Erste Phase der Entwicklung neuartiger Trägermaterialien für die Wasseraufbereitung und Kreislaufführung in Marikultur-Produktionsanlagen der Fischzucht
Projektdurchführung
2H Kunststoff GmbH
Dieselweg 5
48493 Wettringen
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Bei wachsendem wirtschaftlichem und ökologischem Interesse an Marikulturanlagen zur Fischzucht fokussiert sich die angewandte Anlagentechnik zunehmend auf nachhaltige Produktionsverfahren mit integrierten Wasseraufbereitungen (Kreislaufanlagen). Für die verfahrenstechnische Umsetzung eines wesentlichen Prozesses der biologischen Wasseraufbereitung - die bakterielle Nitrifikation (Oxidation der fischtoxischen Stickstoffverbindungen Ammonium und Nitrit zum wesentlich unschädlicheren Nitrat) - fehlen gesicherte Kennzahlen für die Auslegung und den Betrieb. Ziel des Projektes ist es, die Zusammensetzung der im moving-bed Filterverfahren eingesetzten Trägermaterialien sowie die Betriebsparameter der Filter zu optimieren, um die Anheftung und die Abbauaktivität der Nitrifikanten zu fördern.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Optimierung der Abwasserreinigung soll in einem mehrschichtigen Ansatz über jeweils 6 Monate erfolgen. Die Komponenten der verwendeten Kunststoff-Füllkörper werden toxikologisch überprüft und im Labormaßstab mit Anreicherungskulturen aus den Anlagen auf mögliche Hemmwirkungen untersucht (gemessen durch Stoffumsatz, Sauerstoffverbrauch oder Wärmeabgabe). Nach molekularbiologischer Charakterisierung der nitrifizierenden und heterotrophen Mikroflora im Biofilm der Füllkörper können ent-sprechende Referenzstämme als Reinkulturen für die Versuche eingesetzt werden. Begleitend sollen vor Ort die Betriebsparameter wie Belüftung, Feststofffracht, pH, Temperatur im Rahmen der Möglichkeiten auf eine verbesserte Aktivität der Nitrifikanten ausgerichtet und der Bewuchs der heterotrophen Bakterien vermindert bzw. in Grenzen gehalten werden.
Im zweiten Zeitraum von 6 Monaten ist geplant, chemisch modifizierte Filtermaterialien in Labortests mit Referenzkulturen und Anreicherungskulturen aus den Anlagen sowie in ersten Praxistests in der Versuchsanlage auf die Anheftung von Nitrifikanten zu untersuchen und mikroskopisch zu analysieren. Hierbei soll ebenfalls die Aktivität der Organismen mittels der zu entwickelnden Tests kontrolliert werden. Die heterotrophe Begleitflora wird über Platten- und das MPN- (most probable number) Verfahren quantifiziert.
Ergebnisse und Diskussion
In einem vielschichtigen Ansatz wurden die nitrifizierenden Bakterien aus den Biofiltern der Ecomares Fischfarm in Büsum untersucht. Sie wurden quantifiziert, zum Teil identifiziert und in Laboransätzen kultiviert.
Nach einer Inkubationszeit von 14 Wochen bei 17°C konnten durchschnittlich 8,0 x 105 Zellen von Ammoniakoxidanten pro Füllkörper in Modul 1 und 3,7 x 105 Zellen von Ammoniakoxidanten pro Füllkörper in Modul 2 nachgewiesen werden. Bei den Nitritoxidanten betrug die mittlere Zellzahl 2,6 x 105 Zellen pro Füllkörper in Modul 1 und 4,1 x 105 Zellen pro Füllkörper in Modul 2.
Der Aufbau des nitrifizierenden Biofilms in Form von Mikrokolonien konnte elektronenmikroskopisch visualisiert werden. Anhand der charakteristischen Ultrastruktur konnten Zellen von Nitrosomonas und Nitrosococcus als Ammoniakoxidanten und Nitrospira als häufigster Nitritoxidant identifiziert werden. Die Dominanz von Nitrospira konnte immunologisch bestätigt werden.
Die molekularbiologische Untersuchung mittels spezifischer PCR bestätigte das Vorkommen von Nitro-somonas und Nitrospira. Die 16S rRNA Sequenzierung zeigte, dass es sich bei einem Stamm von Nitro-somonas um die bekannte Art Nm. cryotolerans handelt, während der andere Vertreter zu einer neuen Linie gehört, von der bereits andere Isolate aus marinen Lebensräumen vorliegen. Die molekularbiologi-sche Identifizierung von Nitrosococcus steht noch aus.
Die phylogenetische Einordnung von Nitrospira zeigte, dass es sich um einen bislang unbekannten Vertreter dieser Gattung handelt, da er mit nur 92% Sequenzhomologie eine sehr geringe Verwandtschaft zu der beschriebenen Art Ns. marina aufweist. Eine Isolierung dieses Stammes ist sinnvoll, da er eine hohe Substrattoleranz gegenüber Nitrit aufweist, die mit der eines terrestrischen Vertreters aus Belebtschlamm einer kommunalen Kläranlage vergleichbar ist. Nitritoxidanten der Gattung Nitrobacter konnten nur in ge-ringer Anzahl im Biofilm aus Modul 1 detektiert werden.
In einem Kurzzeit-Aktivitätstest konnte das Abbaupotential der Ammoniak und Nitrit oxidierenden Bakterien gemessen werden, um den Ist-Zustand der Biofilmzellen aufzunehmen. Es zeigten sich deutliche Abhängigkeiten von der Temperatur, der Zufuhr von Sauerstoff, von den eingesetzten Stickstoffkonzentrationen und der Besatzdichte in den Fischbecken. Bei gleicher Substratmenge zeigten die Nitritoxidanten eine etwa dreimal so hohe Aktivität wie die Ammoniakoxidanten. In Modul 1 wurden Substratumsätze von 153 - 433 nmol/h x Füllkörper für die Ammoniakoxidanten und von 430-1128 nmol / h x Füllkörper für die Nitritoxidanten gemessen.
Anhand eines Langzeit-Hemmversuches war es möglich, den Einfluss verschiedener Kunststoffmaterialien auf das Wachstum der Nitrifikanten zu analysieren. Die hemmende Wirkung variierte in Abhängigkeit der Versuchsparameter, sie war aber bei zwei weißen fabrikneuen Granulaten am stärksten ausgeprägt.
Eine intensive Beprobung der Wasserwerte in der Anlage Büsum ergab eine geringe Belastung der Stickstoffverbindungen Ammonium (9 - 37 µM), eine mittlere an Nitrit (15 - 43 µM) und eine relativ hohe Konzentration an Nitrat (6.000 - 6.500 µM entspricht 375 - 400 mg/L). Dies könnte einen hemmenden Ein-fluss auf die nitrifizierenden Bakterien im Biofilter haben, wie erste Versuche im Kurzzeit-Aktivitätstest ge-zeigt haben. Die maximale Abbauleistung für Ammonium im Biofilter aus Modul 1 betrug am 19.10.06 18 µM pro Durchlauf. Für Modul 2 wurde eine Ammoniumabnahme von 8 µM bestimmt. Beim Durchlauf des Kreislaufwassers durch die Biofilter konnte keine Nitritabnahme nachgewiesen werden.
In einem Feldversuch in der Anlage Strande wurde bei 5 untersuchten Füllkörpern nach der Erstbesiedlung die beste Abbauleistung für Ammonium und Nitrit beim Typ E1 (F1) und E3 (F2) festgestellt. Der Typ F2 aus recyceltem PE wird zurzeit standardmäßig als Biocarrier in Büsum und Strande eingesetzt, bei F1 handelt es sich um die entsprechende Rohware. Dagegen schnitt der Biocarrier E3 in einem längerange-legten Belastungstest schlechter ab als die anderen Füllkörper. In diesem Fall zeigte der Biocarrier E4 aus recyceltem PE, der eine andere Form aufweist als E3, die beste Nitrifikationsaktivität. (Details zu Füllkörpern im Abschlussvermerk s. www.limnomar.de.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Fachvorträge sowie Internet: www.ecomares.de , www.limnomar.de
Fazit
1. Der Wasserdurchsatz in den Biofiltern sollte vermindert werden, abgehendes Wasser aus dem Abflußsammler direkt der Sauerstoffanreicherung zugeführt werden.
2. Die Belüftung in den Biofiltern sollte gemäß festgestellter Abbauleistung reduziert werden.
3. Es sollte ein Denitrifikationsmodul zum Nitrat+Organik-Abbau als Prozesserweiterung erwogen werden, ggf. ist dieses in einer Pilotanlage zu testen, um dabei die Problematik der Heterotrophenflora mit untersuchen zu können.
4. Die Entwicklung einer prozessnahen Einrichtung für die Bestimmung der Aktivität der Biofilter sollte entwickelt und etabliert werden.
5. Die Durchführung weiterer Messkampagnen zur Erweiterung des Datenbestandes als Grundlage einer weiteren Prozessoptimierung ist anzustreben
Fördersumme
109.515,00 €
Förderzeitraum
20.03.2006 - 20.03.2007
Bundesland
Schleswig-Holstein
Schlagwörter
Ressourcenschonung
Umwelttechnik