Aktiver Tilger für die Schallminderung zum Lärmschutz am Arbeitsplatz
Projektdurchführung
Wölfel Beratende Ingenieure GmbH + Co. KG
Max-Planck-Str. 15
97204 Höchberg
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Lärmbelastung macht krank. Im Extremfall verursacht sie Gehörschäden, beeinträchtigt die Konzentrationsfähigkeit und damit die Arbeitsleistung, und es können durch Lärm auch psychische Schäden gesetzt
werden. Diese schädliche Wirkung des Lärms war Auslöser für eine Vielzahl von gesetzlichen Regelungen speziell für den Lärmschutz am Arbeitsplatz. Hier werden die Grenzwerte für die Lärmbelastung der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz stetig verschärft, um die Situation für den Menschen am Arbeitsplatz zu verbessern.
Bisher wurden zur Bekämpfung dieser Lärmquellen jedoch nur konventionelle Methoden wie z. B. Unter-brechung der Übertragungswege durch Schwingungsisolierung oder Kapselung von Lärmquellen angewendet. In Verbindung mit Smart Materials wurden in den letzten Jahren jedoch zusammen mit moderner
Regelungstechnik aktive Methoden der Lärmreduktion untersucht.
Wölfel Beratende Ingenieure möchte deshalb die im Projekt AKUSTIK gewonnenen Erkenntnisse über das Potenzial aktiver Methoden der Schallminderung nutzen, um eine Technologie zu entwickeln, bei der aktive Tilger zur Verbesserung des Abstrahlverhaltens sowohl konventioneller Maschineneinhausungen als auch von Schallschutzkabinen mit bereits hoher passiver Dämmwirkung eingesetzt werden. Aktive Tilger sind mechanische Bauteile mit einem Aktor, der von einer Elektronik auf Basis gemessener Signale gesteuert wird und dadurch eine Tilgermasse derart in Schwingung versetzt, dass die eine Schallabstrahlung
erzeugende Schwingung kompensiert wird. Mit geeigneten Regelverfahren des Tilgers lässt sich eine breitbandige Wirkung gegen Schallabstrahlung erzeugen. Die wichtigsten Einsatzgebiete aktiver Tilger zum Lärmschutz sind Produktionsstätten, an denen schallabstrahlende Maschinen Dienst tun. Das Projekt soll Modellcharakter haben und die Übertragbarkeit auf verschiedenste Produktionsmaschinen unter Nutzung einer standardisierten Technologie ermöglichen.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZunächst wird die Bauform eines aktiven Tilgers festgelegt und im Detail konstruiert. Neben den mechanischen Komponenten sind die Regelalgorithmen des aktiven Tilgers entscheidend. Diese Algorithmen werden unter Verwendung eines Strukturmodells der passiven mechanischen Komponenten simulationsgestützt entwickelt und auf ein echtzeitfähiges Regelsystem portiert. Hier stellt insbesondere die anzustrebende Bandbreite ein Auswahl- und Anforderungskriterium dar. Deshalb werden unter Anwendung des akustischen Nahfeld-Holographie-Systems SenSound strukturakustische Grundlagen der Schallabstrahlung von Schallschutzkabinen und Maschineneinhausungen messtechnisch ermittelt. Auf Basis dieser Ergebnisse können dann die funktionellen Rahmenparameter eines für
dieses konkrete Anwendungsfeld geeigneten aktiven Tilgers abgeleitet werden und es kann ein Demonstrator aufgebaut werden. Hierzu soll als Objekt, dessen Abstrahlung zu mindern ist, eine demonstrationsartige Schallschutzkabine in transportablen Abmessungen beschafft und verwendet werden. Ferner ist die passive Mechanik gemäß Konstruktion zu beschaffen und mit den aktiven Komponenten, der Sensorik und der Elektronik zum aktiven Tilger zu komplettieren. Am Ende steht die Inbetriebnahme des aktiven Tilgers mit Probebetrieb.
Daran anschließen wird sich eine sehr umfangreiche Phase des Tests mit dem Ziel einer zyklischen Optimierung der praktischen Funktion des aktiven Tilgers unter dem Aspekt der akustischen Wirksamkeit.
Ergebnisse und Diskussion
Ein Demonstrator für einen aktiven Tilger wurde entsprechend der Planung entwickelt, gefertigt, getestet und optimiert. Zunächst wurde ein Konzept mit Beschleunigungssensoren in Kombination mit unterschiedlichen Regelungsstrategien untersucht und bewertet. Um die Luftschallminderung zu verbessern, wurden in der Optimierungsphase die auf der Blechstruktur befestigten Beschleunigungssensoren durch Mikrofon-arrays ersetzt. Und es wurde zusätzlich ein Regelungskonzept untersucht, welches als Sensorgröße direkt den abgestrahlten Luftschall misst. Hierfür wird ein Filtered-X Least Mean Square (FXLMS) Algorithmus verwendet. Dadurch ließ sich im Versuch eine deutliche Schallminderung von bis zu 20 dB an allen Mikrofonen erreichen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Über das Projekt wurde bislang ein Vortrag auf der VDI-Tagung Maschinenakustik 2008 - Wettbewerbsvorteil durch geräuscharme Produkte in Böblingen gehalten: J. Engelhardt, S. Pankoke: Aktiver Tilger zur Schallminderung flächenhafter Strukturen, basierend auf piezoelektrischen Querwandlern.
Zusätzlich wurde der aktive Tilger auf der Hannover Messe 2008 ausgestellt. Für 2009 ist dies ebenfalls geplant.
Fazit
Aktive Methoden sind sehr gut geeignet, um Schwingungen von großen Blechstrukturen zu reduzieren. Diese Effekte sind messtechnisch gut nachweisbar, allerdings führt eine Reduzierung dieser Schwingungen nicht zwangsläufig auch zu einer gut hörbaren Verminderung der Schallabstrahlung. Offensichtlich kann mit dem Denkmodell Körperschall zwar ein Erregungsmechanismus gut beschrieben werden, die Zusammenhänge zwischen Strukturschwingungen einerseits und der Übertragung zum menschlichen Ohr in Form von Luftschall andererseits sind jedoch wesentlich komplexer. Deshalb muss die Sensorik den Luftschall mit erfassen. Wenn dies der Fall ist, können mit einem aktiven Masseaktor sehr beachtliche Erfolge erzielt werden. Die Schallminderung beträgt bis zu 20 dB! Damit besitzt der aktive Tilger ein gutes Schallminderungspotenzial im betrachteten Frequenzbereich.
Um für den aktiven Tilger einen größeren Markt zu erschließen, wird er im Rahmen eines EU-Projektes unter Führung der Firma Knauf KG weiter entwickelt mit dem Ziel, den Preis pro Einheit deutlich zu reduzieren (EU, DG Research, FP 6, Priority 3, I-SSB, IP 026661-2). Dazu werden die derzeit 16 PZT-Keramik-Aktoren (PZT-Patches) durch 8 PZT-Faseraktoren ersetzt. So wird es möglich, eine Leistungselektronik zu verwenden, die pro Einheit wesentlich kostengünstiger wird. Damit wäre ein Einsatz des Akustiktilgers im Leichtbau z. B. für die Schallisolation von Konferenzräumen und anderen, aus raumakustischer Sicht anspruchsvollen Räumen denkbar.
Fördersumme
100.000,00 €
Förderzeitraum
15.12.2006 - 15.12.2008
Bundesland
Bayern
Schlagwörter
Klimaschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik