Projekt 23821/03

Dritte Phase: Entwicklung neuartiger Trägermaterialien für die Wasseraufbereitung und Kreislaufführung in Marikultur-Produktionsanlagen der Fischzucht, hier: verfahrenstechnische und mikrobiologische Optimierung von Biofiltersystemen

Projektdurchführung

LimnoMar Labor für Limnische und Marine Forschung Abt. Vergleichende Pathologie
Bei der Neuen Münze 11
22145 Hamburg

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Bei wachsendem wirtschaftlichem und ökologischem Interesse an Aquakulturen fokussiert sich die angewandte Anlagentechnik zunehmend auf nachhaltige Produktionsverfahren mit integrierter Wasseraufbereitung (Kreislaufanlagen). Für die verfahrenstechnische Umsetzung eines wesentlichen Prozesses der biologischen Wasseraufbereitung - die bakterielle Nitrifikation (Oxidation der fischtoxischen Stickstoffverbindungen Ammonium und Nitrit zum wesentlich unschädlicheren Nitrat) - fehlen gesicherte Kennzahlen für die Auslegung und den Betrieb, denn besonders in der Startphase eines Biofilters kann es zu der Akkumulation von Ammonium oder Nitrit kommen. Ziel des Projektes war es, einige wichtige dieser Kennzahlen bereitzustellen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIn der 3. Projektphase wurden verschiedene Kunststoffe und Zuschläge auf ihre Eignung für Marikultur-Kreislaufanlagen in Bezug auf die Anheftung und Hydrophobizität überprüft. Des Weiteren wurden Füllkörperoberflächen durch einfache Behandlungen konditioniert und der Effekt mittels Aktivitätstests ermittelt. Verschiedene gängige Kunststoffe wurden auf ihre hormonelle Wirkung mittels YES/YAS Test überprüft. In Hinblick auf eine mögliche Beeinträchtigung des Umsatzes im Biofilter wurde die Toleranz gegenüber dem Stoffwechselendprodukt Nitrat und den Reaktionsprodukten von Ozon an Referenzorganismen im Labor und in Versuchsanlagen der GMA getestet. Die Nitrifikation in der Anlaufphase in vier von der Kunststoff Spranger GmbH konzipierten und bereitgestellten Bewegtbett-Reaktoren, die jeweils über ein alternatives Belüftungsverfahren verfügen, wurde untersucht. Die Einlaufphase von drei Biofiltern der GMA mit unterschiedlichen initialen Fütterungen (Mineralsalze/ Fischfutter) wurde über > 1 Jahr mit Aktivitätstests und Identifizierung der nitrifizierenden Gemeinschaft begleitet. Die Anreicherung Ammoniak oxidierender Bakterien aus der ehemaligen Anlage der Firma Ecomares in Büsum wurde fortgesetzt. Benutzte Füllkörper wurden bis zu einem Jahr unter verschiedenen Bedingungen gelagert und deren Restaktivitäten bestimmt. Ein Bioreaktor mit online-Überwachung der wichtigsten Parameter wurde gefertigt und die heterotrophe Begleitfauna auf Füllkörpern mittels MPN quantifiziert.


Ergebnisse und Diskussion

Es konnte eine Formulierung für Kunststoffe als vorteilhaft gegenüber Vergleichsmaterialen herausgestellt werden, welche von der GEA 2H Water Technologies zur Herstellung von Füllkörpern (FK) verwendet werden kann. Neben der quantitativen Bestimmung der Anheftung von Bakterien konnten Polysaccharidkomponenten in der EPS der Referenzorganismen durch Lektinfärbung visualisiert werden. Die Oberflächen aller untersuchten Kunststoffe wurden als hydrophob charakterisiert. Es stellte sich heraus, dass die Behandlung von neuen Füllkörpern mit nitrifizierenden Bakterien (AOB und NOB) bewirkt. Allein die Verwendung bereits benutzter und gesäuberter FK zeigte eine solche Wirkung im Vergleich zu neuen FK. Mittels YES/YAS Test wurde nur eine sehr geringe hormonelle Wirkung durch Substanzen in den untersuchten Kunststoffen gemessen. Versuche mit verschiedenen Nitratkonzentrationen in Versuchsreaktoren zeigten, dass schon bei 125 mg/l NO3-N die Nitrit-Oxidation beeinträchtigt werden kann; die Unterschiede waren allerdings erst ab 500 mg/l NO3-N signifikant. Dennoch scheinen die NOB sensibler auf hohe Nitratkonzentrationen zu reagieren als AOB, bei denen eine Reduzierung der Ammoniak-Oxidation erst bei 500 mg/l NO3-N nachgewiesen wurde. Steinbutte wurden bereits durch 125 mg/l NO3-N in ihrem Wachstum beeinträchtigt. Anders als bei hohen Nitratwerten wurde eine leichte Erhöhung der Nitrifikationsleistung durch TRO Konzentrationen von 0,05 bis 0.15 mg/l Cl2 gemessen. Die optimale Ozondosierung wird durch die Fischgesundheit limitiert. Die Verringerung der Belüftung durch reduzierte Einblastiefe oder mechanische Durchmischung erwies sich als für NOB von Vorteil während der Einlaufphase, die AOB dagegen zeigten geringere Aktivitäten bei mechanischer Durchmischung und Intervall-Belüftung. Die Langzeituntersuchungen der Einlaufphasen von 3 baugleichen Biofiltern zeigten, dass Aktivitätstests im Labor ein geeignetes Werkzeug sind, um die Entwicklung von Nitrifikationspotentialen zu verfolgen. Solange keine Fische eingesetzt werden, ist eine sehr hohe Gabe an Ammonium und Nitrit zu empfehlen, um anfängliches Wachstum zu unterstützen. Die unterschiedlichen Methoden der Beimpfung hatten keinen Einfluss auf die Zusammensetzung der NOB; die dominierenden AOB Stämme in dem mit und ohne Futter beimpften Modulen waren jedoch unterschiedlich. Es ist möglich, dass Futter oder andere organische Substanzen das Wachstum von NOB beschleunigen. Ozon sollte erst eingeleitet werden, wenn die Menge der Substanzen, die dem Nitrit gegenüber bevorzugt oxidiert werden (z. B. Gelbstoffe), ausreichend ist, um den NOB genug Substrat zum Wachstum zu lassen. Die Identifikation der beteiligten Bakterien zeigte, dass sich vor allem NOB aus drei verschiedenen Gattungen an die FK angeheftet haben, aber nur AOB aus der Gattung Nitrosomonas. Nitrospira dominiert die Nitrit-Oxidation, wobei bis zu 100 % Sequenzähnlichkeiten mit dem zuvor isolierten Nitrospira aus der Ecomares-Anlage gefunden wurden. Ein AOB sowie ein weiterer Nitrospira aus der Ecomares-Anlage konnten hoch angereichert werden. Füllkörper, die in Meer- und Leitungswasser bei 4 °C und 17 °C gelagert wurden, zeigten noch relativ hohe Restaktivitäten auch nach mehreren Monaten, wobei die der NOB stets höher als die der AOB waren. Trockene Lagerung bei 17 °C verminderte die Nitrifikationsleistung am stärksten. Ein Bioreaktor wurde konstruiert und eine dauerhafte Online-Überwachung mittels potentiometrischer Messung war (bedingt) möglich. Auf den FK waren Bakterien des Schwefel-, des Stickstoff-, des Eisen- und des Mangankreislaufes sowie heterotrophe Pilze und Bakterien in z. T. sehr hohen Zellzahlen nachweisbar.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse aus dem Projekt wurden national und international in sechs Zeitschriften-Artikeln veröffentlicht und in sieben Vorträgen und auf acht Postern präsentiert. Zudem wurden vier Graduationsarbeiten angefertigt.


Fazit

Die vielseitigen Untersuchungen zur Nitrifikation im Rahmen des DBU Projektes haben zu Erkenntnissen geführt, die zur Optimierung solcher Anlagen beitragen und dadurch die Anwendung der Kreislauftechnik in der Aquakultur attraktiver macht. Dabei sind Erkenntnisse zur Anheftung, Lagerung von bewachsenen Füllkörpern, Nitrat- und Ozonhemmung sowie Belüftung erlangt worden. Dominierende Nitrifikanten konnten identifiziert und in Laborkultur gebracht werden. Neue Ansätze für Einlaufphasen wurden konzipiert, mikrobiologisch begleitet und bewertet. Die Ergebnisse der Laborexperimente wurden erfolgreich auf Versuchsreaktoren übertragen und können zum Teil direkt von Betreibern von marinen Anlagen bzw. bei der Herstellung von Füllkörpern verwendet werden.

Übersicht

Fördersumme

252.505,00 €

Förderzeitraum

01.01.2010 - 31.12.2011

Bundesland

Hamburg

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik