Projekt 25343/01

Tagung: Von der Chemodynamik in Ökosystemen zur Stoffbewertung

Projektdurchführung

Universität Osnabrück Institut für Umweltsystemforschung
Barbarastr. 12
49069 Osnabrück

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Durchführung der Jahrestagung der GDCh (Gesellschaft Deutscher Chemiker)


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZiel der Tagung
Die Jahrestagung 2007 der Fachgruppe Umweltchemie und Ökotoxikologie der GDCh behandelt eine breit gespannte Thematik der Untersuchung von chemodynamischen und (öko)toxikologischen Mechanismen über das Verhalten und die Messung von Chemikalien in verschiedenen raum-zeitlichen Umweltausschnitten bis zur Risikobewertung und zum Stoffstrommanagement. Sie ist der Entwicklung neuer Konzepte, Methoden und Modelle der Umweltchemie und Ökotoxikologie gewidmet, die zu einem verbesserten Verständnis der chemischen Veränderung der Umwelt durch den Menschen und damit einer nachhaltigen Entwicklung beitragen. Aktuelle Fragen der Stoffbewertung, des Stoffstrommanage-ments und der Umweltgesetzgebung werden präsentiert und diskutiert. Die Tagung soll insbesondere Nachwuchswissenschaftlern ein Forum bieten, sich mit ihren Forschungsthemen in Form von Vorträgen und Postern den Kollegen und der wissenschaftlichen Öffentlichkeit zu präsentieren.
Themen
Die Tagung wird in Form von Plenarvorträgen, Vorträgen und Poster durchgeführt. Zu den einzelnen Themenblöcken sind Beitragsmeldungen ausdrücklich erwünscht.

Chemodynamik in Luft, Wasser und Boden, Aquatische Ökosysteme, Terrestrische Ökosysteme, Ökotoxikologie, Bioindikatoren, Umweltmonitoring, Altlasten, Stoffstrommanagement, Risikobewertung, PBT-Bewertung, Nachhaltige Chemie, Umweltgesetzgebung (REACH, WRRL)


Ergebnisse und Diskussion

In rund 60 Vorträgen und fast 70 Posterbeiträgen wurden von den 180 Teilnehmern Methoden, Konzepte und Bewertungen vorgestellt und diskutiert. Für das Programm zeichnete das wissenschaftliche Komitee unter Vorsitz von Professor Dr. Michael Matthies, Institut für Umweltsystemforschung der Universität Osnabrück, verantwortlich. Der Vorsitzende der Fachgruppe, Prof. Dr. Gerhard Lammel, überreichte den mit 1500 € dotierten Förderpreis für junge Wissenschaftler an Frau Dr. Völker, Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle. Sie hat im Rahmen ihrer Doktorarbeit "Chemical-sensitive genes in zebrafish (Danio rerio) early development-identification and characterisation of differential expression in embryos exposed to the model compound 3,4-dichloroaniline" ein Verfahren entwickelt, das hilft, die bislang notwendigen Fischtests für die Umweltrisikoprüfung in Zulassungsverfahren von Industriechemikalien, Pestiziden, Bioziden und Pharmaka deutlich zu verringern. Dies könnte für das europäische Verfahren zur Zulassung von Chemikalien, REACh, von Bedeutung werden. Er dankte den Firmen und Institutionen für ihre freundliche Unterstützung. PD Dr. Martin Scheringer (ETH Zürich) stellte die Inititiative des "International Panel on Chemical Pollution (IPCP)" vor und warb für eine aktive Unterstützung. Danach begann das wissenschaftliche Vortragsprogramm, das in parallelen Sitzungen von jeweils fünf bis sechs Vorträgen, einer Postersession und zwei Plenarvorträgen abgehalten wurde. Die Sitzung Altlasten (Leiter Dr. Kör-ner, Dr. von der Trenck) zeigte die nach wie vor große Bedeutung umweltchemischer Methoden zur Bewertung von Altlasten sehr unterschiedlicher Zusammensetzung und Vorgeschichte. Ein Schwerpunkt der Tagung lag auf der Chemodynamik in Luft, Wasser und Boden, die in drei Sitzungen aufgeteilt wur-de. Am Beginn der Vormittagssitzung Chemodynamik in Wasser (Leiter PD Dr. Bester, Dr. Tolls) standen Vorträge zu kosmetischen Mitteln (personal care products), die mit dem häuslichen Abwasser in die Vorfluter eingetragen werden. Abwasserreinigung von organischen Stoffen und natürliche Eliminations-prozesse wie Ausgasung müssen bei der Bewertung berücksichtigt werden. Es zeigt sich deutlich eine Verschiebung von den neutralen lipophilen zu den polaren und geladenen Stoffen. Allerdings sind DDT und andere POPs nach wie vor im Fokus der umweltchemischen Forschung, um wesentliche Prozesse der Verteilung im regionalen und globalen Maßstab besser zu verstehen.
Am Nachmittag wurden Ergebnisse von Untersuchungen chemodynamischer Prozesse in Böden vorgestellt. Die von Dr. Kreuzig und Dr. Kördel geleitete Sitzung hatte einen Schwerpunkt bei Veterinärpharmaka, die mit Gülle auf den Boden aufgebracht werden. Mehrere Vorträge behandelten das Antibiotikum Sulfadiazin, das im Rahmen einer DFG-Forschergruppe intensiv untersucht wird. Wie bei den Pflanzenschutzmitteln bereitet die bodenphysikalische und -chemische Interpretation der Bildung gebundener Rückstände Schwierigkeiten, die aber durch neue Extraktionsverfahren besser zugänglich sind. Dadurch gewinnt auch die mechanistische Modellierung des Verhaltens und der Verlagerung von polaren und ge-ladenen Substanzen, die für die Persistenz- und Risikobewertung unerlässlich ist.
Die Sitzung Terrestrische Ökosysteme (Leiter Prof. Fründ, Dr. Schulz) führte die bodenbezogenen Vorträge mit ökologischem und mikrobiologischem Schwerpunkt fort. Prof. Filser machte den Auftakt mit ei-ner kritischen Sicht auf die bodenökologischen Testverfahren für die Zulassung und Bewertung von Stof-fen. Von Prof. Smalla wurden Ergebnisse von molekularbiologischen Untersuchungen des Transfers von Antibiotikaresistenzen nach Einbringung von Gülle vorgestellt, die einen regen Austausch von Genen auf Plasmiden zwischen Mikroorganismen zeigen. Hieraus ergeben sich ganz neue Anforderungen an die Risikobewertung von Veterinärpharmaka, aber auch anderen Schadstoffexpositionen. Die Sitzung Um-weltmonitoring und Bioindikation wurde von Dr. Rüdel und Prof. Schröder organisiert und geleitet. Sie erstreckte sich über zwei Nachmittagssitzungen und behandelte länderspezifische Monitoringprogramme bis hin zu einzelnen aktuelen Stoffgruppen wie die perfluorierten Substanzen. Am Abend hatte die Bundesstiftung Umwelt (DBU), die auch die Tagung finanziell unterstützte, zum Abendvortrag mit Empfang eingeladen. Dr. J. P. Lay, stellvertretender Leiter des Bereichs Umweltforschung der DBU, stellte die Aufgaben und Aktivitäten der DBU vor. Am Donnerstagmorgen wurde die Tagung mit den beiden Parallelsitzungen Metalle und Nanomaterialien (Leitung Dr. Battersby, Dr. Klasmeier) und Chemodynamik in Luft (Leitung Prof. Lammel, Prof. Hermann) fortgeführt. In drei aufeinanderfolgenden Referaten von belgischen Kollegen wurde der Stand des Wissens zur Bewertung von Metallen in Oberflächenwasser, Boden und Sediment vorgestellt. Während für einige Metalle wie Kupfer eine ausreichende wissenschaftliche Grundlage besteht, muss diese für andere Metalle wie Antimon und Nickel noch geschaffen bzw. gesichtet und beurteilt werden. Dabei spielt zunehmend auch die regionale und flussgebietstypi-sche Belastung eine große Rolle, da sie die relativen Beiträge der verschiedenen Emissionspfade geore-ferenziert bestimmen und kartographisch darstellen kann, was eindrucksvoll am Beispiel von Zink im Rhein demonstriert wurde. Leider war nur ein Beitrag zu Nanomaterialien eingereicht worden, der deutlich die Problematik der Expositionsabschätzung darlegte. Die Parallelsitzung startete mit der spuren-analytischen Bestimmung von poly- und perfluorierten Verbindungen in der Luft, die vor allem in Nord-amerika eine heftige Diskussion üer die Emissionsquellen und den weitreichenden Transport ausgelöst hatten. Die
folgenden Vorträge behandelten Labor- und Modelluntersuchungen zu atmosphärisch-chemisch relevanten Prozessen von Kohlenwasserstoffen und der Verteilung von DDT. Die Sitzung schloss mit Mes-sungen zur Charakterisierung der Luftbelastung in Breslau. Im ersten Plenarvortrag referierte Privatdo-zent Dr. Thomas Heberer vom Bundesinstitut für Risikobewertung, Fachgruppe "Rückstände von Arzneimitteln", Berlin, über die neuesten Ergebnisse zum Vorkommen, Verbleib und Bewertung von Human- und Veterinärarzneimittelrückständen in der Umwelt. Durch verbesserte Analysenmethoden sind in den vergangenen Jahren Arzneimittel in vielen Flüssen, Böden und im Grundwasser gefunden worden. Während für Humanpharmaka eindeutig der allgemeine Verbrauch in Haushalten und damit die Einleitung über Kläranlagen die Hauptbelastungsquelle darstellt, werden Veterinärpharmaka mit der Gülle in den Boden gebracht. Viele der Wirksubstanzen sind sehr persistent gegen mikrobiellen Abbau und verbleiben daher lange in der Umwelt. Direkt im Anschluss an den Vortrag schloss sich eine Podiumsdiskussion (Moderator Prof. Matthies) über Arzneimittel in der Umwelt an, an der Frau Prof. Smalla (BBA), Frau Rechenberg (UBA) und Herr Heberer teilnahmen. In einer lebhaften Diskussion mit dem Plenum wurden Fragen wie die Übertragung von Antibiotikaresistenzgenen, die Rückhaltung von Medikamenten in Kläranlagen und die Bewertung durch das Umweltbundesamt angesprochen
Die Nachmittagsitzungen waren den Aquatischen Ökosystemen unter der Leitung Dr. Gerhardt und Prof. Schäffer) und der Nachhaltigen Chemie (Leitung Dr. Lay und JunProf. Fries) gewidmet. In einem EU-Projekt wird die Wirkung von Stressoren wie Schwermetalle, Pestizide, Sauerstoffmangel auf Fische un-tersucht. Es kam zum Teil zu erheblich sensitiveren Reaktionen der Zebrabärblinge in verschiedenen Entwicklungsstadien unter kombinierter Exposition. Auch in umweltverträglich hergestellten Schmierölen können die Additive zu ökotoxikologischen Effekten führen, was auf die vielfältigen Aspekte einer stärker nachhaltig ausgerichteten Synthesechemie weist, wie sie auch in der Parallelsitzung angesprochen wurde. Der Rest des Nachmittags war für die Postersession vorgesehen, die lebhaften Zuspruch fand. Am Freitagmorgen wurden die beiden letzten Sitzungen Risikobewertung und QSAR (Leitung Dr. Schulte und Prof. Schüürmann) sowie Stoffstrommanagement und Umweltgesetzgebung (Leitung Dr. Newig und G. Wernet) abgehalten. Nach wie vor krankt die Abschätzung des Biokonzentrationsfaktors (BCF) an unzureichenden, unsicheren oder falschen Daten, wie von Dr. Nendza gezeigt wurde. Die Aufnahme von Schadstoffen in pflanzlichen Nahrungsmitteln und Früchten (Säfte) und damit insbesondere der Verzehr durch Kinder stellte Prof. Trapp in seinem Vortrag in den Mittelpunkt. Bernd Scharenberg verglich ver-schiedene Abschätzverfahren für den Bioabbau, die bis auf wenige Ausnahmen mit erheblichen Unsi-cherheiten behaftet sidn, so dass ein genereller Einsatz zur Persistenzbewertung zumindest fragwürdig erscheint. Im zweiten Plenarvortrag der Tagung sprach Prof. Dr. Roland Kallenborn vom Universitätszentrum auf Spitzbergen, Norwegen, über Ursachen und Konsequenzen der Verschmutzung der Arktis mit Chemikalien. Geringste Stoffmengen aus vielen Quellen können über weite Distanzen bis zu den Polarregionen transportiert werden und sich dort zu signifikanten Mengen addieren, die lange Zeit in der arktischen Umwelt verbleiben und sich in fettreichen Nahrungsketten anreichern können. Trotz erheblicher internationaler Anstrengungen, Emissionen von altbekannten POPs (persistenten organsichen Pollutanten) zu begrenzen, nehmen die Konzentrationen dieser Substanzen bis auf wenige, z. B. HCH, nicht ab. Im Gegenteil, neue Substanzen - die tatsächlich zumeist aber gar nicht neu, wohl aber neu entdeckt sind - wie die perfluorierten und polybromierten Chemikalien nehmen in der Arktis zu. In der Abschlussdiskussion unter der Moderation von PD Dr. Scheringer wurden Fragen der Risiko- und PBT-Bewertung aus Sicht von ECETOC (Dr. Tolls), der Behörde (Dr. Schulte) und der Wissenschaft (Prof. Kallenborn) angesprochen. Es ist zu hoffen, dass das internationale Polarjahr 2008 die Öffentlichkeit auf die Belastung der Arktis stärker aufmerksam macht und die international vereinbarten Emissionsredukti-onsmaßnahmen greifen. Die Tagung schloss mit der Prämierung der besten ausgestellten Poster. Die Preise und damit jeweils 150 € gingen an Balk (Royal Haskoning, Nimwegen, Niederlande), Huntscha et al. (EAWAG, Dübendorf, Schweiz), Heinrich et al. (Universität Halle-Wittenberg), Ranke et al. (Universi-tät Bremen) und Voigt & Martin (Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt, Stendal.
Gekürztes Zitat aus: Mitteilungen der Fachgruppe Umweltchemie und Ökotoxikologie, Heft 4/2007, S. 103-105.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Sh. Kurzreferate der Jahrestagung 2007 Von der Chemodynamik in Ökosystemen zur Stoffbewertung, gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt
Veröffentlichung in der Presse und in den Hochschulnachrichten, Druck von Flyern, ‚Empfang im Friedensaal des Rathauses zu Osnabrück von Herrn Bürgermeister Jaspers, Artikel in Mitteilungen der GDCh-FG Umweltchemie und Ökotoxikologie, Heft 4/2007, S. 103 - 105


Fazit

Erfolgreiche Tagung mit interessanten Vorträgen und Postern, insbesondere auch von jüngeren Teilnehmern.

Übersicht

Fördersumme

12.590,00 €

Förderzeitraum

11.05.2007 - 11.05.2008

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Umweltkommunikation
Umwelttechnik