Landschaftsplanung für das Gebiet Kaliningrad
Projektdurchführung
Technische Universität Berlin
Institut für Landschaftsarchitektur und Umweltplanung
Fachgebiet Umweltprüfung und Umweltplanung
Sekr. EB 5
Str. des 17. Juni
10623 Berlin
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Die Umweltsituation im Kaliningrader Gebiet ist, wie in weiten Teilen Russlands, als problematisch einzuschätzen. Die räumliche Entwicklung des Gebietes wurde bisher auf Grundlage kaum koordinierter Fachpläne weitgehend ohne Berücksichtigung der ökologischen Anforderungen verwirklicht. Ziel des Projektes war es, mit Hilfe des Instrumentes der Landschaftsplanung - Landschaftsprogramm - die Grundlage für eine ökologisch orientierte Landnutzungsplanung für das gesamte Kaliningrader Gebiet zu erarbeiten und deren Umsetzung in Teilregionen vorzubereiten. Dabei wurden sowohl die russische Gesetzgebung als auch umweltrelevante EU-Richtlinien und internationale Abkommen berücksichtigt. Der Planungsprozess wurde zur Steigerung der Akzeptanz der Ergebnisse von vielen Akteuren gestaltet und begleitet.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Erstellung des Landschaftsprogramms verlief in den Teilschritten: Bestandsaufnahme, Bewertung der Schutzgüter, Entwicklung der schutzgutbezogenen Zielkarten, Erstellung der integrierten Zielkarte, Ermittlung und Darstellung von Naturnutzungskonflikten, Auswahl von Modellgebieten.
Zunächst wurden die im Kaliningrader Gebiet vorhandenen Planungen und Grundlageninformationen aufbereitet und in schutzgutbezogenen Arbeitskarten für Flora, Boden usw. dargestellt. Im nächsten Arbeitsschritt bewerteten die Arbeitsteams jedes Schutzgut hinsichtlich seiner Bedeutung und Empfindlichkeit. Im Anschluss an die Bewertung erfolgte die Erstellung schutzgutspezifischer Zielkarten, d. h. für jede Teilfläche wurden die Erhaltungs-, Entwicklungs- und Verbesserungsziele schutzgutbezogen festgelegt. Diese Karten wurden mittels GIS-System untereinander und mit der Karte beeinträchtigter Flächen verschnitten. Das Ergebnis - die integrierte Zielkarte - optimierte ein interdisziplinäres Team aus Fachleuten. Die Ermittlung der Naturnutzungskonflikte im Kaliningrader Gebiet erfolgte durch Überlagerung der integrierten Zielkarte mit der Karte der räumlichen Zonierung. Zur Auswahl zweier Modellgebiete für eine Landschaftsplanung größeren Maßstabs wurden 12 Gebietssteckbriefe zu einzelnen Konfliktgebieten erstellt. Nach einer vertiefenden Prüfung wurden die Stadt Selenogradsk und Umgebung sowie das Zelauhochmoor als mögliche Schwerpunkträume für eine planerische Vertiefung ausgewählt.
Ergebnisse und Diskussion
Das Instrument der Landschaftsplanung hat bisher in Russland mit Ausnahme einiger Modellgebiete in der Baikalseeregion keine Anwendung gefunden. Andere mit dem Landschaftsprogramm vergleichbare umweltrelevante Grundlagenplanungen gab es nicht. So blieb die nach einigen Rechtsvorschriften erforderliche Berücksichtigung von Umweltbelangen in der räumlichen Planung u. a. aufgrund fehlenden Know-hows bisher weitgehend unbeachtet. Mit der Landschaftsplanung wurde erstmals für einen gesam-ten Oblast (entspricht der Bundeslandebene in Deutschland) ein Planwerk erstellt, das zum einen die na-türlichen Grundlagen umfassend und anschaulich darlegt und zum anderen Empfehlungen für ihre Entwicklung gibt. Im Ergebnis stellt das Landschaftsprogramm die für einzelne Teilflächen anzustrebenden Entwicklungsziele dar. So sieht der Zieltyp Erhaltung (ca. 15% der Gebietsfläche) die strenge oder vorrangige Erhaltung des jeweiligen Bereichs unter Beachtung des spezifischen Zusammenwirkens der einzelnen Schutzgüter vor. Der Zieltyp Entwicklung (ca. 76% der Gebietsfläche) erlaubt eine extensive o-der intensive Landnutzung. Der Zieltyp Verbesserung (ca. 1,5% der Gebietsfläche) fasst Flächen zusammen, auf denen die ursprüngliche Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes durch anthropogene Beanspruchung stark beeinträchtigt ist. Jedem Zieltyp wurden Maßnahmen zur Erreichung des angestrebten Zustands und zulässige Nutzungen zugeordnet.
Ein weiteres Ergebnis ist die Karte zu den Naturnutzungskonflikten, welche sich aus den Widersprüchen zwischen den Zielen der integrierten Zielkarte und den bestehenden oder geplanten wirtschaftlichen Nutzungen ableitet. Damit zeigt das Landschaftsprogramm ganz offen Schwachstellen der bestehenden räumlichen Planung auf, die im Zuge einer Überarbeitung - nunmehr unter Hinzuziehung des Land-schaftsprogramms - beseitigt werden sollten.
Das Landschaftsprogramm soll zukünftig bei der Erstellung von räumlichen Entwicklungsplänen und Fachplänen berücksichtigt werden und somit insgesamt eine umweltverträglichere Entwicklung des Kaliningrader Gebietes ermöglichen. Aus diesem Grund wird es als Verordnung des Gouverneurs Verbind-lichkeit erlangen. Wie das Nebeneinander verschiedener anderer ebenfalls verbindlicher Pläne, z. B. Territoriales Komplexschema der städtebaulichen Entwicklung des Kaliningrader Gebietes und seiner Teile (TKS) und Naturschutzplanung, mit z. T. widersprüchlichen Inhalten funktionieren wird, lässt sich nach derzeitigem Kenntnisstand nicht vorhersagen.
Neben den guten fachlichen Ergebnissen wurden über den Projektverlauf auch positive Veränderungen hinsichtlich der Einstellung einiger Beteiligter zur Bedeutung des Projektes und zum Umweltschutz allgemein sichtbar. Ein weiterer positiver Effekt ist sicherlich der Know-how-Gewinn der Kaliningrader Projekt-bearbeiter im Bereich der Aufbereitung von Umweltinformation und der Umweltbewertung, die damit gute Aussichten haben, als Berater für andere Regionen Russlands tätig zu werden bzw. ihr Wissen in ande-ren Umweltforschungsvorhaben einbringen zu können.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Das Projekt präsentierte sich auf folgenden Veranstaltungen: 3. Deutsch-Russische Umwelttage in Kaliningrad (September, 2004), Sitzung zum Regionalen Umwelthandlungsplan, organisiert von der Gebietsverwaltung Kaliningrad (September 2004), Internationaler Workshop zur Analyse von Schwermetallen in Waldökosystemen Skandinaviens, Nord-West-Russlands und des Baltikums an der Universität St. Petersburg (Oktober 2004), Wissenschaftsseminar Grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Landschaftsplanung in Kaliningrad (Februar 2005). Informationen über den Auftaktworkshop wurden von mehreren regionalen Fernseh- und Radiosendern verbreitet (April 2004). Verschiedene regionale und überregionale Printmedien berichteten über das Projekt, z. B. Kaliningradskaja Pravda, Nesavisimaja gaseta. Aufgrund des großen öffentlichen Interesses wurde im November 2004 eine projekteigene Website unter http://lp.albertina.ru geschaltet.
Fazit
Mit dem Landschaftsprogramm verfügt das Kaliningrader Gebiet nunmehr über eine ökologische Grundlagenplanung, die eine nachhaltige räumliche Entwicklung des gesamten Gebietes vorbereitet. Mit der angewendeten Methodik haben die russischen Kollegen nunmehr das Know-how, aus naturwissenschaftlichen und wirtschaftlichen Informationen konkrete anwendungsbezogene Planungsaussagen abzuleiten. Das Landschaftsprogramm stellt mit seinem Maßstab von 1:200.000 die oberste Stufe in der Planungshierarchie dar. Um die kommunale Entwicklung im Sinne der Nachhaltigkeit voranzutreiben, muss es mittels großmaßstäbiger kommunaler Landschaftsplanungen konkretisiert werden.
Fördersumme
124.800,00 €
Förderzeitraum
13.08.2004 - 12.11.2005
Bundesland
Berlin
Schlagwörter
Internationale Aktivitäten
Landnutzung
Naturschutz