Erste Phase der Entwicklung eines umweltschonenden Verfahrens zur Grundwassergewinnung durch abgelenkte Brunnenbohrungen im klüftigen Festgestein in ökologisch und wasserwirtschaftlich sensiblen Gebieten
Projektdurchführung
GGFGRUNDWASSER- UND GEO-FORSCHUNG mbH
An der Alten Ziegelei 6
66538 Neunkirchen
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
In bestimmten Festgestein-Grundwasserleitern ist eine Wassergewinnung nicht sinnvoll: Zum einen könnte eine ausreichende Ergiebigkeit nur erzielt werden, wenn mehrere der meist steilstehenden Klüfte angeschnitten würden. Zweitens verursachen Vertikalfilterbrunnen tiefe Absenktrichter, die zu ökologisch nicht duldbaren Schadwirkungen führen und drittens ist in Aquiferen mit nur geringer wassererfüllter Mächtigkeit aus ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten eine starke Absenkung des Wasserspiegels nicht hinnehmbar. Gelänge es in den genannten Fällen, ohne den für den Bau klassischer Horizontalfilterbrunnen großen Aufwand, durch abgelenkte Bohrungen mit anschließendem Ausbau einen längeren Schräg- oder Horizontalverlauf der Wassereintrittstrecke im Brunnen zu erreichen, so wären höhere Ergiebigkeiten und/oder flache Pumpmulden und somit erheblich ökologischere Grundwas-serentnahmen möglich. Ziel dieses Projektes war die Überprüfung der Realisierbarkeit dieses Verfahrens.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Arbeiten wurden in drei Projektgruppen inhaltlich und zeitlich aufeinander abgestimmt. Methodisch wurden gebietsspezifische geologische, wasserwirtschaftliche und ökologische Betrachtungen einerseits von theoretischen Abschätzungen, Berechnungen und Prognosen andererseits und schließlich technisch-wirtschaftlichen und praxisbezogenen Schwerpunkten voneinander differenziert.
Nach der Selektion und Charakterisierung von Gebieten, in denen das Projektthema Relevanz hat und der Festlegung zweier alternativen Ansatzpunkte für einen bei positiven Ergebnissen dieser ersten Projektphase beabsichtigten Feldversuch sollten numerische Modellierungen mittels FEM und AEM durch-geführt werden, die den ökologischen Vorteil des zur Praxisanwendung angestrebten Brunnenbauverfahrens gegenüber herkömmlicher Wassergewinnung nachweisen, quantifizieren und in Abhängigkeit der Untergrund- und wasserwirtschaftlichen Bedingungen detaillieren. Modelltechnisch sollten auch die gebirgsmechanischen Gegebenheiten um das Bohrloch berechnet werden, um die Anforderungen an den späteren Bohrlochaus- bau zu bestimmen.
Parallel, teilweise zeitlich nachgeschaltet, wurden technische Fragen, wie Auswahl und Spezifizierung geeigneter Bohrverfahren, Möglichkeiten der Verrohrung, des Einbringens der Ringraumverfüllung und des späteren Betriebes bearbeitet. Die Ergebnisse sollten als erste Planungsgrundlage dienen.
Ergebnisse und Diskussion
Ökologische Vorteile von abgelenkten Brunnenbohrungen im klüftigen Festgestein (aBF) lagen hauptsächlich in einer erwarteten Verringerung der Absenkung. Gleichzeitig wird einer aBF eine höhere Er-giebigkeit zugeschrieben. Beide Annahmen wurden im Projekt überprüft; sehr eindeutig konnten die Vermutungen bejaht und quantifiziert werden. Fallweise wurden mehrere Meter Absenkungsminimierung über Flächen von über 800 Tm² in sensiblen Talauen festgestellt; gute Anbindungen an das Kluftnetz belegten dies.
Die Methodik zur Gebietsauswahl nach ökologischen, wasserwirtschaftlichen, gesteinstechnischen und hydrogeologischen Gesichtspunkten für die Anwendung des Verfahrens wurde beschrieben und führte zu konkreten Standortempfehlungen. Bei Standortrecherchen interessierten sich bereits mehrere Wasserversorger für eine Anwendung, eine Stadtwerke-Gesellschaft sagte eine hohe finanzielle Beteiligung zu. Das Marktpotenzial scheint die bisherigen Annahmen deutlich zu übertreffen. Denkbar ist nach Ansicht der Projektgemeinschaft, dass ein völlig neues Marktsegment entsteht, was auch die Einschätzung einiger großer Bohr- und Brunnenbauunternehmen war, die teilweise unentgeltliche Mithilfe zusagten.
Unabhängig von Prospekten und Zusagen im Rahmen einer Auftragsakquisition von Firmen nahm die Arbeitsgruppe umfangreiche eigene Datenauswertungen, Einschätzungen und Bewertungen technischer Möglichkeiten, Risiken, Kosten usw. zur Realisierbarkeit einer aBF vor. Auf Grundlage dieser Kenntnisse wurde ein realmaßstäblicher Feldversuch empfohlen, bei dem eine mit flachem Winkel ansetzende Sacklochbohrung mittels HDD-Verfahren (Ortung anhand Wire-Line-Verfahren) und Überwaschgestänge sowie auf Stahlkufen eingeschobener Stahlrohrtour mit Schlitzbrückenfilterstrecke in 50 m Tiefe, Ringraumverkiesung und Zement-Dämmer-Abdichtung zur Anwendung käme.
Gleichzeitig zeigte sich, dass verschiedene Detailfragen erst dann abschließend beantwortet werden können, wenn Spezifikationen der nach einer Ausführungsplanung tatsächlich zum Einsatz vorgesehe-nen Gerätschaft bekannt sind und Praxis sowie konkrete Standortgegebenheiten weitere Bedingungen vorgeben. Trotz der nach Projektende gewachsenen positiven Gesamteinschätzung einer ökologisch vorteilhaften und technisch machbaren Realisierung mussten auch offene und ggf. kritische Punkte angesprochen werden:
Ein im Vergleich zur ursprünglichen Einschätzung zu flacher Eintrittswinkel der Bohrung verursacht hö-here Kosten. Bohrtechnisch gesehen wären stabile Gebirgsbereiche zu bevorzugen, wohingegen aus hydrogeologischer Sicht exakt das Gegenteil, nämlich klüftige Schwächezonen präferiert werden. Zum Dritten sei erwähnt, dass beim Bohren mit HDD-Verfahren ein so genannter Mud-Motor mit einer hohen Pumpleistung betrieben werden muss und eine tragfähige Spülung einzusetzen ist, d. h. in diesem Punkt haben Bohrtechnik und Brunnenbau temporär widersprüchliche Interessen. Hohe Spülleistungen können in nachbrüchigen Zonen kavernöse Auskolkungen und dortige Sedimentation mit sich bringen, so dass bei einem Feldversuch eine Kompromisslösung zu suchen wäre.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Jan. 2007, Fachsymposium Freiberg/Sachsen: Vortrag und Paper; Okt. 2007, Veranstaltung der Fa. energis in Orscholz: Vortrag vor rund 70 Teilnehmern; Nov. 2007, Bochum, Symposium mit Wasserver-sorgern, Planern usw: Mehrere Vorträge. - in Vorbereitung: U. a. drei Publikationen in wichtigen Periodi-ka.
Fazit
Die Erwartungen hinsichtlich der erreichbaren ökologischen Verbesserungen bestätigten sich im Projekt. Die Quantifizierung ergab, dass die Bereiche mit verminderter Absenkung einige hundert Meter ausma-chen können und somit in sensiblen Talauen mit selbst meist nur wenigen hundert Metern Breite große Vorteile erbringen. Die technische Machbarkeit der geplanten neuen Brunnenbauform scheint gegeben, so dass nunmehr die noch teiloffenen Fragen und kritischen Punkte in einem realmaßstäblichen Feldversuch zu beantworten wären. Die Arbeitsgruppe bzw. die Projektgemeinschaft empfahl, die nächsten Schritte zur Umsetzung eines Feldversuches vorzunehmen und Partner für eine finanzielle Übernahme von Kostenanteilen und/oder kostenneutralen Arbeiten zu finden.
Fördersumme
179.951,00 €
Förderzeitraum
20.03.2006 - 20.09.2007
Bundesland
Saarland
Schlagwörter
Ressourcenschonung
Umwelttechnik