Precision farming mit hochauflösender Bodensensorik
Projektdurchführung
Universität Potsdam
- Präsidentin -
Am Neuen Palais 10 // Haus 9
14469 Potsdam
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Precision Farming benötigt zur Steuerung einzelner Arbeitsgänge digital vorliegende Informationen über die zu bewirtschaftenden Flächen. In den letzten Jahren wurde von uns ein Bodensensor - der GEOPHILUS ELECTRICUS - entwickelt, der 3-dimensionale Bodeninformationen in relativ kurzer Zeit zur Verfügung stellen kann. In zwei Landwirtschaftsbetrieben soll die Praxistauglichkeit dieses Systems unter Beweis gestellt werden. Eine erfolgreiche Einführung kann und wird dazu führen, derzeit genutzte Messtechnik zu ergänzen oder abzulösen und dreidimensionale Bodenkarten als Datengrundlage für Managemententscheidungen im Precision Farming zur Verfügung zu stellen.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenFür das Lehr- und Versuchsgut Köllitsch und den Agrarbetrieb Trebbin wird eine Grundinventur der Flächen mit dem GEOPHILUS ELECTRICUS durchgeführt. Das System liefert Informationen über die elektrischen Eigenschaften des Bodens (Betrag der Leitfähigkeit und Phasenwinkel) in einem Frequenzbereich zwischen 1 mHz und 1 kHz. Die landwirtschaftlichen Nutzflächen werden in 5 Tiefenstufen (bis etwa 1,2 m Tiefe) kartiert. Zur Beurteilung der Datenqualität des eingesetzten Systems werden Vergleichsmessungen entlang ausgewählter Referenztrassen mit konventionellen elektrischen Mess-Verfahren durchgeführt. Wiederholungskartierungen auf ausgewählten Flächen sollen den Einfluss sich ändernder Bodenparameter (Wasser- und Nährstoffgehalt, Bodenbeschaffenheit) auf die Datenqualität beleuchten. Für die kartierten Flächen werden 3-dimensionale Leitfähigkeitsmodelle erstellt. Der Vergleich mit vorhandenem Datenmaterial (Leitfähigkeitskarten, Reichsbodenschätzung, Luftbildern und Ertragskarten) soll die Vorteile des Systems aufzeigen (Schichtungsinformationen und Zusatzinformationen über die Verteilung der Phasenwinkel).
Die Feldarbeiten werden von Labormessungen begleitet, in denen Bodenproben bezüglich ihrer Zusammensetzung und ihrer elektrischen Kennlinien systematisch untersucht werden.
Ergebnisse und Diskussion
Das Messsystem GEOPHILUS ELECTRICUS ist eine Entwicklung der Universität Potsdam gemeinsam mit dem IGZ Großbeeren unter Einbeziehung des Geräteentwicklers Tino Radic (Radic Research, Berlin) und stellt bisher ein Unikat dar. Das System zeichnet sich durch einige Neuerungen gegenüber den auf dem Markt existierenden Lösungen aus:
1. Kartierung der elektrischen Leitfähigkeit in fünf Tiefenstufen
2. gleichzeitige Erfassung von elektrischer Leitfähigkeit und Phasenwinkel
3. simultane Einspeisung von vier Signalfrequenzen zur Erfassung des spektralen Verhaltens von Leitfähigkeit und Phasenwinkel.
Im Vergleich zu einer Leitfähigkeitskartierung liefert die gleichzeitige spektrale Erfassung von Leitfähigkeit und Phasenwinkel Zusatzinformationen über den Boden (Aufspüren metallischer Leitungen, Abgrenzung von Salzregionen und Verdichtungszonen). Die gemessenen Effekte im Phasenwinkel werden vermutlich nicht über die induzierte Polarisation sondern über sich ändernde Ankopplungsbedingungen oder elektromagnetische Effekte hervorgerufen. Diese Aussagen werden durch entsprechende Laboruntersuchungen untermauert.
Insgesamt liegen Erfahrungen mit dem GEOPHILUS-System auf mehr als 1.000 km Fahrstrecke vor. Dies entspricht einer kartierten Fläche von etwa 1.500 ha. Das erfasste Leitfähigkeitsspektrum (0.3 bis 100 mS/m) erlaubt eine Verallgemeinerung der Ergebnisse.
Mit der Erprobung des Sensors unter Praxisbedingungen konnte gezeigt werden, dass der GEOPHILUS effizient Informationen über die 3-dimensionale Heterogenitätsverteilung von Bodenparametern liefern kann. Diese stellen eine wesentliche Datengrundlage für eine umweltgerechte Landwirtschaft dar. Die ausgewählten Betriebe Köllitsch und Trebbin haben dabei unterschiedliche Interessen. Während in Köllitsch eher wissenschaftliche Aspekte zu einer Projektpartnerschaft geführt haben, stehen in Trebbin rein praktische Aspekte im Vordergrund. Der Betrieb beginnt momentan mit einer Umwelt entlastenden, teilflächenspezifischen Düngung auf der Grundlage von Leitfähigkeitskarten und Daten der Reichsbodenschätzung.
Da eine 3-dimensionale Leitfähigkeitskartierung einer einmaligen Grundinventur der landwirtschaftlichen Nutzflächen entspricht, ist besonders auf eine gute Datenqualität Wert zu legen. Wie bei allen galvanisch ankoppelnden Verfahren ist die Datenqualität von der Beschaffenheit des Oberbodens abhängig. Ein sehr trockener Boden kann dazu führen, dass die Ankopplung der Elektroden unzureichend ist. Die bereits während der Messungen von der Steuersoftware durchgeführten Fehlerrechnungen sind ein Maß für die Güte der Messungen, so dass über die Festlegung einfacher Abbruchkriterien eine gute Datenqualität garantiert wird.
Die mit dem GEOPHILUS ELECTRICUS abgebildeten Strukturen und Muster sind reproduzierbar. Die Transformation der Messwerte in 3-dimensionale Parametermodelle erfordert Inversionsrechnungen, die derzeit im Feldmaßstab nur durch eine Zerlegung der Daten in Teilabschnitte realisierbar sind. Es ist dringend erforderlich, in künftigen Forschungsprojekten die existierende Softwarelücke zu schließen, um das Potential des Sensors voll auszuschöpfen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die Präsentation der Ergebnisse erfolgt in wissenschaftlichen Fachzeitschriften ebenso wie in populärwissenschaftlichen Artikeln, auf Feldtagen und auf Landwirtschaftsausstellungen sowie auf wissenschaftlichen Konferenzen (EAGE, DGG, JIAC). Weitere Beiträge sind geplant:
Lück, E., Rühlmann, J.: GEOPHILUS ELECTRICUS - a new soil mapping system. Submitted AgEng 2010
Lück, E., Rühlmann, J.: Die Kartierung der elektrischen Leitfähigkeit mit dem GEOPHILUS ELECTRICUS.
GeoDarmstadt 2010
Fazit
Mit dem Bodensensor GEOPHILUS ELECTRICUS wird Landwirten und Beratungsunternehmen ein System zur 3-dimensionalen Erfassung von Bodenheterogenitäten zur Verfügung gestellt. Es ist angedacht, das System nicht nur in der teilflächenspezifischen Landwirtschaft sondern auch in anderen Aufgabenbereichen der umweltgerechten Landnutzung einzusetzen. Die aus den Messwerten abzuleitenden Informationen können nach einer erforderlichen standortspezifischen Kalibrierung in bodenkundliche Daten transformiert werden. In einem nächsten Schritt muss das System so abgerüstet werden, dass es von einem Forschungsgerät in ein Industriegerät überführt werden kann.
Fördersumme
100.200,00 €
Förderzeitraum
01.05.2008 - 30.04.2010
Bundesland
Brandenburg
Schlagwörter
Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung