Entwicklung eines Konzepts zur nachhaltigen Konservierung umweltbedingter Pigmentveränderungen der gotischen Ausmalungen in der Burg Ziesar und der Marienkirche Herzberg
Projektdurchführung
Amt Ziesar
Mühlentor 15 a
14793 Ziesar
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Bei Restaurierungen werden die Pigmentveränderungen meist phänomenologisch beschrieben, aber kaum naturwissenschaftlich untersucht. Die Ursachen und der genaue, formelmäßig erfassbare Hergang dieser chemischen Reaktionen sind mehrheitlich nicht ausreichend geklärt. In diesem Projekt wurden die maßgeblichen chemischen Abläufe, die zu Pigmentveränderungen an Blei- und Kupferpigmenten führen, ermittelt. Ein großes Defizit bestand vor allem hinsichtlich der Kenntnisse begünstigender oder auslösender Faktoren. An den Wand- und Gewölbemalereien in der Kapelle und im Palas der Burg Ziesar und der Marienkirche Herzberg wurden bei den restauratorischen Untersuchungen und Konservierungsmaßnahmen der vergangenen Jahre Pigmentveränderungen festgestellt, die die ursprüngliche Farbwirkung der Malereien stark verändert haben. Im Rahmen des Projektes wurden durch vertiefende Untersuchungen Ursachen und Dynamik der Schädigungsprozesse erforscht und Wechselwirkungen mit anderen (klimatisch, mikrobiell und durch Salze induzierten) Prozessen untersucht Es sollte versucht werden, prognostische Aussagen über den zu erwartenden Schadensfortschritt unter spezieller Berücksichtigung der reduzierten Umweltbelastung zu treffen und ein speziell auf die Problematik der Pigmentveränderungen abgestimmtes Monitoringkonzept, welches eine Überprüfung und Nachvollzug von Veränderungen nach Abschluss der Konservierungsmaßnahmen über einen mittelfristigen Zeitraum von 10-20 Jahren ermöglicht, zu entwickeln
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenAls naturwissenschaftliche Analyseverfahren zur Identifizierung der in den Malereien verwendeten Pigmente sowie deren Umwandlungsprodukte wurden mikroskopische Untersuchungsmethoden (Polarisationsmikroskopie, Rasterelektronenmikroskopie und energiedispersive Röntgenmikroanalyse, Mikrosonde) sowie die Ramanspektroskopie eingesetzt. Zusätzlich erfolgten an Einzelproben röntgendiffraktometrische Messungen und Röntgenfluoreszenzuntersuchungen (µ-RFA). Außerdem wurden an den Malereien farbspektroskopische Untersuchungen durchgeführt. Die verwendeten und chemisch und mineralogisch eindeutig analysierten Bleipigmente waren Bleizinngelb, Mennige und Ausmischungen von Mennige mit Zinnober. Das blaue Kupferpigment war Azurit, das grüne Kupferpigment Malachit. In blaugrünen Malereien wurden Mineralmischungen aus Malachit, Langit, Brochantit und Azurit nachgewiesen.
Ergebnisse und Diskussion
Für die zum Teil großflächige Vergrünung von Azurit (Cu3(CO3)2(OH)2) war an den Malereien in Ziesar, in Herzberg und in Breitenau übereinstimmend nachweisbar, dass die Bildung des grünen Kupferchlorids Atacamit (Cu2Cl(OH)3) die Ursache der Verfärbung darstellt. Im Gegensatz zu den meisten anderen Umwandlungen, sind an den umgewandelten Azuritkörnern keinerlei morphologische Veränderungen oder vom Pigment unterscheidbare Sekundärbildungen erkennbar sind. Weniger eindeutig sind die Ergebnisse hinsichtlich heute grünblauer bis blaugrüner Wandmalereien - einer mutmaßlichen Verblauung ursprünglich grüner Wandmalerei. In Ziesar wurden neben den grünen Kupfermineralen Malachit (Cu2[(OH)2CO3]) und Brochantit (Cu4[(OH)6SO4) auch die blaue Kupferverbindung Langit (Cu3[(OH)4SO4] H2O), stellenweise auch Azurit nachgewiesen. Es konnte nicht eindeutig geklärt werden, inwieweit es sich in Ziesar um ursprüngliche, natürliche Mineralienmischung handelt oder ob Umwandlungsprodukte entstanden. Die Veränderung von grünen Kupferpigmenten auf oder unter Mennigeschichten bzw. als Ausmischung mit Mennige konnte in Herzberg untersucht werden. Die Kerne bestehen aus nadeligen Kristallen einer S- und Cl- freien Kupferverbindung (vermutlich das ursprüngliche Grünpigment). Umschlossen werden diese Pigmentrelikte durch phasenanalytisch nicht identifizierte Cu/Pb/Cl- oder Pb/Cl- Phasen. Ein negativer Einfluss der Mennige, in der in Herzberg stets nennenswerte Cl- Gehalte nachweisbar sind, auf die Beständigkeit der grünen Kupferpigmente, ist sehr wahrscheinlich. Als Ursache der Verschwärzung von grünen Kupferpigmenten konnte eine Oxidbildung nachgewiesen werden. Es entsteht Tenorit (CuO). Die Umwandlung ist mikroskopisch durch signifikante morphologische Veränderungen an den Pigmenten erkennbar.
Bei der Verbräunung / Verschwärzung von Bleizinngelb, die in Ziesar und in Breitenau untersucht wurden, wird Blei oxidiert und es bildet sich Plattnerit (PbO2), der als feinkristalliner, nadeliger Saum die Bleizinngelbkörner umschließt. Analog zum Bleizinngelb werden die Verbräunungen und Verschwärzungen an Mennige - pigmentierten roten Malereien ebenfalls durch die Bildung von Plattnerit (PbO2) hervorgerufen. Die betroffenen Pigmentkörner zeigen starke morphologische Veränderungen. Stellt der Plattnerit die einzige Sekundärbildung dar, liegt er als dünner Saum unmittelbar auf den relativ gering veränderten Mennigekörnern. Meist sind neben Plattnerit weitere Sekundärbildungen aus chemischen Umwandlungen des Pigmentes vorhanden. Die Pigmentkörner können teilweise oder vollständig in die Mineralphasen Bleisulfat, Bleichlorid, Bleicarbonat oder in Mischungen dieser Sekundärbildungen umgewandelt sein. Umschlossen werden die stark veränderten Pigmentkörner durch krustenartige Plattneritsäume. In verschwärzten Ausmischungen aus Mennige und Zinnober, die in Ziesar auftreten, konnten am Zinnober keinerlei Veränderung nachgewiesen werden. Demgegenüber zeigt die Mennige morphologisch deutliche Umwandlungsmerkmale. Es sind kaum noch Pigmentkörner zu erkennen, sondern eine fortgeschrittene Umwandlung in verschiedene Umwandlungsprodukte (Pb/S- Verbindungen, Pb/Cl- Verbindungen, Plattnerit). Das Verblassen von Mennige tritt an den im Projekt untersuchten Objekten nur an den Wandmalereien in Herzberg auf. Es ist die Folge einer Entfärbung der roten Mennige durch die Bildung farbloser Sekundärminerale wie Bleichloridhydroxid (Laurionit oder Paralaurionit) und untergeordnet Bleisulfat (vermutlich Anglesit). Während das Bleichlorid relativ ortsstabil ist und zusammen mit Pigmentresten als Kornstruktur erkennbar bleibt, bildet das Bleisulfat dünne Säume um den sekundär in der Malschicht vorhandenen Gips.
Die Ursachen der Oxidbildung sind vermutlich photochemische Reaktion mit dem in der Troposphäre vorhandenem Ozon und dem Kondensationswasser. Die Chlorid- und Sulfatbildungen können auf Umweltbelastungen mit SO2- und Chlorgasen aus der chemischen Industrie und Braunkohlenkraftwerken zurückzuführen sein. Sie können auch durch Zusätze bei der Pigmentherstellung und in der Vielfalt der Mineralien ihre Ursache haben. Weiterführende Forschungen sollten sich dieser Problematik der Ursachenermittlung der Pigmentveränderungen widmen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Zum Thema Pigmentveränderungen wurde vom Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologischem Landesmuseum ein Arbeitsheft veröffentlicht (ISBN:978-3-88462-290-2) und im November 2009 eine Tagung veranstaltet. Vorträge wurden auch auf folgenden Tagungen gehalten: F. Schlütter, M. Ziemann, H. Juling: Discolouration of pigments in historic mural paintings - microscopicoanalysis. 12th Euroseminar on Microscopy Applied to Building Materials, Sept.09, Dortmund, Archäometrietagung 2010. Ausgewählte Ergebnisse werden in natur- und konservierungswissenschaftlichen Fachzeitschriften und Büchern veröffentlicht: 1. Mittelalterliche Wandmalereien in der Niederlausitz, 2. Studies in conservation bzw. Journal of cultural heritage.
Fazit
Es wurden an gotischen Wandmalereien die Veränderungen an Blei- und Kupferpigmenten naturwissenschaftlich, hauptsächlich mikroskopisch und durch Ramanspektroskopie, untersucht und konnten chemisch und mineralogisch klassifiziert werden. Aus den schwerlöslichen Pigmenten bilden sich vor allem Oxide, aber auch Chloride und Sulfate können entstehen. Die Ursachen der Pigmentveränderungen können in der Umweltbelastung mit Ozon und Schadgasen oder den Herstellungstechnologien liegen.
Fördersumme
96.160,00 €
Förderzeitraum
02.01.2006 - 31.12.2009
Bundesland
Brandenburg
Schlagwörter
Klimaschutz
Kulturgüter
Umweltforschung
Umwelttechnik