Nachhaltigkeitsbewertung chemischer Synthesen in Entwicklungsphasen
Projektdurchführung
ifu Institut für Umweltinformatik Hamburg GmbH
Max-Brauer-Allee 50
22765 Hamburg
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Ziel dieses Projektes war es, dem Chemiker in frühen Entwicklungsphasen einer Synthese ein Instrument bereitzustellen, mit dem dieser ohne viel Aufwand und Vorwissen eine Nachhaltigkeitsbetrachtung seiner Synthese erstellen kann. Ermöglicht wurde dies durch ein intuitives Softwaresystem, wie es in der Software Sabento schon erfolgreich eingeführt wurde. Diese Nachhaltigkeitsbetrachtung umfasste nicht nur die ökologische und ökonomische Bewertung der reinen Materialbilanz von der eigentlichen Synthese sondern auch die Material- und Energiebilanz des geplanten Produktionsverfahrens inklusive der dazu notwendigen Apparaturen. Diese Nachhaltigkeitsbetrachtung integriert sowohl die ökonomische, die ökologische als auch die soziale Bewertung.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenBei der Entwicklung der Software wurde der Ansatz des evolutionären Prototyping angewandt, bei dem ein Prototyp schrittweise weiterentwickelt wird und dadurch frühzeitig Testversionen zur Validierung der Anforderungen bereitstehen. Die automatisierte Datenrecherche von Substratdaten, wie z. B. Angaben zu R- und S-Sätzen, über das Internet und externe Datenbanken stellen einen wichtigen Baustein des Prototyps dar. Bislang erweist sich die Datenakquise meist als zeitintensiver Teil der Nachhaltigkeitsanalyse. Die Arbeitsgruppe um Prof. Hungerbühler (ETH Zürich), die sich mit der automatisierten Datenrecherche bereits beschäftigt hat, unterstützte dieses Projekt. Um zukünftig zu bewertende Prozesse schneller abbilden zu können, wurden in einem weiteren Arbeitsschritt Referenzmodelle entwickelt. Die Software Sabento, die biotechnologische Verfahren bewertet, bildete die Grundlage hierfür. Zur Berechnung der bei der Synthese eines chemischen Produktes entstehenden Stoff- und Energieflüsse wurden die Vorar-beiten des Programms EATOS verwendet.
Ergebnisse und Diskussion
In diesem Projekt konnte ein Software-Prototyp entwickelt werden, der den Synthesechemiker in die Lage versetzt, schon in ganz frühen Phasen der Syntheseplanung in Frage kommende Synthesewege für ein neues Produkt hinsichtlich ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte zu bewerten.
Es wurde sehr viel Wert auf eine intuitive Bedienbarkeit des Prototypen gelegt. Die Integration eines chemischen Editors ist eine Schlüsselfunktionalität, die dem Chemiker den Einstieg in die Stoff- und Energiefluss-Modellierung erheblich erleichtert.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Es konnten folgende Arbeiten veröffentlicht werden:
Eissen, M.; Weiß, M.; Brinkmann, T.; Steinigeweg, S. (2010): Comparison of Two Alternative Routes to an Enantiomerically Pure ?-Amino Acid. In: Chem. Eng. Technol. 33 (4), S. 629-637.
Eissen, M.; Brinkmann, T. Klein, M.; Schwartze, B.; Weiß, M. (2011): Einsatz von Kennzahlen in frühen Phasen der Syntheseentwicklung - Zwei Fallstudien. In: Chemie Ingenieur Technik 83 (10), S. 1597-1608.
Grundemann, L.; Kuschnerow J.; Brinkmann T.; Scholl S. (2011): Using ecological assessment during the conceptual design phase of chemical processes - a case study. In: Hesselbach, J.; Herrmann, C. (Hrsg.): Glocalized Solutions for Sustainability in Manufacturing, Proceedings of the 18th CIRP International Conference on Life Cycle Engineering, S. 617-622.
Dayrem, R. (2009): Nachhaltige Entwicklung von Chemieprozessen. Herstellung von Fettsäuremethylester mit kontinuierlichem Prozess. Diplomarbeit. Hg. v. Fachhochschule Emden. Emde. Online verfügbar unter https://www2.ifu hh.de/webmail/?_task=mail&_framed=1&_action=get&_mbox=INBOX&_uid=3278&_part=2, zuletzt aktualisiert am 25.08.2009, zuletzt geprüft am 07.02.2012.
Weiß, M.; Brinkmann, T.; Gröger, H. (2010): Towards a greener synthesis of (S)-3-aminobutanoic acid: process development and environmental assessment. In: Green Chem. 12 (9), S. 1580.
Fazit
Die Arbeiten im Projekt erleichtern die Nachhaltigkeitsbetrachtung von Synthesen in frühen Entwicklungsphasen. Die dafür notwendigen Methodiken wurden in mehreren Publikationen veröffentlicht. Zudem zeigte sich, dass die ursprünglichen Erwartungen hinsichtlich der ökologischen Bewertung von vorgelagerten Prozessen, wie zum Beispiel die Herstellung von Edukten, weit übertroffen werden konnte. Etwa 50% der mehr als 100.000 Substanzen in der entwickelten Datenbank haben nun einen abge-schätzten Wert für den Ecoindicator 99, den kumulierten Energieaufwand sowie für einen CO2-Fußabdruck, jeweils mit einer Angabe zur Standardabweichung.
Die Bereitstellung von Shortcut-Modulen wird nicht nur Synthesechemikern helfen, eine Abschätzung über Stoff- und Energieverbräuche zu ermitteln, sondern auch vielen kleinen und mittleren Unternehmen. Die in diesem Projekt erstellten Referenzmodelle werden dem Anwender zusätzlich beim Einstieg und beim Modellieren in der neuen Software helfen.
Das von der DBU-geförderte Projekt wird als so vielversprechend eingeschätzt, dass die ifu Hamburg GmbH den Prototypen zur Marktreife bringen und weiterentwickeln wird.
Fördersumme
363.896,00 €
Förderzeitraum
01.08.2008 - 31.01.2012
Bundesland
Niedersachsen
Schlagwörter
Klimaschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik