Projekt 25018/01

Reet als Dacheindeckungsmaterial – Qualitätssicherung und -erhaltung eines Baustoffs aus nachwachsenden Rohstoffen

Projektdurchführung

QSR Gesellschaft zur Qualitätssicherung Reet mbH
Holzkoppelweg 5
24118 Kiel

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Zielsetzung ist entsprechend der komplexen Aufgabenstellung weit gefasst und macht ein umfangreiches Arbeitsprogramm erforderlich. In diesem Projekt geht es in erster Linie darum, im Sinne einer schnell greifenden Schadensbegrenzung die Fülle der möglichen Ursachen zu erfassen, einzugrenzen und die am Ende wesentlichen Problembereiche zu definieren, die dann in einem Folgeprojekt eingehend untersucht werden sollen.
Die Ziele des Projektes lassen sich auf vier Kernbereiche konzentrieren:
- Dokumentation beispielhafter Schadensfälle zur Eingrenzung des möglichen Ursachenkomplexes für den Pilzbefall.
- Sicherung der Reetqualität:
- Monitoring der Verfahrenskette Reet von der Ernte bis zur Verwertung.
- Bestimmung von Parametern zur Unterscheidung von Reetqualitäten.
- Entwicklung eines Leitfadens als Grundlage einer einheitlichen Qualitätsbeurteilung.
- Physikalisch/chemische Beschreibung verschiedener Reetqualitäten und ihre Besiedelbarkeit durch schädigende Mikroorganismen.
- Maßnahmen zur Schadensminimierung
- Möglichkeiten zur Behandlung von befallsgefährdetem Material vor der Verarbeitung durch ökologisch unbedenkliche Mittel.
- Möglichkeiten der Behandlung mit ökologisch unbedenklichen Mitteln bei Auftreten von Schadsymptomen
auf bereits gedeckten Dächern.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenGemeinsam werden wir Proben von 10 Standorten analysieren. Ziel dieser Arbeiten ist es, einen ersten Überblick über die mikrobielle Population von Reetdächern zu erhalten und evt. erste Lösungskonzepte zu entwickeln. Dazu werden wir Probenmaterialien unter sterilen Bedingungen an zehn auszuwählenden Standorten sammeln. Im geplanten Projekt werden wir dann aus den unterschiedlichen Probenmaterialien Gesamt-DNA extrahieren und mit Hilfe von PCR- und Klonierungsstrategien die DNA in Genbanken hinterlegen. Für die schnelle Bestimmung der bakteriellen Population werden wir spezielle Subgenbanken von 16S-rDNA Genen anlegen und diese sequenzieren lassen. Dabei wird es das Ziel sein, möglichst viele Klone zu generieren und zu sequenzieren. Anhand der so gewonnenen DNA-Sequenzen können wir dann mit Hilfe von Ähnlichkeitsvergleichen in Datenbanken auf die jeweiligen Mikroorganismen schließen. Wir gehen derzeit davon aus, dass wir einige hundert DNA-Sequenzen benötigen. Parallel dazu werden wir zur molekularen Bestimmung der Pilze die die 18S-rDNA und ITS-Bereiche mittels PCR amplifizieren, sequenzieren und dann ähnlich verfahren, wie bei den bakteriellen 16S-Sequenzen. Darüber hinaus werden wir das Phänomen der Biofilmbildung detailliert untersuchen und der Frage nachgehen, inwieweit die Bakterien mit den Pilzen vergesellschaftet sind.


Ergebnisse und Diskussion

Als Schadensursachen der frühzeitigen Alterung von Reetdächern wurden Mängel für die folgenden 4 Kate-gorien festgestellt: Materialqualität, Bauphysikalische Ursachen, Handwerkliche Fehler und Standorteigenschaften.
Der Aspekt der Materialqualität umfasst ein weites Spektrum möglicher Fehler. Das beginnt bei der Ernte und pflanzt sich fort über Transport- bis zu diversen Lagerschäden, die dann Grundlagen sind für (Folge-) Schäden aufgrund verschiedener biochemischer Prozesse. Gerade dieses Schadensbündel ist prototypisch für den komplexen, multikausalen Prozess. Die Ernte und Lagerung von zu nassem Reet spielen hier eine herausragende Rolle, da hohe Feuchtigkeitsgehalte die Voraussetzung der mikrobiellen Folgeprozesse bilden.
Typische Fehler aus dem Bereich der Bauphysik sind in der Regel eine fehlerhafte oder fehlende Hinterlüftung bzw. Dampfsperre. Durch den zunehmenden Dachausbau der letzten Jahre ist hier sicherlich ein zusätzliches Gefährdungspotenzial entstanden.
Handwerkliche Fehler als Schadensursache sind in erster Linie eine zu geringe Halmneigung bei ausreichender Dachneigung oder aber das Reet wurde sehr fest eingedeckt. Die zu geringe Halmneigung begünstigt eine tiefere Durchfeuchtung des Daches, während eine zu feste Eindeckung die Austrocknung des Daches verzögert.
Bei Standortnachteilen ist die Beschattung durch dicht am Haus stehende Bäume die wesentliche Schadensquelle. Zusätzlich sorgt Blattfall auf das Dach für eine Beeinträchtigung des Reets. Im Rahmen des Projektes wurden 79 Reetdächer eingehend untersucht: 27 davon in Schleswig-Holstein, 34 in Niedersachsen und 15 in Mecklenburg-Vorpommern. Von den 79 Reetdächern waren 54 (68%) schadhaft und zeigten Symptome eines dauerfeuchten Daches. 20 Dächer (31%) waren unauffällig oder in einem altersgemäßen Zustand; 5 Dächer (8%) ließen sich nicht eindeutig zuordnen. Gemessen an einer Importquote des bei uns verarbeiteten Reets von über 80 % kann man nicht davon ausgehen, dass Importreet überproportional an der Schadensbilanz betroffener Reetdächer beteiligt ist.
Bei den als schadhaft eingestuften Dächern war in den meisten Fällen eine geringe Qualität des Reets wesentliche Ursache für die frühzeitige Alterung der Dächer. An zweiter Stelle folgten bauphysikalische Ursachen, in der Regel eine fehlerhafte oder fehlende Hinterlüftung bzw. Dampfsperre.
Handwerkliche Mängel als Schadensursache traten ebenfalls auf: wie eingangs erwähnt wurden hier häufig zu geringe Halmneigungen und/oder zu feste Eindeckungsoberflächen festgestellt. Sowohl die zu geringe Halmneigung als auch die zu festen Eindeckungsoberflächen führen zu einer wesentlich höheren durchschnittlichen Feuchtigkeit in der Reetschicht. Jede der genannten 4 Kategorien der Schadensursachen kann mehrere Einzelursachen haben, so dass hier vorzugsweise von Ursachenbündeln zu sprechen ist.
Ziel war es, anhand ausgewählter Inhaltsstoffe die Reetqualität zu charakterisieren, und Parameter zur Unterscheidung von Reetqualitäten als Grundlage einer einheitlichen Qualitätsbeurteilung zu entwickeln. Im Hinblick auf die Langlebigkeit von Reet als Naturbaustoff ist der Wassergehalt von maßgeblicher Bedeutung. Er sollte nicht über 18% liegen, da Mikroorganismen bei höheren Gehalten günstige Wachstumsbedingungen vorfinden und das Reet abbauen.
Reet ist ein verholzendes Naturprodukt und besteht im Prinzip aus den zwei wesentlichen Komponenten: Den Kohlenhydraten Zellulose und Hemizellulose und der phenolischen Komponente Lignin; zusammengefasst als Gerüstsubstanzen Lignozellulose bezeichnet. Sie tragen in hohem Maße zur Halmstabilität bei. Wird die Zellulose bevorzugt abgebaut, bleibt das oxidierte Lignin als braune Masse zurück, und man spricht von Braunfäule. Im umgekehrten Fall der Weißfäule besteht der Rückstand aus der gebleichten Zellulose. Die Lignozellulose im Halm und da besonders das Lignin stellen eine Barriere für Mikroorganismen dar. In der Tat zeigten die Ergebnisse, dass der Verrottungsgrad von Dachflächen mit unterschiedlichen Lignozellulosegehalten einhergeht.
Auch zeigte sich, dass der Nährstoffgehalt den mikrobiellen Reetabbau beeinflusst. Stark zerstörte Dächer wiesen einen höheren Stickstoffgehalt als intakte Dächer auf. Stickstoff ist gleichermaßen für Pflanzen aber auch für Pilze das wichtigste Nährelement. Erhöhte Stickstoffgehalte fördern die mikrobielle Aktivität. Der Quotient aus den Gehalten an Stickstoff (N) und Kohlenstoff (C), der als C/N- Verhältnis bezeichnet wird, könnte ein weiteres Kriterium für die Reetqualität darstellen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse sowie die Forschungsberichte sind im Rahmen von Pressekonferenzen, Zeitungsartikeln sowie auf der Internetseite der QSR GmbH veröffentlicht worden. Parallel fanden mehrere öffentliche Informationsveranstaltungen in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern statt.


Fazit

Der Schutz von Reet vor vorzeitigem biologischem Abbau beginnt bereits mit der Ernte. Reet kann nur dann von Pilzen befallen werden, wenn freies, d.h. nicht von der Zellwand des Reets gebundenes Wasser zur Verfügung steht. Pilzbefall ist also ein Indikator für eine erhöhte Feuchtigkeit im Reet. Dem Feuchtigkeitsproblem kann nur eine geschlossene Qualitätsüberwachung des Reets von Anbau und Ernte bis zur Anlieferung an der Baustelle entgegenwirken. In diese Richtung gehen daher auch die Bemühungen von Reethändlern und
Dachdeckern. Ergänzend werden in Folgeprojekten an der Erarbeitung von zulässigen Grenzwerten für die Reetinhaltsstoffe die Arbeiten dieses Projekts fortgeführt.

Übersicht

Fördersumme

124.966,00 €

Förderzeitraum

15.12.2006 - 30.11.2008

Bundesland

Schleswig-Holstein

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik