Entwicklung einer ressourcenschonenden Methode zur Tragfähigkeitsprüfung an historischer Bausubstanz (Freischneidetechnik)
Projektdurchführung
Hochschule Bremen
Institut für Experimentelle Statik (IFES)
Neustadtswall 30
28199 Bremen
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Mauerwerksbauten werden seit jeher in Planung und Ausführung für spezielle Anforderungen ausgelegt. Aufgrund steigender Beanspruchungen durch geänderte Nutzung und (umweltbedingter) Schäden stehen vielfach Gebrauchstauglichkeit, Tragsicherheit und Dauerhaftigkeit der Bauwerke in Frage. Zielset-zung dieses Projektes ist die Entwicklung eines experimentellen zerstörungsarmen Verfahrens, das wichtige tragsicherheitsrelevante Parameter durch Messung von Bauteilreaktionen identifiziert, z. B.
die aktuell eingetragene Beanspruchung,
wesentliche Materialkennwerte und
die maximal zulässige Beanspruchung des Mauerwerks.
Das Untersuchungsergebnis dient als Basis für Investitionsentscheidungen und ist Voraussetzung für die Bausubstanzerhaltung. Die Umwelt wird nachhaltig entlastet, indem Baumaßnahmen reduziert oder vermieden werden.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Projekt gliedert sich in drei Phasen (Verfahrens- und Geräteentwicklung, Erprobung im Labor und Evaluation sowie Anwendung an Pilotobjekten).
Erster Schritt war die grundlegende Verfahrens- und Geräteentwicklung, bei der durch FE-Berechnungen und begleitende Kleinversuche im Labor die wesentliche Vorgehensweise festgelegt wurde. Der Schwerpunkt lag auf der Ermittlung der Kausalität zwischen der Geometrie des Freischnitts und der Veränderung der Randdehnung. Hierzu wurden experimentelle mit theoretischen (rechnerischen) Methoden kombiniert.
In der dritten Phase der Projektlaufzeit wurden das Verfahren und die Geräte bei konkreten Pilotprojekten eingesetzt. Dabei konnten sowohl historische, denkmalgeschützte Bauwerke aus dem Hochbau in Bremen und Stralsund als auch eine Eisenbahngewölbebrücke in Lüneburg untersucht werden.
Ergebnisse und Diskussion
Die Freischneidetechnik kann wesentliche Materialkennwerte an bestehendem Mauerwerk identifizieren, die dann eine statische Berechnung (Hydride Statik) stützen können und ggf. vorhandene Tragwerksreserven erschließen lassen. Die effektive Tragsicherheit historischer Mauerwerksbauten soll so zukünftig mit vergleichsweise geringem Aufwand und minimalinvasiv zuverlässig bestimmt werden.
Die experimentellen Ergebnisse wurden mit konventionellen Materialprüfungen begleitet und verglichen. Zur Interpretation und Verwendung der Ergebnisse wurden Lösungsansätze identifiziert, so dass die Aussagefähigkeit bei unklaren Versuchsergebnissen gesteigert werden kann. Je nach Zustand und Ausführungsqualität des Mauerwerks kann es z. B. Schwierigkeiten bei der Interpretation der Entspannungskurven geben. Hierzu wurden zwei mathematische Funktionen gefunden, die eine Glättung und Extrapolation der Messkurven zulassen. Desweiteren konnten Korrekturfaktoren festgelegt werden, die eine Anbindung der Versuche an genormte Messverfahren ermöglichen sollen. Das Verfahren ist dem bereits bekannten Flat-Jack-Verfahren überlegen, da es auch bei geringer Auflast Informationen zum E-Modul und der Mauerwerksfestigkeit geben kann.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Neben der Veröffentlichung der Projektergebnisse in Tageszeitungen und Magazinen (z.B. Weserkurier Bremen, Internetportal www.baulinks.de, österreichisches Baumagazin www.solid-bau.at, Fraunhofer IRB Kurzberichte aus der Bauforschung oder Deutsches Baublatt) wurden die Ergebnisse auch in Fach-kreisen veröffentlicht, vorgetragen und diskutiert, z.B.:
Veröffentlichungen (Auszug)
Kahl, D. ; Gutermann, M.: Freischneidetechnik an Mauerwerksbrücken. Zerstörungsarme Ermittlung des Dehnungszustandes. TU Dresden, Heft 12, Schriftenreihe Konstruktiver Ingenieurbau, Eigenver-lag TU Dresden, September 2007, S. 177-191, ISSN 1613-6934
Knaack, H.-U. ; Gutermann, M.: Strain Assessment of Historic Masonry by Cutting. In; Proceeding of Structural Faults & Repair 10.-12. Juni in Edinburgh, Schottland
Kahl, D. ; Gutermann, M.: Messen statt Schätzenzerstörungsarme Tragsicherheitsbewertung von Mauerwerk. Tagungsband DGZfP: Fachtagung Bauwerksdiagnose
Vorträge (Auszug)
UIC-Workshop on Masonry Arch Bridges. 9. Mai 2007 in Paris
4. Symposium Experimentelle Untersuchungen von Baukonstruktionen. 27. September 2007 in DD
DGZfP: Fachtagung Bauwerksdiagnose. 21.-22. Februar in Berlin
Arbeitskreis Bautechnik der Denkmalpfleger. 24.-25. April in Stralsund
SaCoMaTiS: International Rilem-Conference, 01.-03.09.2008 in Varenna, Italien
Fazit
Das entwickelte und erprobte Verfahren erscheint vielversprechend, zukünftig wesentliche Informationen und Materialkennwerte von Mauerwerksbauwerken zu erhalten, wie z. B. E-Modul und Mauerwerksfestigkeit. Die Aussagezuverlässigkeit und die Qualität der Ergebnisse beim Freischneiden im Vergleich zu alternativen Methoden muss jedoch noch in weiteren Anwendungen erprobt und bewiesen werden.
Die Zusammenarbeit mit den beteiligten Firmen und Institutionen ist besonders hervorzuheben. Ohne die konstruktive und reibungslose Zusammenarbeit wären das Projekt und die erreichten Ergebnisse nicht möglich gewesen.
Fördersumme
119.944,00 €
Förderzeitraum
14.02.2007 - 30.06.2008
Bundesland
Bremen
Schlagwörter
Ressourcenschonung
Umwelttechnik