von unterschiedlichen Bewirtschaftungsverfahren. Auf der Grundlage der Er-gebnisse können Managementmaßnahmen optimiert und Fehler im Management vermieden werden.
Für die Anpassung der Maßnahmen wirtschaftlicher Nutzung an die Naturschutzziele werden naturschutzfachliche Daten zur Vegetation und zu den Tiergruppen der Vögel und der Schmetterlinge erhoben, um die Entwicklung des Erhaltungszustands zu beurteilen.
Der Erprobung von Maßnahmen der Heidepflege geht eine Aerosondierung zur Einschätzung des Gefahrenpotenzials durch Munition voraus. Die Ergebnisse werden mit einem konventionellen Verfahren der Munitionssondierung verglichen. Für Gehölze, die spontan in die Heideflächen einwandern, ist eine energetische Nutzung vorgesehen. Für diese Nutzung werden die nachhaltig verfügbaren Mengen abgeschätzt und optimale Aufarbeitungsverfahren entwickelt. Technik, die bereits in der Landschaftspflege eingesetzt wird, sollte weiterentwickelt und vor Munitionseinwirkungen geschützt werden.
Heidemahdgut besitzt bereits heute einen guten Markt. Für diese Nutzung werden die Mindestkriterien für die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens unter den konkreten Bedingungen der Fläche ermittelt.
Die Beweidung sollte sinnvoll mit den anderen Verfahren der Heidenutzung kombiniert werden, sodass sich insgesamt ein wirtschaftliches Modell ergibt. Dazu sind eine Analyse der für die Beweidung nutzbaren Futterressourcen und eine Beurteilung des Leistungsvermögens der Tiere unter den Bedingungen der Heide erforderlich. Außerdem muss eine Bewertung der Pflegeleistung erfolgen. Im Einzelnen werden folgende Faktoren untersucht: Lebendmasseentwicklung und Fruchtbarkeitsleistung der Mutterschafe, Mast- und Schlachtleistung der Lämmer, Abgangsursachen und Tiergesundheit, Biomasseentzug durch die Beweidung und Verdrängungswirkung auf Gehölze, Verwertbarkeit der Aufwüchse für die Schafe, Möglichkeiten zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit.
Auf der Grundlage der Projektergebnisse sollten Empfehlungen für die 38 anderen offenzuhaltenden ehemaligen Militärflächen Brandenburgs entwickelt werden.
Durch eine geeignete Öffentlichkeitsarbeit sollten die Ziele und Ergebnisse des Projektes bekannt gemacht und das Bewusstsein für den Naturschutzwert magerer Offenlandschaften gefördert werden.


Ergebnisse und Diskussion

Die Untersuchungen zur Dynamik essenzieller Pflanzennährstoffe haben ergeben, dass die Stoffeinträge mit dem Niederschlag weniger als die Hälfte der in der Lüneburger Heide gemessenen Werte betragen. Eine N-Eutrophierung der Heideökosysteme ist damit aufgrund der sehr geringen Depositionseinträge nicht zu befürchten. Das ist ein wesentlicher Unterschied ostdeutscher Heiden zu den mehr atlantisch geprägten Heideökosystemen und eröffnet Gestaltungsspielräume beim Management, insbesondere bei der Beweidung. Die Calluna-Biomasse in der Prösa ist aufgrund größerer Lückigkeit mit 3,5 - 5 t/ha um mehr als ein Drittel geringer als in der Lüneburger Heide. Betrachtet man die Auswirkungen des Mana-gements auf das N-P-Verhältnis, so kommt es bei Mahd, Energieholznutzung und auch bei Beweidung zu einem leichten Phosphor-Export, da die N-P-Verhältnisse der entzogenen Biomasse kleiner als 15 sind. Mittelfristig muss also auch in Lausitzer Heiden mit einer Phosphor-Limitierung gerechnet werden, wie es bereits in der Lüneburger Heide festgestellt wurde. Lediglich mit den Rückeinträgen durch Schafkot wird vermehrt Phosphor in das System importiert. Eine Hinzurechnung des analytisch nicht erfassten Urins der Schafe könnte jedoch diesen Effekt etwas relativieren.

Für die Munitionssondierung wurde zunächst das Verfahren der Aerosondierung erprobt. Beim Vergleich mit konventionell sondierten und geräumten Testfeldern zeigte sich jedoch eine zu geringe Übereinstimmung. Deshalb wurde ein Verfahren der nutzungsorientierten Sondierung und Räumung entwickelt: Auf Hauptwegen erfolgt eine komplette Räumung aller Störkörper bis 1 m Bodentiefe. Dies ermöglicht ein Betreten und Befahren ohne Splitterschutz. Die Nebenwege und Pflegegassen werden von Störkörpern ab 5 kg Masse bzw. 0,7 l Volumen aufwärts bis 1 m Bodentiefe geräumt. Sie können mit Fahrzeugen be-fahren werden, die gegen Splitter geschützt sind. Pflegegassen haben 4 m Breite und werden je nach gewünschter Holzerntetechnik im Abstand von 20 - 25 m angelegt. Diese Art der Erschließung ermöglicht die Entnahme von Gehölzen und stellt die Kontrollfähigkeit für die Schafbeweidung her. Sie hat unter den Verhältnissen des Projektgebiets Kosten von 360 €/ha verursacht. Dabei war das Spektrum gefundener Munition vermutlich nicht repräsentativ, wohl aber die Anzahl der Störpunkte.

Für die Energieholzernte wurde ein munitionsgeschütztes Schwachholzerntesystem aus einem splittergeschützten Harvester, einem Rückezug und einem Antriebschlepper für einen Hacker entwickelt. Dabei erfolgte eine Aufpanzerung der Kabinenunterseite auf 11 mm Stahldicke, ein Ersatz der dem Arbeitseinsatz zugewandten Scheibe durch Makrolon Hygard 20 mm Scheiben und die Abdeckung der beweglichen Teile der Kabine mit Textilgummimatten. Nach Begutachtung der Schutzeinrichtungen durch die Bundesan-stalt für Materialprüfung wurde ein hohes Maß an Schutz bei gleichzeitiger Wirtschaftlichkeit und Praktikabilität bescheinigt.

Die Erprobung der Energieholzgewinnung bei Landschaftspflegemaßnahmen für Ausgangslagen mit unterschiedlicher Stärke und Dichte der Gehölz hat ergeben, dass die folgenden Voraussetzungen beachtet werden müssen, um die Maßnahmen kostendeckend oder annähernd kostendeckend zu gestalten: Die zu bearbeitende Fläche muss einen Massenanfall von mindestens 1000 Schüttraummetern bieten und einen mittleren Brusthöhendurchmesser von größer als 10 cm gewährleisten. Bei der Massenermittlung ist zu berücksichtigen, dass die tatsächlich anfallenden Mengen i. d. R. deutlich über denjenigen liegen, die mit forstlichen Schätzverfahren ermittelt wurden.

Die Beweidung mit Schafen führte zu einer Verjüngung der Calluna-Heide. Nach 4 Jahren lag der Anteil grüner Triebe an Dauerbeobachtungsflächen bei 54,2 % im beweideten gegenüber 42,2 % im unbeweideten Bereich. Scharfe Beweidung auf Stockausschläge führte zur nachhaltigen Schädigung von Birke und Espe. Über die Wahl des Beweidungsverfahrens (Koppeln oder Hüten), des Beweidungszeitpunkts und der Besatzdichte konnte die Intensität des Verbisses sehr variabel gesteuert und so an unterschiedliche Erfordernisse im Rahmen der Heidepflege angepasste werden. Die Nährstoffgehalte der Calluna-Heiden reichten aus, um den Erhaltungsbedarf und den Bedarf von hochtragenden Tieren abzudecken, waren für säugende Muttertiere jedoch unzureichend. Für die gesamte Herde war die Zufütterung von Mineralstoffmischungen unumgänglich. Möglichkeiten zur Erhöhung der Erlöse ergaben sich durch die Direktvermarktung des Schaffleisches an örtliche Gaststätten. Dennoch wird die Heidepflege erst durch die Einnahmen aus dem EU-kofinanzierten Kulturlandschaftspflegeprogramm des Landes Brandenburg wirtschaftlich tragfähig. Entscheidend für die Fortführung der Heidepflege mit Schafen wird die finanzielle Ausstattung entsprechender Agrar-Umweltprogramme nach der kommenden GAP-Reform sein.

Mahd kann ergänzend zur Beweidung eingesetzt werden. Eine Kostendeckung ist möglich, wenn sich das Mahdgut für die Verwertung in der Biofilterindustrie eignet. Das Mahdgut muss dafür länger als 40 cm und gut verholzt sein. Außerdem ist eine relativ homogene Struktur der Mahdfläche erforderlich, mit hohen Holz- und geringen Grünanteilen. Mahd ist auf Flächen, die an der Oberfläche von Munition und Metallteilen beräumt sind, unter Einsatz munitionsgeschützter Technik möglich.

Auf der Grundlage der Ergebnisse naturkundlicher Untersuchungen wurde ein Konzept für ein Monitoring entwickelt. Es basiert auf einer um spezielle Parameter erweiterten Biotoptypenkartierung und der regelmäßigen Erfassung ausgewählter Vögel und Schmetterlinge. Abhängig vom Artenspektrum einzelner Heideflächen können zusätzliche Gruppen einbezogen werden. Über die erweiterte Biotoptypenkartierung lassen sich Aussagen zum Erhaltungszustand der FFH-Lebensraumtypen treffen. Die Bestandsentwicklung ausgewählter Vogelarten ermöglicht Rückschlüsse auf die Entwicklung verschiedener naturschutzrelevanter Strukturen. Die Schmetterlinge liefern Informationen über die Entwicklung kleinräumiger Habitate. Der Erfassungszyklus sollte an den Zyklus der Berichtspflicht nach der FFH-Richtlinie ange-passt werden.

Aus den Projektergebnissen werden grundsätzliche Handlungsempfehlungen für die kampfmittelbelasteten Heidegebiete in Ostdeutschland abgeleitet. Für die in das Schutzgebietsnetzwerk Natura 2000 inte-grierten Heidegebiete Brandenburgs wurden konkrete Empfehlungen entwickelt. Insgesamt handelt es sich um 39 Gebiete mit einem Potenzial von 18.287 ha. 12.830 ha davon sind munitionsbelastet. Die Kosten für die Sondierung und Beräumung dieser Flächen mit den im Projekt entwickelten Verfahren würden zwischen 3, 5 und 10,7 Mio. € liegen und sind damit im Vergleich zu Kompletträumungen wesentlich günstiger. Die Empfehlungen für ein Gesamtkonzept für die Heiden Brandenburgs basieren auf einem System Kerngebieten, Trittsteinen und Verbundsystemen. Es werden insgesamt 12 Kerngebiete definiert, die jedoch nur teilweise über Trittsteine sinnvoll miteinander verbunden werden können. Eine landesübergreifende Vernetzung mit Gebieten in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Polen bietet sich an mehreren Stellen an.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Durch die Beteiligung an Veranstaltungen des Ostdeutschen Heidenetzwerks, den Austausch mit zwei parallel laufenden DBU-Projekten zur Offenlandpflege, einer im Rahmen des Projektes ausgerichteten Fachtagung und mehreren Publikationen in Fachzeitschriften konnte ein breites Fachpublikum erreicht werden. Die Öffentlichkeit in der Region wurde über Veranstaltungen des Naturparks Niederlausitzer Heidelandschaft, durch insgesamt 18 Zeitungsartikel und einen Film im Regionalfernsehen informiert. Als besonders publikumswirksam erwiesen sich ein Heidebier, das auf Anregung des Projekts gebraut wurde, sowie eine im Rahmen einer Vermarktungskampagne für Heidschnuckenprodukte mit dem Naturpark Niederlausitzer Heidelandschaft entwickelte Schnuckenfibel.


Fazit

Die aufwändigen Untersuchungen zur Nährstoffanalytik haben sich gelohnt, weil dadurch erhebliche Un-terschiede zu den weiter westlich gelegenen Heiden herausgearbeitet werden konnten, die hohe Relevanz für das Management von Heidegebieten besitzen. Die Gefahr der Eutrophierung ist im Vergleich zu nordwestdeutschen Heiden deutlich geringer und es wird deutlich weniger Biomasse produziert. Auf kampfmittelbelasteten Flächen bieten nutzungsorientierte Verfahren der Sondierung und Räumung und der Einsatz munitionsgeschützter Technik große Einsparpotenziale. Ein munitionsgeschütztes Holzerntesystem wurde im Rahmen des Projektes entwickelt. Für die Pflege und Bewirtschaftung der trockenen ostdeutschen Heiden bietet sich ein System aufeinander abgestimmter Maßnahmen der Energieholznutzung, Beweidung mit Schafen und Mahd an. Es konnte gezeigt werden, unter welchen Rahmenbedingungen Energieholznutzung und Mahd kostendeckend oder annähernd kostendeckend sind. Die Nahrung, die trockene Heiden in Ostdeutschland bieten, reicht nicht aus, um eine Heidschnuckenherde in allen Lebensphasen zu ernähren. Erhöhte Kostendeckungsbeiträge lassen sich durch regionale Vermarktung des Schaffleisches an Gaststätten erzielen. Eine darauf abzielende Vermarktungskampagne war erfolgreich. Dennoch ist die Beweidung auf eine Bezuschussung aus Agrar-Umweltprogrammen angewiesen.
Es konnte gezeigt werden, dass sich Heidegebiete zu Extensivnutzungslandschaften entwickeln lassen, deren Produkte regionale Wirtschaftskreisläufe fördern. Um die Bewirtschaftung möglichst gut auf Naturschutzziele abzustimmen, wurde ein naturkundliches Monitoring entwickelt, das die Überwachung eines guten Erhaltungszustands sicherstellen soll.

Übersicht

Fördersumme

377.830,00 €

Förderzeitraum

01.12.2007 - 11.04.2012

Bundesland

Brandenburg

Schlagwörter

Klimaschutz
Landnutzung
Naturschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik