Aktive Lärmminderung in Wohn- und Schlafräumen
Projektdurchführung
Helmut-Schmidt-Universität
Universität der Bundeswehr Hamburg
Fachbereich Maschinenbau
Professur Mechatronik
Holstenhofweg 85
22043 Hamburg
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Für einen gesunden und erholsamen Schlaf ist es notwendig, Schlafräume mit Frischluft zu versorgen. Dies erfolgt im Allgemeinen durch Öffnen von Fenstern. Allerdings dringt durch geöffnete Fenster auch Lärm in den Schlafraum ein. Nach geltender Gesetzeslage ist Lärm eine Form der Umweltverschmutzung. Darüber hinaus ist eine Reduktion der Geräuschbelastung während des Schlafes erforderlich, um stressbedingten Gesundheitsschäden vorzubeugen.
Die Zielsetzung des Projektes besteht darin, ein realitätsnahes Demonstrator-Modell zu entwickeln, um nachzuweisen, dass durch aktiven Gegenschall eine Ruhezone im Kopfbereich einer liegenden Person erzeugt werden kann. Hierbei wird im niederfrequenten Bereich (f < 1kHz) eine Pegelreduktion von bis zu 20 dB angestrebt. Der Beitrag zur Umweltentlastung besteht somit in der lokalen Reduktion der Umwelt-verschmutzung Lärm.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden1. Aufbau eines realitätsnahen Prüfstandes
Für die Untersuchung wird ein Schlafraum, in den durch ein geöffnetes Fenster Lärm eindringt, im Labor realitätsnah nachgestellt.
2. Ermittlung der initialen Lärmverteilung
Das ungeregelte Schallfeld im Labor wird als Referenz vermessen. Lokale Druckmaxima, deren Kenntnis für die Positionierung von Fehlermikrophonen und Gegenschallquellen erforderlich ist, werden identifiziert.
3. Entwicklung eines effektiven Regelalgorithmus
Für Erfolg versprechende Anordnungen von Fehlermikrophonen und Gegenschallquellen wird ein schneller und robuster adaptiver Regler entwickelt und auf einem digitalen Signalprozessor implementiert.
4. Einrüstung eines Demonstrators und Ermittlung des Regelungserfolges
Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen wird ein Demonstrator-Modell erstellt und in den Schlafraum eingerüstet. Der Regelungserfolg in Kopfnähe und die Rückwirkung
Ergebnisse und Diskussion
In dem von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten Projekt zur Aktiven Lärmminderung in Wohn- und Schlafräumen wurde ein lokal wirksames Gegenschallsystem erfolgreich getestet. Die Tests erfolgten im Labormaßstab (Hier wurden verbesserte virtuelle Mikrophone erprobt.) und in einem reali-tätsnahen Transmissionsprüfstand (Hier wurden reale Fehlermikrophone eingesetzt.)
Störschall verschiedener Signalformen drang über ein in die Transmissionsöffnung eingesetztes Fenster in das im Hallraum nachempfundene Schlafzimmer ein. In diesem stand ein handelsübliches Bett mit zwei am Kopfende montierten Gegenschalllautsprechern und zwei Fehlermikrofonen im Kopfkissen.
Die Signalverarbeitung erfolgte auf PowerPCs der Firma dSpace mit Hilfe des fast exact power normalized leacky FxLMS-Verfahrens. Als Referenzsignalgeber diente ein im reflektionsarmen Raum positionier-tes Mikrophon. Der Regelungserfolg wurde an den Fehlermikrofonen im Kopfkissen und mittels eines Mikrophon-Arrays vermessen. Letzteres wurde über ein, für dieses Projekt, in den Hallraum eingebrachten und selbst konstruierten Roboter vermessen.
Der Regelungserfolg wurde vom Pegel des einwirkenden Störschalls in Abhängigkeit der Fensterstelllungen: (1) zu, (2) gekippt, (3) geöffnet und vom Hintergrundrauschen beeinflusst. Monofrequenter Stör-schall konnte fast immer bis auf das Niveau des Hintergrundrauschens reduziert werden. Der Regelungserfolg bei breitbandigem Störschall hing von der Filterlänge der Controller ab. Für ein vollständig gekoppeltes 1x2x2 ANC-System mit externer Referenz konnten im Frequenzband 80
Mit Hilfe des Roboters und eines Mikrofonfeldes wurden Schallpegel im ungeregelten und geregelten Zustand auf mehreren Ebenen kartiert. Die lokale Lärmminderungsmaßnahme hat nur geringen Einfluss auf das Schallfeld im restlichen Raum. Die Ergebnisse der Kartierungen belegen, dass sich die um die Fehlermikrofone herum ausbildende Ruhezone vergrößert, je tiefer die Frequenz des Störschalls ist.
Eine abschließende Versuchsreihe zum Einfluss der Sensorik auf den Regelungserfolg dokumentiert, dass sich die mit qualitativ hochwertiger Messtechnik erreichten Regelungserfolge auch beim Einsatz geeigneter, handelsüblicher Audiokomponenten erzielen lassen.
Die Schlafposition einer auf dem Kopfkissen liegenden Person wurde mit einem Kunstkopf simuliert. Der Einfluss dieser Störung war nur gering. Der Einsatz eines zweiten im Hallraum betriebenen Systems schränkt den Erfolg am ersten System praktisch nicht ein.
Eine als Unterauftrag vergebene ökologische und ökonomische Bilanzierung der Vorhabensergebnisse bestätigte einerseits den hochinnovativen Charakter des Projektes im Vergleich zum Stand der Technik. Andererseits wurden in dieser Studie die ökologischen Vorzüge (Reduzierung der Lärmverschmutzung) und ökonomischen Möglichkeiten (Einführung in den Heimanwenderbereich) aufgezeigt.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die im Projekt gewonnen Erkenntnisse wurden der Öffentlichkeit durch Publikationen in wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen Schriften sowie der Tagespresse, durch wissenschaftliche Vorträge und Radio-Interviews zugänglich gemacht. Hervorzuheben ist die Ausstellung des Demonstrators auf der Woche der Umwelt 2007, am Amtssitz des Bundespräsidenten.
Fazit
Die Anwendung hochinnovativer mechatronischer Gegenschalltechnologie auf der Basis adaptiver Filter ermöglicht es bei geeigneter Positionierung von Sensoren und Aktoren, die Umweltverschmutzung Lärm im Kopfbereich von Personen signifikant zu reduzieren.
In zukünftigen Arbeiten sind die Schwerpunkte auf die Entwicklung von Verfahren zur aktiven Lärmmin-derung instationärer Signale sowie auf eine für den Heimbetrieb taugliche Systemintegration zu setzen.
Fördersumme
95.000,00 €
Förderzeitraum
12.09.2006 - 12.03.2008
Bundesland
Hamburg
Schlagwörter
Klimaschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik