Entwicklung eines vereinfachten Verfahrens zur Ermittlung gebäudespezifischer Primärenergiekennwerte, geeignet als Bewertungsmerkmal eines Mietspiegels
Projektdurchführung
Stadt Darmstadt
Dezernat V - Umweltdezernat
Luisenplatz 5 a
64283 Darmstadt
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Der ökologische Mietspiegel ist ein Instrument, um sozialverträgliche und marktwirtschaftliche Anreize für Energiesparmaßnahmen in Mietwohngebäuden zu schaffen. Dabei wird die wärmetechnische Beschaffenheit, die die energetische Effizienz eines Gebäudes beschreibt, als Kriterium in den Mietspiegel aufgenommen. Voraussetzung für die Aufnahme des neuen Merkmals ist, dass bei der Mietspiegelerstellung ein signifikanter Einfluss auf die Nettomiete nachgewiesen wird. Aus dieser Bedingung ergibt sich die An-forderung, bei der Mietspiegelerstellung in kurzer Zeit für alle Gebäude der Mietspiegelstichprobe die Primärenergiekennwerte zu ermitteln. Bei der ersten Umsetzung des ökologischen Mietspiegels in Darm-stadt wurde hierdurch ein erheblicher zusätzlicher Zeit- und Kostenaufwand verursacht. Vor diesem Hintergrund werden in dem beschriebenen Forschungsvorhaben Möglichkeiten zur vereinfachten Ermittlung von Primärenergiekennwerten untersucht, die für die Anwendung bei der Mietspiegelerstellung geeignet sind.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenBetrachtet werden zwei Ansätze zur vereinfachten Ermittlung von Primärenergiekennwerten:
1. Gemessener Verbrauch (Verbrauchskennwert)
2. Berechnung mit vereinfachter Datenaufnahme (KVEP)
Die Ansätze werden in Bezug auf ihre Genauigkeit und Zeitaufwand untersucht. Aussagen zur Genauigkeit werden durch den Vergleich mit der genauen Berechnung gemacht. Hinweise zur erzielbaren Zeitersparnis werden gewonnen, indem für ausgewählte Gebäude die Primärenergiekennwerte über die vereinfachten Ansätze sowie eine Berechnung mit detaillierter Datenaufnahme bestimmt werden.
Ergebnisse und Diskussion
Der Verbrauchskennwert kann für zentral beheizte Gebäude aus dem gemessenen Heizenergieverbrauch ermittelt werden. Die Auswertung von ca. 1700 Gebäuden zeigte, dass Verbrauchskennwerte erhebliche Differenzen zu den berechneten Kennwerten (mit individueller Flächenermittlung) aufweisen. Neben einer großen Streuung ergibt sich eine deutliche Mittelwertverschiebung, was auf systematische Abweichungen hindeutet. Durch Anpassungsfaktoren kann die Mittelwertverschiebung ausgeglichen werden. Wird eine aufwändigere Anpassung auf der Grundlage von Regressionsrechnungen vorgenom-men, kann zudem die Standardabweichung für alle Gebäude von 41 % auf 30 % und für Gebäude ab 8 Wohneinheiten von 30 % auf 26 % reduziert werden. Die Unterschiede zwischen beiden Kennwerten sind weiterhin hoch. Die bei der Mietspiegelerstellung erforderliche Eindeutigkeit bei der Bestimmung der wärmetechnischen Beschaffenheit erlaubt es nicht, neben dem Bedarfs- auch den Verbrauchskennwert für die energetische Bewertung heranzuziehen.
Mit dem Kurzverfahren Energieprofil (KVEP) kann aus einer vereinfachten Datenerhebung über statistisch ermittelte Zusammenhänge ein vollständiger Datensatz für die Berechnung generiert werden. Der Zeitaufwand für die Datenerhebung reduziert sich hierdurch auf 10 bis 15 Minuten. Er entspricht damit der Zeit, die für die Ermittlung der Verbrauchskennwerte erforderlich ist. Die Abweichungen, die sich aus der Flächenschätzung des KVEP ergeben, sind gering. Die Streuung der Primärenergiekennwerte weist eine Standardabweichung von 7 % auf.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die Ergebnisse des Projekts wurden in einem Fachartikel zusammengefasst, der in der Aprilausgabe der Zeitschrift Bauphysik (Verlag Ernst & Sohn) veröffentlicht wurde. Der Endbericht ist im IWU-Eigenverlag erschienen und kann über das IWU bestellt werden. Auf das Erscheinen des Endberichts wurde in einem Info-Mailing hingewiesen, das an 2.500 Fachleute versendet wurde. Zudem steht der Endbericht auf der Homepage des IWU zum Herunterladen zur Verfügung.
Fazit
Die Berechnung mit vereinfachter Datenaufnahme nach KVEP ist ein geeignetes Werkzeug für die energetische Bewertung größerer Gebäudebestände. Hierdurch kann der Zeit- und Kostenaufwand sowohl bei der Mietspiegelerstellung als auch bei der späteren Anwendung reduziert werden. Es erleichtert die Erstellung von ökologischen Mietspiegeln und damit deren Umsetzung in der Breite.
Der nächste Entwicklungsschritt stellt die konkrete Anwendung von KVEP bei der Mietspiegelerstellung dar. Offene Fragen sind zum Beispiel, mit welcher Erhebungsmethodik eine möglichst hohe Rücklaufquote bei geringen Kosten erreicht werden kann. Denkbar ist die Erfassung der Daten über einen Fragebogen, der an den Eigentümer versandt und anschließend automatische eingelesen wird. Dies wurde im vorliegenden Projekt beispielhaft realisiert. Möglich ist aber auch die Datenerhebung in Form eines Telefoninterviews mit den Eigentümern oder die Beauftragung von Fachleuten/Schornsteinfegern, die bereits Informationen zur Heizungsanlage in ihren Unterlagen vorliegen haben. Zudem muss der Abgleich mit den zukünftig zu erstellenden Energieausweisen erfolgen. Der Energieausweis sollte perspektivisch für die Mietspiegelerstellung herangezogen werden können.
Neben der Entwicklung der Werkzeuge für die energetische Bewertung der Gebäude ist es wichtig, den Ansatz ökologischer Mietspiegel bei der nächsten Mietspiegelerstellung in Darmstadt wieder zu realisie-ren und zukünftig auf andere Kommunen auszudehnen.
Fördersumme
39.600,00 €
Förderzeitraum
27.11.2003 - 31.12.2005
Bundesland
Hessen
Schlagwörter
Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik