Einsatz von Mauerbienen zur Bestäubung von Obstkulturen (Erarbeitung eines Management-Programms zur Nutzung der Roten Mauerbiene [Osmia bicornis] in Obstplantagen und Kleingärten)
Projektdurchführung
Ernst-Moritz-Arndt-Universität GreifswaldZoologisches Institut & MuseumSpezielle Zoologie
Johann-Sebastian-Bach-Str. 11/12
17489 Greifswald
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Die deutsche Imkerei steckt seit Jahren in einer schweren Krise. Die Verluste durch Varroa-Milben nehmen weiter zu, nicht zuletzt durch zunehmende Resistenzen gegen marktübliche Bekämpfungsmittel. Aber auch andere Faktoren, wie Bienenkrankheiten, Verfall des Honigpreises durch Billigimporte nach Deutschland und die Überalterung des Berufstandes des Imkers sowie drohende Gefahren aus dem Ausland, wie die Verbreitung des Kleinen Beutenkäfers oder das Phänomen des Colony Collapse Disorders, gefährden die Imkerei zusätzlich. Mit dem Rückgang der Bienenhaltung wächst ein Mangel an Bestäubern für landwirtschaftliche Kulturen. Jahr für Jahr fehlen mehr Bestäuber u. a. in den großen Obstkulturen. Weltweit werden hierfür außer Honigbienen verschiedene Wildbienen eingesetzt. In Deutschland bietet sich besonders die Rote Mauerbiene hierfür an.
Ziel des Projektes ist es, die Rote Mauerbiene auf einer kommerziellen Apfelplantage als Bestäuber zu testen, Nisthilfen für den Masseneinsatz zu entwickeln und ein Managementprogramm aufzustellen, welches Obstbauern, Kleingärtnern und Imkern erlaubt, ohne große Vorkenntnisse Mauerbienen als Bestäuber zu nutzen.
Die Obstplantage als Lebensraum für Pflanzen und Tiere und als landschaftsprägendes Element stellt an die Herstellung von landwirtschaftlichen Produkten hohe ökologische Anforderungen für umweltfreundliche Produktionsmethoden. Mit dem Einsatz der Roten Mauerbiene gelingt es, die eigene Stärke der Natur zu nutzen: Die heimischen, natürlichen Bestäuber werden in einer ökologisch nachhaltigen Art so genutzt, dass landwirtschaftliche Kulturflächen eine fast natürliche Bestäubung erhalten.
Da der Aktionsradius eingesetzter Mauerbienen nur wenige hundert Meter beträgt, ist kaum mit einer Konkurrenzwirkung auf vorhandene Wildbienen im natürlichen Umfeld des Einsatzortes zu rechnen. Gleichzeitig würde der negative, verdrängende Einfluss von Honigbienen auf Wildbienenpopulationen eingeschränkt werden, was der Diversität unserer heimischen, stark gefährdeten Wildbienenfauna zugute käme.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenProjektbereich des Zoologischen Instituts
Im Teilbereich des Zoologischen Instituts waren drei große Themenschwerpunkte angesiedelt:
Entwicklung von Nisthilfen für Mauerbienen
Ziel war es, Nisthilfen zu entwickeln, die von den Mauerbienen sehr gut angenommen werden, dabei eine sehr gute Handhabbarkeit aufweisen, geringen Wartungsaufwand zeigen und möglichst kostengünstig sind.
Zucht
Während der Projektphase sollte anhand der verwendeten Mauerbienen untersucht werden, wie gut eine Zucht der Mauerbienen unter den Bedingungen einer kommerziellen Plantage läuft und welche Vermehrungsraten zu erwarten sind.
Parasitenbekämpfung
In diesem Teil sollten für alle relevanten Parasiten der Mauerbienen Bekämpfungsmethoden entwickelt werden, die einfach aber effektiv eine dauerhafte Bekämpfung aller Parasiten in großen Zuchten sicherstellen könnten
Besonders im Bereich Parasitenbekämpfung sollte mittels Einsatz von Röntgentechnik die Untersuchung der Nester vereinfacht werden.
Projektbereich des Botanischen Instituts
Im Teilbereich des Botanischen Instituts sollten an drei Lehrstühlen Diplomarbeiten zur Kosten-Nutzen-Analyse, Akzeptanzanalyse und zur Blütenstetigkeit der Mauerbienen erstellt werden.
Ergebnisse und Diskussion
Projektbereich des Zoologischen Instituts
Das Projekt verlief im Arbeitsbereich des Zoologischen Instituts sehr gut. Die durchgeführten Aufgaben liefern planmäßig, die Ergebnisse waren bis auf einen Teilpunkt (Besatzdichte je Hektar) aussagekräftig.
Entwicklung der Nisthilfen
In den ersten zwei Untersuchungsjahren (2006 und 2007) wurden die entwickelten Nisthilfen im Großversuch angewendet. Die Ergebnisse führten zu weiteren Verbesserungen an Nistmaterial und Aufstellungsort. 2008 und im Untersuchungsjahr 2009 (Verlängerungsphase) wurden dann unter Einsatz der endgültigen Nisthilfen ausgesprochen gute Ergebnisse in der Zucht der Mauerbienen erreicht.
Parasitenkontrolle
2006 und 2007 wurden aus allen Nisthilfen die Parasiten untersucht und ein System entwickelt, mit dem alle auftretenden Parasiten mit relativ geringem Aufwand auf ein Minimum reduziert werden können. Zur Parasitenkontrolle wurde in Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik Greifswald Röntgen-Technik eingesetzt. Das verwendete Verfahren wird im Bericht dargestellt und ist für spätere Forschungen reproduzierbar und leicht anzuwenden.
Auch die Teilbereiche Erfassung des natürlichen Bestäuberpotentials, Überwinterung, Schlupfdaten, Erhöhung des Anteils von Weibchen sowie die Versuche zur Exposition der Nisthilfen im Niststand liefen sehr gut.
Der einzige Teilbereich des Zoologischen Aufgabenbereiches, der die gesteckten Ziele nicht erreichen konnte, war die Ermittlung der Besatzdichte an Bienen pro Fläche.
Ziel war es, in einem Feldversuch mit unterschiedlich hoher Besatzdichte an Mauerbienen genaue Aussagen über die Bestäubungserfolge an Äpfeln zu erhalten. Mit großem Aufwand wurden 2006 - 2008 mehrere zehntausend Apfelblütenstände dazu ausgezählt. Dennoch ergab das Ergebnis kein ausreichendes Bild. Der Grund lag zum einen in dem Aufbau der Apfelplantage (alle paar Reihen wechseln die Apfelsorten und bei leicht schwankendem Blühbeginn der Sorten ergibt sich keine homogene Blühverteilung auf der Gesamtfläche) sowie in der höher als angenommenen Flugentfernung, die die Mauerbienen im Projekt zeigten.
So hat dieser Teilversuch zwar auch Ergebnisse bringen können, die erhofften konkreten Zahlen, wie viele Mauerbienen pro Hektar zur Vollbestäubung nötig sind, bleiben aber aus. Hier muss also weiter auf Richtwerte aus der Literatur zurückgegriffen werden.
Projektbereich des Botanischen Instituts
Im Arbeitsbereich Botanik waren drei Diplomarbeiten geplant, um Aussagen zu Blütenstetigkeit, Akzeptanz der Obstbauern für eine Nutzung von Mauerbienen sowie die Kosten-Nutzen-Analyse durchzuführen.
Alle drei Diplomarbeiten wurden während des gesamten Projektzeitraumes durch die verantwortlichen drei Professoren zwar angeboten, leider fand sich jedoch kein Student. Der Arbeitsbereich Blütenstetigkeit wurde begonnen, dann aber von der Studentin wieder abgeben und ein anderes Thema bearbeitet.
Nach Rücksprache mit den Professoren liegt der Grund darin, dass Studenten, die im Botanischen Institut eine Diplomarbeit schreiben wollen, die von uns angebotenen Themen nicht annahmen, weil diese zu interdisziplinär oder bereits zu zoologisch waren. Die Studenten des Fachbereiches Botanik wollen eher eine rein botanische Arbeit schreiben.
Der Arbeitsbereich Blütenstetigkeit wurde daraufhin in verkleinerter Form vom Zoologischen Institut mit übernommen.
Der Bereich Akzeptanzanalyse entfiel aus dem Projekt.
Die Kosten-Nutzen-Analyse wurde im Zoologischen Institut anhand der eigenen Kostenberechnungen und Literaturdaten gemacht.
Praxispartner
Die Zusammenarbeit mit dem Praxispartner Rostocker Obst GmbH verlief beispielhaft. Bei der Nutzung der Flächen und Bereitstellung aller Informationen und Hilfen gab es nie Probleme. Um den Mauerbienen nicht zu schaden, wurden Spritzungen gefährlicher Pflanzenschutzmittel nur abends durchgeführt.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Ziel des Projektes war es, ein Managementprogramm auszuarbeiten, welches Obstbauern, Kleingärtnern und Imkern erlaubt, ohne große Vorkenntnisse Mauerbienen als Bestäuber zu nutzen. Dieses Managementprogramm liegt im Abschlussbericht vor. Nach Abschluss des Projektes soll nun in Absprache mit der DBU dieses Programm öffentlich gemacht werden. Geplant ist die Verbreitung als gedruckte Broschüre wie auch als PDF-Datei im Internet.
Bereits während der Laufzeit wurde das Projekt in verschiedenen Medien vorgestellt. Unter anderem wurde in der Wissenschaftsendung Nano darüber berichtet. Die Resonanzen auf die Berichterstattung waren allerdings nicht nur positiv. Viele Imker missverstanden das Projekt als Konkurrenzforschung zur Honigbienenimkerei. Tatsächlich sollte aber gerade der Berufsstand der Imker von den Projekterkenntnissen profitieren, da es vermutlich vor allem Imker sein werden, die in Zukunft Mauerbienen züchten und als Bestäuber anbieten werden.
Fazit
Das wichtigste Ziel des Projektes, die Ausarbeitung eines kompletten Managementprogramms, ist zwar erreicht worden, leider konnten aber nicht alle angestrebten Teilbereiche umgesetzt werden. Der Grund lag darin, dass drei Teilbereiche durch Diplomarbeiten bearbeitet werden sollten, für die zwar die Betreuer zur Verfügung standen, jedoch zum Zeitpunkt des Antrages und auch während der Projektlaufzeit keine Studenten sich für die Bearbeitung dieser Themen bereit erklärten. Es hat sich damit als sehr unberechenbar für die umzusetzenden Aufgaben erwiesen, Diplomarbeiten einzuplanen.
Um für das Projekt keinen zu großen Verlust zu erleiden, wurden zwei der drei unbearbeiteten Teilfragen zwar vom Zoologischen Institut mitbearbeitet, diese Bearbeitung konnte aber nicht annähernd den Forschungsumfang bieten, welcher dafür vorgesehen war.
Leider war es so nicht möglich, im Projekt eine Akzeptanzanalyse durchzuführen, um herauszufinden, wie gut Mauerbienen in Zukunft von Obstbauern, Kleingärtnern und Imkern angenommen werden. Es bleibt zu hoffen, dass die Mauerbienenbestäubung bald einen breiten Durchbruch erringen wird und Mauerbienen und Honigbienen in Zukunft deutschlandweit für gute Ernten sorgen werden. Nicht als Konkurrenten, sondern als ökonomisch günstige und erfolgreiche Ergänzungen zueinander.
Fördersumme
119.258,00 €
Förderzeitraum
18.01.2006 - 31.07.2009
Bundesland
Mecklenburg-Vorpommern
Schlagwörter