Modellhafte Mazerationssanierung an umweltgeschädigten Hölzern der St. Stephanskirche zu Tangermünde (Sachsen-Anhalt)
Projektdurchführung
Ev. Kirchengemeinde St. Stephan
Pfarrhof 6
39590 Tangermünde
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Nicht nur die Gesundheitsgefährdungen, die beim direkten Kontakt mit Bauteilen, die mit Holzschutzmitteln belastetet sind und die Feinstaubbelastung in kontaminierten Räumen sondern auch die konstruktive Zerstörung der Hölzer durch Mazeration (chemische Korrosion) stellen ein enormes Problem insbe-sondere bei der Erprobung geeigneter Sanierungsmöglichkeiten dar. Gegenwärtig werden in der Praxis mehrere Mittel und Methoden zur Mazerationssanierung angeboten und angewendet. Allerdings gibt es keine eindeutigen Aussagen über die Langzeitwirkung der Mittel bezüglich der Gesundheitsverträglichkeit und der Auswirkungen auf die behandelten Hölzer bzw. die chemischen Reaktionen mit den Inhaltsstoffen der eingetragenen Holzschutz- oder Flammschutzmittel (HSM/FSM). Für das südliche Querhaus der St. Stephanskirche ist die exemplarische Gegenüberstellung verschiedener Sanierungsmethoden sowie eine langfristige Beobachtung und Dokumentation der Auswirkungen geplant. Ziel der Beobachtung ist die langfristige Kontrolle der behandelten Oberflächen sowie die Überprüfung der aufgebrachten Wirkstoffe auf ihre Beständigkeit. In diesem Zusammenhang sind der Feuchtehaushalt, das optische Erschei-nungsbild des Holzes sowie der Chemismus der Schadstoffe wesentliche Einflussgrößen, die Rückschlüsse auf das Fortschreiten der Holzmazeration zulassen.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenGrundlage der Mazerationssanierung waren die Recherche und Dokumentation zur Anwendung von HSM/FSM zwischen 1900 und 2003 in der St. Stephanskirche sowie die genaue chemische Analyse der eingetragenen Substanzen. Dazu wurde für die Dachverbandshölzer eine labortechnische quantitative Nachweisführung auf vorhandene chemische Einträge in Auftrag gegeben. Zur Konkretisierung der Laborergebnisse der AUBA Berlin wurden Scheiben eines Balkenendes zur Herstellung von Probekörpern entnommen sowie Bohrkerne zur mikroskopischen Untersuchung/Tiefenanalyse gezogen. Zusätzlich wurden Mischproben des Dachtragwerkes sowie Mörtel- und Ziegelproben für eine Tiefenanalyse eingereicht.
Inhalte der Qualifizierung der Holzbaufirma im Bereich der Mazerationssanierung waren zunächst die Ursachen und das Schadensbild der chemischen Korrosion des Holzes, das weitere Vorgehen beim Erkennen von Mazerationserscheinungen, die Bewertung der Ergebnisse der chemischen Analyse, Technische Vorschriften und Personenschutz sowie unterschiedliche Verfahren der Holzsanierung. Nachdem die statisch-konstruktive Sanierung weitgehend abgeschlossen und das südliche Querhaus durch eine Staubschutzwand vom restlichen Kirchenschiff abgetrennt war, erfolgte der zweite Teil der theoretischen Qualifizierung zur Thematik der chemischen Zusammenhänge und Reaktionen bei der Behandlung von Hölzern mit HSM/FSM sowie zu den Voraussetzungen, die eine chemische Holzkorrosion begünstigen. Anschließend begann die praktische Qualifizierung mit dem Ausführen unterschiedlicher Reinigungsmethoden (Abbürsten per Handbürste, Absaugen mit speziellen Industriestaubsaugern). Nach dem Erläutern der Applikationsvorschriften der Saniermittel erfolgte das Aufstreichen von HASIL und KORASIT an den festgelegten Gebindeteilen. Ein Gespärre bleibt als Referenzbauteil unbehandelt.
Holzfeuchtemessungen mittels GANN Hydromette (klassische Leitfähigkeitsmessung) sowie zerstörungsfrei, mittels Mikrowellenmessgerät an Althölzern und zum Vergleich an neu eingebauten Hölzern wurden im Juni 05, November 05 und März 06 durchgeführt.
Ergebnisse und Diskussion
Archivrecherche: Im Kirchenarchiv St. Stephan Tangermünde besteht eine fast lückenlose Aktenlage. Ein Journal, der Kirchenkasse im KiA Tangermünde sowie ein dazu passendes Schreiben des Preußischen Staatshochbauamtes Stendal für das Jahr 1943 belegen, dass 1943 im Zusammenhang mit Luft-schutzmaßnahmen am Stendaler Dom auch der Dachstuhl von St. Stephan Tangermünde mit dem Flammschutzmittel F.M.I. behandelt werden sollte. Es ist davon auszugehen, dass diese Behandlung tatsächlich stattgefunden hat. Für die Zeit nach 1945 gibt es keine Hinweise auf eine von anderer Stelle angeordnete Holzschutzbehandlung.
Chemische Analyse: Laut Prüfbericht der AUBA, Berlin vom 17.06.2003 sind analog des nördlichen Querhauses erhebliche Mengen von Fluoriden, Phosphaten und insbesondere von Sulfaten ermittelt worden. Im Gegensatz zum nördlichen Querhaus, wo die Konstruktion überwiegend aus Eichenhölzern besteht und deshalb deutliche Anzeichen der Holzkorrosion im gesamten Querhaus erkennbar waren, sind im südlichen Querhaus vorwiegend über dem Archiv Schäden durch Mazeration an den vorhande-nen Holzbauteilen aus Nadelholz vorzufinden. Die Ergebnisse der mikroskopischen Tiefenanalyse durch das Labor Marx haben die Ergebnisse der AUBA bestätigt.
Holzfeuchtemessung vom 31.05.2005: Die mit einer Hydromette der Fa. Gann vorgenommenen Feuchtigkeitsmessungen am Altholz ergaben bei korrekter Einstellung von Holzart und Temperatur beim Altholz Messwerte zwischen 20 und 24 % relativer Holzfeuchte. Das zur Stabilisierung eingebaute neue Hängewerk zeigte dagegen Werte um 14%. Vom IDK Halle wurden mit einem Mikrowellenmessgerät Kontrollmessungen vorgenommen. Beim neuen Holz zeigte sich bei der Oberflächenmessung eine ge-naue Übereinstimmung der Messwerte. Dagegen zeigen die Messwerte des Altholzes extreme Differen-zen. Hier wurden Holzfeuchtigkeiten gemessen, die dem neu eingebauten Holz gleichen.
Die Ursache für die höhere Ausgleichsfeuchte in den behandelten Hölzern könnte in den hygroskopischen Eigenschaften der Salze liegen, mit denen die Probehölzer 1 und 2 behandelt wurden. Bei ansteigender relativer Luftfeuchte im Umfeld der Musterachsen, könnten die Salze hygroskopisch Feuchtigkeit einlagern, die zum Ansteigen der Ausgleichsfeuchte in den Bohrlöchern führt. Um diese Abhängigkeit zu erforschen, werden die Sorptionsisothermen der behandelten Hölzer sowie des unbehandelten Ver-gleichsstückes ermittelt. Neben den Messungen der Ausgleichsfeuchte und Temperaturen in den Probe-flächen wurde das Raumklima im Umfeld der Musterflächen erfasst. Insgesamt reicht aber der Messzyk-lus von einem Dreivierteljahr noch nicht aus, abschließende Aussagen zu treffen. Die Beobachtungen müssen, wie es im DBU-Projekt ausdrücklich festgelegt ist, vom IDK in einem Monitoring über mehrere Jahre fortgesetzt werden, um zu gültigen Ergebnissen zu gelangen.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Projekt begleitend wurde eine Fotodokumentation über die einzelnen Arbeitsschritte und Sanierungspha-sen erstellt. Weiterhin wurde der Abschlussbericht sowie ein Informationsplakat zu diesem Bauabschnitt, welches im Kirchenraum ausgestellt werden soll übergeben. Die Zugänglichkeit des Objektes war auch während der Sanierung zu besonderen Anlässen in Form von Führungen durch den Dachraum gewähr-leistet. So konnten wir Herrn Töpfer (BDU) im Rahmen seiner Projektrundreise am 13.05.05 in Tangermünde begrüßen, um ihm den Werdegang der Sanierungsmaßnahmen an der St. Stephanskirche dar-zustellen. Im Rahmen organisierter Führungen und Präsentationen für unterschiedliche Institutionen, Stif-tungen, Verbände und Vereine wird das Projekt einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt.
Fazit
Aufgrund der Einbindung einer zentralen Projektleitung in die Gesamtmaßnahme konnten sowohl die notwendigen Vorbereitungsmaßnahmen als auch das kontinuierliche Zusammenwirken aller Partner und die Koordination des Sanierungsablaufes erfolgreich gestaltet werden. Durch die Kombination von Qualifizierungs- und Sanierungsmaßnahme im Bereich der Zimmererarbeiten / Mazerationssanierung wurde eine sehr gute Ausführungsqualität erreicht. Die teilnehmenden Baufacharbeiter, die Bauleitung sowie die Projektpartner befürworteten besonders die Praxisnähe, das hohe Niveau der Qualifizierung insgesamt so-wie die zeitlich gute Abstimmung der einzelnen Sanierungsschritte von der Planung bis hin zur Ausführung. Im Verlauf des Projektes eröffneten sich weitere Bereiche, in denen eine Qualifizierung möglich wäre. Der Vorschlag des DFWZ QLB, die Projektinhalte des 4. Bauabschnittes auf die Qualifizierung von Auszubildenden im Zimmererhandwerk zu konzentrieren, wurde von allen Projektpartnern als umsetzbar und sehr gut befunden. Die notwendigen Vorabstimmungen mit der Handwerkskammer, der Berufsschule und den jeweiligen Ausbildungsbetrieben sowie die Umsetzungsmodalitäten werden vom DFWZ QLB in Zusammenarbeit mit den Projektpartnern durchgeführt. Eine Übertragung des Gesamtkonzeptes auf weitere Projekte ist in entsprechend angepasster Form möglich und wünschenswert.
Fördersumme
85.000,00 €
Förderzeitraum
26.04.2004 - 26.04.2006
Bundesland
Sachsen-Anhalt
Schlagwörter
Kulturgüter
Ressourcenschonung